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Lombard Odiers Chefökonom Samy Chaar glaubt, dass die Weichen für die Märkte im September gestellt werden.
Samy Chaar (43) ist seit acht Jahren Chefökonom des Genfer Vermögensverwalters Lombard Odier. Der Franzose mit Schweizer Pass ist leidenschaftlicher Sportler und liebt Naturweine.
Lionel FlusinWerbung
Samy Chaar: Die Erhöhung um 75 Basispunkte im Juli sind fix. Entscheidend ist September. Dieser Zinsschritt der Fed ist noch offen und wird wegweisend sein. Für diese Entscheidung brauchen die Währungshüter noch zwei, drei Monate Daten. Erhöht Fed-Chef Jerome Powell die Zinsen im September nur um 25 oder 50 Basispunkte, ist das ein Hinweis darauf, dass der Zinserhöhungszyklus bei 3,5 Prozent beendet wird. Dann läge der grösste Schaden hinter uns. Steigert er um 75 Basispunkte, bedeutet dies ein erhebliches Risiko, dass die Fed über 4,5 Prozent geht. Da steht den Märkten dann noch einiges an Schmerzen bevor. Mir scheinen 3,5 Prozent wahrscheinlicher.
Es ist ein riesiger Unterschied. Als die langfristigen Zinsen von 1,5 auf 3 Prozent stiegen, verloren die Bond- und Aktienmärkte 15 Prozent. Eine Erhöhung von 3 auf 4,5 Prozent würde Verluste in ähnlicher Grössenordnung bedeuten.
Ja, die Realzinsen sind entscheidend. Ist die Geldpolitik locker und sind die Realzinsen negativ, kann nicht viel passieren. Da gibt es an den Börsen keinen Gegenwind. Gehen wir in Richtung neutral, also zu Realzinsen zwischen 0 und 0,5 Prozent, wäre das auch noch gut verkraftbar. Die nominellen Zinsen lägen dann zwischen 2,5 und 3 Prozent. Auf dieses Szenario hoffe ich. Aber die Märkte sorgen sich, dass wir auf Realzinsen von einem Prozent und mehr zusteuern. Das wäre etwa bei nominalen Zinsen über vier Prozent der Fall. Dies wäre dann restriktiv. In so einer restriktiven Umgebung muss die Wirtschaft sehr solide sein. Der Spielraum ist gering, die Unfallgefahr gross.
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««Die Sorgen über ein Ende der Globalisierung sind übertrieben»»
Samy Chaar, Lombard Odiers
Wir hören jetzt viel von Deglobalisierung. Natürlich ist die Beziehung zu Russland gänzlich gestört, und es gibt global einige Anpassungen. Aber die Sorgen über ein Ende der Globalisierung sind übertrieben. Es wird mehr zu einer Globalisierung unter Freunden. Die USA produzieren mehr in Mexiko und Südostasien, Europa in Osteuropa. Die Handelsströme werden weiterhin über Grenzen fliessen.
Die Lösung von der Energieabhängigkeit war längst fällig. Nur müsste Europa heute viel entschlossener agieren, den Recovery Fund verdoppeln und Hunderte Milliarden investieren. Nicht alle Staaten in Europa sind dazu bereit. Sie standen wohl noch nicht nahe genug am Abgrund.
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