Guten Tag,
Die Bankengruppe ist zur Nummer zwei der Schweiz aufgestiegen – und kaum einer hat es gemerkt. Das soll sich ändern.
Kapitän: Raiffeisen-Präsident Thomas A. Müller in den Büros im «Circle» am Flughafen Zürich.
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Das Bankenparadies liegt in Muotathal. Die Gemeinde im Kanton Schwyz zählt laut letzter Messung genau 3589 Einwohner. Aber sie hält einen speziellen Rekord: den höchsten Marktanteil einer Bank in der Schweiz. 90 Prozent des Finanzgeschäfts liegen bei nur einem Haus: der Raiffeisen Muotathal, beheimatet in einem grau-beigen Zweckbau im Zentrum des Dorfes. Von einem solchem Marktanteil darf die UBS nicht einmal träumen.
Die Grossbank ist gar nicht vertreten in der Gemeinde, die sich auf ihrer Webseite ein eigenes Wörterbuch mit genau 11'845 Begriffen zum «Erhalt des Muotathaler Dialekts» gönnt. Die restlichen zehn Prozent Marktanteil bleiben der Filiale der Schwyzer Kantonalbank. Doch deren Wachstumschancen sind übersichtlich.
«Wir sind sehr gut im Dorf vernetzt und unterstützen viele Vereine und Anlässe im Bereich Sport und Kultur», betont Bankchef Bruno Betschart. 15 Mitarbeiter zählt die Bank, dazu sechs Verwaltungsräte, alle lokal verwurzelt: sechs Betscharts, vier Schelberts, zwei Gwerder – die dominierenden Namenslinien des Ortes. «Ich bin mit anderen Betscharts in der Bank nicht verwandt», lacht der Bankchef. «Raiffeisen hat Richtlinien, an welche wir uns halten.»
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Banking an der Basis – da sind die Chefs in der Zentrale in St. Gallen genauso weit weg wie die Aufseher der Finma, die die Bank mit Geldwäsche-Vorschriften quälen, obwohl die Klientenkenntnis kaum besser sein kann: Mit einer Bilanzsumme von 340 Millionen Franken zählt das eigenständige Institut zu den zehn kleinsten im Raiffeisen-Reich. 4600 Kunden zählt die Bank, mehr als Einwohner, weil viele Muotathaler auch nach dem Wegzug ihre Bankverbindung hier belassen. Der Grossteil hält eine Hypothek. Und zu praktisch jedem Kunden gibt es eine lange Beziehung.
90 Kilometer nördlich, die polyglotten Büros im «Circle» am Zürcher Flughafen. Vor fünf Jahren bezog die Dachorganisation Raiffeisen Schweiz hier ihren grossen Stützpunkt, auch um die Attraktivität zu erhöhen für den Nachwuchs, der mit dem Hauptsitz St. Gallen fremdelt. Gegen 450 Mitarbeiter arbeiten hier, 1600 sind es noch immer in St. Gallen. Viele Angestellte pendeln gern zwischen den beiden Standorten – wie auch der Präsident, der hier ein bis zwei Tage pro Woche verbringt.
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Am Hauptsitz in St. Gallen sind rund 1600 Mitarbeitende beschäftigt, ...
Keystone... in den Büros im «Circle» am Zürcher Flughafen weitere 450 Mitarbeitende der Zentrale.
Paolo Dutto für BILANZDie Raiffeisenbank Muotathal kommt an ihrem Standort auf einen stolzen Marktanteil von 90 Prozent.
PR«Wir haben 218 Banken in unserer Raiffeisen-Gruppe, und jede hat andere Herausforderungen», betont Thomas Müller, seit sieben Jahren Mitglied des Verwaltungsrats und seit vier Jahren an der Spitze. Direkte Ansprache, wenig Schnörkel, kontrolliert – der Mann aus der Innerschweiz verströmt den routinierten Habitus eines Bankers, der schon viel gesehen und manches durchlitten hat: Finanzchef bei Sarasin und Swiss Life, Risikochef bei EFG, in jungen Jahren gar beim draufgängerischen Zuger Rohstoffhändler Marc Rich. Raiffeisen-Stallgeruch: eher nicht.
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Mit dem CS-Aus ist Raiffeisen zur zweitstärksten Kraft des Landes aufgestiegen, was sie auf ihrer Webseite offensiv vermarktet. Doch gemerkt hat es fast niemand. Denn auch wenn der Vincenz-Skandal aus Zahlensicht ein Non-Event war: Er hat die Bankengruppe bis ins Mark erschüttert. Die Gruppenführung gab Macht ab, schob mit einer aufwendigen Strukturreform deutlich mehr Verantwortung an die Basis, jede Genossenschaftsbank bekam unabhängig von der Grösse eine eigene Stimme an der neu formierten Generalversammlung, der früheren Delegiertenversammlung.
Da wurden die Namen des Führungsduos fast Programm, wie manche Mitarbeiter an der Basis spotteten: Der grosse Baumeister hörte auf den klingenden Namen Pierin Vincenz, der Bündner setzte die Bank national auf die Landkarte und war das lange sympathische und dann zu sinnenfreudige Gesicht eines Verbunds, der lange als Bauernbank belächelt wurde. Der absegnende Präsident hiess Johannes Rüegg-Stürm. Das Aufräum-Duo signalisiert dagegen schon von den Namen her maximale Alltäglichkeit: Heinz Huber als CEO und Thomas Müller als Präsident. Immerhin: Als Extravaganz leistet sich der Präsident ein südländisches Mittelinitial – A. für Andrea.
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Er wollte zunächst vor allem eines: Ruhe. «Wir haben keine Aufmerksamkeit gesucht», betont Müller. Auf den Präsidentensessel wurde er gewählt, nachdem Kurzzeit-Präsident Guy Lachappelle nach einer bizarren Affäre um mutmasslichen Geheimnisverrat an eine Ex-Geliebte im Sommer 2021 tränenreich-plötzlich zurückgetreten war und er, seit drei Jahren reguläres VR-Mitglied, plötzlich einspringen musste.
Heinz Huber, abgetretener Raiffeisen-Chef.
KeystoneHeinz Huber, abgetretener Raiffeisen-Chef.
KeystoneDas Resultat der ersten Wahl war ernüchternd: Nur 76 Prozent der Raiffeisenbanken stimmten für ihn. Dass er einst als Finanzchef bei der Basler Privatbank Sarasin die dubiosen Cum-Ex-Geschäfte nicht verhindert hatte, war kein Ruhmesblatt, und Basisnähe verströmten weder sein Berufsweg noch sein Habitus. Da galt, im Duo mit dem Regionalbanker Heinz Huber, rekrutiert von der eher unmondänen Thurgauer Kantonalbank mit Sitz im beschaulichen Weinfelden: erst mal unter dem Radar bleiben. Die Bankenmetropole Zürich, Feierkapitale von Vincenz, mieden die beiden Raiffeisen-Oberen wie ein Sündenbabel. Vorträge, Auftritte, Apéros: Fehlanzeige. «Profillos, unambitioniert, langweilig», schnödeten da viele Banker im Chor mit manchen Beratern und Sponsoring-Partnern, die Vincenz einst üppig versorgt hatte und die jetzt leer ausgingen.
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Doch plötzlich, in der Hektik vor den Weihnachtsfeiertagen, als sich die mediale Schweiz um EU-Deal und PUK-Report kümmerte, gab die Bank den sofortigen Abschied Hubers bekannt – der 60-Jährige wechselt nach sechs Raiffeisen-Jahren als Präsident zur Graubündner Kantonalbank und lässt sich das durchaus etwas kosten: Das Salär schrumpft von 1,8 Millionen auf 250'000 Franken. Mit einem Schlag wurde Raiffeisen wieder interessant, zumal der sofortige Abgang die Spekulationen über ein Zerwürfnis anheizte.
«Heinz Huber hat den Verwaltungsrat über seine Pläne informiert, und wir haben uns für die sofortige Freistellung entschieden», betont Müller. Auf den abgetretenen Bankchef lässt er nichts kommen. «Wir wollten nach den turbulenten Jahren Ruhe, die hat Heinz Huber geliefert. Und die Zahlen stimmten.»
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In der Tat: Huber ging mit starken Zahlen. Zwar sank der Gewinn im Jahr 2024 leicht, doch es ist noch immer der zweithöchste Wert in der Geschichte der Bankengruppe – den höchsten Gewinn gab es aufgrund der höheren Zinsen ein Jahr zuvor. Dennoch: Komplett in Minne verlief der Abgang nicht. «Huber sucht eine Wohlfühloase, und die fand er am Ende nicht mehr», sagt ein langjähriger Chef einer grösseren Raiffeisenbank.
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Da war zum einen der Druck von unten. Die Strukturreform ermächtigte die Basis, liess aber auch die Begehrlichkeiten steigen. Vinzenz und sein Nachfolger Patrik Gisel hatten die Gruppe zentralisiert geführt, auch mit stärkerer Marktnähe: Sechs grosse Raiffeisenbanken, darunter Zürich und Basel, waren direkt der Gruppenzentrale Raiffeisen Schweiz angeschlossen und lieferten den Chefs einen Pulsmesser fürs Frontgeschäft. Sie wurden verselbstständigt und damit den anderen Genossenschaftsbanken gleichgestellt. Um weiter die Nähe des Frontgeschäfts zu spüren, installierte die Führung den sogenannten Raiffeisen-Bankrat, bei dem sich ausgewählte Vertreter aus dem Bankenreich mit der Zentrale austauschen. Doch die Nähe zur Basis hatte gelitten, und Huber war auch nicht der Typ, dem lange Abende mit den Regionalfürsten viel bedeuteten. Vincenz hatte vor allem durch Fusionen der kleineren Banken in dem Genossenschaftsreich die Effizienz gesteigert, und zur Anbahnung kam er mit einigen Flaschen Wein vorbei. Huber schickte seine Controller, und die bissen bei den erstarkten Regionalbankern oft auf Granit. Zwar schrumpfte auch unter ihm die Anzahl der eigenständigen Banken laut Webseite um 25 Institute. Aber es war ein Kampf.
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Pierin Vincenz setzte Raiffeisen national auf die Landkarte – und erschütterte sie anschliessend.
KeystonePierin Vincenz setzte Raiffeisen national auf die Landkarte – und erschütterte sie anschliessend.
KeystoneHuber drückte zudem weiter auf die Kosten, die durch die Dezentralisierung zwangsläufig steigen mussten. Die neue Freiheit führte dazu, dass die einzelnen Banken eigene Marketing-Massnahmen lostraten und schon mal mit einer Bank im Verbund um den gleichen Kunden buhlten. Die Kosten stiegen zwangsläufig: von 1,8 Milliarden 2019 auf 2,2 Milliarden Franken im vergangenen Jahr. Dass wurde lange durch die steigenden Einnahmen aufgefangen, sodass das Kosten-Ertrags-Verhältnis unter Huber in den ersten fünf Jahren sogar von 61,2 auf 51,9 Prozent fiel. Doch als die Einnahmen letztes Jahr durch den Zinsrückgang sanken, schnellte der Wert auf 56,7 Prozent hoch.
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Dazu kam das Problem mit der lange angekündigten Super-App. Zwar war der Schaden lange nicht so gross wie von hitzigen Onlinemedien kolportiert: Der Abschreiber lag eher bei 50 Millionen als bei den verbreiteten 500 Millionen Franken. Dieser Betrag umfasst das Gesamtinvestment der Strategiephase, die vor vier Jahren begann und gegen 60 verschiedene Projekte umfasste. 35 Projekte davon sind bereits abgeschlossen, 400 Millionen sind investiert, knapp die Hälfte davon ging in drei grosse Technologieprojekte, eines war die neue App.
Doch das Ziel, alle Funktionalitäten in eine App zu integrieren und dann für mehr als zwei Millionen Kunden auszurollen, wäre schon in einer zentralisierten Bank wagemutig gewesen. In einem Verbund, in dem mehr als 200 Banken mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen mitreden wollen, war es eine Mischung aus Grössenwahn und Naivität. Heute testen zwar noch gegen 10'000 Personen im Raiffeisen-Reich die Pilot-App, vorwiegend Angestellte der 12 600-Mitarbeiter-Gruppe. Doch es braucht einen Neuanfang.
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Es war dann zwar Huber, der sich tatkräftig zeigte und den verantwortlichen Chief Operating Officer Uwe Krakau nach nur zwei Jahren entliess und gleich auch die Funktion strich. Doch das geschah kaum ohne sanften Druck von oben: Die gesamte Zentrale war blamiert, die Häme an der Basis gross. Die Quelle in Hubers Wohlfühloase war versiegt, und als in Chur bei der Kantonalbank im schönen Ferienkanton Graubünden der Präsident Peter Fanconi über seine zu engen Bande zu Immobilien-Jongleur René Benko stolperte, zeigte sich der Skifan mit Bündner Zweitwohnsitz betont offen.
Jedoch: Aktiv gedrückt hat der Verwaltungsrat bei Hubers Abgang nicht. Das Mandat zur Nachfolgesuche wurde erst im Januar vergeben, nachdem Huber den Rat Mitte Dezember formell über seinen Weggang informiert hatte. Der sofortige Austritt Hubers und die Einsetzung des bei der Finma als Step-in-CEO hinterlegten Finanzchefs Christian Poerschke war allerdings aus Gründen des Konkurrenzschutzes unvermeidlich – die Raiffeisen-Gruppe ist in Graubünden mit sieben eigenständigen Banken eher untervertreten und will expandieren.
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Der interne Nachfolgekandidat Christian Poerschke.
PRDer interne Nachfolgekandidat Christian Poerschke.
PROhne Lärm verlief Hubers Abschied nicht, dazu war das Brodeln an der Basis zu gross. «Total stillos» sei der Abgang gewesen, warfen ihm Anfang Februar via «Aargauer Zeitung» Raiffeisenbanker aus der Fläche nach, weil er sich bei ihnen nicht verabschiedet hatte. Seine Loyalität galt eben vor allem den 2300 Mitarbeitern der Dachorganisation Raiffeisen Schweiz. Sie erhielten immerhin eine Abschiedsmail, und es kam auch zu Apéros auf den Gängen. Doch ein Abgang durch die grosse Tür war es nicht.
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Die Suche ging an die Headhunter von Egon Zehnder, der Zürcher Bürochef Dominik Schaller übernahm selbst das Mandat, auch das ein Signal: Zuletzt hatte Raiffeisen für die Top-Rekrutierungen auf die lokalen Boutique-Anbieter wie Schilling und Witena gesetzt. Zwar ist ein CEO aus dem Ausland an der Basis weiterhin unvermittelbar. Aber die breite Kundendatei und das aufwendige Auswahlverfahren von Zehnder soll auch ein Zeichen der Professionalisierung sein und trägt die Handschrift von Präsident Müller: Systemrelevante Bank, neue Strategieperiode, neuer CEO – der Präsident zündet mit 60 Jahren die nächste Stufe.
Nach dem anfänglichen Ruckeln hat sich Müller etabliert: Bei der letzten Generalversammlung bestätigten ihn die 218 Banken mit märchenhaften 99,5 Prozent; nach der 76-Prozent-Ohrfeige bei seinem Start eine ganz persönliche Genugtuung. Sein 80-Prozent-Pensum, mit 860'000 Franken Jahressalär anständig besoldet, ist de facto ein Vollzeitjob, auch auf Drängen der Finma. Neben ihm sind fünf weitere Verwaltungsräte 2018 nach dem grossen Vincenz-Reinemachen in das neunköpfige Gremium eingetreten, aus den Skandaltagen sind nur noch der welsche Berater Olivier Roussy und der Basler Finanzprofessor Pascal Gantenbein dabei. Der war auch mal Interimspräsident und hatte Ambitionen auf mehr. Jetzt dürfte er zufrieden sein, als Vizepräsident sein Professorensalär mit ordentlichen 275'000 Franken pro Jahr aufzubessern. Den Nominierungsauschuss leitet die einstige Finma-Abteilungsleiterin Sandra Lathion. Doch Müller, seit eineinhalb Jahren auch Vizepräsident der Bankiervereinigung, gibt die grosse Linie vor.
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«Es braucht keine völlig neue Strategie, sondern eine Weiterentwicklung», betont der Präsident. Das Ziel ist klar: Das Hypothekarvolumen von mehr als 200 Milliarden Franken, das die Gruppe mit einem Anteil von mehr als 17 Prozent als unbestrittenen Marktführer des Schweizer Immobiliennmarkts kennzeichnet, soll für die Expansion in die Vermögensverwaltung genutzt werden. Bei 3,5 Millionen Kunden ist das Potenzial gross. Noch trauen zu viele Hypothekarnehmer den Raiffeisen-Bankern keine professionelle Vermögensverwaltung zu, obwohl der Service gerade in der Klasse von 50'000 bis 1 Million Franken deutlich besser ist als bei einer Gross- oder Privatbank.
«Wir haben 50 Milliarden Franken Assets under Management. Das müssen wir verdoppeln», fordert Müller. Immerhin: Im letzten Jahr stiegen die Erträge aus dem Anlagegeschäft um zehn Prozent und konnten so den Zinsrückgang etwas auffangen. Die Analyse ist die gleiche wie bei Vincenz: Die Abhängigkeit vom Hypothekarbereich, noch immer 75 Prozent des Geschäfts, zu reduzieren. Doch Vincenz setzte auf teure Zukäufe mit prestigeträchtigen Mandaten für Friends and Family. Bei Müller soll alles unter der Marke Raiffeisen laufen.
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Den Präsidenten erreichten schon über die Weihnachtsfeiertage erste Bewerbungen, und natürlich lässt auch die Basis ihre Namen für den Chefposten zirkulieren: vom Stadtzürcher Chef Matthias Läubli, der sich in der Bankenstadt sogar bei Events zeigt, bis zur Ex-Basel- und heutigen Bichelsee-Chefin Pia-Maria Rubitschon. Selbstverständlich produziert das heitere Kandidatenraten auch Namen aus der Kantonalbankenszene: John Häfelfinger, Chef der Basellandschaftlichen Kantonalbank, oder Susanne Thellung, in gleicher Funktion bei der Schwyzer Kantonalbank. Doch Fakt ist: Ein externer Kandidat würde vor allem bei einem Strategiewechsel benötigt. Der ist aber nicht geplant – und das spricht für eine interne Lösung. Da gibt es nur zwei Anwärter: Interimschef Poerschke und Firmenkundengeschäft Roger Reist.
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Roger Reist wird intern als möglicher Nachfolger gehandelt.
Thomas MeierRoger Reist wird intern als möglicher Nachfolger gehandelt.
Thomas MeierDer Ex-ZKB-Mann Reist – auch er wird in Zürich an Events gesichtet – hat die Expansion ins Firmenkundengeschäft zuletzt beschleunigt, vor allem durch Neugeschäft mit mittelgrossen Unternehmen. Doch mit 20 Prozent am Gesamterlös ist seine Sparte noch immer klein, und bankintern fragt sich mancher, ob Raiffeisen vom CS-Aus nicht stärker profitieren müsste.
So steht Interimschef Poerschke in der Poleposition. Der deutsch-schweizerische Doppelbürger begann vor 20 Jahren als Controllingchef bei Raiffeisen und behielt diese Funktion auch während der Vincenz-Exzesse, weshalb «Inside Paradeplatz» bereits seine Eignung für den Top-Job bezweifelt. Jedoch: Wer die Finma-Säuberung 2018 überlebte und jetzt zum Interimschef ernannt wurde, dürfte an dieser Hürde nicht scheitern. Er demonstriert Durchschlagskraft: Dass er das Homeoffice von 80 auf 40 Prozent reduzierte, hat seine Popularitätswerte kaum erhöht. Aber es zeigt auch: Es weht ein neuer Wind. «Im Vergleich zu Huber ist Poerschke ein Turbo», befindet ein Geschäftspartner.
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Das zeigt sich auch bei der Leonteq-Beteiligung, dem letzten Rest der Vincenz’schen Expansionstour. Raiffeisen hat für ihre 30-Prozent-Beteiligung einen geschätzten Durchschnittskurs von mehr als 100 Franken gezahlt, heute dümpelt er um die 20 Franken. Bei der Präsentation ihrer Jahreszahlen Ende Februar verkündete die Bank einen Abschreiber von 82 Millionen. Wie der andere Grossaktionär Rainer-Marc Frey lehnt sie die Zuwahl des Langzeit-CEO Lukas Ruflin in den Verwaltungsrat ab und verlangt eine Rückfuhr des überschüssigen Kapitals – allerdings durch einen Aktienrückkauf statt Dividende. So viel Bewegung war schon lange nicht mehr in dem festgefahrenem Dossier, und sie trägt Poerschkes Handschrift. Doch auch die Basis muss ihn akzeptieren.
In Muotathal scheint es nicht so wichtig, wer neuer Bankchef wird. Die kleine Bank treibt die Diversifizierung des Hypothekargeschäfts voran, mehr als 1000 Wertschriftendepots zählt sie bereits. Nur eines will man nicht: zu viel Druck von oben – etwa eine Zwangsfusion mit einer anderen Raiffeisen-Bank. Bankchef Betschart: «Wir wollen weiterhin unabhängig bleiben.»
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