Guten Tag,
Am Ende eines historischen Bankjahres zieht der UBS-Comeback-CEO Sergio Ermotti im BILANZ-Business-Talk Bilanz.
Schärfere Aufsicht, bitte: Sergio Ermotti (r.) fordert im Gespräch mit Dirk Schütz härtere Ahndung bei grober Fahrlässigkeit.
Markus Senn für BILANZ
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Ja, seit ich zurück bin, schon einige (lacht). Aber damals, direkt nach der Finanzkrise, war es nicht einfach, Banker zu sein – die Banken waren berechtigter Kritik ausgesetzt. Heute hat sich die Situation deutlich gebessert. Aber es ist noch immer eine Herausforderung – vor allem die Balance zu erhalten zwischen den Anforderungen des Tagesgeschäfts und einer gewissen Handlungsflexibilität bei Opportunitäten.
Ich war immer der Meinung, dass für mich auch nach neun Jahren an der UBS-Spitze noch ein Kapitel offen war. Und ich bin überzeugt, dass wir mit der CS-Übernahme eine Erfolgsgeschichte schreiben können. Und schliesslich ist es auch eine Chance zu zeigen, dass wir nach der Staatsrettung in der Finanzkrise Teil der Lösung und nicht mehr Teil des Problems sein können.
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Für uns war es schon immer ein Thema: Wie können wir anorganisch wachsen, ohne unser Geschäftsmodell zu stark zu verändern? Und da war die CS ein optimaler Kandidat. Für uns war seit dem Jahr 2016 klar, dass dort etwas nicht ideal läuft. Und wir mussten uns auch vorbereiten, damit kein anderer Player zum Zug kommt.
Der Wert der CS und die Franchise der CS wären damals aber auch grösser gewesen. Viele Probleme hätten wir damals vielleicht auch anders gelöst. Jetzt mussten wir innert 72 Stunden entscheiden.
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Wir brauchen auf jeden Fall mehr Klarheit. Wenn es zum Beispiel um grobe Fahrlässigkeit geht, sollte es einfacher sein, diese über die Regulatoren zu adressieren. Das ist heute nicht einfach. Und dann müssen wir schauen, wer die einzelnen Verantwortlichen sind. Es kann nicht sein, dass die Aktionäre und die Mitarbeiter dafür zahlen müssen.
Nein. Die Schweiz hat ein weltweit anerkanntes System. Aber es gibt Lücken. Wir mussten Notfallklauseln für verschiedene Bereiche einführen, die eigentlich schon lange adressiert waren, etwa die staatliche Liquiditätsversorgung über den Public Liquidity Backstop. Ich begrüsse die Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungskommission, welche die Dinge genau unter die Lupe nimmt. Es geht aber mehr um die Qualität als die Quantität der Regulierung.
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Wir haben die Staatsgarantie zurückgezahlt und damit das Problem vom Steuerzahler genommen – und deshalb ist wahrscheinlich etwas Luft aus dem Thema gewichen. Ich bin froh darüber, denn ich glaube, dass die Schweiz ganz andere Probleme hat.
Schlagzeilen sollten mit etwas mehr Verantwortung gemacht werden. Die UBS wird nach der Integration der CS 40 Prozent grösser sein als Anfang März. Sie wird in der Schweiz so gross sein wie die CS 2004. Wir schaffen Mehrwert, nicht nur für den Arbeitsmarkt. Die Finanzindustrie trägt 10 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei und zahlt 40 Prozent der Unternehmenssteuern. Konkret hat die UBS letztes Jahr 2,3 Milliarden Franken Steuern bezahlt. Uns einfach auf die Grösse zu beschränken, ist falsch. Man muss auch die Qualität der Bilanz anschauen und die Tatsache berücksichtigen, dass wir bei der CS-Rettung Teil der Lösung waren. Wir sind keine Monsterbank.
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Wir sind nach Börsenwert die Nummer 21 oder 22.
Es war keine taktische Entscheidung. Wir hatten im März nur 72 Stunden Zeit, um die Lage zu beurteilen. Es wäre für die Bank, für die Aufsichtsbehörden, für den Bundesrat und für alle unverantwortlich gewesen, am Montag nach der Verkündung der Übernahme ohne eine gewisse Sicherheit an die Finanzmärkte zu gehen. Ab Mitte Juli haben wir uns vertieft mit den Risiken auseinandergesetzt und sind zum Schluss gekommen, dass die Garantie nicht mehr notwendig ist. Die UBS musste die ersten fünf Milliarden Verlust sowieso übernehmen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Bund noch Geld verliert, war sehr gering. Da war es einfach richtig, die Garantie zurückzuzahlen – nicht nur gegenüber unseren Aktionären, sondern auch gegenüber dem Steuerzahler.
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Ja, sie hatte genug Kapital. Sie ist untergegangen, weil sie ein falsches Geschäftsmodell hatte und einen Vertrauensverlust.
Die Zahl der proaktiven Kündigungen, die wir in der Schweiz vornehmen werden, liegt bei 3000. Das ist schmerzhaft, aber unvermeidbar. Die CS hat strukturell drei bis vier Milliarden pro Jahr verloren. Durch Synergien allein lässt sich das nicht kompensieren.
Nichts Aussergewöhnliches. Wir haben ähnliche Geschäftsmodelle, aber nicht unbedingt immer die gleichen Kunden. Und selbst wenn die Kunden gleich sind, sind sie nicht unbedingt gleich gross. Aber wir haben gute Mitarbeiter angetroffen, und ich hoffe sehr, dass sie jetzt die Motivation haben, ihre Leistung in die neue Bank einzubringen.
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Diese Aussage bezog sich vor allem auf Teile der Investmentbank. Ich sehe durchaus positive Teile der Kultur der CS. Beide Banken haben mehr als 160 Jahre Geschichte hinter sich und ähnliche Geschäftsmodelle.
Das ist der Teil, an dem wir arbeiten wollen, denn am Ende des Tages kann Unternehmertum in zu grossem Ausmass auch gefährlich werden, weil die Risiken in Relation zum möglichen Ertrag zu gross werden. Die Nachhaltigkeit in vielen Bereichen der CS wurde durch diese unternehmerische Kultur gefährdet.
Wahrscheinlich wird es sie 2024 noch geben. Aber wir werben nur noch mit dem Namen UBS.
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Die rechtliche Fusion der Schweizer Einheiten kommt sicher nicht vor dem dritten Quartal 2024. Dann kommt die Migration der Kunden von der CS-Plattform auf die UBS-Plattform. Das wird Ende 2024, Anfang 2025 sein.
Der Hauptsitz der UBS ist an der Bahnhofstrasse 45. Und das bleibt so. Was mit dem CS-Gebäude passiert, werden wir prüfen.
Nachfolge-Überlegungen: «Wenn die Bank erfolgreich ist, ist es immer besser, wenn jemand übernimmt, der die Bank gut kennt.»
Markus Senn für BILANZNachfolge-Überlegungen: «Wenn die Bank erfolgreich ist, ist es immer besser, wenn jemand übernimmt, der die Bank gut kennt.»
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Es ist sicher nicht das Bilanzrisiko, nicht die Qualität der Aktiven. Das grösste Risiko ist aus meiner Sicht die Migration der Daten. Wir haben Hunderte von Millionen Gigabyte an Daten zu transferieren. Die CS hat 3000 IT-Applikationen. Wir werden 300 behalten. Die Frage ist auch, wie lange es dauert, diese Integration zu bewerkstelligen. Wenn es zu lange dauert, bedeutet das, dass wir parallele Kosten haben, und das schadet unserem Finanzergebnis.
Es ist ganz anders. Es geht nicht mehr primär darum, die UBS zu positionieren, sondern eine Integrationsübung zum Erfolg zu führen. Ich kenne die UBS sehr gut.
Nein, überhaupt nicht. Dafür habe ich auch keine Zeit.
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Ich finde es gut. Ich bin 63 Jahre alt, wir müssen uns vorbereiten.
Wir haben gute Kandidaten bei uns. Eine externe Besetzung ist nicht ideal. Wenn die Bank erfolgreich ist, ist es immer besser, wenn jemand übernimmt, der die Bank bereits gut kennt.
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