Guten Tag,
Ob Credit Suisse, FIFA oder Sika: Thomas Werlen, Statthalter der US-Kanzlei Quinn Emanuel, legt sich mit allen an – vor allem den eigenen Kollegen.
Schnell unterwegs: Thomas Werlen, Schweizer Statthalter der US-Kanzlei Quinn Emanuel, liebt die grossen Fälle.
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Ein selbstbewusstes Lächeln gönnt er sich dann doch. Fast neun Monate hat Thomas Werlen gearbeitet an dem Bericht, den die Finma bei ihm bestellt hatte: Eine Aufarbeitung der Spionagepraktiken bei der Credit Suisse, aufgeflogen durch die Bespitzelung der beiden ehemaligen Top-Manager Iqbal Khan und Peter Goerke. Ob er denn mehr herausgefunden habe als die hoch bezahlten Anwälte der Starkanzlei Homburger, die von der CS für die Aufarbeitung mandatiert wurden? Sagen darf er dazu nichts, dazu hat ihn die Finma verpflichtet. Aber geniesserisch lächeln kann er schon. Und das tut er.
Natürlich bleibt der derzeit heisseste Bericht der Schweizer Wirtschaft unter Verschluss. Doch dass er ihn fristgerecht und durchaus substanzvoll abgeliefert hat, ist eine besondere Genugtuung – die Finma eröffnete auf Grundlage des Berichts Anfang September ein Enforcement-Verfahren gegen die Grossbank.
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Dabei handelt es sich um mehr als ein simples Gutachten: Der 55-jährige Anwalt mit Walliser Wurzeln, Schweizer Speerspitze von Quinn Emanuel, der aggressivsten Anwaltskanzlei der Welt, legt sich nicht nur mit der finanzkräftigen CS an, sondern gleich auch mit der alteingesessenen Kaste der grossen Schweizer Wirtschaftskanzleien. Mehr als 150 hoch bezahlte Anwälte zählt Homburger, ein typisch-selbstbewusster Vertreter ist der dortige Managing Partner Flavio Romerio – und dessen von der CS bestelltes Gutachten entlarvte Werlen als Schwachstrom.
Werlens Gegenspieler: CS-Präsident Urs Rohner (l.) beauftragte Homburger-Partner Flavio Romerio mit einem Gutachten zur Spionageaffäre. Doch das genügte der Finma nicht: Sie engagierte lieber Thomas Werlen.
keystone-sda.chWerlens Gegenspieler: CS-Präsident Urs Rohner (l.) beauftragte Homburger-Partner Flavio Romerio mit einem Gutachten zur Spionageaffäre. Doch das genügte der Finma nicht: Sie engagierte lieber Thomas Werlen.
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Wie ernst ihn die Konkurrenten nehmen, zeigt schon die Reaktion der CS auf seine Bestellung: Die Grossbank, mit Präsident Urs Rohner und Rechtschef Romeo Cerutti juristisch exzellent beschlagen, wollte mit aller Macht seine Nominierung verhindern und klagte erst vor dem Bundesverwaltungsgericht (dort unterlag sie schnell) und zog das Verfahren dann vor das Bundesgericht weiter (der Entscheid ist noch hängig.) Für Werlen reputationsfördend: Viel Feind, viel Ehr.
Dass er einst zur gleichen Zeit bei der Kanzlei Lenz & Staehelin gearbeitet hat wie Rohner, verfeinert die Gemengelage. In der engen und klatschfreudigen Zürcher Anwaltszene wollen manche Vertreter in der ungewöhnlich harten Gangart der CS gegen Werlen gar einen Beweis für den Unmut Rohners über den Ex-Kollegen sehen: Der habe in seiner Juristenkarriere halt immer die etwas edleren Stationen aufzuweisen gehabt.
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Nun ja – Belege dafür gibt es natürlich keine, die CS liefert nur ein dürres Statement zu ihrer Klage: «Nach unserer Auffassung ist Quinn Emanuel nicht wie gesetzlich gefordert unabhängig, weil sie weltweit viele Gerichtsprozesse gegen die Bank führt.» Teilt auch das Bundesgericht diese Einschätzung nicht (die Wahrscheinlichkeit ist hoch), wäre das eine deftige Schlappe für das üppig entlohnte Juristenduo Rohner/Cerutti.
Das Zürcher Quartier Seefeld, ein unscheinbares Gebäude an der Dufourstrasse. Quinn Emanuel leistet sich einen eher bescheidenen Auftritt. Die Juristenlegende Peter Nobel, in jungen Jahren ein Vorbild für Werlen («Ich bewunderte ihn, weil er so breit aufgestellt war – der Renaissance-Mann unter den Juristen»), verkleinerte ihren Büroraum, und so konnte die US-Kanzlei hier vor acht Jahren zwei Etagen übernehmen. Das Team ist klein: 15 Mitarbeiter, davon fünf Anwälte – im Vergleich zu den grossen Anwaltsfabriken der Stadt eher eine schnelle Eingreiftruppe.
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Unterwegs im Seefeld: In dem Zürcher Quartier belegt Quinn Emanuel zwei Etagen – direkt über den Büroräumen der Juristenlegende Peter Nobel.
Paolo Dutto für BILANZUnterwegs im Seefeld: In dem Zürcher Quartier belegt Quinn Emanuel zwei Etagen – direkt über den Büroräumen der Juristenlegende Peter Nobel.
Paolo Dutto für BILANZIm Besprechungszimmer hat Werlen vor allem die Trophäen aus seiner Konzernzeit postiert: Fünf Jahre war er General Counsel bei Novartis, und wie bei einem Investmentbanker reihen sich Auszeichnungen und Deal-Trophäen auf dem Eckregal. Die Stimme sanft, die Antworten präzise, durchbrochen von einem gelegentlichen Lachen. Mit dem italienischstämmigen Fotografen spricht er in dessen Muttersprache, anschliessend berichtet er, wie er einst von New York aus mit südamerikanischen Banken auf Spanisch über Derivate verhandelt habe. Englisch und Französisch sind da eine Selbstverständlichkeit. Selbstbewusst, gewiss, aber kein Lautsprecher.
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Doch als solchen nehmen ihn die alteingesessenen Kanzleien wahr: Sein Auftreten ist ein Angriff auf die Pfründe der hoch bezahlten Gilde. Während sich der Markt der grossen Anwaltskanzleien in den letzten Jahren internationalisiert hat und die grossen amerikanischen und britischen Law Firms zusehends nach Europa expandierten, haben sie den lukrativen Schweizer Markt bislang noch nicht wirklich attackiert.
Die grossen vier – Lenz & Staehelin, Homburger, Bär & Karrer und Niederer Kraft Frey – beherrschen den Markt und halten selbst die etwas kleineren Aspiranten wie Walder Wyss oder Schellenberg Wittmer auf Abstand. «Wenn die Amerikaner oder Engländer hier einbrechen wollen, müssen sie einen Top-Partner der Big Four abwerben», betont ein hochrangiger Kanzleipartner. Doch das ist bislang nicht passiert. Keiner wollte bislang der Beschmutzer des so behaglichen Nests sein. Werlen schon.
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Anwaltskanzleien, die ihren Job gut machen, werden gerne weiterempfohlen. Das BILANZ-Ranking zeigt, wer zu den Besten gehört. Mehr dazu hier.
Er vertritt allerdings nicht eine der renommierten New Yorker oder Londoner Law Firms, sondern die rauflustigste Kanzlei des Planeten. Quinn Emanuel, 1986 von dem Mormonen John Quinn in Los Angeles gegründet, ist die einzige Kanzlei der Welt, die sich auf grosskalibrige Litigation spezialisiert hat: Rechtsstreitigkeiten mit Grosskonzernen. Zwar macht man sich dadurch schnell viele Firmen zum Feind. Doch es ist sehr spezielles Know-how gefragt, und die Konkurrenz ist klein.
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Das generiert die üppigsten Stundensätze der Branche – bis zu 1500 Dollar in den USA. Das schafft Werlen hierzulande zwar noch nicht ganz, doch mit 1000 Franken liegt er auf der Höhe der Senior Partner der Grosskanzleien. Für das Finma-Mandat musste er zwar etwas abspecken, doch mit 750 Franken liegt er deutlich über den behördlichen Standardsätzen von 400 bis 500 Franken.
«Werlen greift die Pfründe der üppig dotierten Wirtschaftskanzleien frontal an.»
Für Schweizer Verhältnisse ist ein solches Vorgehen unerhört. Denn bislang leben die grossen Kanzleien davon, die Konzerne bei ihren Rechtsgeschäften rund um die Welt zu begleiten – Kapitalmarktgeschäfte, Abwehr von Klagen, Gutachten. Sie umschmeicheln die Konzerne – Werlen lebt davon, auf sie loszugehen. «Er ist der Outlaw in unserem Umzug», betont ein hochrangiger Konkurrenzanwalt, der wie alle Befragten der dicht verdrahteten Szene nicht mit Namen genannt werden will. «Wir waren sehr überrascht, dass er damals ausgerechnet zu Quinn Emanuel wechselte.»
Und während die Chefs der grossen Kanzleien ihre Partnerkultur pflegen und lieber nicht in der Öffentlichkeit auftreten, sucht er die Scheinwerfer. Ob FIFA, Sika oder eben jetzt die CS-Spionageaffäre: Werlen freut sich, wenn es laut wird. Da eifert er ganz dem legendären John Quinn nach: Der Firmengründer listet auf der Webseite nicht nur die Schlüsselkennzahlen der streitlustigen Firma auf – 800 Anwälte, 1,3 Milliarden Dollar Honorarvolumen. Er nennt auch genüsslich all die mächtigen Konzerne, mit denen er sich schon erfolgreich im Namen seiner Kunden angelegt hat: Apple, Volkswagen oder J.P. Morgan. Auch Werlen führt auf der Webseite von Quinn Emanuel ausführlich alle Fälle der letzten Jahre auf. Ein Angreifer muss eben etwas lauter bellen.
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Ein Rebell war er in jungen Jahren nicht. Seine Familie stammt aus dem Goms im Wallis, der Stammbaum geht 700 Jahre zurück, und die genetische Disposition macht sich auch heute noch bemerkbar – als sich die Firma zu einem «firm hike» in Interlaken traf, war der lokale Statthalter Werlen ganz vorn dabei. Er selbst wuchs in Zürich auf – sein Vater hatte an der ETH studiert und arbeitete als Ingenieur. Doch ein derartiger Berufsweg war dem bekennenden Generalisten zu eng.
Sein Onkel war Jurist, und sein Götti war Heinrich Oswald, der langjährige Chef des Medienhauses Ringier und ebenfalls ausgebildeter Jurist – für Werlen ein Beleg für die vielfältigen Möglichkeiten dieses Studiums. Der Draht blieb bis zum Tod Oswalds eng: Das letzte Büro Heinrich Oswalds zählt heute zu den Quinn-Emanuel-Räumlichkeiten.
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Er war ein Hochbegabter: Am Literargymnasium Rämibühl schloss er mit der besten Matura des Kantons ab, seine Vorliebe galt Latein und Griechisch, aber auch in Naturwissenschaften war er stark. Neben dem Jurastudium belegte er im Grundstudium auch Ökonomie, verzichtete aber auf die Zwischenprüfung. Den unbändigen Ehrgeiz, unter Juristen so ausgeprägt wie in nur wenigen Berufsgattungen, verkörperte er in Reinkultur. Mit 25 Jahren hatte er bereits das Anwaltspatent in der Tasche und begann als Trainee bei der damals grössten Kanzlei, Staehelin Hafter, aus der kurze Zeit später Lenz & Staehelin entstand.
Dort traf er auf Urs Rohner: Der Stadtzürcher arbeitete als Anwalt unter der Prozess-Koryphäe Peter Hafter. Doch die Wege kreuzten sich nicht wirklich: Er war Einsteiger, Rohner deutlich weiter. Nach der Dissertation kam er ein weiteres Mal zu Lenz & Staehelin, doch auch da gab es keine gemeinsamen Fälle. Die Finma durchleuchtete bei der Mandatsvergabe an Werlen die gemeinsame Vergangenheit der Antipoden – und sah keine Gefährdung seiner Unabhängigkeit.
Seine Doktorarbeit schrieb er zu einem Thema, das sein Gespür für Trendthemen belegte: «Konzeptionelle Grundlagen des Schweizer Kapitalmarktrechts» lautete der Titel. Mitte der neunziger Jahre kamen Finanzderivate in grossem Stil auf, und die juristische Bewertung der heissen Instrumente bei einem Konkursfall war ein grosses Thema, da die Schweizer Grossbanken stark in dieses Geschäft eintraten. Werlen schrieb als Assistent bei seinem Doktorvater Dieter Zobl zwei Gutachten, die die mächtige Lobbyorganisation International Swaps und Derivatives Association (ISDA) mit grosser Aufmerksamkeit verfolgte. Plötzlich lockte die renommierteste Juristenschmiede der Welt: Werlen schaffte es an die Harvard Law School. Danach trug ihn die ISDA-Connection sogar noch weiter – die Hauskanzlei der Organisation war die wohl renommierteste Wirtschaftskanzlei der Wall Street: Cravath, Swaine & Moore.
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Der legendäre Gründer Paul Cravath hatte einst Ende des 19. Jahrhunderts den Grosserfinder und General-Electric-Gründer Thomas Edison wegen Patentmissbrauchs verklagt und später das Fabrikmodell der Law Firms erfunden, brillant beschrieben in dem Bestseller «The Last Days of Night» des amerikanischen Autors Graham Moore. Angestellt werden auch heute noch nur Absolventen der besten Schulen, mit Vorliebe Harvard. Cravath, Swaine & Moore war auch Vorbild für die US-Anwaltsserie «Suits», in der ein gerissener Anwalt namens Harvey Specter die wildesten Kämpfe gewinnt – für Werlen durchaus unterhaltsames TV-Material, das er sich im Binge Watching zuführt. Die Massanzüge passen auch: Doch während der Serienheld auf Tom-Ford-Modelle ab 5000 Dollar setzt, bevorzugt Werlen Stoff von Loro Piana – und investiert 3000 Franken pro Anzug.
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Im zarten Alter von gerade 30 Jahren bezog er ein Büro bei der renommiertesten Kanzlei der Wall Street. Auch hier lag er leicht vor Rohner: Der arbeitete bei der ebenfalls renommierten, aber eben nicht ganz so renommierten Kanzlei Sullivan Cromwell. Nach fünf intensiven Jahren stellte sich dann die Frage: Wie weiter?
Er war einer der wenigen Europäer bei der US-Kanzlei und sah seinen Nutzen im Vergleich zu all den amerikanischen Harvard-Absolventen vor allem als Brückenbauer nach Europa. Zudem hatte er seine spätere Frau kennengelernt, eine Deutsche, und das junge Paar wollte zurück in die Alte Welt. Mit ihr hat er auch eine Tochter, die heute im Teenageralter ist und bei der Mutter in Frankfurt lebt.
Er ging für Cravath nach London. Doch in dem kleinen Büro fehlte das Adrenalin der New Yorker Zentrale, und die konservative Kanzlei wollte weiterhin nur amerikanisches Recht praktizieren. So fügte er auch noch die renommierteste Kanzlei Londons zu seinem Lebenslauf hinzu: Allen & Overy. Wichtigster Verbindungsmann war ein gewisser Dan Cunningham (vor zwei Jahren verstorben), der ihn schon bei Cravath gefördert hatte und jetzt zu den Engländern gewechselt war – und Werlen gleich als Partner einstellte. Seine Mission: Der Aufbau des Europa-Geschäfts.
Drei Jahre später wurde Novartis auf ihn aufmerksam. Konzernübervater Daniel Vasella, stets sehr US-fokussiert, fand Gefallen an dem polyglotten Schweizer, der in den besten Kanzleien der Welt gearbeitet hatte. Er wollte wie bei den grossen amerikanischen Konzernen einen starken General Counsel in der Konzernleitung, gerade für einen Pharmakonzern mit seinen zahlreichen Rechtsfällen eine zentrale Position. Er umgarnte den Mann aus London massiv, und auch das Salärpaket stimmte: Drei Millionen Franken pro Jahr – dafür hätte er bei Allen & Overy noch einige Jahre gebraucht. Werlen baute eine 800-Mitarbeiter-Abteilung auf und gewann mehrere hochkarätige Patentstreitigkeiten. Doch vor allem lernte er das lukrative Geschäft der Litigation von der anderen Seite: Wegen zu laxer Vergabepraxis wurde der Konzern mehrfach verklagt.
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Novartis-Lenker Daniel Vasella holte Werlen als General Counsel.
Marco HartmannNovartis-Lenker Daniel Vasella holte Werlen als General Counsel.
Marco HartmannDoch dann gab es eine Abkühlung zum Alleinherrscher. Vasellas barocker Zehn-Jahres-Vertrag mit Jahreszahlungen von bis zu 40 Millionen Franken lief 2009 aus, und als Rechtschef war Werlen in die Ausgestaltung des neuen Vertrages involviert. Offenbar machte er einige Fragezeichen – und das war nicht förderlich. Auch fehlte ihm die Perspektive: Sein Posten war als fünfjähriges Change-Management-Programm deklariert. Die einzige Perspektive aus seiner Sicht wäre der Präsidentensessel gewesen, doch ein Rückzug Vasellas war nicht absehbar.
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Da war die Anfrage seines Mentors Cunningham verlockend: Warum nicht zu Quinn Emanuel wechseln? Sein Förderer hatte es vorgemacht und war begeistert von dem lukrativen Litigation-Business, das nach der Finanzkrise massiv an Fahrt gewann. Werlen vertraute einmal mehr auf Cunningham – zur Überraschung seiner Kaste. «Er hätte zu jeder grossen Kanzlei in der Stadt gehen können», sagt ein hochrangiger Kanzleipartner. Doch mit abgeschlossener Vermögensbildung reizte ihn die neue Herausforderung.
Jetzt war er jedoch nicht mehr nur als exzellenter Jurist, sondern auch als Verkäufer gefragt – er brauchte dringend Aufträge. «Das hätte ich ihm nicht zugetraut, dass er auch auf diesem Feld stark ist», befindet ein Kollege. «Überall, wo es eine Verbindung zur USA gab, war er extrem überzeugend», berichtet ein anderer. Sein erster Grosseinsatz war bei dem Steuerprogramm der Schweizer Banken mit den USA ab dem Jahr 2012. Er arbeitete ähnlich wie später bei der CS-Untersuchung: Auf Mandatsbasis stellte er bis zu 30 Mitarbeiter ein, die direkt bei den Banken vor Ort die Daten prüften und dann eine Strategie entwickelten. Zu seinen Kunden zählten BSI, Pictet oder die EFG.
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««Wir haben die Institution FIFA gerettet.»»
Thomas Werlen
Der nächste grosse Fall war die FIFA. Der damalige Chefjustitiar Marco Villiger klingelte ihn nach der morgendlichen Razzia der US-Steuerfahnder im Mai 2015 aus dem Bett. Werlen wurde schnell der wichtigste Mann: Angesichts der erdrückenden Beweislage stand nichts weniger als das Überleben der Institution auf dem Spiel. Werlen war schnell klar: Präsident Blatter war nicht zu halten – wenn der Langzeit-Präsident hier auf einen Walliser Freundschaftsdienst gehofft hatte, sah er sich getäuscht. Werlen stellte sich gegen ihn wie gegen die anderen FIFA-Granden, die ins Visier der US-Justiz gelangt waren. «Wir haben die Institution FIFA gerettet», betont er heute.
Beim Sika-Drama stiess er vor allem wegen seiner Kenntnisse im Konzernrecht zu dem Verteidigungsteam um die verkaufswillige Burkard-Familie. Zu einem letztinstanzlichen Urteil kam es nie, die Börsenhausse machte am Schluss alle Beteiligten zu Gewinnern. Doch Werlen ist sich sicher: «Das Urteil wäre in höherer Instanz sicher gedreht worden. Man hat in erster Instanz abenteuerlich argumentiert.»
Und dann eben die CS. Wieder stellte er ein erfahrenes Juristenteam zusammen. Die Ermittlungen liefen teilweise abenteuerlich ab: Der Grossteil des Austausches lief per physischer Post mit der von der CS mandatierten Kanzlei Niederer Kraft Frey. Jegliche Datenlecks sollten ausgeschlossen werden.
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Bislang biss sich die CS an Werlen die Zähne aus. Gern verwenden die Grossbanken eine spezielle Taktik: Sie vergeben an alle grossen Kanzleien Aufträge, sodass sie dann für eine potenzielle Untersuchung gegen sie wegen Interessenkonflikten ausfallen. Bei Werlen klappte das nicht – und dass Quinn Emanuel in den USA Klienten im Kampf gegen die CS vertreten hat, stellte für die Finma keinen Beleg für eine Befangenheit des Schweizer Ablegers dar: Werlen konnte hier seine Unabhängigkeit glaubwürdig darlegen.
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Und so bleibt die Frage: Warum ist die CS so nervös? Wussten doch deutlich mehr Personen von den Spionageaktivitäten? Oder, im Gegenteil: Ist gerade das weiträumige Nichtwissen ein Beleg für ein Führungsversagen? Das Schöne für Präsident Rohner ist jedoch: Das Enforcement-Verfahren dürfte kaum vor Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein – und dann ist er bereits weg. Er hat seinen Abschied zur nächsten Generalversammlung im Frühjahr angekündigt.
Für Werlen ist die Eröffnung des Enforcement-Verfahrens zweifellos ein Prestigeerfolg. Doch die Schweizer Kanzleiwelt ist ein Club, in dem man sich mal als Freund, mal als Feind trifft. Peter Nobel etwa verschaffte Werlen einen Auftrag bei der damaligen Wegelin, kämpfte aber im Sika-Drama gegen ihn. Anwalt Urs Schenker war damals auf seiner Seite, gilt in dem laufenden Verfahren aber als CS-nah. Es kennt eben jeder jeden, aber eine Mission verbindet alle: Die Eindringlinge aus London und New York fernzuhalten. Thomas Werlen ist ihr Vorkämpfer, und das lassen ihn die etablierten Kanzleien spüren. «Die haben mich eher belächelt und gehofft, dass ich eine Eintagsfliege bleibe», lacht er. «Aber Quinn Emanuel bleibt.»
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