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Trügerische Ruhe

Swiss Re verliert Marktanteile – der Druck auf den CEO steigt

Hinter den Kulissen des Rückversicherers wächst der Unmut über CEO Christian Mumenthaler. Wagt der neue Präsident den Befreiungsschlag?

Dirk Schütz

Christian Mumen­thaler (im Bild) führt seit sieben Jahren die Swiss Re. Präsident Jacques de Vaucleroy erhöht den Druck.

Christian Mumenthaler (im Bild) führt seit sieben Jahren die Swiss Re. Präsident Jacques de Vaucleroy erhöht den Druck.

Keystone

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Eigentlich schien sich die Lage beruhigt zu haben. Mit dem Abgang des Präsidenten Sergio Ermotti im April schien der Druck auf Swiss-Re-CEO Christian Mumenthaler gesunken zu sein. Ermotti, aus der Bankenwelt eine härtere Performance-Kultur gewohnt als im doch eher netten Rückversicherungsgeschäft, hatte zuletzt den Druck auf den Konzernchef stetig erhöht. Doch auf den heftigen Gewinneinbruch im Jahr 2022 folgte ein passabler Geschäftsgang in diesem Jahr, die Prognostiker sehen einen Gruppengewinn von mehr als drei Milliarden Dollar, und auch der Kurs liegt mit einem Jahresplus von mehr als 15 Prozent deutlich vor dem Erstversicherer Zurich (siehe Seite 56), allerdings noch hinter dem Mythenquai-Primus Swiss Life.

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Doch die Ruhe ist trügerisch. Laut BILANZ-Recherchen ist der Unmut über die Performance auch unter Ermotti-Nachfolger Jacques de Vaucleroy gross. Der Belgier wurde nach dem Abgang Ermottis abrupt auf den Präsidentensessel katapultiert und amtet formal noch als Interims-Chairman, die Bestätigung als neuer Präsident soll an der Generalversammlung im April folgen. Doch der frühere Axa-Europa-Chef ist bereits sechs Jahre VR-Mitglied und war an den Strategieüberlegungen beteiligt.

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Mumenthalers Hauptproblem: der Verlust an Marktanteilen. Lag die Swiss Re vor fünf Jahren noch gleichauf mit der Münchener Rück (siehe Tabelle), so ist der ewige Rivale zuletzt davongezogen: 51 Milliarden an Rückversicherungsprämien zeichnete er im letzten Jahr, bei der Swiss Re waren es 39 Milliarden. Gewiss, die Währungseffekte spielen gegen die Schweizer: Die Industrie bilanziert in Dollar, dass trifft die Swiss Re härter. Aber dennoch: Der Abstieg ist offensichtlich.

Besonders bedrohlich: Die Nummer drei, die Hannover Re, kommt immer näher. Dass sie ausgerechnet vom ehemaligen Swiss-Re-Mann Jean-Jacques Henchoz geführt wird, macht die Gemengelage für Mumenthaler nicht einfacher. Zusätzlich unschön für ihn: Die Norddeutschen liegen auch bei der Profitabilität vorn. Der Niedergang zeigt sich auch beim längerfristigen Aktienkurs: Seit dem Corona-Einbruch ist der Münchener-Rück-Kurs, allerdings durch konstante Erstversicherungsprofite gestützt, um 30 Prozent gestiegen. Doch auch der reine Rückversicherer Hannover Rück hat um zehn Prozent zugelegt. Die Swiss Re dagegen, trotz aktuellem Hoch: minus zehn Prozent.

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Offenbar wollen de Vaucleroy, der auch das Nominationskomitee leitet, und Lead Director Jörg Reinhardt einen Umschwung herbeiführen. Mumenthaler ist seit 2016 CEO. Der 54-Jährige gilt als Zögling des langjährigen Präsidenten Walter Kielholz, der auf Swissness grossen Wert legte. Dass der Zürcher Mumenthaler nie länger im Ausland tätig war, hatte schon bei seiner Berufung für Fragezeichen gesorgt. Für den erfolgreichen Hannover-Re-Chef Henchoz könnte eine Rückkehr eine Genugtuung sein. Doch das Alter ist nicht auf seiner Seite: Er feiert nächstes Jahr seinen 60. Geburtstag.

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Dirk Schütz

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