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Inside Bahnhofstrasse

Zollchaos eröffnet Chancen

Mutige Investoren nutzen die tiefen Aktienkurse zum Einstieg. Einige Ideen, welche Titel man kaufen kann und wo ­Abstand angesagt ist.

Frank Goldfinger

Frank Goldfinger

David Layton (r.), CEO von Partners Group, und Ypsomed-Chef Simon Michel bieten mit ihren Firmen schönes Kurspotenzial.

David Layton (r.), CEO von Partners Group, und Ypsomed-Chef Simon Michel bieten mit ihren Firmen schönes Kurspotenzial.

Philippe Rossier, Lukas Schnurrenberger

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Die Zollwut von Donald Trump sowie der dadurch ausgelöste Aktiencrash stecken den Anlegern noch in den Knochen. Und da soll man bereits wieder an Käufe denken? Ja, denn die tiefen Kurse bieten auf mittelfristige Sicht Chancen. Ein Einstieg aber eilt nicht: Der US-Präsident hat bei den zusätzlichen Grenztarifen nur die Pausentaste gedrückt, das Zollchaos aber bleibt bestehen. Zudem erfordern der Handelskrieg USA–China oder die Gefahr einer globalen Rezession einiges an Risikobereitschaft.

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Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.

Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

Auf meiner Favoritenliste weit oben stehen Partners Group. Die Aktien wurden heftig in den Keller geprügelt. Die Marktturbulenzen könnten es dem auf Privatmarktanlagen spezialisierten Assetmanager erschweren, seine verkaufsbereiten Beteiligungen gewinnträchtig zu versilbern. Laut CEO David Layton ist diese Pipeline mit 19  Milliarden Dollar proppenvoll. Dennoch erachte ich Partners Group als attraktive Anlage. Zumal das Unternehmen betont, dass die Auswirkungen der Handelszölle auf das Investmentportfolio gering seien.

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Mittelfristig ein hohes Kurspotenzial bieten Ypsomed. Die Aktien haben seit Mitte Februar 15  Prozent an Wert eingebüsst. Das ist teils eine Folge der US-Zölle, aber auch der schwachen Testresultate des Medikaments CagriSema von Novo Nordisk, für das Ypsomed die Injektionsstifte liefert. Beide Reaktionen sind übertrieben. Laut CEO Simon Michel (48) fallen in den USA gerade mal knapp zehn Prozent des Umsatzes an. Zudem würden die Zölle gemäss einer Abmachung von den Kunden bezahlt. Damit bleibt die Wachstumsstory intakt.

Beinahe Zollfrei

Selbst die Papiere von Swissquote erwischte es hart. Zwar haben sie sich wieder etwas erholt, notieren aber immer noch weit unter dem Februar-Höchst. Nun ist der Onlinebroker erst recht einen Kauf wert. Trumps Zollschlacht trifft Swissquote nur indirekt, beispielsweise über die Dollarschwäche; ein Teil des Einkommens wird in den USA erzielt. Andererseits profitiert die Firma von den Wirren, indem die Volatilität an den Börsen stark zunimmt, was höhere Handelsgebühren bringt. Jüngst wurden Rekordresultate vorgelegt, in diesem Stil soll es weitergehen. Die Mittelfristziele wurden deutlich erhöht.

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Leiden müssen ebenso die Aktien von Lonza. Doch auch hier kann teilweise Entwarnung gegeben werden. Der Auftragsfertiger für die Pharma- und die Biotech-Industrie wäre nur am Rande von US-Zöllen auf Pharmazeutika betroffen. Ein Trumpf ist auch das von Roche gekaufte Werk in Kalifornien. Für mich zählen Lonza zu den attraktivsten Schweizer Aktien. Einen Ausweg aus der Zollmisere bieten die Valoren der Kantonalbanken. Denn diese spüren den Wüterich aus dem Weissen Haus nur indirekt, nämlich über Konjunktur oder Zinsen. Ich bevorzuge die Institute aus Basel, Glarus, Luzern oder Bern, die Dividendenrenditen von 3,8 bis 4,8  Prozent offerieren.

Vorsicht, Zoll

Nicht wenige Unternehmen bekommen den Zollkrieg zwischen den USA und China heftig zu spüren. Beispielsweise On. Innert dreier Monate wurden die Aktienkurse um ein Drittel gekappt. Kein Wunder, lässt der Sportartikler doch vor allem in Vietnam produzieren. Und dieses Land wurde zunächst mit einem Strafzoll von 46  Prozent belegt. Wie hoch dieser nach der 90-Tage-Frist ausfallen wird, ist offen – wenig wird es kaum sein. Dabei kassiert On in den USA den Grossteil der Einnahmen. Nicht weniger tief in der Zoll-Bredouille steckt Kühne+Nagel. Weniger Handel bedeutet eine geringere See- und Luftfracht. Im April sind denn auch die Buchungen für US-Import-Seecontainer zeitweise schwer eingebrochen. Unter Druck stehen auch Logitech. Der PC-Zubehör-Hersteller erzielt ein Drittel des Umsatzes in den USA, besitzt dort aber keine Fabrikation. Vielmehr sind 30  Prozent der Güter made in China. So steht Logitech mitten im Zollfeuer USA–China und musste jüngst die Jahresziele beschneiden.

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Auf die Pharmabranche ist Trumps Zollhammer bislang nicht niedergesaust. Doch seine Drohung, er werde Tarife verhängen, «wie man es noch nie zuvor gesehen hat», lässt wenig Gutes erwarten. Und die USA sind wichtigstes Absatzgebiet von Roche und Novartis. Da warte ich zuerst einmal die Entwicklung ab. Dasselbe in Grün bei den Luxusgüterfirmen Swatch und Richemont. Die Schwäche im wichtigen chinesischen Markt akzentuiert sich durch die Zollschlacht, derweil sich die US-Kunden zunehmend in Zurückhaltung üben dürften.

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