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Frank Goldfinger

Zurich, Swiss Life, Swiss Re: Was die Finanzwerte der Versicherer beflügelt

Frank Goldfinger über Versicherer, die von steigenden Zinsen profitieren, die Dividendenrendite von Swiss Life und die teuren Aktien von Lindt & Sprüngli.

Frank Goldfinger

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Mario Greco, CEO der Zurich Insurance Group..

PROFITEUR DER ZINSWENDE: Zurich-Chef Mario Greco.

Daniel Winkler / 13 Photo

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Die Tage der Nullzinsen sind gezählt. Doch die Wende drückt auf die Stimmung an den Börsen. Was Bad News für das Gros der Aktien ist, beflügelt dafür die Finanzwerte, und da vor allem jene der Versicherer. Diese müssen Hunderte von Milliarden Franken möglichst sicher anlegen, damit sie künftige Leistungen finanzieren können. Deshalb werden bloss vier Prozent in Aktien investiert, dafür das Elffache in Festverzinsliche. Und so wachsen dank nur schon leicht steigenden Zinsen die Erträge.

Die Versicherungstitel haben sich denn auch zum Jahresauftakt gut geschlagen und bis gegen zehn Prozent zugelegt. Dieser Trend dürfte anhalten. Dafür sprechen neben steigenden Zinsen auch die Superrenditen vieler Titel. So locken Zurich Insurance mit einer Dividendenrendite von 4,6 Prozent. Der Schaden- und Lebensversicherer zeichnet sich durch ein zwar nicht enormes, dafür stabiles Prämien- und Ertragswachstum aus.

Einen schönen Zustupf liefert auch die US-Versicherungsfirma Farmers Exchanges, für welche Zurich das Tagesgeschäft führt. Die Aktien sind mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 im historischen Vergleich eher hoch bewertet. Doch für die Valoren sprechen das stetige Wachstum und die Dividendenrendite. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Zurich-Chef Mario Greco (62) will weiterhin rund drei Viertel des Gewinns ausschütten.

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Die Spitzenrendite unter den Big Three bieten Swiss Re, und zwar verführerische 6,1 Prozent. Dabei lief es dem Rückversicherer über die letzten Jahre selten gut. Konzerninterne Probleme sowie hohe Schadensummen sorgten für schwankende Resultate. 2021 dagegen brachte dank Restrukturierungen und Prämienerhöhungen einen deutlichen Gewinnschub. Dennoch sind die Aussichten unsicher. Die Schäden aus Naturkatastrophen häufen sich, im letzten Jahr musste die Branche weltweit mit 120 Milliarden Dollar geradestehen. Die von Christian Mumenthaler (52) gelenkte Swiss Re, die für eine Prämie Risiken von Erstversicherern abdeckt, bekommt dies besonders stark zu spüren. Top-Rendite hin oder her – die Titel reizen mich nicht.

Viel Wachstum

Mit 3,4 Prozent bieten Swiss Life zwar die geringste Dividendenrendite und mit einem KGV von 15 die höchste Bewertung. Dennoch sind sie die Starperformer: Seit Anfang 2021 haben die Aktien über 40 Prozent an Wert zugelegt, während Swiss Re und Zurich auf ein Plus von 16 respektive 17 Prozent kommen. Auch im langfristigen Vergleich schneidet Swiss Life deutlich besser ab. Das ist vor allem das Verdienst von Patrick Frost (53), der den Konzern zunehmend auf einen Anbieter von Finanzprodukten und Dienstleistungen ausrichtet. Dies bringt einen stetigen Zufluss von Einnahmen. Gut läuft auch das Kerngeschäft der Lebens- und Vorsorgeversicherungen.

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Über den Autor

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

Das starke Ertragswachstum dürfte sich fortsetzen. Die UBS rechnet bis in fünf Jahren mit einer Zunahme des Gewinns pro Aktie um die 70 Prozent. Wer Wachstum und damit steigende Kurse einer hohen Dividendenrendite vorzieht, ist mit Swiss Life gut beraten.

Magere Offerte 

«Cosmo hat sich Cassiopea einverleibt. Für die Anleger ist dies sozusagen ein doppelter Verlust. Die einst hoch gepriesene und hoch bewertete Cassiopea-Aktie hat an Wert verloren, Cosmo ebenso. Geblieben ist für die meisten Aktionäre ein Scherbenhaufen. Bietet Cosmo nun eine Einstiegschance?» Ich kann den Ärger des Lesers P.M. nachvollziehen.

Cosmo Pharmaceuticals brachte 2015 ihre Dermatologietochter als Cassiopea an die Börse und strich dank dem Emissionspreis von 34 Franken einen fetten Gewinn ein. Nur kam die Jungfirma nie auf einen grünen Zweig. Die Aktien stiegen zwar bis auf 57 Franken, notieren aber heute wieder auf dem Ausgabepreis. Die auf Medikamente für Magen-Darm-Probleme sowie endoskopische Anwendungen spezialisierte Cosmo enttäuschte ebenso: Die Aktien sind gegenüber dem Höchstkurs noch ein Drittel wert.

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Nun wurde also Cassiopea «heimgeholt». Cosmo bot den Aktionären pro Titel 0,467 eigene Papiere an – eine mickrige Offerte. Die dazu nötige Kapitalerhöhung trug den Cosmo-Aktionären eine Verwässerung von gegen einem Fünftel ein. Die Anteilseigner beider Firmen sind auf der ganzen Linie Verlierer.

Steht es wenigstens um die Zukunft von Cosmo besser? Vielversprechend ist das Aknemittel Winlevi von Cassiopea. Aus dem Hause Cosmo kommen ein Mittel gegen Reisedurchfall und der Hoffnungsträger GI Genius, ein Gerät, das Darmpolypen automatisch erkennt. Dazu gesellen sich weitere Medikamente. Die Papiere sind interessant, jedoch stark risikobehaftet. Wer bereits Aktionär ist, sollte die Valoren halten.

Viel zu teuer 

Schokolade geht immer. Auch oder gerade während einer Pandemie, da man zu Hause noch so gerne Lindor-Kugeln nascht oder an einem Goldhasen knabbert. Und so legte Lindt & Sprüngli jüngst ein glanzvolles Ergebnis vor: Der Umsatz stieg 2021 um 14 Prozent auf 4,6 Milliarden Franken. Damit war die Corona-Scharte von 2020 mehr als ausgewetzt. Auch um die Ertragslage dürfte es gut bestellt sein, Zahlen dazu folgen im März. Das von VR-Präsident Ernst Tanner (75) vorgegebene Ziel einer Ebit-Marge von 14 Prozent sollte erreicht werden.

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Lindt und Sprüngli: Stiftungsratspraesident Ernst Tanner, links, und Markenbotschafter Roger Federer in der neuen Chocolateria des Lindt Home of Chocolate in Kilchberg

SÜSSE GESCHÄFTE: Ernst Tanner schreibt mit Lindt & Sprüngli schöne Zahlen, doch die Aktien sind überbewertet.

Keystone .
Lindt und Sprüngli: Stiftungsratspraesident Ernst Tanner, links, und Markenbotschafter Roger Federer in der neuen Chocolateria des Lindt Home of Chocolate in Kilchberg

SÜSSE GESCHÄFTE: Ernst Tanner schreibt mit Lindt & Sprüngli schöne Zahlen, doch die Aktien sind überbewertet.

Keystone .

Ungeachtet des süssen Geschäftsgangs haben die Aktien in diesem Jahr 14 Prozent an Wert verloren, die Partizipationsscheine büssten sogar 18 Prozent ein. Nach den saftigen Kursgewinnen des Vorjahres kann dies nicht erstaunen. Nur reizen mich die Valoren auch zu den tieferen Preisen nicht zum Kauf. Denn sie sind nicht nur optisch, sondern auch an Bewertungskriterien gemessen extrem teuer: Die PS weisen ein für 2022 geschätztes KGV von über 45 auf. Und das, obwohl auch in diesem Jahr mit einem deutlichen Ertragszuwachs gerechnet werden kann.

Derart exorbitante Bewertungen sind nur bei Wachstumsaktien vertretbar. Wenig betörend ebenso die Dividendenrendite von einem Prozent. Die Aktien überlasse ich gerne Institutionellen und reichen Anlegern, die über 100'000 Franken zu bezahlen gewillt sind – pro Stück, notabene.

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