Guten Tag,
Büros füllen sich kaum wieder. Viele Firmen entlassen ihre Angestellten in die Heimarbeit. Stirbt nun die viel beschworene Unternehmenskultur aus?
Bastian Heiniger
Viele Grossraumbüros stehen derzeit leer. Eine Trendumkehr zeichnet sich noch nicht ab.
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Jürg Grossen kennt nichts anderes als Homeoffice. Zur Arbeit kann der Unternehmer und GLP-Präsident in den Finken. Einfach ein Stockwerk runter, dort befinden sich die Büros seiner Firma, dort hat er auch am Arbeitsplatz einen schönen Blick aufs schneebedeckte Balmhorn. Die rund 40 Angestellten der Elektroplan AG, sie kommen zu ihm nach Frutigen im Berner Oberland. Wobei das rapide abgenommen hat. Noch bevor der Bundesrat den Shutdown verkündete, beschied Grossen seinen Leuten, sie sollten vorerst zu Hause bleiben. Für die Installation im Heimbüro erhielten sie Unterstützung von den IT-Spezialisten, auf Wunsch kamen diese sogar vorbei. Homeoffice, das geht also auch in einem KMU. Und manches sogar besser. «Viele Abläufe sind effektiver geworden», sagt Grossen und spricht damit eine kollektive Erfahrung aus.
Konzentriertes Arbeiten, keine Staus und überfüllten Züge, keine unnötigen Meetings, keine Businesstrips, Konferenzen und kein anstrengendes Netzwerken an Cüpli-Treffs – Corona, ein Virus als Burn-out-Killer. Zumindest scheint ein Gros der Arbeitnehmenden so zu empfinden. Sie wollen gar nicht mehr zurück ins Büro. An den Ort, wo man sich ausgetauscht, Karriere gemacht und die Ellenbogen ausgefahren hatte. An den Ort, wo nun ein potenzieller Superspreader lauert – unter den Kollegen oder in Form der Klimaanlage über den Köpfen. Zusammengepfercht im Grossraumbüro? Unvorstellbar. Repräsentative Gebäude mit allerlei Schnickschnack zur Bespassung der Mitarbeiter? Locken niemanden mehr.
Fast drei Viertel der Schweizer fühlen sich wohl im Homeoffice, sie wollen auch nach der Corona-Krise zu Hause arbeiten können. Das zeigt eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Arbeitnehmer schätzen die neu gewonnene Freiheit. Und für die Firmen sollte es möglich sein: Fast die Hälfte aller Jobs lassen sich hierzulande zu Hause erledigen, wie die University of Chicago herausgefunden hat. Einen höheren Wert erreicht nur Luxemburg.
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Und so startet Grossen einen neuen Versuch. 2012 hatte er mit einer Motion den Bund aufgefordert, eine Vorbildrolle zu übernehmen. Innert fünf Jahren hätte die Verwaltung mit ihren heute fast 40 000 Arbeitsplätzen den Homeoffice-Anteil auf mindestens 20 Prozent hochschrauben müssen, also einen Tag pro Woche. Die Vorlage wurde abgeschmettert. Nun aber ist die Welt eine andere. «Die ganze Schweiz hat jetzt gesehen, dass es funktioniert», sagt Grossen. Mehr Lebensqualität, mehr Klimaschutz, mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Was spreche schon dagegen? «Ich weiss nicht, mit welcher Begründung der Bundesrat nun ablehnen sollte.»
Beim ersten Vorstoss kritisierte das linke Lager die höhere Arbeitsbelastung und die damit verbundene psychische Problematik. Von rechts hiess es: «Die Leute müssen vor Ort sein. Man muss sich sehen.»
Unternehmer wie Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler oder Ems-Chemie-Chefin Magdalena Martullo-Blocher halten daran fest und stellen sich gegen den allgemeinen Trend: Sie wollen die Mitarbeiter im Betrieb haben. Damit sind sie nicht allein. In den Ohren mancher Chefs tönt Heimarbeit eben noch immer mehr nach Heim als nach Arbeit.
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Er ist die Kühlerfigur des Werkplatzes Schweiz: Peter Spuhler. Doch zuletzt litt seine Stadler Rail unter einer Pechsträhne, zudem kam ihr der CEO abhanden. Wie Spuhler mit seiner ersten Krise umgeht. Mehr dazu lesen Sie hier.
Es stimmt schon. Arbeitet plötzlich jeder für sich allein, wo bliebe da der Spirit, die viel beschworene Unternehmenskultur, das eben, was eine Firma ausmacht im Kern? So prägte einst Management-Guru Peter Drucker ein Zitat, mit dem heute jeder zweite Changemanager seine Powerpoint-Präsentation einleitet: «Culture eats strategy for breakfast.» Anders gesagt: Eine Strategie kann noch so gut sein, sie ist wertlos ohne passende Firmenkultur und Mitarbeiter, die sie leben.
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Legendär für ihre Unternehmenskultur ist die US-Bank Goldman Sachs. Diverse Studien beschäftigen sich damit. Wer als Mitarbeiter in die heiligen Hallen der Bank aufgenommen wird, muss einiges beachten und aushalten: von der passenden Uniform aus dunklem Anzug, weissem Hemd und neutraler Krawatte über die unabdingbare Loyalität, lange Arbeitszeiten, eine knallharte Leistungskultur bis hin zum sportlichen Auftreten, denn Schlaffheit gilt als Schwäche, und einem Sozialleben, das sich hauptsächlich um die Bank dreht.
Eine solche Kultur zu leben, ist für die Goldmänner im Homeoffice schwierig. Es sei wichtig, die Leute bald wieder zurückzubringen, sagte kürzlich Jim Esposito, Goldmans Co-Head of Global Markets, auf dem hauseigenen YouTube-Kanal. «Ich denke, wir werden innovativer sein, wenn unsere Mitarbeiter zusammenarbeiten und physisch zusammenkommen.» Als problematisch erachtet Esposito besonders die Förderung der Nachwuchskräfte – das «Herzblut der Organisation». Sie auszubilden, «ist virtuell schwieriger zu bewerkstelligen als physisch».
Von der Goldman-Kultur inspiriert ist die Zuger Partners Group. Die drei Gründer Marcel Erni, Alfred Gantner und Urs Wietlisbach kannten sich von ihrer Zeit bei der US-Bank. Gefragt sind beim Private-Equity-Haus ein hoher Energielevel und voller Einsatz in den über alle Zeitzonen zusammenarbeitenden Teams. Gestärkt wird der Spirit in «Townhalls» oder den als legendär geltenden gemeinsamen Bergwanderungen. Mitte Mai wurden die 450 Mitarbeiter in der Zentrale wieder zurückbeordert, für die Firmenkultur und den Erfolg sei die Zusammenarbeit im Büro entscheidend.
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«Ich habe schon vor drei Jahren alle Aktien ausser Partners Group verkauft», sagt Partners-Group-Mitrgünder Urs Wietlsibach. Das Interview über Anlagechancen in Corona-Zeiten und den nächsten Börsencrash lesen Sie hier.
Das Gros der Unternehmen macht es anders. Oder: Sie können sich eine strikte Anwesenheitspflicht kaum noch leisten. Weil sie sonst nicht mehr die besten Talente bekommen. Und weil sich Chancen zur Kostenoptimierung auftun, wenn weniger Bürofläche benötigt wird und Meetings statt an nobler Location im Ausland nun aus dem Wohnzimmer heraus via Teams, Zoom und Webex stattfinden.
Bei der Credit Suisse etwa arbeiteten während des Shutdowns weltweit über 90 Prozent der Angestellten zu Hause. Das tun derzeit noch immer mehr als die Hälfte. Und daran wird sich so schnell wohl nichts ändern, wie von Mitarbeitern zu erfahren ist. Bei der UBS, wo mehr als 80 Prozent im Homeoffice waren, wird momentan ein Post-Corona-Konzept erarbeitet. Denkbar sei, dass künftig flexibler gearbeitet werde und so bis zu 30 Prozent der Belegschaft teilweise Heimarbeit leisteten, heisst es. Im Vergleich zu anderen ist das fast noch konservativ. Beim Pharmakonzern Roche gehörte flexibles Arbeiten schon vor der Pandemie zur Normalität. Und Konkurrentin Novartis entlässt gleich alle, die es wünschen, in die Freiheit des Homeoffice. In den kommenden Jahren will der Konzern nun seinen Campus in Basel für externe Partner und andere Unternehmen öffnen. Die Arbeitsflächen sollen ja nicht ganz verwaisen.
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Flexibles Arbeiten ist auch bei anderen Grosskonzernen das Thema der Stunde. Bei der Schweizerischen Post mit ihren nicht Home-kompatiblen Filialen, Paketzentren und Briefträgern haben von 40 000 Mitarbeitern immerhin 14 000 Zugang zu Telearbeit. Bei der Swisscom hat eine interne Umfrage gezeigt: Nur noch knapp vier Prozent aller Befragten wollen ausschliesslich ins Büro.
Viele internationale Konzerne haben ihre Konsequenzen gezogen. Bei Twitter etwa heisst es Homeoffice für immer. Facebook-Chef Mark Zuckerberg rechnet künftig für die Hälfte seiner 48 000 Mitarbeiter mit Heimarbeit. Selbst der Industriekonzern Siemens lässt neu 140 000 Mitarbeiter weltweit pro Woche zwei bis drei Tage von zu Hause aus arbeiten.
Das Klischee, Homeoffice stehe für Faulenzertum, ist passé. Vorurteile haben sich in Luft aufgelöst. Laut einer Analyse des Immobilienberaters Wüest Partner wollen künftig 44 Prozent der befragten Unternehmen ihren Mitarbeitern mehr Homeoffice ermöglichen. 13 Prozent geben sogar «viel mehr» an, bei Unternehmen ab 249 Mitarbeitern machen gar 40 Prozent diese Angabe. Was sich gerade ereignet, ist ein gewaltiger Wandel in der Arbeitsweise. Wie einschneidend er ist, lässt sich nur erahnen. Doch wie retten Firmen ihre Unternehmenskultur, wenn alle Mitarbeiter irgendwo verstreut sind?
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Spricht man mit Patrick Warnking, dem Geschäftsführer von Google Schweiz, wird klar, dass sich die Art, wie wir arbeiten und lernen, grundlegend verändert. Seit vier Monaten leitet der Vater von fünf Kindern sein Team am Schweizer Standort nur noch von zu Hause aus. Allen Mitarbeitern weltweit hat Sundar Pichai, der CEO des Mutterkonzerns Alphabet, mitgeteilt, bis Ende Jahr werde niemand gezwungen, ins Büro zurückzukehren. Und das, obwohl Google mit Gratisessen in Edelkantinen, modernsten Büros und Räumen für die Freizeitgestaltung lockt.
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«Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter haben oberste Priorität», sagt Warnking. Gewiss sei die enge Zusammenarbeit wichtig. «Wir haben nun aber neue Formen dafür gefunden.» So gibt es zum Thema Wohlbefinden regelmässige Videocalls zwischen einzelnen Managern und Mitarbeitern, es gibt Coffeechats, Quiz-Spiele und «Mysterycoffees», bei denen man irgendeinem Kollegen zugelost wird. Zentral verankert in Googles Unternehmenskultur ist das lebenslange Lernen. «Jeder von uns muss sich permanent weiterentwickeln», sagt Warnking, der sich zuletzt persönlich intensiv mit künstlicher Intelligenz und Cloud beschäftigt hat.
Für die Weiterbildung setzt der Internetkonzern stark auf den eigenen Talentpool: Im internen Googler-2-Googler-Programm unterrichten sich Mitarbeiter gegenseitig, da es zu jedem Thema einen Spezialisten gibt. So lassen sich während der Arbeitszeit Kollegen mit bestimmten Skills buchen, um von ihnen zu lernen. «Das geht per Videokonferenz einfacher und wurde nun noch stärker genutzt sowie weltweit skaliert», sagt Warnking.
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««Wir würden zu sehr von unserer Firmenkultur zehren, wenn wir uns nur noch digital sehen.»»
Roman Hirsbrunner, CEO Jung von Matt / Limmat
Herausfordernd ist Homeoffice besonders für Unternehmen im kreativen Bereich, dort, wo das Unmittelbare, das Spontane entscheidend ist. In der Werbeagentur Jung von Matt / Limmat hat die Taskforce «Schutzkonzept» bereits Platz gemacht für die Taskforce «New Work». Sie tüftelt an einem Arbeitskonzept für die neue Realität. Während in der Agentur früher kaum Homeoffice anstand, ist das heute Standard. «Die Teams organisieren sich selbst», sagt CEO Roman Hirsbrunner.
Jeder arbeitet jetzt, wie er will. Das Motto: Work from anywhere. Zwar versucht die Agentur den spontanen Austausch ins Digitale zu übersetzen. So findet die traditionelle Feuertaufe von neuen Mitarbeitern nun über Zoom statt. Nach einer Woche müssen sie vor der Mannschaft die Agentur vorstellen. «Sie setzten sich dann gleich kreativ mit dem Medium Video auseinander.» Das passe gut, sagt Hirsbrunner. Weil sich die Werbeaufträge hin zu einer gezielteren Ansprache und den sozialen Medien verschieben. Nur: Ganz ohne physisches Zusammenkommen gehe es auch nicht. «Wir würden zu sehr von unserer Kultur zehren.» Künftig will man deshalb mehr Begegnungen schaffen zum spontanen Austausch, etwa beim Lunch-Roulette, wo sich eine bunt zusammengestellte Truppe trifft, oder einem Wanderweekend.
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Kein direkter Kontakt mehr ist auch im Private Banking kaum denkbar. «Wir sind nun mal ein People’s Business», sagt Antony Lassanianos, CEO der VP Bank Schweiz. «Gerade ausländische Kunden zu gewinnen, ist schwierig, wenn man sich noch nie physisch gesehen hat.» Allerdings hat sich auch in der Bank einiges geändert. So beraten Banker die Kunden neu auch vom Homeoffice aus in verschlüsselten Videokonferenzen, die ebenso Datensicherheit und Diskretion bieten. Auch für ein erstes Kennenlernen funktioniere das gut, sagt Lassanianos. «Homeoffice wird in Zukunft ein Teil der Arbeitsgestaltung bleiben», sagt er. Umso wichtiger sei ein reger virtueller Austausch mit den Mitarbeitern. Dank regelmässigen Befragungen wurde zudem ein Corona-Stimmungsbarometer etabliert. «Wir sehen so, wo es Sorgen gibt und wo die Mitarbeiter Unterstützung brauchen.» Selbst der informelle Austausch gehe: Manche Teams hätten sich abends zu Videochats verabredet und bis um Mitternacht über Themen ausserhalb der Bank gesprochen.
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Nur noch Homeoffice? Für Reto Savoia, Schweiz-Chef des Beratungsunternehmens Deloitte, ist das keine Lösung. Obwohl derzeit drei Viertel der 2000 Mitarbeitenden nicht in die Zentrale kommen und flexibles Arbeiten schon lange möglich ist. «Ein Teamspirit mit eigener Identität und Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht vor allem über den persönlichen Austausch», sagt er. «Nur virtuell geht das nicht.» Man wolle ja kein «Uber der Beratung» werden, wo jeder für sich alleine arbeitet.
Leiden würde auch die Innovation, denn neue Ideen entstehen meist unerwartet: an der Kaffeemaschine, beim Lunch, an der Afterwork-Party. Für Savoia ist klar: «Die künftige Arbeitsweise wird ein Mix sein aus Homeoffice und Büro.» Einige Vorteile sieht er bei den Zoom-Meetings halt schon. Die Voten der Mitarbeiter seien effizienter und inhaltsbezogener. «Gerade für introvertierte Mitarbeitende ist es einfacher in der Videokonferenz, da die Hierarchien weniger sichtbar sind und es weniger Gehabe gibt.» Die Sitzungen seien effizienter und demokratischer.
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Diese Entwicklung sieht auch Angelika Reich, Partnerin bei McKinsey Schweiz. «Die meisten Angestellten wollen nicht zurück in ein Vor-Covid-Arbeitsmodell», sagt sie. Umfragen von McKinsey haben ergeben, dass die meisten Mitarbeiter zwei bis drei Tage pro Woche im Büro sein möchten. «Trotz Homeoffice wollen sie den informellen Austausch nicht missen – damit man sich nicht entfremdet von der Organisation.» Viele Unternehmen erarbeiten für sich hybride Arbeitsmodelle: zwei, drei Tage Home, zwei, drei Tage Office. Ändern wird sich laut Reich die Rolle der Büros. Sie werden künftig weniger für individuelle Arbeiten genutzt, sondern eher für kollaborative Tätigkeiten.
««Der Held ist nicht, wer am längsten im Büro sitzt, es ist jener, der immer erreichbar ist.»»
Manuel Nappo, Hochschule für Wirtschaft Zürich
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Man solle das Büro noch nicht abschreiben, meint David Schoch vom Immobilienberatungsunternehmen CBRE. «Büros sind ein sozialer Treffpunkt. Und wenn man kreativ und innovativ arbeiten will, braucht es einen Austausch und Begegnungszonen.» Büros bleiben wichtig für Sitzungen, Workshops und Projektarbeiten. Das Stichwort lautet nun: aktivitätenbasiertes Arbeiten, mal von zu Hause aus, mal von unterwegs, mal im Meetingraum, mal am flexiblen Arbeitsplatz. Eigentümer von Bürokomplexen reagieren, indem sie flexible Lösungen anbieten. «Shared Service» nennt man das. Es ist die «Hotelification» von Bürogebäuden. Firmen mieten sich in ausgestattete Gebäude ein und buchen nach Wunsch Flächen und Dienste wie einen Concierge, ein gemeinsames Sekretariat oder Geräte wie Drucker und Räume für Präsentationen.
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Kommt also noch jemand zurück ins Büro? Das schon. Doch praktisch jeder Aspekt des Bürolebens wird neu überdacht. «Führungskräfte müssen sich von traditionellen und konservativen Arbeitsmodellen und der Einstellung ‹Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser› verabschieden», sagt Thomas Krieg, Regional Director Alps des Softwarekonzerns VMware. Management, Entwickler und IT müssten nun eng zusammenarbeiten, um die Unternehmenskultur stärker in die Wohnzimmer der Mitarbeiter zu bringen. In kürzester Zeit haben sich in den letzten Monaten diverse Tools dafür etabliert.
Was die neue Normalität für Bürogebäude, Gastronomie, Läden, Parkplätze und den öffentlichen Verkehr bedeutet, lässt sich noch kaum abschätzen. Eine Rückkehr zur Vor-Corona-Zeit scheint jedoch ausgeschlossen. Davon ist Manuel Nappo, Leiter des Institute for Digital Business an der Hochschule für Wirtschaft Zürich, überzeugt. «Für die meisten Jobs gibt es kein Argument mehr, dass flexibles Arbeiten nicht gehe», sagt er. Lockerer wird es für die Berufsleute aber nicht. Der Held ist nun nicht mehr, wer am längsten im Büro sitzt. Es ist jener, der immer erreichbar ist. «Das ist die neue Kultur.» Wie wir damit umgehen, das müssen wir nun lernen.
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Ob man wollte oder nicht: Über Nacht mussten sich Chefs und Angestellte mit dem Homeoffice anfreunden. Nun zeigt sich: Was anfangs eine Notlösung war, hat sich etabliert. Der Trend zum mobilen Arbeiten wird sich weiter akzentuieren. Doch wie geht das erfolgreich?
Für Manuel Nappo, Leiter des Institute for Digital Business an der Hochschule für Wirtschaft Zürich, ist wichtig, dass der Chef gut erreichbar ist. «Die Mitarbeitenden müssen wissen, dass sie nicht stören, wenn sie sich melden.» Allerdings ist klar: Der Chef kann nicht rund um die Uhr antworten. Er muss daher klare Spielregeln aufstellen und diese mit dem Team besprechen. Etwa, dass man ihn immer erreichen könne, er aber entscheide, wann er antworte – gewichtet nach der Dringlichkeit. Gleichzeitig soll ein Chef laut Nappo klar kommunizieren, dass er, wenn er gerade im Flow sei und am Wochenende oder spätabends eine Anfrage verschicke oder eine E-Mail beantworte, nicht erwarte, dass der Mitarbeitende umgehend reagiere. Sondern dass sich dieser ruhig am Montag melden könne.
Anders gefordert sei ein Chef auch in der Videokonferenz. Sie müssten diese viel bewusster leiten, sagt Nappo. Anders als in physischen Sitzungen sollten Sitzungsleiter die Teilnehmenden direkt mit dem Namen ansprechen und die einzelnen Mitarbeitenden aktiv einbeziehen. «Am Schluss soll man die Runde machen und bei jedem Einzelnen nachhaken, ob er oder sie noch etwas beizusteuern hat.» Wichtig ist das, weil nach Videokonferenzen oft kein informeller Austausch mehr stattfindet, wie das sonst üblich ist.
Gefragt ist neu eher ein freiheitgebender Führungsstil. Vorgesetzte haben nun die Chance, das sich verändernde Arbeitsmodell zu nutzen, um die Firmenkultur neu zu gestalten. Wichtig ist allerdings, dass sie die neuen, hybriden Arbeitsformen mitleben und einen vernünftigen Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten etablieren.
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