Guten Tag,
Macht Geld wirklich glücklich? Wir haben in unserem neuen Buch zehn Superreiche gefragt. Einer von ihnen: Roche-Erbe André Hoffmann.
Roche-Vizepräsident André Hoffmann: Vom weltfernen Idealisten zum anerkannten Vordenker.
Lukas LienhardWerbung
Der Satz kommt auf Deutsch in französischer Färbung daher, und das gibt ihm eine spielerische Note. Doch seine Wucht verliert er dadurch nicht. «Geld ist der Massstab, den sich die Menschheit gegeben hat, um Erfolg zu messen. Aber es ist der falsche Massstab.»
Der hat gut reden, mag man sagen. Denn der Mann, der so spricht, hat eine besondere Beziehung zum Geld: Er lenkt den erfolgreichsten Familienkonzen der Welt – und mit gegen 30 Milliarden Franken, je nach Börsenwetter, hat die Beteiligung des Familienpools an dem Pharmagiganten Roche einen Wert jenseits alles Vorstellbaren. 30'000'000'000 Franken.
Sein Büro hat die Grösse einer kleinen Turnhalle, aber dennoch nichts Protziges. In der kleinen Gemeinde Morges direkt am Genfersee hat Roche-Erbe André Hoffmann vor vielen Jahren seinen Arbeitsort bezogen, mit direktem Seeblick und gerade drei Mitarbeitern im Vorzimmer.
Sein Wohnhaus liegt zwei Kilometer oberhalb des Büros, im 170-Seelen-Dörfchen Vaux-sur-Morges finanziert er die Steuern der Gemeinde fast im Alleingang. Bei passendem Wetter kommt er mit dem Fahrrad ins Büro. Geschwungene Fensterbögen, ein enormes Bücherregal, an der Wand ein riesiges Ölgemälde aus dem 19. Jahrhundert.
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Es zeigt Kyrillus Razumovsky, Mitglied des russischen Hofes und Vorfahre von André Hoffmanns 2002 verstorbener Mutter Daria Hoffmann-Razumovsky, einer gebürtigen Österreicherin russischer Abstammung.
Der Blick des Hausherrn schweift in die Weite («Man sieht die Schweiz, Frankreich und Italien»), er inspiriert zu grossen Gedanken. «Ich beschäftige mich schon sehr lange mit der Frage, wie man verantwortungsvoll mit Geld umgeht», unterstreicht der Zwei-Meter-Mann, der 1958 in Südfrankreich geboren wurde. «Die Corona-Krise hat das Bedürfnis nach einem neuen Verständnis noch weiter verschärft.»
Keine Frage: Er meint es ernst. Keiner der in diesem Buch porträtierten Milliardäre hat sich so intensiv mit der Bedeutung des Geldes befasst, und keiner engagiert sich auch institutionell so stark in der Frage, was ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld für ein grosses Unternehmen bedeutet.
An der französischen Managerschmiede Insead hat er zusammen mit seiner englischen Frau Rosalie das «Hoffmann Global Institute for Business and Society» gegründet.
Das Ziel: Gewinnstreben mit sozialen und ökologischen Zielen fest verzahnen. «Das Institut vermittelt den Studenten neue Denkanstösse und Vorgehensweisen. Dabei stehen neben der Verantwortung gegenüber den Eigentümern Umwelt- und Sozialziele im Vordergrund. Praktisch alle Studenten wollen in diese Richtung gehen – ein Riesenerfolg», freut er sich.
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«Zehn Schweizer Superreiche – und die grosse Frage: Macht Geld glücklich?» lautet der Titel des BILANZ-Buchs «Milliardäre» von Dirk Schütz. Zehn Prominente äussern sich erstmals persönlich zu diesem Thema: Christoph Blocher, Urs Wietlisbach, Hansjörg Wyss, Klaus-Michael Kühne, Michael Pieper, Samih Sawiris, Andreas Jacobs, Urs Burkard, Peter Spuhler und Roche-Erbe André Hoffmann. Wie wichtig war Geld in ihrer Kindheit? Wo liegt der Unterschied zwischen einer Million und einer Milliarde Franken? Wie geht man verantwortungsvoll mit einem so grossen Vermögen um?
Anschauungsunterricht für das neue Denken findet Hoffmann in der eigenen Familie: Seine drei Kinder sind für pures Profitstreben nicht mehr zu begeistern.
Die 70 Kilometer von Morges nach Genf-Cologny, wo das World Economic Forum residiert, legt er des Öfteren zurück. Hoffmann ist Mitglied des 23-köpfigen Board of Trustees, des wohl hochkarätigsten Gremiums der Weltwirtschaft. Dort leitet er auch die Gruppe Familienunternehmen – und ist für WEF-Übervater Klaus Schwab eine enge Bezugsperson.
Zusätzlich präsidiert er in London auch die «Capitals Coalition», eine kleine Gruppe von Wirtschaftsführern, die ein Kennziffersystem entwickelt, das Erfolg nicht nur finanziell misst, sondern auch sozial und ökologisch.
Das WEF hat diesen Ansatz übernommen, Hoffmann sitzt auch dort in dem Komitee, das die neue Metrik vorantreibt. Die vier globalen Revisionsfirmen sind dabei, auch viele US-Konzerne, im Herbst 2020 stellten sie einen ersten Entwurf vor.
Mit dem WEF-Gründer verbindet ihn da schon lange eine geistige Nähe. «Klaus hat schon in den 70er Jahren geschrieben, dass Unternehmen nicht nur zum Geldverdienen da sind, sondern auch eine soziale Verantwortung haben. Das gilt heute mehr denn je.»
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Sein Anspruch ist gross: «Unser System ist nicht überlebensfähig, weil wir zu eng denken. Die kurzfristige Profitmaximierung schadet der Welt massiv.» Deswegen hat er sich einem Ziel verschrieben, das er zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat: «Business as a force for good». Sein wichtigstes Instrument ist die eigene Firma: Etwa 120 Millionen Menschen nehmen jedes Jahr Roche-Medikamente ein.
Natürlich muss Roche auch Geld verdienen, und das tut der Weltmarktführer für Onkologie nicht zu knapp: Mehr als 60 Milliarden Franken Umsatz pro Jahr waren es zuletzt, davon bleiben etwa 15 Milliarden Gewinn. «Aber Profit ist eben nicht alles », verfügt Hoffmann.
Der Weg war vorgezeichnet, und interessant ist vor allem, wie im Wandel der Zeit aus einem weltfernen Idealisten ein anerkannter Vordenker wurde. Was in seiner Kindheit noch als Spleen durchgehen konnte, ist heute in weiten Kreisen der Firmenwelt Mehrheitsmeinung.
««Es gab immer diese Überlegung: Wie verhalten wir uns auf eine nachhaltige Art?»»
André Hoffmann ist ein Pionier – und gleichzeitig Clanchef des wohl erfolgreichsten Pharmakonzerns der Welt: Die Börse handelt Roche mit einem Wert von mehr als 250 Milliarden Franken – einem Drittel der Wirtschaftsleistung der gesamten Schweiz.
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Eine ungewöhnliche Kindheit hatte er auf jeden Fall. «Man musste den Motor anschmeissen, um überhaupt Strom zu bekommen», erinnert er sich. Aufgewachsen ist er mit drei Schwestern – er war der Drittgeborene – in der Camargue, dem sumpfigen Landstrich im Süden Frankreichs.
Die Heizung wurde erst zu seiner Geburt eingebaut: «Meine Mutter hat es geärgert, dass man sie nicht schon bei der Geburt meiner älteren Schwestern installiert hatte, sondern erst bei der Geburt eines Jungen», lacht André Hoffmann. «So will es zumindest unsere Familienlegende.»
Sein Vater Luc Hoffmann stammte aus dem Roche-Clan, dessen Grossvater Fritz Hoffmann-La Roche hatte 1896 in Basel das Unternehmen gegründet, das heute in vierter Generation von den Nachfahren – den Familien Hoffmann und Oeri – beherrscht wird. Luc Hoffmann war am Rheinknie standesgemäss aufgewachsen, und die üppigen Dividenden aus der Roche-Beteiligung sicherten schon damals deutlich mehr als den Familienunterhalt.
Wie später sein Sohn vertrat auch er die Familie im Verwaltungsrat, erst als normales Mitglied, dann als Vizepräsident. Doch das waren damals nur zwei Sitzungen im Jahr – mit dem heutigen Aufwand überhaupt nicht vergleichbar.
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Im Herzen war Luc Hoffmann aber vor allem ein begeisterter Naturliebhaber und Naturforscher. Er hatte Zoologie studiert und interessierte sich insbesondere für Vögel. Die Zugvögel, die von Sibirien nach Afrika flogen, legten stets einen Zwischenstopp in der Camargue ein, und für seine Doktorarbeit hatte Luc Hoffmann dort sehr viel Zeit verbracht.
Die Leidenschaft war so gross, dass er sich 1947 ein Haus dort kaufte und ein Forschungszentrum eröffnete. Am Anfang ging es vor allem um die Markierung der Vogelflüge, dann widmete er sich immer mehr der Bedeutung von Feuchtgebieten.
Das Gut «La Tour du Valat», das der Vater gekauft hatte, war eigentlich ein Weingut, aber der sandige Boden eignete sich nicht wirklich für gute Weine, und so riss der Vater die Gebäude zur Weinproduktion ab. Schnell stieg die Mitarbeiterzahl auf ein halbes Dutzend, die Lokalbewohner nannten es Labor.
Es existiert heute noch und ist eine Herzensangelegenheit von André Hoffmann: Das Forschungsinstitut beschäftigt mehr als 80 Mitarbeiter, und Hoffmann und seine Schwestern haben noch immer Häuser dort. Sein Vater war Mitgründer des World Wildlife Fund (WWF) und Verfasser der Ramsar-Konvention, eines internationalen Abkommens zum Schutz der Feuchtgebiete.
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Gemeinsam mit seiner Frau, einer Österreicherin, zog er die Kinder in dieser sehr speziellen Atmosphäre gross. Welche Rolle spielte Geld? «Wir hatten natürlich nie Geldsorgen. Aber es gab immer diese Überlegung: Wie verhalten wir uns auf eine nachhaltige Art?», erinnert sich André Hoffmann.
Das Gut lag fünf Kilometer vom nächsten Nachbarhaus entfernt, zuweilen spielten die Kinder aus der Gegend miteinander. «Da war Geld ein Thema, weil wir ein grösseres Haus hatten.»
Die meisten Nachbarn waren Reisbauern, und schnell musste sich der junge André verteidigen. «Wir haben uns darüber in der Schule richtig gestritten.»
Es ging hin und her: «Mein Vater sagt, dass dein Vater nichts macht», sagte ein Junge. «Wir sorgen für den Erhalt der Natur – das ist viel wichtiger und hilft auch deinem Vater», schoss Hoffmann zurück. Heute würde man das ein ökologisches Bewusstsein nennen, das sich schon sehr früh bildete.
Aber natürlich kam auch oft der Vorwurf: «Du brauchst das Geld nicht, weil du es schon hast.» Die Familie konnte sich anders als die Reisbauern Personal leisten. Als André etwa fünf Jahre alt war, sagte ihm die französische Hausangestellte: «Die Apotheke deines Vaters in der Schweiz muss schon sehr gross sein.»
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Im Alter von 14 Jahren zog André Hoffmann mit der Familie zurück in die Schweiz, allerdings nicht nach Basel, sondern in die Nähe von Genf, weil die Kinder besser Französisch sprachen. Zwar redete er zu Hause mit den Eltern Deutsch, doch seine erste Sprache bleibt aus Kindertagen Französisch.
Interessant dann aber: Trotz der sehr unkonventionellen Kindheit entschied er sich für eine traditionelle Ausbildung: Wirtschaftsstudium in St. Gallen, MBA am Insead, dann sogar einige Jahre in der Londoner City bei den geldgetriebenen Investmentbankern von James Capel, die kaum wussten, wie man Ökologie schreibt.
Paradox? «Ich bin aufgewachsen mit zwei grossen Themen: die Natur – Feuchtgebiete, die Enten der Camargue. Und dann: die Roche.» Ob abends am Familientisch oder zwischendurch: «Die Firma war immer ein Thema in der Familie – sie hiess ja auch Hoffmann-La Roche.»
Und wie der Vater auf diesen zwei Säulen balancierte – er war 43 Jahre VR-Mitglied bei Roche –, so tat es auch der Sohn: «Ich wollte einfach das Instrumentarium kennenlernen, um kompetent Verantwortung übernehmen zu können.»
Und natürlich spielte da die Erziehung eine entscheidende Rolle. «Die Idee, dass man nicht nur als Parasit dasitzt, sondern etwas beitragen muss zur Gesellschaft, war ein Leitthema meiner Kindheit. Einfach Dividenden kassieren und nach Monaco gehen: Das war ausgeschlossen.»
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Um das Familienerbe zu bewahren, brauchte es jemanden, der die Verantwortung von der Vorgängergeneration übernahm: «Das war mir, meinen Schwestern und unseren Cousinen und Cousins als Vertretern der vierten Generation sehr wichtig.» Doch dazu brauchte er eben auch das Fachwissen: Aktienrecht, Börse, Finanzplanung.
Allerdings: Operativ in die Firma einzusteigen, war kein Thema für ihn. Schon der Grossvater Paul Sacher hatte beschlossen, dass die Familie nicht aktiv im Tagesgeschäft der Firma tätig sein sollte – die Doppelrolle als Eigentümer und Manager schaffe vor allem Konflikte, so seine Ansicht.
Möglich wäre nur die Rolle als Chairman oder CEO, aber die Führung eines Weltkonzerns erfordert spezielle Fähigkeiten, und es sprach immer für die realistische Selbsteinschätzung der Familie, diese Fähigkeit nicht in dem kleinen Familienpool zu suchen.
So wählte Hoffmann in enger Absprache mit der Familie Oeri wie schon sein Vater das Vizepräsidium und die Rolle des Familiensprechers – und kann sich dadurch aus seiner Sicht perfekt einbringen. Die Oeris wurden über Jahrzehnte im Verwaltungsrat vom Orthopäden Andreas Oeri vertreten, bis im Frühjahr 2020 Oeri seinem Neffen, dem Chemiker Jörg Duschmalé, als erstem Vertreter der fünften Generation Platz machte. Gegen die Familie geht nichts bei Roche.
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««Es gibt keine Nachhaltigkeit ohne positiven Cashflow»»
Was bedeutet da ein Vermögen von 30 Milliarden für die Abkömmlinge des Firmengründers? «Diese phänomenalen Zahlen erlauben uns, die Firma im Sinne der Familie zu lenken», stellt Hoffmann nüchtern fest.
Jedoch: Es ist keine Summe, die für ihn frei verfügbar ist. Das Kapital ist fest in der Firma verankert. Mehr Geld heisst da für ihn vor allem: bessere Wissenschaftler, bessere Produkte und durchaus auch höhere Löhne – mit etwa 15 Millionen Franken hat es der operative Roche-Chef Severin Schwan zum höchstbezahlten CEO Europas gebracht. Der Erfolg von Roche steht über allem. Da hält die Familie zusammen.
Und hier liegt auch der Grund, warum André Hoffmann bei der «Giving Pledge» der US-Milliardäre Bill Gates und Warren Buffett nicht mitmacht – die Mitglieder des Milliardärclubs haben sich verpflichtet, mindestens die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. Gates habe ihn schon mehrfach angerufen und gefragt, ob er nicht beitreten wolle.
Doch er lehnte stets ab – weil er überzeugt ist, dass er über die Familienbeteiligung sozial mehr erreichen kann. «Wenn ich jetzt alles verkaufe, weil der Kurs gestiegen ist, verlieren wir einen zentralen Erfolgsfaktor unserer Firma. Bei einem breit gestreuten Aktionariat wäre das Engagement nicht mehr dasselbe. Ich habe Bill erklärt: Ich verkaufe diese Aktien nicht.»
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Voraussetzung für das Fortbestehen des Modells ist jedoch, dass die nächste Generation bereitsteht. Druck ausüben auf seine Kinder will er nicht, aber er lässt auch keinen Zweifel, dass die Möglichkeit besteht.
Alle drei Kinder arbeiten bereits, auch in nachhaltigen Bereichen, ganz im Sinne der Familientradition: Die Tochter in London in der Bodenerforschung, der Zweitgeborene engagiert sich für nachhaltige Nahrungsprodukte, der älteste Sohn sammelt Erfahrungen im Bereich künstliche Intelligenz.
Natürlich würde er gern sehen, wenn einer von ihnen der Vizepräsident der nächsten Generation würde. Aber es muss nicht so kommen: Auch aus den anderen Familienzweigen steht Nachwuchs bereit, und es besteht immer die Möglichkeit, den Anteil in eine Stiftung einzubringen.
Aber selbst wenn der Grossteil des Geldes in der Firma blockiert ist, fallen doch jedes Jahr für den gesamten Clan rund 700 Millionen Franken an Dividenden an – und die wollen sinnvoll verwendet werden.
Doch auch hier hat Hoffmann einen eigenen Ansatz: Er ist über das wohlige Gefühl des Spendens hinaus. Das Problem mit all den Wohltätigkeitsprojekten sei doch: Sie schaffen eine Abhängigkeit – und sind deshalb nicht nachhaltig.
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«Es gibt keine Nachhaltigkeit ohne positiven Cashflow», betont André Hoffmann in bester Bankermanier. Und deshalb hat er sich mit seinen zwei Schwestern für einen radikalen Weg entschieden: Er stellt das Spenden ein.
180 Projekte mit 120 Partnern betreut die Familienstiftung namens Mava, die schon sein Vater gegründet hat und die er seit 2008 präsidiert. Mehr als eine Milliarde Franken hat sie bereits ausgegeben. Doch 2022 ist mit den Zahlungen Schluss.
Die Stiftung wird allen Empfängern helfen, ein eigenständiges Finanzierungsmodell zu etablieren – und dann aussteigen: «Es darf eben nicht nur sein: Ich fühle mich warm und gemütlich, weil ich Geld gespendet habe.» All diese Projekte müssten auf eigenen Beinen stehen können, sonst hätten sie auf Dauer keine Existenzberechtigung. «Da müssen wir ein Zeichen setzen.»
Es ist die wohl interessanteste Weiterentwicklung des Charity-Gedankens: Spenden als doppeltes Suchtmittel – für die Empfänger, die von dem Geld abhängig werden. Und für die Geber, die sich am Hormonkick des Gönnens berauschen. Jetzt will er die Empfänger aus der Abhängigkeit entlassen – und dem eigenen Hormonflash entsagen.
Das Buch ist erhältlich unter shop.bilanz.ch/books und kostet 34 Franken. BILANZ-Leser erhalten 20 Prozent Rabatt, Gutscheincode GRP20-0621.
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Bei so viel Idealismus: Bleibt da überhaupt Platz für persönlichen Luxus? Sicher nicht nach gängigen Massstäben. Er fliegt mit Easyjet, fährt einen kleinen E-BMW und speist seinen Strombedarf über eine Solaranlage auf dem Dach.
Sein grösster materieller Luxus? «Mein Weinkeller.» Jachten, Villen, Sportkarossen? Bloss nicht. Die ganze Luxusindustrie hält er für einen Widerspruch in sich. «Luxus sollte doch exklusiv sein – aber gleichzeitig soll ihn sich jeder kaufen können. Das passt nicht zusammen.»
Was ist das denn überhaupt für ihn – wahrer Luxus? «Unabhängigkeit. Ich kann mir erlauben zu sagen, was ich will, was ich denke. Ich kann in Richtungen gehen, in die andere nicht gehen, weil ich den Luxus habe, nicht jeden Monat von einem Lohnscheck abhängig zu sein.»
Aber eben: Für den Idealisten ist das Erreichen seiner Ziele besonders schwierig – er kämpft permanent gegen die harsche Realität des Menschlichen, Allzumenschlichen an. Der reich geborene André Hoffmann wirkt beinahe so, als ob er allen irdischen Vergnügungen entsagte, inklusive des wohligen Gefühls des Spendens, um ein noch grösseres Ziel zu erreichen, neudeutsch beschrieben mit dem bereits erwähnten «Business as a force for good».
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Geld spielt da kaum eine Rolle, es ist einfach da, weil es schon immer da war. Ob es unglücklich macht, kein Geld zu haben, kann Hoffmann dann auch nicht beantworten: «Ich muss ganz ehrlich sein: Ich kenne es nicht anders. Dass man ohne Geld unglücklich ist, kann ich mir vorstellen. Diese Abhängigkeit vom Gelderwerb muss sehr prägend sein.»
Allerdings heisst das im Umkehrschluss eben keineswegs, dass Geld ihn glücklich macht. Die Genugtuung des Selfmade-Manns hat er nicht, und da ist es bezeichnend, dass gerade er sich so intensiv mit der ethisch gebotenen Verwendung von Reichtum beschäftigt. Sein Vermächtnis gilt nicht dem Aufbau eines Unternehmens, sondern dem Kampf für einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrem Grossvermögen.
Also, Herr Hoffmann, ganz direkt gefragt: Macht Geld glücklich? «Was heisst das schon, glücklich zu sein?», fragt er zurück. «Darüber können wir lange philosophieren.» Er macht eine sehr lange Pause. «Wir haben alle unsere privaten Probleme.» Er stockt. «Mein Sohn ist gestorben.»
Mehr will er dazu nicht sagen. Bekannt ist, dass sein jüngster Sohn im Jahr 2018 im Alter von 20 Jahren in seinem Haus in London bei einem Unfall verstarb. «Das hat uns sehr geprägt als Familie. Da hilft alles Geld der Welt nicht. Ich kann mich nicht beklagen, auf keinen Fall. Aber zu sagen, ob ich glücklich bin? Ja, ja … schon. Irgendwie.»
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Fazit dieser Etappe unserer Glücksreise: Ziele zu erreichen, macht glücklich. Doch für einen Idealisten ist diese Herausforderung besonders gross. Und private Tragödien sind viel schlimmer. Das subjektive Glücksempfinden hängt nicht am Geld.
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