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Mit defensiven Aktien durch die Krise: Givaudan verleiht dem Depot Robustheit – zu einem saftigen Preis. Und die Valoren von Emmi sind langweilig, dafür solide.
Frank Goldfinger
Sichere Häfen: Emmi-CEO Urs Riedener (l.) und Givaudan-Chef Gilles Andrier trotzen dem Coronavirus.
Keystone; Nicolas Righetti/Lundi13Werbung
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zerzausen die einst so rosigen Ertragsaussichten vieler Unternehmen. Vergleichsweise unbeschadet über die Runden kommen dürften konjunkturresistente Firmen. Beispielsweise Givaudan. Der globale Marktleader bei Aromen und Duftstoffen hat für 2019 beeindruckende Zahlen vorgelegt. Und auch der Start in dieses Jahr ist geglückt: Im ersten Quartal legte der Umsatz um 6,1 Prozent zu, dazu steuerte das organische Wachstum 5,4 Prozent bei.
Die Corona-Pandemie beflügelt sogar einige Bereiche des Genfer Konzerns, so Reinigungs- und Waschmittel, Körperpflege oder Geschmacksstoffe, die in Nahrungsmitteln zur Anwendung kommen. «Die Nachfrage ist da. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, sie bedienen zu können», meinte denn auch Konzernchef Gilles Andrier (59) Mitte April gegenüber «Finanz und Wirtschaft». Givaudans mittelfristige Wachstumsaussichten jedenfalls sind exzellent, sowohl hinsichtlich Umsatz wie auch Ertrag.
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In schwierigen Börsenzeiten wirken sich Kurseinbrüche in Portfolios mit Schwergewicht auf defensiven Werten weniger verheerend aus, als wenn sie vorwiegend mit Zyklikern bestückt sind. In meiner letztjährigen September-Kolumne gab ich Tipps, wie man ein Depot sturmsicher macht. Dabei habe ich auch die Valoren von Givaudan empfohlen. Seither haben diese Titel 17 Prozent an Wert zugelegt, während der SMI 6 Prozent verlor. Zykliker haben in dieser Periode noch weitaus mehr Federn gelassen. Die Titel des Zementkonzerns Lafarge-Holcim beispielsweise verloren 24 Prozent.
Bei den Givaudan-Papieren ist die Kursfantasie vorläufig etwas verpufft. Denn mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 35 sind sie sehr hoch bewertet – Qualität hat eben ihren Preis. Mittelfristig jedoch bleiben sie für defensiv aufgestellte Anleger attraktiv. Ein Einstieg eilt nicht; die Volatilität an den Aktienmärkten bleibt hoch, weitere Kursstürze sind nicht auszuschliessen.
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Der Innerschweizer Konzern Emmi gehört zu den wenigen Unternehmen, denen die Corona-Krise kaum etwas anzuhaben scheint. Die Nachfrage nach Milchprodukten ist hoch, die Produktion läuft auf vollen Touren. Und dennoch sind beim Geschäftsgang für 2020 nicht enorme, dafür solide Fortschritte zu erwarten. So wie im Vorjahr: Da stieg der Umsatz organisch um 2,2 Prozent, die Ebit-Marge gab minim auf 6,2 Prozent nach, der Gewinn erreichte 4,8 Umsatzprozente. Solche Zahlen hauen kaum einen Anleger aus den Socken. Allerdings bewegt sich Emmi in einem gesättigten Markt und sieht sich harter Konkurrenz ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund muss man CEO Urs Riedener (54) Bestnoten geben; er versteht es, die Stagnation im Heimmarkt über den Verkauf hochmargiger Produkte im Ausland mehr als auszugleichen.
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Dennoch wird sich an der dünnen Ertragsdecke auf absehbare Zeit nicht viel ändern. Wenig berauschend ebenso die Kennzahlen der Aktien: Mit einem geschätzten KGV von 24,5 sind sie hoch bewertet, die Dividendenrendite ist trotz einer kräftigen Erhöhung der Ausschüttung mit 1,4 Prozent mickrig. Die Papiere sind nicht mein Ding; zu teuer, zu langweilig. Doch Anleger, die ihrem Portfolio in dieser schwierigen Zeit etwas mehr Stabilität verleihen wollen, sind mit diesen Titeln gut beraten.
Im März, als sich die Corona-Pandemie endgültig ins Bewusstsein der Menschen gedrängt hatte, wurden die Apotheken gestürmt. Von den hohen Umsätzen profitierte auch Galenica. Das fast ausschliesslich auf den Heimmarkt konzentrierte Unternehmen beliefert den Pharmagrosshandel sowie Apotheken und betreibt selbst ein Verkaufsnetz von über 500 Läden. Doch bereits im April gingen die Verkäufe wieder spürbar zurück; verantwortlich dafür waren der Lockdown sowie die von den Kunden aufgestockten Vorräte an Medikamenten. Damit wird 2020 für Galenica wohl zu einem Geschäftsjahr im üblichen Rahmen: Der Umsatz nimmt leicht zu, der Ertrag steigt leicht überproportional.
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Auch künftig sind nur geringe, dafür stetige Zuwächse zu erwarten. Einem exorbitanten Wachstum schiebt nur schon der Preisdruck der Behörden einen Riegel vor. Diesem Umstand begegnet Galenica mit Kostenreduktionen und Prozessoptimierung. Zudem werden die Dienstleistungen im Gesundheitsbereich laufend ausgebaut. Das Geschäftsmodell ist ausgesprochen solide, die Dividendenrendite von 2,7 Prozent ansprechend. Auch wenn die Aktien mit einem geschätzten KGV von 23,5 nicht gerade wohlfeil sind, eignen sich die Valoren für auf Sicherheit bedachte Investoren.
Corona-Profiteur: Seit Mitte März hat die Online-Apotheke Zur Rose unter CEO Walter Oberhänsli an der Börse um über 30 Prozent zugelegt.
Gabi Vogt / 13 PhotoCorona-Profiteur: Seit Mitte März hat die Online-Apotheke Zur Rose unter CEO Walter Oberhänsli an der Börse um über 30 Prozent zugelegt.
Gabi Vogt / 13 PhotoWerbung
In weitaus grösserem Ausmass positiv schlägt sich die Corona-Krise in den Büchern von Zur Rose nieder. Die hierzulande und in Deutschland führende Online-Apotheke profitiert von der Angst der Leute, sich in einem Ladengeschäft anzustecken; sie bevorzugen eine Hauslieferung ihrer Medikamente. Das lässt die Kassen bei Zur Rose vernehmlich klingeln: Im ersten Quartal schnellten die Verkäufe um 11,6 Prozent in die Höhe. Dieser Trend dürfte sich auch im zweiten Vierteljahr fortsetzen. Der rosige Geschäftsgang beflügelt den Aktienkurs – die Valoren haussierten seit Mitte März um über 30 Prozent. Die Kehrseite der Medaille: Damit notieren die Papiere gerade mal auf dem Ausgabepreis, den die Firma beim IPO von 2017 verlangte.
Der aktuell gute Geschäftsgang vermag jedoch nicht zu verhindern, dass auch 2020 ein Verlust anfallen wird. Das Management unter CEO und Mit-Firmengründer Walter Oberhänsli (61) stellt vorderhand die Expansion vor allem im deutschen Markt über den Profit. Und so wächst der Umsatz seit Jahren – ebenso die Verluste. Laut den UBS-Analysten ist frühestens 2023 mit einem Mini-Gewinn zu rechnen; und der wird dann gerade mal ein mickriges Umsatzprozent erreichen. Die Aufnahme von Dividendenzahlungen lässt noch mehrere Jahre länger auf sich warten. Ich predige an dieser Stelle immer wieder über die Langfristigkeit von Aktienanlagen. Doch das Warten auf befriedigende Erträge dauert mir bei Zur Rose etwas zu lange.
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Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch
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