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Breguet ist eine der prestigeträchtigsten Uhrenmarken der Swatch Group. Doch es wurde ruhig um sie. Das möchte Chef Lionel a Marca nun ändern.
Timm Delfs
Die Type XX ist eine der Breguet-Uhren, die unter Sammlern euphorisch gefeiert wird.
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Im Portfolio der Swatch Group stellt die Uhrenmarke Breguet die Spitze der Pyramide dar. Sie ist das Juwel, mit dem sich Nicolas G. Hayek 1999 einen lang gehegten Traum erfüllte, indem er die Firma aus dem Vallée de Joux von der Gruppe Investcorp erwarb. Sie komplettierte ein Gebäude, bestehend aus 17 Marken, das heute von der Billiguhr Swatch über das Zugpferd Omega alle in der Schweiz möglichen Preisklassen abdeckt. Breguet war Hayek Seniors Lieblingsmarke, in die er viel Herzblut steckte.
Für besonderes Aufsehen sorgte sein ambitioniertes Projekt, Abraham-Louis Breguets komplizierteste tragbare Uhr nachzubilden, eine Taschenuhr, die 1783 beim Meisteruhrmacher für die glücklose Marie-Antoinette in Auftrag gegeben worden war und erst 1802 nach Marie-Antoinettes Tod unter der Ägide seines Sohns Louis-Antoine vervollständigt wurde. Im April 1983 war die Uhr aus dem Museum für Islamische Kunst in Jerusalem entwendet worden. Im Jahr 2004 beauftragte Hayek ein Team von Spezialisten der Marke Breguet, die verschwundene Uhr aufgrund überlieferter Pläne und Fotografien massstabsgetreu nachzubilden. Die fertige Uhr wurde 2008 an der Baselworld vorgestellt, kurz nachdem das Original 2007 in Israel wieder aufgetaucht war.
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Besonderen Wert hatte die Marke für Nicolas G. Hayek, weil Breguet in ähnlichen Preisklassen unterwegs ist wie die traditionsreichen Genfer Hersteller Patek Philippe und Vacheron Constantin, und weil ihre Ursprünge etwa gleich weit zurückliegen. Der Name Breguet löst bei Uhrenkennern Bewunderung aus, denn der ursprünglich aus Neuenburg stammende Uhrmacher gilt heute wie damals als einer der genialsten Köpfe der Uhrmacherkunst. Die bekannteste seiner Erfindungen ist das Tourbillon, eine rotierende Vorrichtung im Inneren des Uhrwerks, welche die gesamte Hemmung mit sich dreht und dafür sorgt, dass durch Einwirkung der Schwerkraft verursachte Gangfehler laufend ausgebügelt werden.
Doch Breguet, der sein Geschäft von 1775 bis zu seinem Tod 1823 führte, war nicht nur ein genialer Uhrmacher, sondern auch begnadeter Designer und Manager seiner eigenen Marke. Er führte Designmerkmale ein, die seine Erzeugnisse von anderen abhoben und heute noch Gültigkeit besitzen, und er ersann das Konzept der Subskription, wobei Kunden nach Anzahlung eines Viertels des Kaufpreises die Garantie erhielten, eine bestimmte Uhr innerhalb eines definierten Zeitraums zu erhalten. Der Meisteruhrmacher konnte dank der Vorauszahlungen die notwendigen Materialien einkaufen und die Löhne bezahlen. Seine Berühmtheit rief bereits damals Nachahmer und Kopisten auf den Plan, weshalb Breguet sich diverse Tricks einfallen liess, die das Kopieren seiner Uhren erschweren sollten. Die bekannteste davon ist die kaum sichtbare «geheime» Signatur auf dem Zifferblatt, die auch zu den Erkennungszeichen heutiger Breguet-Uhren gehört.
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Doch das Erbe Breguets birgt auch seine Risiken, denn, im Unterschied zu anderen historischen Marken beschränkt sich der Fundus, aus dem man heute schöpfen kann, zum grössten Teil auf die Schaffenszeit des Gründers. Sein Sohn Louis-Antoine führte das Geschäft im Sinne des Vaters weiter, schuf jedoch keine nennenswerten Neuerungen. Der Enkel Louis François-Clément wiederum war von Elektrizität fasziniert und schuf neben allerlei Messgeräten auch eine elektrische Uhr, deren Gang von einer Stimmgabel reguliert wurde, durchaus fortschrittlich, aber nicht das, was man sich heute unter traditioneller Uhrmacherei vorstellt.
Er war es auch, der das Uhrengeschäft 1870 an Breguets Werkstattchef Edward Brown veräusserte. Louis François Cléments Enkel Louis-Charles Breguet wurde ein berühmter Flugzeugkonstrukteur und Mitbegründer der Air France. Die Familie von Edward Brown führte die Marke Breguet hundert Jahre lang von 1870 bis 1970. Unter ihrer Führung tauchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Armbanduhren mit dem Schriftzug Breguet im Stil des Art Déco auf. Die einzigen Modelle aus der Dynastie Brown, die unter Sammlern euphorisch gefeiert werden, sind jedoch die in den fünfziger und sechziger Jahren für die Luftwaffe entwickelten Armband-Chronographen mit der Bezeichnung Type 20 oder Type XX.
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Lionel a Marca ist seit zwei Jahren der CEO von Breguet. Er erklärt, wie er zur Uhrmacherei kam, welche Visionen er hat und wie er sie erreicht. Hier lesen Sie das Interview mit dem Chef.
Die heutige Breguet hat es geschafft, die Ästhetik des Gründers auf sechs Produktfamilien zu verteilen, von denen jede ihre eigenen Möglichkeiten hat, sich zu entfalten. Die Linie «Classique» ist diejenige, deren Design sich am engsten an Breguets Taschenuhren anlehnt. Zu den typischen Merkmalen gehören guillochierte Zifferblätter, Breguet-Zeiger mit dem ausgestanzten Ring am Ende, die von Breguet gezeichneten arabischen Ziffern, der geriffelte Gehäuseumfang, die durchgehende Nummerierung auf dem Zifferblatt und die geheime Signatur. Oft besitzt das Zifferblatt Anzeigen, die nicht zentriert sind.
Die unter Nicolas G. Hayek im Jahr 2000 ins Leben gerufene Linie «Tradition» hat das Zeug, zu einem neuen Klassiker zu werden. Sie richtet das Augenmerk auf die Art und Weise wie Abraham-Louis Breguet Uhrwerke konstruierte. Da die Rückseite seiner Werke genauso spannend sind wie die Zifferblätter seiner Uhren, zeigt diese Linie die gesamte darin steckende Technik unter dem Deckglas und lässt das kleine dezentrale Zifferblatt eine Nebenrolle spielen.
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«Marine» ist die sportliche Linie, die sich an die Tradition der Breguet-Chronometer für die französische Marine anlehnt. Ihre kantigen Linien und die guillochierten Motive auf den Zifferblättern entfernen sich von Breguets ursprünglichen Designcodes und eröffnen Wege in neue Richtungen.
Die eiförmige Damenuhr «Reine de Naples» hat unter Damenuhren einen hohen Wiedererkennungswert, was bei der geringen Grösse natürlich vorteilhaft ist. Ihre Form lehnt sich an eine Armbanduhr von Abraham-Louis Breguet an, die erste überhaupt, von der es allerdings nur Beschreibungen gibt.
Foto: ZVG
«Héritage» ist der Name einer Familie tonneau-förmiger Uhren, deren Potenzial noch brachliegt.
Die sportlichen Chronographen «Type XX» und «Type 20» fallen naturgemäss aus dem Rahmen der übrigen Breguet-Uhren, da ihre Ursprünge in einer ganz anderen Zeit liegen. Dennoch repräsentieren sie das Erbe des Firmengründers, der in seiner fruchtbaren Schaffensphase ebenfalls sowohl Schmuckuhren für reiche Bürger als auch professionelle Instrumente für Militär und Wissenschaft fertigte.
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Nach dem Tod von Nicolas G. Hayek im Jahr 2010 übernahm sein Enkel Marc A. Hayek, Sohn von Nayla Hayek, die Leitung der Marken Breguet, Blancpain und Jacquet-Droz. Im September 2017 übernahm der langjährige Swatch-Group Mitarbeiter Thierry Esslinger als CEO die Leitung von Breguet, um Marc zu unterstützen. Esslinger wurde 2021 durch den heutigen CEO Lionel a Marca ersetzt. A Marca ist gelernter Uhrmacher und verdiente sich seine Sporen innerhalb der Swatch Group bei ETA, Frédéric Piguet und Blancpain ab, wo in die Entwicklung komplizierter Uhrwerke involviert war und half, Produktionsabläufe zu optimieren.
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