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Mikrofinanz: Verblasster Glanz

Trotz Skandalen: Mikrofinanzprodukte bleiben sinnvoll – 
und für Anleger durchaus lohnenswert.

Hansjörg Ryser

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Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus erreichte das Thema Mikrofinanz 2006 einen ­Höhepunkt an Popularität. Seither verzeichnen die Fonds und Finanzprodukte, die dem Anlegerpublikum in diesem Segment offenstehen, zwar einen konstant hohen Mittelzufluss. Doch besonders in den letzten Monaten hat die hoffnungsvolle Finanzierungsform einiges an Glanz verloren. Der 71-jährige Yunus selbst wurde gerichtlich als Chef des ­Finanzkonglomerats Grameen entmachtet, weil er gemäss offizieller Begründung die gesetzlich vorgeschriebene Altersschwelle überschritten habe.

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Weiter ramponiert wurde das Image der Finanzhilfe zur Selbsthilfe für die Ärmsten durch eine Serie von Selbstmorden in Süd­indien, die mit der aggressiven Kreditvergabe von Mikrofinanzorgani­sationen wie der inzwischen kotierten SKS in Verbindung gebracht wurden. Und schliesslich ging in Nicaragua das grösste Mikrofinanzinstitut pleite, weil die Kreditnehmer ihre Schulden nicht mehr zurückzahlten.

In Indien, dem grössten Markt der Kleinkredite, hat die Zentralbank nun Regeln erlassen, um die Auswüchse mit Zinsen von bis zu 50 Prozent pro Jahr zu bekämpfen. Neu darf der Zins höchstens 26 Prozent betragen und die Marge 12 Prozent. Diese Klärung sei im Allgemeinen für die Refinanzierung von Mikro­finanzinstituten förderlich, erklärt Christian Etzensperger von ResponsAbility gegenüber BILANZ. Allerdings werde die Überwachung äusserst schwierig und die Situation in Südindien nicht besser. Vor allem werde auch der Zugang zu Finanzdienstleistungen für die arme Bevölkerung erschwert.

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Längst geht es bei Mikrofinanz nicht mehr bloss darum, Kleinkredite vorwiegend an Frauen zum Aufbau eines ­Gewerbes zu verleihen, sondern überhaupt den Zugang zu Finanzdienstleistungen wie einem Bankkonto oder einer Versicherung zu erschwinglichen Kon­ditionen zu ermöglichen. Weltweit sind ungefähr drei Milliarden Menschen davon ausgeschlossen.

Die 2003 vom ehemaligen CS-Banker Klaus Tischhauser gegründete Respons­Ability sammelt Anlagegelder, die dann an Mikrofinanzinstitute als Kredite oder Beteiligungen weitergegeben werden. Neben der Genfer BlueOrchard, die sich vor allem an qualifizierte Investoren wendet, gehört das Finanzunternehmen zu den Grössten im Markt mit über 900 Millionen Dollar an verwalteten Vermögen. Respons­Ability bietet zugleich die einzigen in der Schweiz öffentlich vertriebenen Produkte in diesem Bereich: neben den beiden Mikrofinanzfonds ein mit der Bank Vontobel soeben neu auf­gelegtes Zertifikat zur Medienförderung. Der in Franken geführte Mikrofinanzfonds hat in den letzten fünf Jahren die Finanzkrise ohne Schaden überstanden und eine durchschnittliche Rendite von 2,6 Prozent pro Jahr abgeworfen.

Daneben gab es im Bereich Wohltätigkeit Zertifikate der CS und der Regiobank Solothurn, die Ende Jahr ablaufen. Während die CS keine Weiterführung plant, bereitet die Regiobank eine Neuauflage vor. Einen Charity-Fonds gibt es zudem von Swisscanto, der aber herkömmlich investiert und einen Teil des Ertrages als Spende abzweigt.

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