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So ist Gewerbeverbands-Präsident Fabio Regazzi vernetzt

Unter dem Tessiner Unternehmer und National­rat Fabio Regazzi dürfte sich der Gewerbeverband wieder mässigen.

Florence Vuichard

Florence Vuichard

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Fabio Regazzi will sich um die Probleme und Sorgen der KMUs kümmern.

Keystone

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Der Schweizerische Gewerbeverband hat sich in den vergangenen gut zehn Jahren zu einer starken, aber auch äusserst eigenwilligen, kompromisslosen und kampflustigen Organisation entwickelt, die keine Auseinandersetzungen scheut und auch gerne mal die anderen Wirtschaftsverbände das Fürchten lehrt. Doch damit soll jetzt Schluss sein, jedenfalls wenn es nach dem Willen des neuen Präsidenten Fabio Regazzi geht. «Wir müssen klarere Prioritäten setzen und uns hauptsächlich um die Probleme und Sorgen der KMUs kümmern», sagt der Tessiner Unternehmer und CVP-Nationalrat, der das Präsidium Ende Oktober von Jean-François Rime übernommen hat. Sololäufe zur Profilierung und Attacken auf andere Wirtschaftsverbände sind unter Regazzi nicht mehr erwünscht. So hat er – kaum im Amt – seinen Gewerbeverband als Zeichen der Versöhnung in die Phalanx der Wirtschaftsorganisationen gegen die Konzernverantwortungsinitiative eingereiht.

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Mehr Harmonie mit Economiesuisse und Co. dürfte aber gleichzeitig zu mehr Misstönen innerhalb des Gewerbeverbands führen. Denn ob sich Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler an den neuen, sanfteren Kurs gewöhnen wird, muss sich erst noch weisen.

▶︎ Die Mitstreiter

Sport nimmt beim früheren FC-Nationalrat-Mittelstürmer eine zentrale Rolle ein: So präsidiert Fabio Regazzi den Basketballclub SAM Massagno, den derzeitigen Tabellenführer, und er ist auch Verwaltungsrat beim HC Lugano, dem Eishockeyclub der Familie Mantegazza, der nun von Vicky Mantegazza, der Tochter von Geo, präsidiert wird. Sehr gut verstand sich Regazzi mit Gianfranco Cotti, und nicht nur wegen der gemeinsamen Leidenschaft fürs Fussballspielen. Der im April verstorbene Cousin von alt Bundesrat Flavio Cotti präsidierte einst die Volksbank und sass ebenfalls für die CVP im Nationalrat. Eine wichtige Person für Regazzi ist der frühere CVP-Fraktionschef FilippoLombardi, von dem er «viel gelernt hat». Die beiden kennen sich schon lang, besuchten doch beide das Collegio Papio.

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Ebenfalls von dort kennt Regazzi den ehemaligen FDP-Nationalrat Giovanni Merlini, mit dem er gar in derselben Klasse sass. Später haben sich die Wege der zwei Freunde aus unterschiedlichen Parteien immer wieder gekreuzt, zuerst im Kantonsrat, später im Nationalrat. Mit Gerhard Pfister ist Regazzi ein paar Mal aneinandergeraten, als er frisch nach Bern kam, heute hat er grossen Respekt für die Arbeit seines Parteipräsidenten.

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Vicky Mantegazza (l.), Filippo Lombardi und Doris Leuthard.

Keystone
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Vicky Mantegazza (l.), Filippo Lombardi und Doris Leuthard.

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Bewunderung hegt Regazzi für alt Bundesrätin Doris Leuthard, mit der er noch immer in Kontakt steht. Ebenso wie mit dem früheren CVP-Ständerat Jean-René Fournier, mit dem er auch befreundet ist. Mit CVP-Bundesrätin Viola Amherd sass er sieben Jahre in der Verkehrskommission, wo sie gut zusammengearbeitet haben.

▶︎ Die Familie

Fabio Regazzi wurde am 22. Juni 1962 geboren und wuchs mit seinen drei jüngeren Geschwistern – einem Bruder und zwei Schwestern – in einem CVP-Haushalt in Gordola auf, einer Gemeinde am Eingang des Verzasca-Tals, bekannt für ihren Staudamm, von dem auch schon James Bond in die Tiefe gesprungen ist. Die Mutter war Hausfrau, der Vater Efrem Regazzi führte das Familienunternehmen und amtete zudem während 24 Jahren als Gemeindepräsident, 16 Jahre sass er für die CVP im Kantonsparlament.

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Regazzi war Mittelstürmer, auch beim FC Nationalrat.

Jacques Perler
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Regazzi war Mittelstürmer, auch beim FC Nationalrat.

Jacques Perler

Fabio Regazzis jüngere Schwester Justa Regazzi Locatelli sitzt heute für die CVP im Parlament von Gordola und ist Fraktionschefin. In seiner Freizeit geht Regazzi, der liiert, aber nicht verheiratet ist, gerne in die Berge, in sein «Buen Refugio», eine Hütte im Verzasca-Tal auf 1700 Metern, die nur zu Fuss erreichbar ist. Im Herbst geht er auf die Jagd, das Fussballspielen hingegen musste er vor ein paar Jahren wegen Knieproblemen aufgeben.

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▶︎ Die Karriere

Mit zwölf Jahren geht Fabio Regazzi ans Collegio Papio in einem Benediktinerkloster in Ascona, in den Ferien arbeitet er auf den Baustellen des Familienunternehmens. Nach der Matura entscheidet er sich für die Universität Zürich und studiert Jus. Nach einem Praktikum macht er sich selbstständig, gründet aber bald darauf mit Ivo Wuthier, einem Studienkollegen, und dessen Vater eine Kanzlei in Locarno. Im Jahr 2000 steigt er doch noch in den Familienbetrieb ein, auf Wunsch seines Vaters Efrem Regazzi, der 65 Jahre alt wird, und übernimmt die Leitung. «Es waren schwierige Jahre», sagt er, «familiär, aber auch wirtschaftlich.»

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Efrem Regazzi und Monica Duca Widmer.

Keystone/ZVG
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Efrem Regazzi und Monica Duca Widmer.

Keystone/ZVG

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Heute gehört die Gruppe, die unter ihrem Holdingdach mehrere Tochterfirmen versammelt und etwa Rollläden, Fenster, Garagentore oder Briefkästen herstellt, Fabio Regazzi und seinen drei Geschwistern und beschäftigt 135 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 13 Lehrlinge. Parallel zur Berufslaufbahn hat Regazzi auch immer seine politische Karriere vorangetrieben: Er sass zwölf Jahre im Parlament von Gordola, 16 Jahre im Kantonsrat, zeitgleich mit seiner Parteikollegin, der heutigen Ruag-Präsidentin Monica Duca Widmer, und ist nun seit neun Jahren im Nationalrat.

Neben seinem sonst recht «emotionslosen Berufsleben» in der Unternehmens-, Polit- und Verbandswelt ist Regazzi einer von sechs Teilhabern des 2015 eröffneten Restaurants Blu in Locarno, das von seinem Cousin Luca Reggiori geführt wird.

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▶︎ Die Gegenspieler

Nach sechs Monaten und endlosen Debatten im Parlament ist klar: Es gibt keinen staatlich verordneten Miet-Teilerlass für die kleinen Gewerbebetriebe, die wegen Corona staatlich geschlossen wurden. Letztlich hatte Regazzi keine Chance gegen den Bundesrat und die vereinigte Rechte, namentlich gegen Wirtschaftsminister Guy Parmelin, SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi und FDP-Nationalrat Olivier Feller.

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Simonetta Sommaruga (l.), Thomas Aeschi und Diana Gutjahr.

Reuters/Keystone
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Simonetta Sommaruga (l.), Thomas Aeschi und Diana Gutjahr.

Reuters/Keystone

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Beim CO2-Gesetz unterstützt Regazzi – anders als seine CVP – das Referendum und wird im Abstimmungskampf gegen Umwelt- und Energieministerin Simonetta Sommaruga oder FDP-Präsidentin Petra Gössi antreten müssen. Regazzis Gegenspielerin fürs Präsidium beim Gewerbeverband war SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr.

▶︎ Verbandswelt

Mit seiner Wahl in den Nationalrat 2011 betrat Regazzi die nationale Bühne der Wirtschaftsverbände. So wurde er gleichzeitig mit der damaligen Ständerätin Karin Keller-Sutter Mitglied im Vorstandsausschuss des Arbeitgeberverbands, der von Valentin Vogt präsidiert wird. Regazzi schätzt Vogt sehr, was in Zukunft die Zusammenarbeit ihrer Verbände vereinfachen dürfte. Zu stimmen scheint die Chemie mit dem ebenfalls neuen Economiesuisse-Präsidenten Christoph Mäder, auch wenn sich die beiden zuvor nicht gekannt haben. Mit seinem Rats- und Parteikollegen Markus Ritter, dem Bauernverbandspräsidenten, sitzt Regazzi in der Wirtschaftskommission.

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Christoph Mäder, Valentin Vogt, Markus Ritter (v. l.).

Keystone
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Christoph Mäder, Valentin Vogt, Markus Ritter (v. l.).

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Es war sein Vorgänger an der Spitze des Schweizerischen Gewerbeverbands, Jean-François Rime, der Regazzi nach dessen Wahl in den Nationalrat fragte, ob er nicht für die Gewerbekammer kandidieren wolle – und letztlich so seine spätere Wahl zum Präsidenten vorspurte. Damit ist das Gewerbeverbandspräsidium erstmals seit Jahrzehnten wieder in CVP-Händen. Offiziell portiert wurde Regazzis Kandidatur von der Tessiner Handelskammer, die von Luca Albertoni geleitet und ab 2021 von Andrea Gehri präsidiert wird, dem Chef und Besitzer des gleichnamigen Plattenleger-Unternehmens und Freund von Regazzi – und wie dieser ein HC–Lugano-Fan.

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