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Das Festival Wheels and Waves ist zu Europas Treffpunkt der kreativen Motorradszene avanciert. Nun gastierte es erstmalig in Italien.
Wernie Baumeler
Abgefahren: El Rollo Dirt Track Race mit altem Eisen.
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«This is not Columbia, this is not Peru, this is El Rollo, where the dust is!», ruft der Speaker mit italienischem Akzent ins Mikro. Staub liegt in der Luft, während die Amateur-Rennfahrer mit ihren Vintage-Motorrädern Runden drehen, ihre Vorkriegs-Harleys, alten Engländer wie Triumph oder BSA und auch Japanerinnen in horrendem Tempo mit dröhnenden Motoren durch den Sand jagen. Flat Track Race! Gestartet wird in verschiedenen Kategorien, damit die Bikes vergleichbar bleiben. Alle haben Spass und geniessen die Show: Willkommen am Wheels and Waves Italy 2022.
Das Festival Wheels an Waves wurde 2012 von sechs «Southsiders» aus Toulouse im nahen Biarritz zum ersten Mal veranstaltet. 80 Teilnehmer kamen damals, dazu eine überschaubare Anzahl Besucher. Im nächsten Jahr waren es 1000 Besucher, dann 3000, und inzwischen zieht das Wheels and Waves über 10'000 Interessierte an. Während Covid gab es zwei Jahre keinen Event, doch nun ist das Festival zurück.
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Bestärkt von ihrem Erfolg, lancierten die Organisatoren weitere Festivals in Kalifornien und Japan, und 2022, in der ersten Oktoberhälfte, nun das erste Wheels and Waves in Italien, am Strand von Lido di Camaiore in der Toskana. Der Ort liegt zwischen dem Meer und den Bergen von Carrara, in einer atemberaubenden Landschaft, die zugleich als Wiege der Surferszene Italiens gilt. Da mussten wir dabei sein!
Ausstellung und Bar zugleich: Artride auf dem Pier.
Laurent Benhamou × Wimm ProductionsAuch einen Surf-Contest gibt es am Wheels and Waves.
Tommaso PardiniDer Skate-Contest am Festival.
Laurent Benhamou × Wimm ProductionsUnd natürlich Party.
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Das Ganze beginnt am Donnerstagabend: Artride auf dem Pier, eine Art Kreuzung aus Ausstellung von coolen Custombikes und Barbetrieb mit ebenso kühlem Bier. Dazu rockt gewaltig die französische Frauenkappelle Madam.
Am Freitag öffnet dann das «Village», das Herzstück des Festivals. Im Parco Bussoladomani am Stadtrand von Lido di Camaiore, das Meer auf der anderen Strassenseite, ist eine Motorradwelt aufgebaut. In lässigen alten Militärzelten gibt es Motorradsachen zu kaufen, natürlich standesgemässe Bikerkleidung, zudem zeigen Custom-Fertiger ihre Bauten. BMW und Royal Enfield stellen Motorräder zu Testfahrten bereit. Jeden Abend gibt es Konzerte, den Skate-Contest in der Halfpipe und jede Menge Custombikes und gute Leute. Und, klar, viel italienisches Bier. Wirklich viel.
Im Vorfeld des Festivals konnte man sich mit dem eigenen Custombike für einen Platz auf dem Festivalgelände bewerben. So werden die Besucher Teil der Ausstellung.
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Die Vintage Enduro Rally startete bei traumhaftem Herbstwetter.
Laurent Benhamou × Wimm ProductionsDie Vintage Enduro Rally startete bei traumhaftem Herbstwetter.
Laurent Benhamou × Wimm ProductionsFreitag mittags startet die Vintage Enduro Rally: Etwas ausserhalb, in einem Pinienwäldchen, steigt ein Motocross-Rennen, alle Fahrer tragen Vintagekleidung auf ihren alten Maschinen. Später machen wir eine Ausfahrt mit unseren Hondas durch Täler und Wälder der Versilia, am Abend versammeln sich wieder alle zur Party im Village. Und wenn es dort um 23 Uhr zu Ende geht, verlagert sich das Nightlife-Zentrum mit anderen Festivalgästen auf den Campingplatz, der nur wenige Schritte vom Village entfernt ist.
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Der Surf-Contest lockte zwar auch noch, aber den mussten wir leider auslassen. Weil in Italien einfach das gute Essen in zu vielen tollen Restaurants auf uns gewartet hat …
Custombikes, wohin das Auge reicht.
Wernie BaumelerCustombikes, wohin das Auge reicht.
Wernie BaumelerDas Wheels and Waves ist in seinen wenigen Jahren zum Dreh- und Angelpunkt der kreativen Motorradszene avanciert. Anders als bei traditionellen Töfftreffen gibt es bei Wheels and Waves keine Bikerspiele, weder Indianerschmuck noch Cowboy-Klamotten und schon gar keinen öden «Born to be wild»-Sound. Stattdessen wird zu Indie-Musik getanzt, Surfer warten auf die perfekte Welle, und angesagte Labels wie Hen’s Teeth oder Thedi Leathers präsentieren ihre Kleidung. Dazwischen stehen lässige und auf klassische Art umgebaute Motorräder, bei denen weder Motorleistung noch Hightech eine Rolle spielen – der Style muss stimmen. Man nimmt sich nicht allzu ernst und ist schon gar nicht langweilig.
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Am Samstag dann findet sich gefühlt halb Italien am Festival ein. Familien mit Kindern, viele Motorradfahrer auch aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz, zwei im positiven Sinn Verrückte waren sogar aus Australien angereist. Alles superfriedlich, man feiert sich selber und die Welt und die Bikes.
Am Sonntag ist frühes Aufstehen angesagt. Denn das Vintage Beach Race am Strand von Lido di Camaiore liefert einen weiteren Höhepunkt. Das Format: The Race of the Lords, eine Viertelmeile hin und zurück, Mann gegen Mann, auf abgesperrtem und grossartig im Stil der amerikanischen Fifties dekoriertem Racetrack.
Die Stimmung am Wheels and Waves war superfriedlich.
Wernie BaumelerDie Stimmung am Wheels and Waves war superfriedlich.
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Noch am Samstag hatten uns die Veranstalter gebeten, auch mitzumachen; teilnehmen konnte jede und jeder, sofern ein Vintage-Motorrad bereit war. Doch ohne Training, dafür zu viel Sand unter den Rädern, und wegen der Liebe zu unseren Bikes, Honda CB 550 aus den siebziger Jahren, hatten wir dankend abgelehnt. Das Rennen gab uns recht: Im tiefen Sand taten sich viele alte Töffs, vor allem die gewichtigen Vorkriegs-Harleys, ziemlich schwer. Aber so hatten nicht nur die Fahrer, sondern auch das Publikum Spass. Und Spass ist ja schliesslich Trumpf.
Diese erste Ausgabe von Wheels and Waves Italy war für die Veranstalter ein solcher Erfolg, dass sie schon fürs kommende Jahr eine Fortsetzung planen. Wer nicht bis Oktober 2023 warten mag: das «Original» in Biarritz steigt in der bereits zwölften Ausgabe ab dem 21. Juni: fünf Tage Bike, Surf, Spass an der Atlantikküste.
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