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Beat Stocker: Der Männerfreund von Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz scheiterte mit seiner offensiven Prozessstrategie.
VIER JAHRE HAFT Der Berater Beat Stocker erhielt die höchste Strafe im Vincenz-Prozess – seine offensive Kommunikationsstrategie nutzte nichts.
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Es war eine harte Landung. Bis zum Schluss inszenierte sich der Unternehmensberater Beat Stocker im Prozess gegen ihn und seinen Männerfreund Pierin Vincenz als Ehrenmann, der zu Unrecht auf der Anklagebank sass. Schon vor Prozessbeginn war er via ein dreiseitiges Interview in der «NZZ am Sonntag» in die Offensive gegangen, ein für Schweizer Verhältnisse ungewöhnlicher Schritt. Dort sparte Stocker nicht mit Eigenlob.
Vier Jahre habe er den Anklägern zu erklären versucht, wie er tickt («Ich habe eine Gabe: Wird um einen Tisch herum diskutiert, dann liegt die Lösung für das Problem für mich klar ersichtlich vor»). Doch leider, so der Unterton, hätten die tumben Juristen diese Gabe nicht erkannt.
Während des Prozesses schickte er dem «Blick» sogar eine Mail und betätigte sich als Hobbyjurist: «Die Anklage geht nicht auf. Selbst wenn die interpretierten Fakten so stimmen würden, wären die zwingenden Voraussetzungen für die strafrechtliche These der Anklage gegen mich nicht gegeben.»
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Vincenz schwieg dagegen eisern, wie von seinem Anwalt Lorenz Erni verordnet. Der in Strafrechtsfragen eher unerfahrene Stocker-Anwalt Andreas Blattmann konnte den Mitteilungsdrang seines Mandanten offenbar nicht stoppen.
ANDREAS BLATTMANN Der Stocker-Anwalt liess seinen Mandanten reden.
Stefan BohrerANDREAS BLATTMANN Der Stocker-Anwalt liess seinen Mandanten reden.
Stefan BohrerDie Strategie ging nicht auf. Mit vier Jahren Haft ist Stocker in erster Instanz sogar härter bestraft worden als Vincenz, der mit drei Jahren und neun Monaten davonkam. Die Chuzpe, die Stocker schon bei seinen Raiffeisen-Projekten begleitet haben soll, beeindruckte weder Chefankläger Marc Jean-Richard-dit-Bressel noch das Gericht.
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Auch gegenüber BILANZ war er einst juristisch hart vorgegangen. Als «Schattenmann» hatten wir Stocker im April 2018 gezeigt und ihn so porträtiert, wie es das Gericht jetzt bestätigte: als Drahtzieher und strategischen Kopf der Geheimbeteiligungen. Stocker wandte sich via Anwälte in einer ausführlichen Begründung gegen diese Darstellung und die Beschreibung als «Komplizen» von Vincenz. Das Gericht hat genau diese Einschätzung bekräftigt.
Gegenüber seiner zweiten Frau, die ihn während des Prozesses fürsorglich umgarnte und für deren Tochter er einst als Wohltäter eine schöne Dachwohnung in Zürich gekauft hatte, gab Stocker all die Jahre den Saubermann. Jetzt zerstörten die Richter dieses Bild.
Leisten kann sich der 62-Jährige all die Anwälte wenigstens: Sein Vermögen gab er bei der Prozessbefragung mit 30 Millionen Franken an. Vincenz droht dagegen der Privatkonkurs.
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