Guten Tag,
Die Börsianer preisen dank der Impfstoffe die Erholung ein. Die Abhängigkeit von den Geldspritzen der Notenbanken ist grösser als je zuvor.
Der Covid-19-Impfstoff soll an der Börse wie Doping wirken.
kornel.ch für BILANZWerbung
Den Ausblick auf die Finanzmärkte beginnt Michael Strobaek in diesem Jahr mit einem Blick zurück. Der Chefanleger der Credit Suisse spricht über ein Jahr, das viele Menschen zwar vergessen wollen, das aber wohl ewig in Erinnerung bleiben wird. Noch während sich die zweite Covid-19-Welle über die Welt ausbreitet und solche Anlässe nur über Datenleitungen möglich sind, erklärt der Däne, wie sich die verschiedensten Anlageklassen in diesem Jahr geschlagen haben.
Auf Balkengrafiken zeigt sich Überraschendes. Nicht nur IT-Aktien, der US-Aktienmarkt, chinesische Wertpapiere, Gold, Kupfer, Unternehmensanleihen – zwei Drittel der verbreitetsten Anlagen brachten ihren Besitzern 2020 Gewinne, zum Teil recht üppige. «Sieht man das, denkt man nicht, dass wir eines der schlechtesten Jahre der Wirtschaftsgeschichte erlebt haben», sagt Strobaek.
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Die Finanzmärkte haben die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg mit einer Abgeklärtheit und einem Tempo abgehakt, die ihresgleichen sucht. «Nach dem Ausverkauf sahen wir die schnellste Aktienrally in der Geschichte», weiss Michael Strobaek. Dauerte es nach der Finanzkrise 1100 Tage, bis die schweren Verluste wieder ausgeglichen waren, machten die Börsen die Verluste aus dem Covid-19-Crash in rund 120 Tagen wett. Erstmals in der Geschichte kletterte der Dow Jones Index – noch mitten in der Pandemie – auf mehr als 30'000 Punkte.
««Die Grössenordnung, in der die Welt mit Geld überflutet wird, ist enorm.»»
Werner Krämer, Lazard
Ein wesentlicher Treiber der Kurse ist das viele Geld. Waren die Finanzmärkte schon vor der Seuche ausreichend mit Dollar, Euro, Yen und Franken versorgt, sind im März sämtliche Dämme gebrochen. «Die Grössenordnung, in der die Welt mit Geld überflutet wird, ist enorm», sagt Werner Krämer von Lazard AM. Den Berechnungen des Ökonomen zufolge wurden von der Fiskalpolitik seit März rund 10'000 Milliarden Franken zusätzlich in die Wirtschaft gepumpt. Die Geldpressen der Notenbanken liefen heiss. Alleine die EZB wartete mit 3000 Milliarden Euro auf, doppelt so viel wie im Kampf gegen die Finanzkrise.
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Kein Wunder, fragen sich die meisten Anleger, ob die Finanzmärkte die Bodenhaftung nun komplett verloren haben und die Realwirtschaft für die Entwicklung der Aktienkurse überhaupt eine Rolle spielt.
«Wenn wir davon ausgehen, dass die Märkte wie üblich sechs Monate vorausblicken, sind sie nicht entkoppelt», sagt Caroline Hilb, Leiterin Anlagestrategie bei der St. Galler Kantonalbank (SGKB). Die Masse an Millionen Investoren, die wie ein riesiger Organismus die Kurse bewegt, sieht dort, im Frühsommer 2021, offenbar eine deutlich rosigere Zukunft, die mit dem tristen Alltag von 2020 nur noch wenig zu tun hat.
Der Optimismus an den Märkten ist gross, basiert aber auf den beeindruckenden Ergebnissen der Impfstoffhersteller. Die Produkte kamen schneller und besser als erhofft. Der Monat November, in welchem Biontech/Pfizer und Moderna die hohe Wirksamkeit ihrer neuartigen RNA-Vakzine präsentierten, geht als der beste Börsenmonat in die Geschichte ein. «Der Impfstoff macht den Unterschied aus zur anderen Rezession», sagt CS-Chefanleger Strobaek.
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««Durch die Impfung normalisieren sich die Dinge in kurzer Zeit. Wir sehen Licht am Ende des Tunnels.»»
Alexis Deladerrière, Goldman Sachs
Mit der Impfung hat die Menschheit das Instrument zur Lösung dieser Krise in der Hand. Die Bevölkerung zum Mitmachen zu bewegen, ist die Fleissaufgabe, vor der die Regierungen stehen. «Sicher gibt es bei der Umsetzung der Impfung Risiken. Durch die Impfung normalisieren sich die Dinge jedoch in relativ kurzer Zeit. Wir sehen Licht am Ende des Tunnels», sagt Goldman-Sachs-AM-Experte Alexis Deladerrière.
Schon 2020 wird weniger düster als befürchtet. Die Wirtschaftsleistung in der Schweiz legte im dritten Quartal um 7,2 Prozent zu. Im Vergleich zum Vorjahr lag das BIP Ende September nur noch 1,6 Prozent zurück. «So einzigartig wie die Korrektur im zweiten Quartal war auch die Erholung im dritten Quartal», sagt Anastassios Frangulidis, Chefstratege Zürich bei Pictet Asset Management.
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Angesichts der Härte, mit der die Pandemie die globale Wirtschaft niederstreckte, ist es erstaunlich, mit welchem Tempo sie offenbar wieder zum Leben erwacht. Frangulidis sagt für die Weltwirtschaft 2021 ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent voraus, für die Schweiz 4,1 Prozent. Geht es nach dem Experten, sei für eine starke Erholung nicht einmal eine gänzliche Normalisierung notwendig, es reiche schon eine Abschwächung der Restriktionen.
Feuerwehrmann: Fed-Chef Jerome Powell hat die Finanzmärkte genau im Blick. Macht sich Gefahr bemerkbar, löscht er mit viel Geld.
Getty ImagesFeuerwehrmann: Fed-Chef Jerome Powell hat die Finanzmärkte genau im Blick. Macht sich Gefahr bemerkbar, löscht er mit viel Geld.
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Der Weltwirtschaft wird die Rückkehr zu alter Stärke zugetraut. «Es war ein ungewöhnlicher, sehr schneller Schock. Aber gegen Ende 2021 dürften viele Länder ihre Wirtschaftsleistung wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgeführt haben. Dort, wo weniger oder später geimpft wird, dauert es länger», prognostiziert Nannette Hechler-Fayd’herbe, Head of Economics & Research bei der CS. Laut Stefan Kreuzkamp, dem CIO der DWS, des Vermögensverwalters der Deutschen Bank, dürfte die globale Wirtschaftsleistung Anfang 2022 wieder auf das Niveau von vor der Pandemie zurückgekehrt sein. Nach der Finanzkrise dauerte es volle sieben Jahre.
Gründe, die auf eine rasche Auferstehung hoffen lassen, gibt es einige. So schossen die Sparquoten in Ländern wie den Vereinigten Staaten oder Deutschland in der Krise in die Höhe. «Normalisiert sich die Lage, gehen die Ersparnisse wieder in den Konsum, das ist ein grosser Unterschied zu anderen Krisen», sagt CS-Expertin Hechler-Fayd’herbe. Laut Bantleon-Chefökonom Daniel Hartmann werden sich beim privaten Verbrauch Nachholeffekte regelrecht «entladen». Alleine US-Konsumenten haben in den vergangenen Monaten 1,5 Billionen Dollar an zusätzlichen Ersparnissen angehäuft – das sind sieben Prozent des BIP.
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««Erstmals haben wir mit China ein Land, das für die globale Konjunktur so wichtig ist wie die USA.»»
Anastassios Frangulidis, Pictet
Zwar ist die Angst um den Job gewachsen, andererseits beruhigen Depotauszüge und stabile Immobilienpreise. «Die Rezession ist kaum am Häusermarkt angekommen. Das ist das erste Mal, dass wir so etwas sehen», sagt Frangulidis.
Dann ist da noch eine Konjunkturlokomotive namens China, die die Welt nun wieder aus dem Schlamassel holt. «Wie China die Krise gemeistert hat, ist eindrücklich», sagt Lombard-Odier-CIO Stéphane Monier. Anders als alle grossen Länder wächst die Volksrepublik 2020. Zwei Prozent BIP-Wachstum werden dem Land zugetraut, 2021 sollen es acht bis neun Prozent sein. «Die Welt sieht jetzt anders aus als in den vergangenen 50 Jahren. Erstmals haben wir ein Land, das für die globale Konjunktur so wichtig ist wie die USA», sagt Frangulidis.
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Feuertaufe: EZB-Chefin Christine Lagarde hat die Mammutkrise gleich im ersten Jahr erlebt und sich dabei gut geschlagen.
BloombergFeuertaufe: EZB-Chefin Christine Lagarde hat die Mammutkrise gleich im ersten Jahr erlebt und sich dabei gut geschlagen.
BloombergHellt sich die Lage auf, steigen auch die Unternehmensgewinne wieder an. Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz, traut SMI-Unternehmen 2021 im Schnitt zweistellige Gewinnwachstumsraten zu. Global gesehen werden die Profite in Asien wohl am stärksten steigen. DWS-CIO Kreuzkamp sagt für asiatische Aktien für 2021 ein Gewinnwachstum von 12 Prozent voraus, 2022 sollen es sogar 29 Prozent werden. Steigen die Gewinne, müssen die hohen Bewertungen von Aktien auch nicht mehr durch die noch höheren der Obligationen gerechtfertigt werden.
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Die Basis für wachsende Gewinne wurde in der Krise gelegt. Firmen haben besonders genau auf unnötige Ausgaben geachtet und sich verschlankt. «Viele Firmen nützen die Covid-Krise, um eine längst fällige Restrukturierung durchzuführen», sagt Thomas Stucki, CIO SGKB. Um diese Altlasten bereinigt, dürften die Gewinne in den kommenden zwei Jahren laut Stucki kräftig steigen. Stucki: «Das wird ein Treiber für Aktien. Börsen lieben hohe Gewinnzuwächse.»
In die Aktienmärkte getrieben werden Anleger jedoch vor allem von «Tina». Tina ist sechs Jahre alt, steht für «There is no alternative» und beschreibt den Anlagenotstand. «Die Zinsprodukte auf der Erde befinden sich auf dem tiefsten Stand, den es je gab. Als Ausgangslage für die Kapitalanlage ist das unangenehm», sagt Lazard-Ökonom Krämer.
Werner Krämer hat sich genauer angesehen, warum die Zinsen so tief sind. Auf den ersten Blick ist alles einfach: Die Notenbanken bestimmen den Leitzins und legen so das Zinsniveau fest. Aber laut Krämer sind ihre Aktionen reaktiv und nicht die Ursache des Renditetiefs. Er sieht das tiefe Wachstum als eigentlichen Grund für die Zinswüste. Seit 1981 wandert die Rendite mit den Wachstumsraten Hand in Hand nach unten.
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««Das Motto der Notenbanken lautet: Verbrauche dein Geld, investiere es oder werde ärmer.»»
Christoph Schenk, ZKB
«Die Zinsen sind tief, weil Wachstum und Inflation so tief sind», sagt Krämer. «Das Wachstum wiederum ist so niedrig, weil wir alle schon reich und satt sind, keiner mehr dem Wohlstand hinterherrennt. Im Fokus steht die Work-Life-Balance», sagt Krämer. Dass die Zinsen sogar noch unter dem Niveau des Wachstums und der Inflation sind, liege an der besonders grossen Nachfrage nach Sicherheit. Eindrückliches Beispiel sind «Eidgenossen», die trotz der negativen Renditen noch Abnehmer finden.
Hielten Experten Negativzinsen vor zehn Jahren technisch noch für unmöglich, sind sie in Industrieländern mittlerweile der Normalzustand. Besonders weit abgerutscht sind die Renditen in der Schweiz. «Wenn es ein Land gibt, in dem die Jagd nach Rendite besonders verzweifelt ist, dann die Schweiz», sagt UBS-Experte Kalt. Risikolose Anlagemöglichkeiten gibt es besonders aus Sicht der Schweizer Anleger nicht, im Idealfall sind sie mit keinem Zins, im schlechtesten Fall mit hohen Negativzinsen konfrontiert. Die Teuerung ist als Verlust noch abzuziehen.
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«Wir haben nicht viel Inflation, aber es reicht für eine negative Realrendite. Das Motto der Notenbanken lautet: Verbrauche es, investiere es oder werde ärmer. Selbst wenn ich das Vermögen nur erhalten will, sind risikofreie Anlagen keine Alternative», sagt ZKB-CIO Schenk.
Die Credit Suisse rät, Barbestände «auf ein Minimum» zu reduzieren. «Viele halten Cash als Sicherheit, aber es bringt nichts», sagt Hechler-Fayd’herbe. Banken kosten Kontoguthaben ihrer Kunden Geld. Investoren werden auch aus diesem Grund aus Cash-Anlagen gedrängt.
Wie es an den Finanzmärkten weitergeht, entscheiden in erster Linie die Zinsen. Steigen die Renditen, wären auf einen Schlag wieder Alternativen da. Doch angesichts der Schuldenberge, die sich rund um den Globus auftürmen, will eine Erhöhung der Zinsen gut überlegt sein. «Die Negativzinsen werden in der Schweiz zum Dauerzustand. Die SNB ist mit ihrem Latein ein wenig am Ende», sagt SGKB-Expertin Hilb.
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Laut Daniel Kalt werden die Zentralbanken erst bremsen, wenn sich die Auslastungslücke (die Differenz zwischen dem erreichten und dem möglichen BIP), die durch die Covid-Krise aufgerissen wurde, geschlossen hat. «Das wird vier bis fünf Jahre dauern. So lange sind Anleger in dem Umfeld mit tiefen oder negativen Zinsen gefangen. Die Pandemie zementiert die Renditen auf tiefem Niveau», sagt Kalt. Lombard-Odier-Chefökonom Samy Chaar glaubt, dass die Märkte ab 2023 beginnen, mögliche Zinsschritte der US-Notenbank Fed im Jahr 2024 einzupreisen.
Auslöser für einen Anstieg der Zinsen wäre Inflation. Steigen die Preise deutlicher als gewollt, bleibt den Notenbanken keine Wahl – sie müssten Kollateralschäden in Kauf nehmen und die Zinsen nach oben schrauben. Die Party an der Börse fände ein abruptes Ende.
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Aktuell hält sich die Teuerung im Umfeld der Arbeitslosigkeit und des Nachfrageschocks in Grenzen. «In den Vereinigten Staaten haben wir ein bisschen Inflation, aber die ist ganz harmlos, in Europa ist gar nichts zu sehen», sagt Lazard-Experte Krämer. Doch wird die Krise wie erhofft überwunden, könnte sich die Lage ändern. «Kommt die Inflation? Das ist die wichtigste Frage, die es derzeit überhaupt gibt», sagt Krämer. Der Grossteil der Experten gibt sich entspannt. Lombard Odier erwartet etwa Inflationsraten im tieferen Fünf-Jahres-Schnitt.
Doch seit Kurzem kommen Meinungen auf, die lange nicht zu hören waren. Blackrock, immerhin der grösste Vermögensverwalter der Welt, sagt für 2021 Inflationswerte von 2,5 bis 3 Prozent voraus. «Unsere Inflationserwartungen sind konträr und würden die Märkte überraschen», sagt Blackrock-Stratege Felix Herrmann. Deglobalisierungstrends hätten sich durch die Covid-Krise verstärkt. «Denken Sie an T-Shirt-Hersteller, die ihre Produktion von Bangladesch nach Italien verlegen und die höheren Lohnkosten an die Konsumenten weitergeben.»
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Auch habe die Krise die Marktführer gestärkt und so Preisanpassungen erleichtert. Bantleon-Ökonom Hartmann erwartet, dass die Inflation «nachhaltig nach oben ausbricht». Auslöser sind für ihn Angebotsengpässe im Reiseverkehr und höhere Rohstoffpreise. Krämer von Lazard wiederum sieht im Anstieg der Goldpreise einen versteckten Hinweis auf entstehende Inflationsrisiken.
Stabilisator: Joe Biden ist als Demokrat für die Börsen zwar nicht die erste Wahl, wird aber für deutlich mehr Stabilität sorgen als sein Vorgänger.
Getty ImagesStabilisator: Joe Biden ist als Demokrat für die Börsen zwar nicht die erste Wahl, wird aber für deutlich mehr Stabilität sorgen als sein Vorgänger.
Getty ImagesDoch so rasch steigen die Zinsen nicht. Die Notenbanken haben sich vorbereitet und den Spielraum für die Teuerung vorsorglich ausgeweitet. US-Notenbankchef Jerome Powell lässt in Zukunft höhere Inflationsraten zu, wenn die Teuerung zuvor längere Zeit niedrig war. Powell hat einen globalen Trend ausgelöst. Auch die EZB unter Christine Lagarde ist dabei, ihre Strategie anzupassen, und dürfte dem Beispiel der USA folgen. «Inflation wird von Notenbanken aufgrund der hohen Schulden toleriert», sagt DWS-CIO Kreuzkamp. Selbst die Blackrock-Experten, die an eine Rückkehr der Inflation glauben, sehen die Notenbanken 2021 auf dem Gaspedal.
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«Notenbanken druckten Geld, Regierungen verschuldeten sich, um der Krise Herr zu werden. Seit der Russlandkrise werden Krisen auf diese Art gelöst», sagt Krämer. Doch wird eine Therapie zu häufig eingesetzt, stellen sich Nebenwirkungen ein. Werden Unternehmen in Krisen künstlich am Leben gehalten, bleibt die schöpferische Zerstörung aus, der Markt bereinigt sich nicht.
«In der Schweiz ist die Korrelation zwischen fallendem BIP und steigenden Konkursen seit der Finanzkrise nicht mehr da. Versteht der Staat seine Aufgabe so, dass kein Unternehmen in Konkurs geht, gibt es keinen Reinigungseffekt», sagt David Marmet, Chefökonom bei der ZKB. Folge sind eine geringe Produktivität und ein tieferes Potenzialwachstum. David J. Eiswert von T. Rowe Price spricht schon jetzt von einem «endgültigen Abgleiten in eine von strukturell niedrigerem Wachstum und geringer Inflation geprägte Welt».
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Vorübergehend ist das für die Finanzmärkte kein Problem. Aktienkurse gedeihen in einer solch langsam vor sich hin wachsenden Welt. Experten sprechen vom «Goldlöckchen-Szenario», das auf moderatem Wachstum, geringer Inflation und niedrigen Zinsen basiert. «Wir biegen in einen relativ lange andauernden, nicht gerade boomenden Wirtschaftswachstumszyklus ein. Der ist ein gutes Umfeld für Aktieninvestments. Ein gutes, solides Aktienportfolio muss den Kern der Anlagen bilden», sagt SGKB-CIO Thomas Stucki.
Für Schweizer Aktien erwartet er 2021 Kursgewinne von 5 bis 8 Prozent. Die Prognosen der Experten für die globalen Aktienmärkte im Jahr 2021 liegen auf einem leicht höheren Niveau von 8 bis 10 Prozent. Nach oben schlägt Chefökonom Hartmann aus: Obwohl die Börsen den Aufschwung 2021 bereits vorweggenommen hätten, sieht er weiteres Kurspotenzial von 10 bis 20 Prozent.
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Ende 2021 könne der SMI bei 12'100 Punkten, der DAX bei 15'500 Punkten, der Euro Stoxx 50 bei 4150 und der S&P 500 bei 4100 Punkten liegen. Starkes Aufholpotenzial sieht er bei Small Caps. Geografisch sollten Europa und die Schwellenländer gegenüber den USA outperformen. Auch Eiswert hält Emerging Markets «für äusserst interessant».
Schwellenländer kamen in der Covid-Krise im Vergleich zu anderen Rezessionen besser davon. Hintergrund sind die Dollarschwäche und der niedrigere Anteil an Dienstleistungen, die von der Pandemie besonders betroffen waren.
Lokomotive: Chinas Präsident Xi Jinping hat die Krise rasch in den Griff bekommen. Nun fungiert sein Land für die ganze Welt als Konjunkturlokomotive.
Xinhua / eyevineLokomotive: Chinas Präsident Xi Jinping hat die Krise rasch in den Griff bekommen. Nun fungiert sein Land für die ganze Welt als Konjunkturlokomotive.
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Bei vielen Geldmanagern stechen Asien und China unter ihren Favoriten hervor. «Don’t miss Asian equities», heisst es bei Lombard Odier. China presche bei der Erholung vor. Zudem verhelfe der starke Binnenmarkt zu Unabhängigkeit. Auch die CS traut China-Aktien 2021 einiges zu. Zudem sollen auch Luxusaktien und deutsche Exporteure von der Nachfrage aus der Volksrepublik profitieren.
Zu erwarten ist eine anhaltende Rotation. Die Hausse der grosskapitalisierten Technologieaktien, die als Covid-Gewinner gelten, dürfte 2021 an Dynamik verlieren. «Technologie ist aus struktureller Sicht interessant, aber bereits sehr gut gelaufen», sagt Pictet. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind selbst für Wachstumsaktien zu hoch. Hingegen könnten die Titel, die 2020 hinter dem Markt zurückblieben, eine Aufholjagd starten. Zyklischere und kleinere Werte dürften bei den Investoren in den Vordergrund treten.
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Hellt sich die Wirtschaft wie erhofft auf, wird auch den klassischen Corona-Verlierern aus dem Tourismus oder der Luftfahrt einiges zugetraut. Aber wahllos zugreifen sollte man nicht. «Es kann nicht alles performen, was billig ist. Es braucht Auslöser», heisst es bei der Credit Suisse. Geht es nach SGKB-Expertin Hilb, werden Finanzwerte 2021 nicht überzeugen und auch Versicherungen «Mühe haben». Sie favorisiert Industrie.
Vorsicht ist an den Börsen immer dann angebracht, wenn aus Optimismus Euphorie wird und keine Risiken mehr gesehen werden. Dann folgen meist Rückschläge, die sich aber für den Einstieg nutzen lassen. Das Killerargument für die hohen Bewertungen ist der Vergleich. «Teuer sind Aktien absolut, aber in Relation zu Obligationen sind sie fair bewertet, und das wird auch so bleiben», sagt Thomas Heller, CIO der Schwyzer KB.
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Auf den Anleihenmärkten bleibt die Lage schwierig. Staatsanleihen von Industrieländern bieten verbreitet negative Renditen und sind so keine profitable Option. Anleger, die an eine Rückkehr der Inflation glauben, können auf inflationsgeschützte Anleihen setzen. Bei Pictet und Bantleon hält man diese TIPS und Linker genannte Art der Obligationen 2021 für besonders aussichtsreich. Die CS glaubt, Rendite in Emerging-Markets-Anleihen in Hartwährungen sowie hochwertigen Firmenanleihen zu finden.
Angesichts der Schwere der Rezession überrascht die Gelassenheit des Immobilienmarkts. Die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen stiegen auch in der Pandemie weiter an und werden das laut Experten auch 2021 tun. «Die Käufer werden wählerischer, aber die Nachfrage nach privatem Wohneigentum ist in der Schweiz ungebrochen», sagt SGKB-Expertin Hilb. Die Arbeitslosigkeit dürfte laut Hilb kein Niveau erreichen, das auf die Immobilienpreise drückt.
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Gold erfüllt als eine Art Versicherung gegen die grossen Krisen dieser Welt und Inflation seinen Zweck. ZKB-CIO Schenk: «Der Angstfaktor wird abnehmen, aber es schadet nicht, Gold als Stossdämpfer im Depot zu haben.»
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