Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie, über seine Rezepte zur Lösung der deutschen Wirtschaftsmisere und das Verhältnis von Deutschland zur Schweiz.
BILANZ: Sie gelten als einer der schärfsten Kritiker der deutschen Reformunfähigkeit. Das geht so weit, dass man Sie fast als Nestbeschmutzer bezeichnen könnte. Aber wir glauben, diese Rolle gefällt Ihnen.
Hans-Olaf Henkel:
Weshalb kommt Deutschland dennoch nicht aus dem Reformstau heraus?
Wer trägt denn die Schuld, dass Deutschland zum «kranken Mann Europas» geworden ist, wie der «Economist» schreibt?
Ist es auch eine Generationenfrage?
Aber wie kann Deutschland denn den Weg aus dem Reformstau schaffen?
Aber Deutschland war früher eine wirtschaftliche Erfolgsstory, und das mit den gleichen Rahmenbedingungen wie heute.
Man kann also nicht alles der rot-grünen Regierung in die Schuhe schieben?
In seiner Neujahrsansprache hat Gerhard Schröder unter anderem angekündigt, steuerliche Begünstigungen für den Mittelstand einzuführen und Kürzungen bei den Sozialsystemen vorzunehmen. Sind Sie optimistisch, dass sich Schröder doch noch als Reformkanzler etablieren wird?
Quer durch Europa gibt es noch ein anderes Problem, mit dem auch Deutschland zu kämpfen hat – das ist der Gegensatz zwischen sozialer und Leistungsgerechtigkeit. Trennt uns die Tatsache, dass die soziale Gerechtigkeit immer noch im Vordergrund steht, von den erfolgreichen Amerikanern und den immer erfolgreicher werdenden Asiaten?
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Die Einflüsse der US-Wirtschaft auf Europa sind nach wie vor sehr stark. Sind die Vereinigten Staaten zum Teil an der Misere in Europa schuld?
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Asien ist fast unbemerkt nach vorne gerückt, die Asienkrise wurde gut überwunden, und jetzt läuft es wieder in Südostasien. Wo sehen Sie zurzeit die grössten Chancen der asiatischen Emerging Markets?
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