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Xavier Niel, französischer Milliardär und Inhaber von Salt, mischt eifrig mit im Bietersteit um die Zürcher Finanzfirma GAM.
Matthias Mehl
Mit einem Vermögen von 6,8 Milliarden Dollar nimmt Niel den 18. Platz in der Liste der reichsten Personen Frankreichs ein.
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Beim Zürcher Asset-Manager GAM brodelt es: Das wegen seiner Greensill-Geschäfte in Schieflage geratene Unternehmen ist seit Monaten der Spielball in einem Bieterstreit, in dem sich der Franzose Xavier Niel als aggressiver Angreifer gibt und sich eifrig mit der Gegenseite, dem englischen Vermögensverwalter Liontrust, misst. Als Teil der Investorengruppe NewGAMe, die 9,6 Prozent der GAM-Aktien hält, hat Niel den Erwerb von GAM durch die Briten torpediert. Der Vorschlag aus London sieht eine Übernahme vor, wobei pro GAMWertpapier 0,0589 eigene Aktien angeboten werden.
Laut aktuellem Kurs entspricht das 40 Rappen pro Wertpapier. Obschon sich der GAM-Verwaltungsrat dafür ausspricht, sieht NewGAMe die GAM-Aktionäre übervorteilt. Sie bieten 55 Rappen pro Titel an und sind bereit, maximal 28 Millionen Aktien aufzukaufen, was 17,5 Prozent des Aktienkapitals entspricht. Liontrust hinterfragte diese Pläne in einem offenen Brief kritisch. Dies nicht zuletzt, weil GAM ohne einen ebenfalls zur Übernahme durch Liontrust gehörenden Überbrückungskredit bald zahlungsunfähig würde. Doch jüngst liess die NewGAMe-Investorengruppe verlauten, dass sie ihrerseits ein Darlehen in der Höhe von 20 Millionen sprechen würde, sollte die britische Übernahme scheitern.
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Mit dem Einstieg 2015 in den Schweizer Telekom-Markt findet sich Xavier Niel in der Rolle des Aussenseiters. Die Konkurrenz, Sunrise unter CEO André Krause sowie Swisscom unter dem damaligen Chef Urs Schaeppi, zeigt sich vom Engagement des Franzosen unbeeindruckt und erklärt öffentlich, dass man «keinen Salt-Effekt» spüre. Platzhirsch Swisscom wird seit Juni 2022 von Christoph Aeschlimann geführt, der neue Salt-Chef Massimiliano Nunziata wird sich künftig also mit ihm messen müssen. Mit harten Bandagen wird gekämpft im Übernahmepoker um den Zürcher Asset Manager GAM.
Dort wollen GAM-CEO Peter Sanderson wie auch der VR-Vorsitzende David Jacob den Franzosen ausstechen. Jacob wandte sich kürzlich mit einem Schreiben an die GAM-Aktionäre und riet ihnen eindringlich dazu, dem Übernahmeangebot der Gegenseite Liontrust unter CEO John Ions zuzustimmen. Damit geht auch das Hickhack um eine ausserordentliche GV zu Ende, auf die New-GAMe gepocht hatte, um den Aktionären ihren Plan erläutern zu können. Doch das Vorhaben wurde verworfen und die GV abgesagt, verbunden mit dem Angebot an die GAM-Aktionäre, bis am 23. August ihre Aktien Liontrust anzudienen. Nach dieser Frist wird sich weisen, wie das weitere Vorgehen genau aussieht.
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Urs Schaeppi.
PDUrs Schaeppi.
PDMit einem Vermögen von 6,8 Milliarden Dollar nimmt Niel den 18. Platz in der Liste der reichsten Personen Frankreichs ein. Doch im Vergleich zu seinem Schwiegervater backt der Telekom-Tausendsassa nur kleine Brötchen: Bernard Arnault ist 211 Milliarden Dollar schwer und gilt als vermögendster Mann der Welt. Seine Tochter Delphine Arnault, Dior-Chefin und ihrerseits Milliardärin, ist seit 2010 Niels Lebenspartnerin. Sie gilt als wahrscheinliche Nachfolge ihres Vaters beim Luxushaus LVMH. Niel und Arnault haben eine gemeinsame Tochter. Aus einer früheren Beziehung hat Niel zudem zwei Söhne namens Jules und John, nach denen seine NJJ Holding benannt ist.
Xavier Niel erblickt am 25. August 1967 in Maison-Alfort das Licht der Welt. Seine Karriere beginnt früh – und schlüpfrig: Im zarten Alter von gerade einmal 19 Jahren schmeisst er die Schule hin und ruft seine erste Firma ins Leben. Diese bietet erotische Chats im französischen Internetvorläufer Minitel an. Das Prinzip «Sex Sells» geht perfekt auf für ihn, und der Verkauf der Site macht Niel mit 24 Jahren zum Millionär. Er setzt sein Engagement sowie seinen Siegeszug in der Telekommunikationsbranche fort, 1991 erwirbt er die Firma Iliad. Heute ist das von Thomas Reynaud geleitete Unternehmen der viertgrösste Mobilfunkanbieter Frankreichs, Xavier Niel hält noch immer die meisten Anteile. Über Iliad sowie seine NJJ Holding gehören dem Franzosen heute Telekom-Anbieter auf der ganzen Welt. 2015 führt ihn dieses Engagement auch in die Schweiz: Für 2,8 Milliarden Franken übernimmt er den Schweizer Ableger des Mobilfunkanbieters Orange und tauft ihn in Salt um. Doch nicht nur in Telekommunikationsbetriebe investiert Xavier Niel, sondern auch in Tech-Start-ups und Zeitungen. Zudem gründet er die IT-Schule École 42, deren Schweizer Ableger 2021 von Christophe Wagnière in Lausanne ins Leben gerufen wird.
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Christophe Wagnière.
Lundi13Christophe Wagnière.
Lundi13Der Siegeszug des Internets befeuerte auch den Aufstieg Xavier Niels. Heute gehört mit Free der zweitgrösste Internetanbieter Frankreichs zu seiner Iliad-Gruppe. Dessen CEO ist seit März Nicolas Thomas. Parallel dazu wechselte Thomas Robin in die Rolle des CFO von Free, auch bei ihm handelt es sich um einen langjährigen Iliad-Mann. Zu den frühen Mitstreitern Niels in der Schweiz gehört Andreas Schönenberger. Dieser verliess 2016 seinen Posten als Google-Manager für das CEO-Amt bei Salt. Wie von Xavier Niel geheissen, liess Schönenberger beim drittgrössten Telekom-Anbieter der Schweiz keinen Stein auf dem anderen und strukturierte mit harter Hand um.
Spätestens mit dem Kauf des Mobilfunkanbieters Orange im Jahr 2015 wird Xavier Niel auch in der Schweiz zu einem bekannten Namen. Zum Erfolgsrezept von Niel gehört das Anbieten tiefer Preise in Kombination mit einem eisernen Sparkurs in seinen Betrieben. Mit diesem Ansatz will er auch die in Salt umbenannte Firma zum Erfolg führen. Bei der Orange-Übernahme agieren Olivier Rozenfeld, der noch heute Teil des Salt-Verwaltungsrats ist, sowie Michael Golan als seine linke und rechte Hand. 2018 wird der Ex-Mc-Kinsey-Mann Pascal Grieder als CEO von Salt mit der Aufgabe betraut, die strengen Vorgaben Niels zu erfüllen. Keine leichte Aufgabe, denn Salt befindet sich von Beginn an gegenüber den beiden Konkurrenten Swisscom und Sunrise im Hintertreffen. Dennoch schafft es Grieder, den Umsatz von Salt sowohl 2021 sowie 2022 zu steigern. In diesem Jahr schied Grieder aus persönlichen Gründen bei Salt aus, beerbt wurde er vom ehemaligen Sunrise-Manager Massimiliano Nunziata. Ihm zur Seite steht unter anderem Salt-Verwaltungsratspräsident Marc Furrer, ehemaliger ComCom- und Bakom-Chef.
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Pascal Grieder.
Nicolas ZonviPascal Grieder.
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