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Monsieur Corona

Alain Berset orchestriert den ­Abwehrkampf gegen das heimtückische Virus und ist damit ein Vorbild für den Rest Europas. Das ist sein Krisenstab.

Florence Vuichard

Florence Vuichard

Swiss Federal councillor Alain Berset briefs the media about the latest measures to fight the Covid-19 Coronavirus pandemic, on Friday, March 13, 2020 in Bern, Switzerland. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Gesundheitsminister Alain Berset: «Wenn die Leute nicht mitmachen, dann wird es nicht funktionieren».

keystone-sda.ch

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Er war wohl der Erste in Europa, der Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen verboten hat. Eine etwas willkürlich gewählte Zahl, wie Alain Berset (48) am 28. Februar selber zugab. Eine aber, die später breit kopiert werden sollte, etwa vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Doch als der Schweizer Gesundheitsminister Eishockeymatchs, Fussballspiele und die Basler Fasnacht untersagte, jubelten Fans in Deutschland in vollen Stadien weiter ihren Mannschaften zu und feierten Karneval – und boten dem Coronavirus ideale Verbreitungsbedingungen.

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Die Kritik an der überkorrekten Schweiz verstummte schnell, ja Berset wurde gar vom Vorreiter zum Nachzügler in der sich immer schneller drehenden Spirale bei der Ankündigung neuer, strengerer Massnahmen wie der Einführung von Grenzkontrollen, der Schliessung von Restaurants oder der Einstellung des grenzüberschreitenden Zugverkehrs.

Berset spricht von einem «Prozess», bei dem es darum gehe, die «richtigen Massnahmen im richtigen Moment» zu ergreifen – aus epidemiologischer, aber wohl auch aus demokratiepolitischer Sicht. Und so hat er die Schraube langsam fester angezogen, hat zuerst mit seinen Bundesratskollegen eine «besondere Lage» und dann eine «ausserordentliche Lage» ausgerufen und so immer mehr Kontrolle übernommen. Anders lassen sich die Kantone nicht einbinden, die in dieser Krise ohnehin einen traurigen Eindruck hinterlassen haben. Für den Tiefpunkt sorgte hier wohl der Berner Regierungsratspräsident Christoph Ammann, der die bundesrätliche Schliessungsorder für Skigebiete nicht verstanden haben wollte und erst nach Bersets Rüffel einlenkte.

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Bersets oberstes Ziel: der Schutz der «vulnerablen Bevölkerung», also der Personen über 65 Jahre und jener mit Vorerkrankungen, sowie der Gesundheitseinrichtungen. Denn in den Spitälern droht ein Engpass.

Sein Massnahmenkatalog ist denn auch gleichzeitig ein Appell an die Bevölkerung, Eigenverantwortung zu zeigen und das Verhalten für eine gewisse Zeit zu ändern. «Wenn die Leute nicht mitmachen, dann wird es nicht funktionieren», wiederholt Berset immer wieder. Denn es sind nicht die vom Staat beorderten Massnahmen, welche die epidemische Kurve brechen, sondern die sich daraus ergebenden Verhaltensänderungen.

Der Krisenstab von Gesundheitsminister Alain Berset

Bundesrat Alain Berset, rechts, und Daniel Koch, Leiter Abteilung uebertragbare Krankheiten BAG, diskutieren vor einem Besuch im Coronavirus "Drive-In" Testcenter des Kantons Luzern, am Dienstag, 31. Maerz 2020 in Luzern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Bundesrat Alain Berset, rechts, wird von seinem Generalsekretaer Lukas Bruhin gebrieft, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 13. Juni 2017 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Pascal Strupler, Direktor des Bundesamts fuer Gesundheit BAG informiert ueber die aktuelle Lage in Sachen Coronavirus und die Lancierung einer Bevoelkerungskampagne, am Donnerstag, 27. Februar 2020 in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Federal councillor Alain Berset, 2nd left, confers with his team between bilateral meetings, Emilia Pasquier, left, and from right, Peter Lauener and Michael Braendle, during the 50th annual meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, Wednesday, January 22, 2020. The meeting brings together entrepreneurs, scientists, corporate and political leaders in Davos from January 21 to 24. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Bundesrat Alain Berset, links, diskutiert mit der St. Galler Regierungsraetin Heidi Hanselmann, Praesidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, nachdem sie ueber die neuen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus informiert haben, am Freitag, 28. Februar 2020 in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
ARCHIV - AM 11. DEZEMBER 2019 WIRD SIMONETTA SOMMARUGA VORAUSSICHTLICH ZUR BUNDESPRAESIDENTIN GEWAEHLT, DAZU STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Bundesraetin Simonetta Sommaruga waehrend einer Medienkonferenz, am Montag, 12. Maerz 2018 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenoessischen Departements fuer Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), spricht an einer Medienkonferenz ueber die Botschaft zur Foerderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2021 ? 2024, am Mittwoch, 26. Februar 2020, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Karin Keller Sutter, Bundesrätin, Bundeshaus West, Buero
Christian Bock, Direktor Eidg. Zollverwaltung EFD, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Situation des Coronavirus, am Samstag, 21. Maerz 2020 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Martin Dumermuth, Direktor Bundesamt fuer Justiz EJPD, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Situation des Coronavirus, am Samstag, 28. Maerz 2020 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Swiss Federal councillor Viola Amherd briefs the media about the latest measures to fight the Covid-19 Coronavirus pandemic, in Bern, Switzerland, Monday, March 16, 2020.(KEYSTONE/Anthony Anex)
Swiss army chief Thomas Suessli briefs the media about the latest measures to fight the Covid-19 Coronavirus pandemic, in Bern, Switzerland, Monday, March 16, 2020.(KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundesrat Ueli Maurer, links, spricht an der Seite von Bundesrat Guy Parmelin, waehrend einer Medienkonferenz ueber die Situation des Coronavirus, am Freitag, 20. Maerz 2020 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)d
Hans-Peter Lenz, Leiter Krisenmanagementzentrum EDA, spricht waehrend einer Medienkonferenz ueber der Coronavirus (COVID-19), am Montag, 23. Maerz 2020 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Bersets wichtigster Mann ist Daniel Koch (l.), Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Der Arzt, der unter anderem 14 Jahre fürs Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) unterwegs war, hätte in Pension gehen sollen, da er im April 65 Jahre alt wird. Doch nun geht er in die Verlängerung.

Keystone

Die Familie

Berset stammt aus einer SP-Politiker- Familie: Sein Grossvater mütterlicherseits, François Angéloz, war einer der ersten linken Gemeindepräsidenten im katholisch-konservativen Kanton, seine Mutter Solange Berset Präsidentin der SP Freiburg. Sie sitzt noch heute im Kantonsparlament.

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Berset wohnt mit seiner Frau Muriel Zeender, den drei Kindern Antoine (16), Achille (14) und Apolline (12), seinen Eltern sowie seinem Onkel und seiner Tante unter einem Dach – in der alten Schmiede in Belfaux. Beim Club athlétique de Belfaux hält Ex-Läufer Berset noch immer den Club-Rekord über 400 Meter.

epa07156748 Swiss Confederation's President Alain Berset and his wife Muriel Zeender-Berset arrives at the official dinner on the eve of the international ceremony for the Centenary of the WWI Armistice of 11 November 1918 at the Orsay museum in Paris, France, 10 November 2018. Heads of State and Government commemorate the memory of their fallen soldiers in France.  EPA/JULIEN DE ROSA

Alain Berset mit seiner Frau Muriel Zeender.

Keystone
epa07156748 Swiss Confederation's President Alain Berset and his wife Muriel Zeender-Berset arrives at the official dinner on the eve of the international ceremony for the Centenary of the WWI Armistice of 11 November 1918 at the Orsay museum in Paris, France, 10 November 2018. Heads of State and Government commemorate the memory of their fallen soldiers in France.  EPA/JULIEN DE ROSA

Alain Berset mit seiner Frau Muriel Zeender.

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Die Karriere

Nach der Matur am Freiburger Collège Sainte-Croix ging Berset nach Neuenburg, wo er Politologie studierte und 2005 in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Das politische Handwerk erlernte er ab 2000 im Freiburger Verfassungsrat. Bereits 2002 erlebte er seinen ersten Bundesratswahlkampf – als Wahlkampfleiter von Ruth Lüthi.

Die Freiburger Regierungsrätin unterlag Micheline Calmy-Rey, deren Sitz Berset Ende 2011 erben sollte. 2002 stellte ihn der Neuenburger Regierungsrat Bernard Soguel als Berater an, ab 2003 pflegte er seine eigene Politkarriere: Weil Lüthi auf eine Kandidatur verzichtete und seine Mutter Solange Berset ihm den Vortritt liess, wurde er mit nur 31 Jahren überraschend in den Ständerat gewählt, wo traditionell CVP und FDP die Interessen des Kantons Freiburg wahrnahmen, und mit 39 Jahren in den Bundesrat.

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Dort übernahm er die Leitung des Innendepartements – und damit die Verantwortung für die Gesundheitspolitik.

Die Mitstreiter von Gesundheitsminister Alain Berset

Christian Levrat, Staenderat SP-FR, posiert bei der Einreichung des "Reichenbonus-Referendums" gegen die Erhoehung des Kinderabzuges auf 10'000 Franken bei der Bundeskanzlei, am Dienstag, 14. Januar 2020, in Bern. (KEYSTONE/Marcel Bieri)
Urs Schwaller, Praesident des Verwaltungsrats, Schweizerische Post AG, spricht waehrend der Bilanzmedienkonferenz die Post, am Donnerstag, 12. Maerz 2020, in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Isabelle Chassot, directrice de l'Office federal de la culture, parle lors de la Ceremonie d'inscription de l'Alpinisme sur la liste representative du patrimoine culturel immateriel de l'UNESCO (Organisation des Nations unies pour l'education, la science et la culture) ce vendredi, 13 decembre 2019 a Orsieres, Suisse. (KEYSTONE/Cyril Zingaro)
Portrait of Stephane Rossini, chairman of Swissmedic's institutional board, the Swiss Agency for Therapeutic Products, taken at Swissmedic's headquarters in Berne on February 4, 2019. (KEYSTONE/Christian Beutler)Stephane Rossini, Praesident des Institutsrats des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic, aufgenommen am 4. Februar 2019 am Hauptsitz von Swissmedic in Bern. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Der wieder gewaehlte Staenderat Paul Rechsteiner (SP) feiert seinen Erfolg, beim zweiten Wahlgaeng fuer die beiden St. Galler Staenderatssitze, am Sonntag, 17. November 2019, in St. Gallen. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Pierre-Yves Maillard, Praesident SGB, anlaesslich der SGB-Jahresmedienkonferenz, am Donnerstag 9. Januar 2020, in Bern. (KEYSTONE/ Marcel Bieri)
Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt
Karin Keller Sutter, Bundesrätin, Bundeshaus West, Buero
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Sie sind politische Weggefährten und Freunde: Kennengelernt haben sich Alain Berset und Christian Levrat im Freiburger Verfassungsrat, 2003 schafften sie beide den Sprung nach Bern, Berset als Stände-, Levrat als Nationalrat.

Keystone

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