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Der neue Präsident des Milchverarbeiters Emmi Urs Riedener steigt mit seiner Berufung in den Sandoz-VR endgültig ins Establishment auf.
Matthias Mehl
Ein gewagter Schritt: Urs Riedener wechselt bereits nach relativ kurzer Zeit aus seinem CEO-Sessel direkt auf den Stuhl des Präsidenten.
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Die Champagnergläser und die Häppchen von Urs Riedeners Abschiedsfeier waren kaum weggeräumt, da stand der ehemalige Emmi-Kapitän auch schon wieder an Deck: Nur rund vier Monate nachdem der 58-Jährige den CEO-Posten beim grössten Schweizer Milchverarbeiter an Ricarda Demarmels weitergereicht hatte, wurde er an der Generalversammlung vom 13. April zum neuen Verwaltungsratspräsidenten gewählt. Entscheidend dafür war der Leistungsausweis Riedeners. Während seiner fast 15 Jahre als CEO krempelte er Emmi von einem darbenden Molkereibetrieb zu einem erfolgreichen und internationalen Foodplayer um. Die Exekutivbühne verliess er zudem mit einem Knall: Pünktlich zu seinem Abschied konnte Emmi erstmals das Überschreiten der Vier-Milliarden-Umsatzgrenze verkünden. Dass Urs Riedener bereits nach so kurzer Zeit aus seinem CEO-Sessel direkt auf den Stuhl des Präsidenten wechselt, gilt allerdings aus Sicht der Corporate Governance als gewagt. Üblich ist eine längere Übergangsfrist, um die Unabhängigkeit der neuen Unternehmensführung sicherzustellen. Wichtig war bei diesem Entscheid die Stimme von Pirmin Furrer, Geschäftsführer der Zentralschweizer Milchproduzenten, die mit einem Anteil von mehr als 53 Prozent Hauptaktionärin von Emmi sind.
Schokoladen-Übervater Ernst Tanner ist auch wichtiger Förderer von Urs Riedener: Als dieser 1995 bei Lindt & Sprüngli seine Stelle als Product Group Manager antritt, nimmt ihn Tanner, damals auch noch CEO, unter seine Fittiche. Fünf Jahre später wechselt Riedener zur Migros – und erlebt dort, wie komplex die Wechselwirkung zwischen Förderern und Konkurrenten sein kann. Denn beim orangen Riesen lernt er Herbert Bolliger kennen. Obschon Riedener den ehemaligen Chef der Genossenschaft Migros Aare als einen wichtigen Wegbegleiter bezeichnet, verliert er gegen ihn im Jahr 2005 das Rennen um die Nachfolge von Migros-Chef Anton Scherrer. Die wohl prägendste Zeit für Urs Riedeners Werdegang stellen seine knapp anderthalb Dekaden bei Emmi dar. Dort gehört der ehemalige Verwaltungsratspräsident Konrad Graber zu seinen wichtigsten Begleitern. Die beiden bildeten gut 14 Jahre lang ein erfolgreiches Tandem. In seiner Funktion als CEO pflegte Riedener zudem einen regelmässigen, ja freundschaftlichen Kontakt mit dem ehemaligen Coop-Chef Hansueli Loosli. Emmi und Coop verbindet eine langjährige, erfolgreiche Partnerschaft, der Riedener hohe Relevanz beimass. Im Sandoz-Verwaltungsrat, in den Riedener jüngst gewählt wurde, trifft er auf weitere prominente Wirtschaftsgrössen, etwa Präsident Gilbert Ghostine, Ex-Chef des Genfer Aromen- und Duftherstellers Firmenich, François-Xavier Roger, Finanzchef von Nestlé, oder Remco Steenbergen, Finanzchef der Lufthansa.
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Als Riedener 1995 bei Lindt & Sprüngli seine Stelle als Product Group Manager antritt, nimmt ihn Ernst Tanner (Bild), damals auch noch CEO, unter seine Fittiche.
PDAls Riedener 1995 bei Lindt & Sprüngli seine Stelle als Product Group Manager antritt, nimmt ihn Ernst Tanner (Bild), damals auch noch CEO, unter seine Fittiche.
PDEr gehört nicht zu den Managern, die sich gerne im privaten Rahmen zeigen und medienwirksame oder auffallend glamouröse Auftritte suchen. Er lebt mit seiner Frau Anita Riedener-Kaufmann am Ortsrand des Zuger Vororts Baar und gibt sich auch bei seinem Wohnsitz, im Gegensatz zu anderen Schweizer Topmanagern, vergleichsweise bescheiden. Seine Tochter ist 27 Jahre alt. Er fährt gerne Mountainbike und geht langlaufen.
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Wer an der HSG studiert hat, findet unter den ehemaligen Kommilitonen oft namhafte Wirtschaftsführer vor. Es überrascht daher nicht, dass auch zu Urs Riedeners «Class of 92» bekannte Vertreter der Schweizer Wirtschaftselite gehören. Einer davon ist etwa Thomas Amstutz, der CEO von Feldschlösschen. Auch Dorothee Auwärter sass gemeinsam mit Riedener in Vorlesungen. Sie gehört wie Amstutz dem Vorstand der Schweizerischen Management Gesellschaft an. Dorothee Auwärter amtet nebst ihrem Mandat bei der Management Gesellschaft als Präsidentin des Verwaltungsrats der Kuhn Rikon AG.
Zu den wichtigsten Erfolgsprodukten von Emmi gehört kalter Kaffee: Die fixfertigen «Emmi Caffè Latte»-Drinks sind seit jeher ein Pfeiler des unternehmerischen Erfolgs. Doch das Geschäft mit dem kühlen Bohnengetränk war für ihn stets ein heiss umkämpftes Feld. Besonders mit dem Dänen Peder Tuborgh fand sich Riedener in einem stetigen Wettstreit wieder. Dieser steht als CEO dem multinationalen Milchverarbeitungsunternehmen Arla Foods vor, das die Starbucks-Lizenz für kalten Kaffee in Europa hält und damit der grösste Konkurrent von Emmis Caffè Latte ist. Ein anderer Gegenspieler ist Lino Saputo. Beim italienisch-kanadischen Unternehmer handelt es sich um den Gründer des kanadischen Käseherstellers Saputo Inc. Der Multimilliardär, der gemäss Medienberichten mit einem Vermögen von fünf bis sechs Milliarden Dollar als achtreichste Person Kanadas gilt, machte Emmi den Käsemarkt auf der anderen Seite des Atlantiks immer wieder streitig und kämpfte erbittert um Marktanteile in den USA und Kanada. In der Schweiz musste sich der Emmi-Boss regelmässig mit Armando Santacesaria messen, dem CEO der Migros Industry. Zu den Geschäftsbereichen des Migros-Produkteherstellers gehört natürlich auch die Milch- und Käse-Produktwelt, wodurch man sich in direkter Konkurrenz mit Emmi befand.
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Peder Tuborgh steht als CEO dem multinationalen Milchverarbeitungsunternehmen Arla Foods vor, das die Starbucks-Lizenz für kalten Kaffee in Europa hält und damit der grösste Konkurrent von Emmis Caffè Latte ist.
PDPeder Tuborgh steht als CEO dem multinationalen Milchverarbeitungsunternehmen Arla Foods vor, das die Starbucks-Lizenz für kalten Kaffee in Europa hält und damit der grösste Konkurrent von Emmis Caffè Latte ist.
PD1992 schloss er sein Studium an der HSG mit dem lic. oec. in Marketing ab. Seine ersten beruflichen Gehversuche machte er anschliessend als Group Brand Manager bei Kraft Jacobs Suchard, bevor er von 1995 bis 2000 für Lindt & Sprüngli als Product Group Manager tätig war. Von August 2000 bis Februar 2008 gehörte er als Chief Marketing Officer zur oberen Migros-Führungsriege, zunächst unter dem damaligen Migros-Chef Anton Scherrer. So richtig zeigen, was er draufhat, konnte er dann im März 2008 als neuer CEO des damals angeschlagenen Milchverarbeiters Emmi: Das Management unter seinem Vorgänger Walter Huber war von einer zu optimistischen Entwicklung des Auslandsgeschäfts ausgegangen. Trotz fehlender Branchenerfahrung schreckte «der Neue» nicht vor der Herausforderung zurück und erwies sich als veritabler Milch-Reformator. Der Ostschweizer begab sich auf umfangreiche Shoppingtour, innerhalb von rund sechs Jahren wurden weltweit 14 bedeutende Akquisitionen getätigt, für die Emmi total 400 Millionen Franken ausgab. Das gezielte Investieren in ausländische Milchverarbeiter und Händler zahlte sich aus. Der Fokus auf margenstarke Brands, profitable Nischengeschäfte sowie die Stärkung des Heimmarkts erwiesen sich zusammen mit dem Ausbau des internationalen Geschäfts als Erfolgsrezept.
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