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Schafft es die Sportwagenschmiede, E-Autos im Luxussegment zu etablieren? Dazu zieht Ferrari alle Register – wie etwa beim Sound.
Offizielle Bilder vom Ferrari Elettrica gibt es noch nicht, die Fantasie der Automagazine läuft auf Hochtouren.
Andrei AvarvariiWerbung
Hybridautos gelten als Vernunftfahrzeuge, bei denen die E-Maschine den Benzinverbrauch zügelt. Die Ingenieure von Ferrari sehen das etwas anders: Für sie füllt der E-Motor die Leistungslücke, die ein Verbrenner mit seiner unregelmässigen Drehmomentkurve aufreisst. 50 Prozent der verkauften Ferraris sind daher mittlerweile Hybride – zum Beispiel der nun in der Schweiz vorgestellte neue 849 Testarossa.
Ferrari ist es so gelungen, Hybride cool und begehrenswert zu machen. Doch nun steht die Kultmarke aus Maranello vor einer noch grösseren Herausforderung: reine E-Autos zu bauen, die zum Objekt der Begierde werden. Anfang Oktober hat Ferrari angedeutet, wie das gelingen soll, und hat dazu Eckwerte des ersten Ferrari-Stromers vorgestellt. Der firmierte bis jetzt unter dem schnöden Arbeitsnamen Elettrica und soll Ende 2026 auf den Markt kommen. Ferrari will damit das schaffen, woran Porsche und Mercedes bisher gescheitert sind: mit Erfolg Luxus-E-Autos verkaufen.
Ferrari setzt dafür nicht auf einen Zweisitz-Sportwagen, sondern auf einen viersitzigen Gran Turismo. Erwartet wird, dass der E-Ferrari dem hauseigenen SUV Purosangue ähneln wird – aber im Unterschied zum Verbrenner soll der E-Ferrari tiefer auf der Strasse kauern und eine flachere Linie bekommen. Für gutes Handling setzten die Ingenieure auf Allradlenkung und ein kurzes Chassis mit einem Radstand von 2,96 Metern, der Purosangue kommt auf 3,02 Meter. Die finale Form des Elettrica will Ferrari erst nächstes Jahr enthüllen.
Leistung: Vier E-Motoren leisten insgesamt über 1000 PS im Boost-Modus.
Beschleunigung: von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 310 km/h
Reichweite: rund 530 Kilometer
Batteriekapazität: 122 kWh
Gewicht: 2300 kg
Beim Antrieb geht Ferrari wie immer in die Vollen: Der Wagen wird von vier E-Maschinen angetrieben, die beiden Motoren an der Vorderachse leisten 285 PS, jene an der Hinterachse 843 PS – das ergibt zusammen über 1000 PS, die aber nur für kurze Zeit im Boost-Modus verfügbar sind. Für mehr Fahrspass kann man den Vorderradantrieb abschalten, um einen reinen Hecktriebler zu haben.
Als Fahrleistungen stehen ein Sprint von null auf 100 km/h in 2,5 Sekunden sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 310 km/h auf dem Datenblatt. Zum Vergleich: Der Purosangue benötigt 3,3 Sekunden. Doch jeder, der schon mal ein E-Auto gefahren ist, weiss: Vollgasfahrten lassen den Batteriestand schnell schmelzen. Daher spendiert Ferrari dem Wagen einen Riesenakku mit 122 kWh. Die Reichweite wird mit rund 530 Kilometern angegeben. Daraus ergibt sich ein rechnerischer Durchschnittsverbrauch von 23 kWh pro 100 Kilometer – was ein üppiger Wert ist.
Wie bei Kernkomponenten üblich, hat Ferrari die Batterie für den Elettrica selbst entwickelt. Sie soll auf eine Energiedichte von 195 Wh/kg kommen – laut Ferrari ist das der höchste Wert aller derzeitigen Serienautos. Mindestens so wichtig ist die Fähigkeit zum schnellen Laden: Dank der 800-Volt-Technologie kann die Batterie in 15 Minuten vollgeladen werden.
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Doch das sind graue Zahlen: Der Mythos Ferrari speist sich vor allem daraus, wie sich diese Autos fahren. Dabei ist der Sound der Motoren eine Schlüsselkomponente für das Gänsehautgefühl. Aber E-Motoren brüllen nun mal nicht wie ein Zwölfzylinder.
Ein Ferrari darf allerdings nicht surren wie ein Staubsauger. Daher haben sich die Ingenieure etwas ausgedacht: Statt auf künstliche Sounds aus Lautsprechern zu setzen, werden die Geräusche der E-Motoren verstärkt. Dabei erfasst ein Sensor die Frequenzen der Motoren an der Hinterachse und überträgt sie über eine Art Resonanzkammer – ähnlich wie bei einer E-Gitarre.
Damit will Ferrari den Motorensound in das E-Zeitalter retten. Die Technik dazu hat der italienische Autohersteller patentieren lassen. Um das Schaltfeeling zu ersetzen, verpasst Ferrari dem Elettrica Wippen am Lenkrad, mit denen sich die Intensität der Beschleunigung und der Rekuperierung verändern lassen.
Mit dem Superstromer zielt Ferrari auf den chinesischen Markt. Doch dort tun sich Konkurrenten wie Porsches Taycan schwer. Ferrari wird daher vorsichtiger und krebst bei den Absatzzielen zurück: Reine Stromer sollen 2030 noch 20 Prozent vom Absatz ausmachen. Vor drei Jahren hielt man in Maranello noch einen Anteil von 40 Prozent für möglich.
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Und was sagen die Ferraristi? Eine Mini-Umfrage unter den Ferrari-Kunden bei der Vorstellung des neuen 849 Testarossa zeigt ein gemischtes Bild: Einen E-Ferrari zu kaufen, käme «auf keinen Fall infrage», entfährt es einem älteren Ferrari-Kunden beim Event in Zürich. Ein zweiter, der von sich sagt, gleich drei Autos mit dem springenden Pferd zu besitzen, ist nuancierter: «Es kommt darauf an, ob es Ferrari schafft, die Emotionen ins Auto zu bringen.» Die Spannung ist also gross.
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