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Schenkkreise: Der Fiskus spielt mit

Erhält der Fiskus Kenntnis von illegalen Schenkkreisen, drohen den ­Teilnehmern Nach- und Strafsteuerverfahren. Steuerpflichtig wird aber wohl erst, wer versprochene Geldbeträge tatsächlich erhalten hat.

Werner A. Räber

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Das Schenkkreis-Drama mit dem Dreifachmord in Grenchen wirft auch die Frage auf, wie Teilnehmer solcher Zirkel die Erträge versteuern müssen. Haben sie wie bei andern Schneeballsystemen sogar entgangene Gewinne als Einkommen zu versteuern?

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Gewinne aus Spiel und Wette unterliegen der Einkommenssteuer, ausgenommen sind nur Gewinne bei Glücksspielen in ­öffentlich zugelassenen Spielbanken. Bei illegalen Spielen wie einem Schenkkreis wird nun kaum jemand seinen Gewinn freiwillig in der Steuererklärung deklarieren. Fliegen solche Zirkel aber auf, reichen die Untersuchungsbehörden die steuerrechtlich relevanten Unterlagen dem Fiskus weiter. Ein berühmter Fall war vor ­einigen Jahren der European Kings Club, dessen Aufdeckung eine grössere Zahl von Nach- und Strafsteuerverfahren auslöste. Ähnliches droht den Teilnehmern aufgeflogener Schenkkreise: Einkünfte daraus sind keine steuerfreien Schenkungen, son­dern sind steuerbar.

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Die entscheidende Frage ist, wann das Einkommen entstanden ist. Das Bundesgericht hat bei der steuerlichen Beurteilung von Einkünften aus Schneeballsystemen wiederholt die nicht unumstrittene Auffassung vertreten, dass ein Einkommen schon dann steuerlich realisiert sei, wenn der Steuerpflichtige einen festen Rechtsanspruch auf die Zahlung erworben hat und die Erfüllung dieses Anspruchs nicht besonders unsicher sei. Diese Auffassung kann dazu führen, dass zugesagte Zinszahlungen oder Gewinn­anteile auch dann als Einkommen versteuert werden müssen, wenn die Zahlungen tatsächlich nie erfolgt sind.

Wie es sich mit der Steuerpflicht bei Schenkkreisen im Detail verhält, wurde bisher, soweit ersichtlich, noch nie gerichtlich beurteilt. Selbst wenn die Schenkkreis-Teilnehmer die erforderliche Zahl neuer Teilnehmer zum Mitmachen ­bewegen können, hängt das Erzielen eines Gewinns ­davon ab, dass die Neuen wie vereinbart zahlen. Da Forderungen aus Spiel und Wette gerichtlich nicht eingeklagt werden können, stellt ein solches Schenkungsversprechen aber keine durchsetzbare Forderung dar. Es ist somit davon auszugehen, dass die Teilnehmer von Schenkkreisen erst steuerpflichtig werden, nachdem ihnen Geldbeträge zugegangen sind. Steuerpflichtig ist nur der Nettogewinn: Von den erhaltenen Auszahlungen können die Einsätze in Abzug gebracht werden.

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Werner Räber, Xantrium Gruppe, Baar.

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