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Wir erlebten mit Chopard den Mythos Mille Miglia hautnah – in einem röhrenden Ermini Gilco 1100 Motto von 1952.
Pierre-André Schmitt
Vorbei an Pinien, Reben und Olivenhainen: Ein AC Ace, Jahrgang 1954, donnert durch die Landschaft Italiens.
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Gefühlt fahren wir mit 150 Kilometern pro Stunde – real sind es zwar wohl kaum mehr als 90, aber genau wissen wir es nicht: Bei unserem Rennwagen, einem offenen roten Ermini Gilco 1100 Motto mit der Startnummer 262, ist ein funktionierender Tacho nicht vorhanden – bei einem Rennen braucht man so etwas ja nicht wirklich. Dafür stimmt die Öltemperaturanzeige, und das muss sie unbedingt. Denn manchmal neigt der Motor zum Überhitzen, dann kann der Fahrer einen Knopf drücken, der einen kühlenden Ventilator zum Drehen bringt. Aber Achtung: Der Propeller braucht Energie und zieht Strom aus der Batterie, viel Strom. Kühlt man zu lange, fällt der Wagen deswegen aus. Man kann also in Extremsituationen – zum Beispiel im Endlosstau vor dem Hafen von Genua – sozusagen zwischen Pest und Cholera wählen. Oder das Auto einfach schieben. Das gehört zum Abenteuer.
Enge Platzverhältnisse, ohrenbetäubender Sound: Unser roter Ermini Gilco 1100 Motto von 1952.
PREnge Platzverhältnisse, ohrenbetäubender Sound: Unser roter Ermini Gilco 1100 Motto von 1952.
PRWillkommen an der Mille Miglia. Die Rallye führt von Brescia nach Rom und zurück und ist traditionell 1600 Kilometer lang. Oder eben 1000 Meilen – was ihr den Namen gab. Die «Mutter aller Autorennen», wie viele Automobilfreunde sagen, fand seinerzeit von 1927 bis 1957 jährlich als abenteuerliches Strassenrennen statt, 1977 wurde sie als Klassik-Rallye wiederbelebt – seither wächst die Faszination. Zugelassen sind nur Autos, die bei der originalen Mille Miglia teilgenommen haben könnten, also Autos mit Jahrgang 1957 oder älter. Das Aufgebot ist eindrücklich: Über 400 Klassiker sind angemeldet, 50 Alfa Romeo sind dabei, darunter ein seltener 6C 1750 und drei 8C, dazu 31 Porsche, 27 Jaguar, 25 Mercedes-Benz, 21 Ferrari und 17 Bugatti. Und natürlich gehört unser roter Ermini Gilco 1100 Motto dazu, eine Rarität. Er war 1952 und 1953 am Start. Und an der legendären Targa Florio erreichte er den ersten Platz in seiner Kategorie.
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Die nächste Mille Miglia findet vom 17. bis zum 21. Juni statt. Sie startet und endet traditionellerweise in Brescia – die fünf Etappen führen über Städte wie Bergamo, Siena sowie Rom. Über 400 Oldtimer werden dabei sein, sie werden dieses Jahr wieder über eine Strecke in Form einer Acht geführt, so wie an der allerersten Ausgabe der Mille Miglia von 1927. Wer nicht vor Ort ist, kann das Rennen übrigens auf der Homepage der Mille Miglia verfolgen: Die Autos werden alle getrackt und mit ihrer Startnummer live auf Karten dargestellt. Man sieht also auch, wenn ein Team eine Abkürzung gewählt hat und plötzlich ausserhalb der offiziellen Route fährt. Es kommt nicht darauf an, der Schnellste zu sein; wie bei historischen Rallyes üblich, geht es nicht ums Rasen, sondern darum, die vorgegebenen Start- und Zielzeiten möglichst genau einzuhalten.
Das Fahrzeug ist ein Knaller – buchstäblich. Knattern wäre eine Untertreibung, das Auto bellt, dröhnt, hustet und jault; eine akustische Sensation, lauter als laut, welche das Publikum am Strassenrand begeistert, die Kommunikation zwischen Fahrer und Navigator allerdings auf Handzeichen beschränkt: Reden bringt gar nichts. Der Raum ist knapp, die Sitze sind bretthart, und wenn es regnet, gibt es kein Dach – pures Fahren ohne Schnickschnack eben.
Wir, mein deutscher Journalistenkollege Joern und ich, fahren mit Chopard – seit mehr als 30 Jahren ist die Uhrenmarke erstens als Sponsor dabei und zweitens auch selber als Teilnehmer am Start: Patron Karl-Friedrich Scheufele fährt dabei häufig mit der Rennfahrerlegende Jacky Ickx. Die Verbindung mit der Welt des Classic Racings entstand aus persönlicher Leidenschaft: Karl-Friedrich Scheufele, Co-Präsident von Chopard, ist begeisterter Fahrer von Liebhaberautos.
Sponsor seit über 30 Jahren: Chopard-Chef Karl-Friedrich Scheufele (am Steuer) mit Ex-Rennfahrer Jacky Ickx im legendären Flügeltürer-Mercedes.
PRSponsor seit über 30 Jahren: Chopard-Chef Karl-Friedrich Scheufele (am Steuer) mit Ex-Rennfahrer Jacky Ickx im legendären Flügeltürer-Mercedes.
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Stopp! Harte Bremsung. Vor uns, gleich nach einer Kurve, eine stehende Kolonne mit zivilen Autos. Da überholt uns ein Polizeitöff, lässt das Blaulicht an und lotst uns – frech über die doppelte Sicherheitslinie – voll Karacho an den Autos vorbei. In Italien sind eben auch Polizisten Fans der Mille Miglia.
Mehr als 130 Stundenkilometer auf ganz geraden Strecken sind mit dem Ermini nicht zu schaffen, wie wir vom Chefmechaniker erfahren, egal wie schnell es einem vorkommt. Und das erinnert mich unweigerlich an einen Mann, an den ich an diesen Tagen immer wieder denken muss: Stirling Moss (1929–2020). Der britische Rennfahrer ist bis heute Mille-Miglia-Rekordhalter und bewältigte die 1000 Meilen in 10 Stunden, 7 Minuten und 48 Sekunden – also mit einer atemberaubenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 157,6 Kilometern pro Stunde. Dies notabene auf einer Strecke, die durch malerische Dörfer führte, vorbei an Bauernhöfen mit Hühnern und Ziegen, über Strassen, die teils schlecht befestigt und mitunter kaum mehr als Schotterpisten waren. «If everything is under control», lautete sein Motto, «you are just not driving fast enough.»
Wichtig war sein Navigator, Denis Jenkinson. Er hatte die Route akribisch erkundet und sich Anweisungen auf eine fünf Meter lange Papierrolle notiert, die er während des Rennens einfach weiterspulen konnte.
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Ich, momentan Navigator, habe keine Rolle auf den Knien, sondern das Roadbook – die Bibel aller Rallye-Fahrer. Sie sagt, was man zu tun hat und was man besser unterlässt. Befolgt man die Regeln akkurat, kommt man vielleicht in den Rallye-Himmel. Oder zumindest auf das Siegerpodest. Umgekehrt droht die automobile Hölle, nämlich der peinliche letzte Platz.
Traumhafte Kulisse: Klassiker auf historischem Pflaster. Im Hintergrund ein roter Fiat 110 (508 C) Sport von 1936, rechts ein BMW 328 von 1938.
PRStau am Hafen in Genua: Weil Klassiker-Motoren gerne überhitzen, ist auch mal Schieben statt Fahren angesagt.
PRFahrt in die ewige Stadt: Der Mille-Miglia-Corso zieht am Kolosseum vorbei. An der Spitze: ein Fiat 110 B Berlina von 1949.
PRIkone des Automobilbaus: Ein Aston Martin DB2 von 1952 vor einer Kontrollstation. Zugelassen sind nur Fahrzeuge, die vor 1957 gebaut wurden.
PRZwischenhalt in Siena: Über 400 Klassiker bewältigen die 1000 Meilen in fünf Etappen von Brescia nach Rom und zurück.
PRMit Helm und Schutzbrille: Der BILANZ-Autor und Rallye-Navigator (links) mit seinem Fahrer – bereit zum Start.
PRAlso halte ich mich an das Roadbook, Piktogramm für Piktogramm, und befolge die Anweisungen. Meistens sind sie ziemlich klar: Ein rotes Ausrufezeichen am linken Rand zeigt unmissverständlich, dass Aufpassen angesagt ist. Nach einer Brücke über einen Fluss, als blaue Wellenlinie dargestellt, wird eine Ampel stehen, da wäre dann links abzubiegen, Richtung Vicopisano und Pisa, wie das eingezeichnete Schildchen zeigt. Das nächste Bildli kündigt einen Kreisel in 1,32 Kilometern an, hier ist die zweite Ausfahrt die richtige. Und 370 Meter weiter, so das nächste Piktogramm, steht links eine Tankstelle, dann kommt eine Gabelung – ich zeige dem Fahrer das Zeichen für rechts.
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Entschieden wird die Mille Miglia durch korrektes Einhalten der Route und das Eintreffen am Ziel zur vorgegebenen Zeit. Aber auch durch akkurates Absolvieren der Schlauchprüfungen: Zwei Druckschläuche erfassen dabei, oft irgendwo in der Pampa, die Zeit beim Überfahren – zuerst am Start, dann etwas weiter am Ziel. Vorgegeben sind zum Beispiel die einzuhaltende Durchschnittsgeschwindigkeit und die Distanz, den Rest muss man selber berechnen. Profis schaffen das auf die Hundertstelsekunde genau und heimsen so wertvolle Punkte ein. Für viele Teilnehmer zählen aber der Spass und die Freude mehr – das gilt auch für unser Team.
Mit dem roten Ermini von 1952 sind wir die Stars der Route. So kommt es uns jedenfalls vor. Begeistert applaudieren die Leute am Strassenrand – es sind Zehntausende. «Forza, forza», rufen sie; sie haben zum Teil an der Strecke campiert, singen, feuern an, winken, klatschen und reichen auch mal Wasser oder ein Panino oder Nüssli. Mal offerieren Nonnen Salami, mal verteilen Männer Wasser, mal verschenken junge Menschen, wie sie auf Plakaten ankündigen, Küsse und Umarmungen. Und überall wogt ein fröhliches Volksfest.
Begeistertes Publikum: Zuschauer feuern an, schwenken Fahnen, winken, klatschen – und reichen auch mal Wasser oder ein Panino.
PRBegeistertes Publikum: Zuschauer feuern an, schwenken Fahnen, winken, klatschen – und reichen auch mal Wasser oder ein Panino.
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Es ist heiss kurz vor Lucca, sehr heiss, und historische Autos haben keine Klimaanlage, dafür einen Motor, der nicht nur generös Öl- und Benzindämpfe ins Wageninnere diffundieren lässt, sondern das Auto auch kräftig aufheizt. Die Piloten in geschlossenen Wagen fahren mit offenem Fenster und lassen zur Kühlung oft einen Arm hinausbaumeln. Unweigerlich fällt der Blick auf ihre Uhr am Handgelenk – ein Chronograph von Chopard ist es stets. Seit 1988 präsentiert die Marke in einer eigenen Kollektion jedes Jahr eine oder mehrere Mille-Miglia-Uhren. Und ein schönes Stück gehört fest zur Fahrerausstattung – es wird ihnen vor dem Start übergeben.
Präsentiert wurde letztes Jahr unter anderem die Mille Miglia Classic Chronograph Jacky Ickx. Die Uhr hatte, ein Novum in der Kollektion, ein blaues Kautschukarmband mit dem traditionellen Reifenmuster. Und dazu ein Bild vom Helm des legendären Rennfahrers auf dem Gehäuseboden. Neue Modelle werden dieser Tage präsentiert.
Sondermodell 2024: Chopards Mille Miglia Classic Chronograph Jacky Ickx. Jedes Jahr gibt es neue Mille-Miglia-Uhren.
PRSondermodell 2024: Chopards Mille Miglia Classic Chronograph Jacky Ickx. Jedes Jahr gibt es neue Mille-Miglia-Uhren.
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Wer an der Mille Miglia mitmachen möchte, muss im Besitz einer Rennfahrerlizenz sein, die vom «Automobile Club d’Italia Sport» ausgestellt wird. Allerdings erst nach Vorweisen des Führerscheins und eines ärztlichen Zeugnisses, welches bestätigt, dass medizinisch kein Befund gegen eine Teilnahme am Rallyesport spricht.
Stationen waren für uns Acqui Terme, der Faiallo-Pass, Genua, La Spezia, Massa, Lucca, Bibbona, Castiglione della Pescaia, Viterbo und Ronciglione – die Fahrt wurde mithin zur Reise durch ein italienisches Bilderbuch: historische Städte, Olivenhaine, Flüsse und Seen, eine militärische Hafenanlage, hübsche Dörfer, Pinienwälder, kleine Pässe – alles da. Dazu kommt das Eintauchen in die automobile Sportgeschichte.
Im Jahr 1948 war es, als ein gewisser Pasquale Ermini in Florenz sein Budeli gründete. Ziel war der Bau von Automobilen, vor allem von Sportwagen. Unser Bolide mit der Fahrgestellnummer 055352, so lesen wir auf der Insiderplattform Historicautopro.com, ist der zweite von insgesamt drei jemals gebauten Wagen und heute ein Vermögen wert. Über 700'000 Euro könnte er ohne Weiteres dafür verlangen, sagt sein aktueller Besitzer – aber er werde ihn nie hergeben.
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Es ist Abend geworden, die Sonne ist am Untergehen, und wir fahren in einem Corso in die eindunkelnde Ewige Stadt ein – eskortiert von der Polizei, vorbei am hell erleuchteten Kolosseum. Ein erhabener Moment. Bei der Villa Borghese ist definitiver Halt, wir stellen den Motor ab – und schon strecken sich grüssende Hände entgegen, Leute stellen Fragen, bitten um ein Selfie, umkreisen das Auto, jubeln, klatschen und helfen schieben, wenn es ein paar Meter vorwärtsgehen muss.
Kein Zweifel: Italien ist ein autobegeistertes Land.
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