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Dos and Don'ts: Was Männer an Sommermode stört

Von Ballerinas bis Ohrstöpsel – ein kritischer Blick auf aktuelle Trends und modische Fehltritte in der Schweizer Stadtlandschaft.

Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

<p>Flip-Flops gehören eindeutig zu den Don'ts.</p>

Flip-Flops gehören eindeutig zu den Don'ts.

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Ballerinas

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Wir sind hier ja richtige Männer, furchtlos und unerschrocken. Also trauen wir uns, natürlich, auch eine Stilkritik an den Damen zu. Grundsätzlich muss Mann auch bei harmlosen Themen heute immens vorsichtig sein. Denn stets droht der feministische Shitstorm.

Aber es ist eben so: Ballerinas scheinen genauso wenig auszusterben (oder ausrottbar zu sein) wie Trekkingsandalen. Schlimm sind beide, aber Trekkingsandale ist ja vor allem ein männliches Phänomen. Also: Die Idee der Ballerinas ist vermutlich, optisch einen schlanken Fuss zu machen und zugleich die Qual von Highheels zu umgehen. Leider tritt diese nachvollziehbare Erleichterung hinter die Begleiterscheinungen zurück: Die Trägerin wirkt immer ein wenig, als ob ihre Mami sie gleich von der Turnstunde abholen kommt.

Wie eine Tochter aus gutem Haus, die ein Faible für Rüschenblusen, Broschen, Hosen mit Bügelfalte und die «Farbe» Ecru hat. Und Halstücher, würde Schuh-Psychologe Frank Berzbach ergänzen. Mein Vorschlag für Flaches: Sneaker – die sind bequem und sehen immer gut aus. Oder Brogues – passen zu Frauen genauso gut wie zu Männern. Also bitte, bitte keine Ballerinas mehr, sonst ziehe ich zur Strafe wieder meine Trekkingsandalen an. Mit Socken drin.

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Shorts

Aus frühsommerlichem Anlass eine Warnmeldung: Auch heisseste Tage bedeuten nicht, dass jetzt alles erlaubt ist. Okay, es ist schon ziemlich viel erlaubt, punkto Kleidung natürlich noch mehr.  Aber ob es auch sinnvoll und angezeigt ist, Geschmacksgrenzen auszureizen oder weiter nach unten zu verschieben, ist eine andere Frage. Wenn ich mich hier ein wenig wiederhole, bitte ich Sie um Verzeihung! Aber nur weil wir Trekkingsandalen und Ballerinas bereits abgehandelt haben, ist die Sache mit den Shorts nicht weniger dringend.

Also: Hitze, klar, ist unangenehm. Kurze Hosen, klar, verschaffen den Beinen Luft. Das also spricht für Shorts. Im Büro sollten sie jedoch tabu sein. Und bitte nie so kurz wie bei «Magnum»: Erstens sind Sie nicht Tom Selleck, zweitens sah das sogar bei ihm grenzwertig aus. Schauen Sie bei den jungen Italienern, das sind die mit den riesigen Sonnenbrillen, am besten in Florenz oder Bologna: Shorts reichen genau bis zum Knie, sind eher schmal als weit. Länger sind sie aber auch nicht; jene «Hosen» in Dreiviertellänge mögen für Bergtouren taugen, aber in der City noch weniger als die «Magnum»-Länge – die sieht zumindest nicht ganz so sehr nach Stallknechtschaft aus.

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T-Shirt

Sommer, Sonne, T-Shirt-Zeit. Wirklich? Mir kam beim ersten Anbraten unter der Badi-Sonne die Erleuchtung, dass wir auch dringend über das T-Shirt sprechen müssen. Es ist zwar kein Teil der klassischen Herrengarderobe, jedoch andererseits für viele ein absolutes Basic, und das nicht nur bei Sport- und Freizeitaktivitäten. Viele tragen im Sommer ganz selbstverständlich T-Shirt zu allen möglichen Anlässen, teilweise auch zu unmöglichen. Und mein Eindruck ist: Sogar die Variante mit T-Shirt unter dem Anzug, vor allem zu Zeiten von «Miami Vice» populär, gewinnt allmählich wieder neue Anhänger. Und das kann auch wirklich klasse aussehen – allerdings verzeihen T-Shirts einige Kilogramm Übergewicht viel weniger als ein Hemd.

Ich bleibe trotzdem bei den Orthodoxen: T-Shirt ist was für den Weg zur Badi oder den Sportplatz, aber kein vollwertiges Oberteil für die City, schon gar nicht für Oper und Theater (wo man die Teile auch immer häufiger sieht).

An letzteren Orten sollte ein Hemd selbstverständlich sein; auf einen Anzug wage ich schon gar nicht mehr zu hoffen. Ansonsten sind für den Sommer Poloshirt oder Leinenhemd luftige Alternativen zum T-Shirt, mit denen der Träger (oder auch die Trägerin) deutlich «angezogener» aussieht. Dass unterhalb des T-Shirts nur noch das Tanktop rangiert, sollte sämtliche Fragen beantworten …

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Flip-Flops

Wie immer wird der Hochsommer auch seine hässlichen Seiten zeigen: Unbekümmerte Mitbürger nehmen die schweisstreibenden Temperaturen als Vorwand, so viel Bekleidung wie möglich abzulegen, auch mitten in der Stadt. Also quälen mich nackte Schultern und ultraknappe Shorts neben mir im Tram – und da meine ich nicht die Schülerinnen, deren Outfits waffenscheinpflichtig sein sollten, sondern Pensionisten mit Zigarettenstummel in der Hand (in der anderen eine Dose Feldschlösschen), die ihre nackten Beine an meiner frisch gewaschenen Chino reiben, oder junge Herren mit der Figur eines IT-Nerds, deren weisse Beinchen zu betrachten nun wirklich niemandem hilft.

Aber alles ist nicht so schlimm wie die Inflation der Flip-Flops in den Strassen unserer Städte. Für ihre schwitzenden Oberkörper können viele nicht allzu viel, auch wenn man mit Dusche oder Deo der Umwelt viel Gutes tun könnte. Aber die hygienischen Zustände vieler Schweizer Füsse sind echte Ablöscher oder besser: Naturkatastrophen. Es gibt doch Seife, Klipser, Raspel, Feile, Schere, Salbe, Bébé-Creme … Die könnte man einsetzen! Tipp: Wer schon die Umkleide seines Sportstudios nur mit Nasenklammer aushält, dem empfehle ich, in allen Monaten ohne «r» im Namen im öV nie den Blick nach unten zu richten. Dann wirds vielleicht noch ein schöner Sommer.

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Männerhandtasche

Ich muss gestehen: Bei diesem Thema bin ich gespalten. Denn einerseits sehe ich das Problem: Wohin mit Smartphone, Schlüsseln, Taschentüchern, Geld und Kreditkarten? Nur wer sich in zeltartige Kleidung packt, läuft nicht Gefahr, alle Taschen seiner Oberteile oder Hosen auszubeulen. Was also bleibt, ausser den Kram so überschaubar wie möglich (keine Münzen, wenige Karten) zu halten, sind zwei Auswege. Erstens, wie sich Hipster behelfen, ständig eine Tasche (gern vom Typ Messenger Bag oder Briefcase) mit sich herumzutragen oder, noch schlimmer, stets den Rucksack mitzuführen. Oder eben die in unseren Kulturkreisen wenig geliebten Herrentäschchen.

Auch davon gibt es zwei Modelle: Jenes zum Umhängen, das man etwa an Touristen sieht oder an Mitbürgern aus südöstlichen Weltregionen (das sind keine Vorurteile, sondern empirische Feldforschung), auch Italiener hängen sich gern diese kleinformatigen Taschen um die Schulter. Oder es gibt jene Handgelenktaschen, in denen mein alter Musiklehrer seine Rauchutensilien transportierte. Von diesen letzten beiden Modellen vielleicht abgesehen: Tun Sie das, was Ihnen richtig erscheint. Denn das nennt sich: persönlicher Stil. Oder machen Sie es wie wir: Geben Sie alles Ihrer Frau in die Handtasche!

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Ohrstöpsel

Sie sind die Zivilisationskrankheit unserer Zeit: Apples AirPods und andere Ohrstöpsel. Seit die Teile existieren und dauerndes Telefonieren im Tram und auf der Strasse für die berufliche, sagen wir, Mittelklasse, zum Zeichen höherer Ambition und geschäftlicher Unverzichtbarkeit der eigenen Person avanciert ist, tragen sogar Mittfünfziger mit Polyesterkrawatte und original Navyboots an den Füssen diese Dinger. Dabei war Ohrschmuck für Männer ausser bei fernab siedelnden indigenen Völkern und Lewis Hamilton zuletzt eher wenig angesagt.

Wer in den vergangenen Jahren mal in einer asiatischen Metropole war, sagen wir Hongkong, erinnert sich an zahllose, über jede Unebenheit im Gehsteig stolpernde Menschen, die auf ihren Handybildschirm starren und mit ihrem Hemdkragen zu sprechen scheinen. Und hier haben wir das nun auch. Am Flughafen sowieso, aber eben auch in der City, im Fitness, im Café. Klar, wenn Sie Unternehmensberater sind oder ein ähnlich bedeutender Schrittmacher der Weltwirtschaft, dann muss das wohl sein. Oder wenn Sie gern über Kevin aus der Parallelklasse schnattern. Ansonsten ein Tipp: Es sieht uhuere doof aus und kein bisschen cool oder wichtig. Und noch einer: Die wirklich Wichtigen lassen telefonieren.

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Dieser Artikel ist im Bonanza, dem Magazin der BILANZ, erschienen (Sommer 2025).

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