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BILANZ-Hotelranking

Integrität statt Exzess: Die 300 besten Hotels in der Schweiz und in Europa 2021

Die Sterne am Hotelhimmel verschmelzen Luxus mit Authentizität und ein seelenvolles Ambiente mit dem grosszügigen Geist ihrer Macher.

Claus Schweitzer

Hotel du Cap Eden Roc

Dem Hôtel du Cap-Eden-Roc an der Côte d‘Azur gelingt es auch in diesen hektischen Zeiten, ein Gefühl von erhabener Ewigkeit heraufzubeschwören und den mediterranen Zauber des mythischen Anwesens wachzurufen.

PD

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Wir tasten uns allmählich aus der Pandemie heraus, die Perspektiven weiten sich endlich wieder, und umso mehr suchen wir Orte mit Seele und Charakter, verkörpert durch gastorientierte Menschen wie Robin Hutson. Fragt man den englischen Hotelunternehmer, was die Magie seiner kleinen Hotelgruppe The Pig ausmache, antwortet er: «Es ist denkbar einfach – just be nice.»

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Entscheidend sei der menschliche Faktor – unter Mitarbeitenden, in Bezug auf die Gäste. «Wer denkt, es gehe lediglich um exquisite Hotelanlagen, hat das Wesentliche nicht begriffen. Ein Hotel muss heute die Werte der Betreiber widerspiegeln, eine Haltung vertreten.» Willkommen beim 25. Hotelranking der BILANZ.

Robin Hutson hat sich zusammen mit seiner Ehefrau Judy, welche für die Interieurs verantwortlich zeichnet, auf die Umwandlung von maroden Landsitzen in zauberhafte Hotels spezialisiert. Jüngster und siebter Spross der langsam wachsenden Hotelfamilie ist The Pig at Harlyn Bay in Cornwall: stimmig, entspannt und liebevoll geführt wie die sechs Geschwisterbetriebe – mit heiterer Landlustromantik, riesigem Küchengarten und nachhaltiger Kulinarik. Alles zu überschaubaren Preisen (ab rund 250 Franken).

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1: Sehnsucht nach dem Echten

The Pig versinnbildlicht einen ersten Trend im aktuellen Ranking: die Sehnsucht nach dem Echten und Ehrlichen. In einer Welt von Fake News und klischeehaft polierten Instagram-Erlebnissen trachten heute viele Reisende nach Zufluchtsorten, die das Gefühl von ungekünstelter Authentizität und familiärer Gastlichkeit aufkommen lassen. Solche Hotels haben alles, was das Geniesserherz braucht, aber nichts Unsinniges darüber hinaus.

Die besten Ferienhotels der Schweiz 2021

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Castello del Sole 2016
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Eden Roc, Ascona
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1 / 10

Platz 1 (Vorjahr: 4): The Alpina Gstaad, Gstaad

Als die Berner Oberländer Nobelabsteige im Winter 2012 eröffnete, begann gerade die Ära, in der medizinische und umwelttechnologische Fortschritte zu einem verstärkten Fokus auf Wellbeing und Nachhaltigkeit führten. Das «Alpina» nahm diesen erneuerten Sinn für althergebrachte Achtsamkeit auf und baute sein Commitment hierfür kontinuierlich aus.

Damit traf das Hotel ins Schwarze: Heute suchen anspruchsvolle Besserverdiener nach mehr Sinnhaftigkeit für ihr Leben und verstehen Reisen nicht als Flucht vor dem Alltag, sondern als Freiraum für eine positive Transformation – seines Selbst und der Erde. Nachson Mimran, der das Haus vor ein paar Jahren von seinem Vater übernehmen konnte, engagiert sich konsequenter als jeder andere Luxushotelbesitzer hierzulande für eine mustergültige Ökobilanz. So war er der erste in der Schweiz, der auf plastikfreie Badezimmer-Amenities setzte, den Küchenchef zu «Zero Waste»-Gerichten anregte und Nachhaltigkeit auf individuelle Weise für den Gast erfahrbar macht: So sind zum Beispiel die Hotelslipper hochwertig aus Filz und Lammfell gefertigt und mit dem Hinweis «Take me home» versehen. Die holistischen Gesundheitsprogramme im Six Senses Spa reichen weit über die gewohnten Wellnessangebote hinaus. Ebenfalls herausragend: Die Kunst und der Blumenschmuck in den öffentlichen Räumen. Im letzten Sommer und Winter konnte der neue Primus das benachbarte Gstaad Palace in puncto Auslastung deutlich toppen: Dem jüngeren Haus kam die verstärkte Nachfrage nach „splendid isolation“ in exklusivem kleinerem Rahmen (56 Zimmer) zugute.

Wenn doch nur… die Gesetze von Preis und Leistung hier nicht ausser Kraft gesetzt wären. Doch scheint das «Alpina» für jede Dienstleistung verlangen zu können, was es will, wohlwissend, dass die Gäste jeden Preis bezahlen, um sich hier zu erholen.

PD

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Wie liesse es sich anders erklären, dass lokal verwurzelte, von passionierten Eigentümern beseelte Häuser wie das San Luis ob Meran, die Adler Lodge Alpe in den Dolomiten, das Hotel Walther in Pontresina oder das Parkhotel Bellevue in Adelboden während der geöffneten Pandemiemonate kaum je ein Zimmer frei hatten und sich teilweise sogar den grossen Buchungsportalen erfolgreich verweigern können? «Je anonymer und unbeständiger die Welt wird, desto wichtiger wird es für uns Hoteliers, den Gästen ein Gefühl des Aufgehobenseins zu vermitteln und zugleich den Erlebnisraum der ganzen Region optimal erfahrbar zu machen», sagt Christian Hoefliger-von Siebenthal, der zusammen mit seiner Frau Brigitte das bezaubernde Romantik Hotel Hornberg im Saanenland führt.  

Zum Anspruch des Echten gehört heute auch ein gewisses Verantwortungsgefühl der Reisenden. Viele hinterfragen aktiv die Destinationen ihrer Wahl, wollen langsamer unterwegs sein und vor allem nicht zu den allgegenwärtigen Problemen beitragen: Übertourismus, Klimawandel, unfairen Arbeitsbedingungen. «Wichtig ist, ein besonderes Augenmerk auf Integrität anstelle von Exzess zu haben», sagt Gordon Campbell Gray.

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Der schottische Hotelier macht derzeit mit seinem konsequent umgesetzten Credo «small, local, sustainable» im The Three Chimneys auf der Isle of Skye von sich reden. Er weist darauf hin, dass es keine allgemeingültige Antwort auf nachhaltigen Tourismus gäbe. So sei beispielsweise die Wassereffizienz an Spaniens trockenen Küsten sehr viel relevanter als in den regenreichen Hebriden.

Die Pandemie hat das grüne Denken ordentlich befeuert. Hotels und ganze Tourismusgebiete werden neu durchdacht. Nicht zuletzt, weil die Generationen Y und Z nachrücken. Sie sind die Gäste der Zukunft, und bei diesen steht das Megathema Klima ganz oben auf der Agenda. Mit einer gezielten Auslese minimieren sie ihren ökologischen Fussabdruck und unterstützen kompromisslos jene Hotels, die nicht nur ein einzigartiges Gesamterlebnis bieten, sondern auch eine mustergültige Ökobilanz.

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Die besten Stadthotels der Schweiz 2021

Les Trois Rois Basel
Beau-Rivage Palace Lausanne
The Dolder Grand
Swiss Deluxe Hotel Tour: Four Seasons Hotel Des Bergues Geneva, Abendessen im Izumi und Il Lago - Genf - 2. September 2019 - Copyright Olivia Pulver
Fairmont Montreux
la reserve geneve
VJC, Victoria Jungfrau SPA
La Reserve Zürich
Baur au Lac Zürich
Grand Hotel du LAc Vevey
1 / 10

Platz 1 (Vorjahr: 3): Les Trois Rois, Basel

Im «Drei Könige» am gemächlich dahinziehenden Rhein gehen seit 340 Jahren Gäste ein und aus, länger als in allen anderen Grandhotels dieses Rankings. Es vermittelt gerade in unstabilen Zeiten ein Gefühl der Kontinuität und holt ein bisschen Glanz und Gloria zurück in die oftmals deprimierend gleichförmige Hotelwelt. Zugleich strahlt das Les Trois Rois eine grosse Gemütlichkeit aus, etwa beim Afternoon-Tea in der Lobby oder bei einem Drink in der Kaminbar. Die Zimmertüren öffnet man noch mit richtig schweren Schlüsseln, und wohin man im ganzen Haus blickt, ist man von Antiquitäten, Raritäten und Kuriositäten umgeben, ohne dass diese aufgesetzt wirken würden. Zum leichten Schwindelgefühl, welches das «Trois Rois» auslöst, trägt die Schieflage des Hotels bei. Die Steintreppen im Lichthof zwischen Entree und Lobby – dem architektonischen Herzen des palastartigen Baus – senken sich zur einen Seite um einige Zentimeter, was wie bei venezianischen Palazzi durch Bodenabsenkungen am Flussufer zu erklären ist. Dass der Zauber anhält, ist Thomas Straumann zu verdanken, respektive dessen persönlicher Neigung zu Grandhotels. Der Unternehmer aus dem Oberbaselbiet rettete das zur Jahrtausendwende vor dem Zerfall stehende Juwel, indem er es 2004 kurzentschlossen erwarb und historiengetreu renovieren liess. Bis heute schlägt sein Herz für das «Trois Rois». Gastgeberin Tanja Wegmann, ebenfalls Baslerin, ist stets nah am Geschehen dran und erzeugt mit ihrem Team eine Atmosphäre unangestrengter Kultiviertheit. 

Wenn doch nur… das Gourmetrestaurant Cheval Blanc, wo Küchenchef Peter Knogl zielsicher zu den Sternen greift, nicht Opfer des eigenen Erfolgs wäre und kurzfristig ein Tisch zu ergattern wäre. Für Freitag- und Samstagabend muss man oft Monate im Voraus buchen.

 

 

 

PD (Pressedienst)

Dabei wird plattes «Greenwashing» rasch durchschaut. «Es gibt eine Menge Schall und Rauch in der Branche», sagt Nachson Mimran, Inhaber des Alpina Gstaad. «Nachhaltige Konzepte sind für Hotels kein nettes Add-on mehr, sondern ein absolutes Must-have.» So war das «Alpina» das erste Luxushotel der Schweiz, das auf plastikfreie Badezimmer-Amenities setzte und auch in kulinarischer Hinsicht den Weg wies, was «going green» heute bedeuten kann.

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Für den entspannt auftretenden, doch in der Sache entschlossenen 33-Jährigen gehört ethisch und ökologisch korrektes Handeln zum Lebensglück. Über das wachsende Bewusstsein für Umweltschutz freut er sich: «Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass es heute in weiten Kreisen peinlich ist, aus einem Plastikröhrchen zu trinken?»

2: Destinationen mit Inhalt

Dass sich die Hotels neuen Idealen von Luxus annähern, zeigt auch der zweite Trend: das ernst gemeinte Bestreben mancher Hoteliers, Luxus mit Inhalten und Sinn zu füllen. «Wenn ein Hotel dies verspricht, dann bedeutet es für den Gast schon so viel mehr, dass sowohl herkömmliche Bewertungskriterien als auch die Zimmerpreise oder das Wetter keine entscheidende Rolle mehr spielen.» So bringt es einer der 205 befragten Experten auf den Punkt.

Dietmar Müller-Elmau war einer der Ersten, die es verstanden haben, ihren Gästen nicht nur das anzubieten, was sie ohnehin von den weltbesten Resorts erwarten (nämlich viel Platz, eine inspirierende Ästhetik, individuellen Service und maximale Wahlmöglichkeiten in puncto Gastronomie, Spa und Sport), sondern darüber hinaus ein höheres Ziel in Aussicht zu stellen. «Ein Luxushotel ohne Sinn und Werte ist heute irrelevant – für die Gäste genauso wie für die Mitarbeitenden», sagt der charismatische Hausherr im Schloss Elmau in Bayern.

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Zu den Inhalten, die sein Hotel beleben und definieren, zählen körperliche oder spirituelle Selbstoptimierung an einem der regelmässig stattfindenden Yoga-Retreats, aussergewöhnliche Workshops während den Sommercamps für Kinder und Jugendliche, Denkanstösse durch Autorenlesungen und Podiumsdiskussionen sowie die hochkarätig besetzten Jazz- und Klassikkonzerte (kostenlos für Hotelgäste). Hier treten laufend Stars der Musikszene ohne Gage auf, nur um ein paar Tage auf Elmau zu sein.

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Für mehr Sinnhaftigkeit im Gastgewerbe steht auch Claus Sendlinger. Der Gründer von Design Hotels engagiert sich heute für seine jüngste Hospitality-Marke Slow und ist davon überzeugt, dass Lernen zu einer essentiellen Währung wird: «Fortgeschrittene Reisende suchen nach neuen Werten und wollen sich in ihrer Freizeit persönlich weiterentwickeln, mit anderen Menschen in Verbindung treten und Inspirationen finden. Hierfür nehmen sie sich richtig Zeit an einem ganz besonderen Ort.» In Sendlingers Hotelfarm La Granja Ibiza hat das Erschaffen von Dingen einen hohen Stellenwert. «Kochen und Handwerk sind in gewisser Weise Meditationsformen, die den Geist vom ständigen Hin- und Herschwingen ablenken», sagt er. «Wir helfen dabei, alles Aussen mal wegzunehmen.»

Auch Schweizer Hotels verstehen sich vermehrt als Talentschmiede. Das vielfältigste Programm von mehrtägigen Kursen mit professionellen Dozenten – von kreativem Schreiben über Naturfotografie bis Tangotanz – bietet das Laudinella in St. Moritz.

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Kreative Communities, seelisch stärkende Retreats, kulturelle Hotspots: Heute stellen sich viele Hotels als «mehr als nur ein Hotel» dar. Der Teufelhof Basel kann für sich in Anspruch nehmen, schon seit drei Jahrzehnten Gastlichkeit mit Kultur zu verweben: Das hauseigene Theater hat einen unverzichtbaren Platz in der regionalen Szene. Nun hat der Teufelhof starke Konkurrenz erhalten: Keine fünfzehn Gehminuten entfernt, auf der anderen Rheinseite der Stadt, fasziniert das neue, von Herzog & de Meuron gestaltete Volkshaus Basel mit seiner Vielschichtigkeit. So bespielt zum Beispiel die Galerie von Bartha die Lobby regelmässig mit frischer Kunst.

Die bereits vor neun Jahren wiedereröffnete Bar und die Brasserie mit Innenhof sind ohnehin schon der Dreh- und Angelpunkt in Kleinbasel. Und in den Festsälen finden regelmässig Konzerte, Tanzperformances, Vorträge und Schnitzelbängg statt. Leopold Weinberg und Adrian Hagenbach, die kreativ bestens vernetzten Eigentümer, haben nicht nur während der Kunstmesse Art Basel einen kulturellen Anspruch, sondern holen ganzjährig Kunst und Künstler ins Haus und unterstreichen dies durch zahlreiche Kooperationen mit Galeristen und Institutionen wie der Fondation Beyeler.

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3: Der Kult des Abgelegenen

Die dritte markante Tendenz im diesjährigen Ranking: Eskapismus. Schon vor der Pandemie im Aufwind, boomen natürlich isolierte Rückzugsoasen wie die Villa La Coste im Luberon, das Rosewood Castiglion del Bosco in der Toskana oder Gidleigh Park im südenglischen Devon. Das Virus dient gutbetuchten Bonvivants als elegante Rechtfertigung, sich stärker von der Aussenwelt abzukapseln. Sie entschwinden in Zufluchten, fernab von «pomp and circumstances», Menschenmassen und Aerosolen. Luxuriöse Hotelverstecke wie das Riffelalp Resort ob Zermatt, das Can Simoneta auf Mallorca oder die Domaine des Etangs in der westfranzösischen Charente profitieren von der Bereitschaft ihrer sicherheitsbedachten Klientel, mehr zu zahlen für mehr individuellen Freiraum an fabelhaften Orten in unberührter Natur.

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Die besten Ferienhotels in Europa 2021

Schloss Elmau, Elmau/Bayern
Hotel du Cap Eden Roc
Villa la Coste
Heckfield Palace
Villa Feltrinelli
La Reserve Ramatuelle
San Luis Resort in Avelengo
Grand Hôtel du Cap-Ferrat, Saint-Jean-Cap-Ferrat/Côte d’Azur
Il San Pietro di Positano
Castello di Rescho
1 / 10

Platz 1 (Vorjahr: 1):  Schloss Elmau, Elmau/Bayern

Das kosmopolitische Naturresort, wiederholter Spitzenreiter in den BILANZ-Charts, steht für eine grosse Familiengeschichte und bietet genau die lebendige Geborgenheit und Abgeschiedenheit, nach der sich viele kultivierte Menschen sehnen. Es begeistert mit einer unvergleichlichen Kombination von körperlichen, seelischen, landschaftlichen, kulinarischen und kulturellen Genüssen, die nirgends sonst zu finden ist. Einzelne dieser Genüsse – wie zum Beispiel die acht Restaurants oder die unterschiedlichen Spas mit getrennten Bereichen für Erwachsene und Familien mit Kindern – gibt es natürlich auch anderswo, aber kein Hotel auf der Welt hat darüber hinaus ein solch hochkarätiges, für Hotelgäste kostenloses Konzert- und Kulturprogramm. Dietmar Müller-Elmau zählt zu den wenigen Hoteliers, die eine wirkliche Vision und eine faszinierende Geschichte zu erzählen haben – und nicht müde werden, ihr Haus immer wieder von Neuem zu verändern, um relevant zu bleiben. Täglich überlegt er sich, wie er noch mehr Magie für seine Gäste schaffen und Luxus mit Sinnhaftigkeit füllen kann. Und obschon Schloss Elmau viele Monate pandemiebedingt geschlossen war, regt der Schlossherr zu Gelassenheit an: «Angesichts eines jederzeit wieder drohenden Lockdowns sind wir und auch unsere Gäste unendlich dankbar für jeden normalen Tag. Vielleicht läuft auch deshalb alles so harmonisch wie noch nie. Nichts schärft die Wertschätzung des Jetzt mehr als das Wissen, dass morgen alles vorbei sein kann.»

Wenn doch nur… die beiden einladenden, reich bestückten Bibliotheken auch etwas neuere und aktuellere Bücher im Sortiment hätten. Vermutlich will man die hoteleigene Buchhandlung nicht konkurrenzieren.

PD

Auch zivilisationsnahe Hideaways wie die Villa Feltrinelli am Gardasee, das Castello del Sole in Ascona oder das Park Hotel Vitznau am Fuss der Rigi stehen unverändert hoch im Kurs. Diese exklusiven, für gewöhnliche Touristen nicht ohne Weiteres zugänglichen «Destinationen in der Destination» haben den Vorteil, dass man die weitläufigen Hotelanlagen nie zu verlassen braucht und die Gäste sich angesichts der Angebotsvielfalt und den privaten Auslaufmöglichkeiten auch bei einem längeren Aufenthalt nie eingeschränkt fühlen.

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«Bring dich in Sicherheit und dann zieh die Strickleiter hoch!» Dies war wahrscheinlich das einstige Motto der mittelalterlichen Burgherren im Castello di Reschio in Umbrien, und im übertragenen Sinn gilt dies auch heute – rund tausend Jahre später.

Die frisch zum Hotel umfunktionierte Burg, die von einem hauseigenen Pferdegestüt und hügeligen Ländereien wie aus dem Märchenbuch umgeben ist, ist eine traumschöne Blase, wo man nie mit der unordentlichen, unwirtlichen Wirklichkeit der Welt konfrontiert wird. Die Gäste der 36 Zimmer und zehn Ferienvillen können sich einander wunderbar aus dem Weg gehen und innere Ruhe finden, sich aber gleichzeitig umsorgt fühlen.

Der heutige Gutsbesitzer Benedikt Bolza, der lange in London lebte und dort Architektur studierte, hat sein Leben seit einigen Jahren dem aristokratischen Erbe verschrieben und Reschio zusammen mit seiner Frau Nencia in einen Ort verwandelt, der zum Sinnbild für die Hotellerie in diesem Sommer wurde: zwischen Sehnsucht nach vergangenen Zeiten und Aufbruch in ein neues Zeitalter.

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4: Wellness mit Wirkung

Geradezu durch die Decke geht der weitere Aufschwung von Gesundheitsferien. Besonders stark wächst die Nachfrage bei der «Generation Mitte». Die 30- bis 60-jährigen Berufstätigen nutzen einen Teil ihrer freien Tage für einen mentalen oder körperlichen Neustart – respektive die Expertise eines Gesundheits-Retreats, um die Abwehrkräfte zu stärken und gezielt innere Ungleichgewichte zu korrigieren.

«Corona hat mit den Menschen etwas gemacht, sie achten mehr auf sich», beobachtet Hans-Peter Veit. Der Spa-Leiter im Grand Resort Bad Ragaz ist überzeugt: «Ein gesunder Lebenswandel hält Menschen locker um zehn Jahre jünger.» Hierzu hat die Ostschweizer Gesundheitsbastion ihre Kompetenzen in den «NewYou»-Programmen frisch gebündelt. Diese gehen spezifisch auf verschiedene Lebensstile ein und haben jeweils ein transformatives Ziel. So ist beispielsweise das fünftägige Programm «Boost your Power» eine Initialzündung für alle, die jahrelang Raubbau an ihrem Körper betrieben haben und wieder richtig fit werden wollen.

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Die zwölf Hotelmitarbeiter des Jahres 2021

Der Schlüssel zum Erfolg jedes Hotels liegt in den Händen der Mitarbeitenden. BILANZ befragte 205 Experten, welche guten Geister in der Schweiz zu den Besten gehören. Mehr dazu lesen Sie hier.

Da man unterschiedlichen Weisheiten folgen kann, wie man sein Leben dauerhaft in gesündere Bahnen lenkt, ist das Spektrum von Wellbeing-Konzepten enorm. Es kristallisieren sich jedoch zwei Entwicklungen heraus: Einerseits werden in massgeblichen Wellnesshotels wie dem Tschuggen Grand Hotel in Arosa, dem Le Grand Bellevue in Gstaad oder dem Bleiche Resort im Spreewald reine Spa-Verwöhnprogramme durch Wellness mit Wirkung ersetzt. Andererseits relativieren Gesundheitstempel wie der Lanserhof Tegernsee in Oberbayern, das Palace Merano in Südtirol, das Vivamayr Altaussee bei Salzburg oder das Chenot Palace Weggis ihr medizintechnologisches Arsenal zunehmend mit klassischen Formen der gesundheitlichen Vorsorge und althergebrachten Naturheilverfahren. Eben mehr High-Touch als High-Tech, weniger Overpromise.

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Einen ganz eigenen Weg geht Susanne Kaufmann. In ihrem schlicht-schönen, holistisch ausgerichteten Hotel Post Bezau im Bregenzerwald macht sie mit selbstbewusster Natürlichkeit vor, wie man Gesundheitsferien neu definieren, den klassischen Kurgedanken entstauben und vor allem auch die Millennials davon überzeugen kann, in die eigene Gesundheit zu investieren. «Gerade die jüngeren Gäste erwarten heute von Wellness mehr als einen Spa-Funpark mit Streicheleinheiten fürs Gemüt», sagt die innovative Vorarlbergerin. «Es geht ihnen auch um Stressmanagement und Persönlichkeitsentwicklung – sie suchen eine ganzheitliche Form der Entschleunigung.»

5: Feriengefühl in der Stadt

Während die naturnahen Hotels in den Bergen, an den Seen und an den Küsten meist recht gut und teilweise sogar spitzenmässig mit inländischen Gästen über die letzten Monate kamen, mag in den Städten kaum ein Hotelier an Gewinne denken. Zwar verzeichnen manche Stadthotels für den Herbst wieder Buchungen für Firmenanlässe und Weihnachtsfeste, und ab Spätsommer wird mit der allmählichen Rückkehr der Amerikaner gerechnet, doch gilt es vorerst, die wohl noch lange dezimierten Geschäfts- und Messetouristen zu ersetzen. Stadtherbergen, die bisher stark auf Freizeitreisende gesetzt oder rasch gelernt haben, die Freizeitangebote der urbanen Region ins Hotelerlebnis einzuweben, erholen sich am besten von den Folgen der Krise.

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Eine starke Ausrichtung auf Kulinarik oder Spa (oder beides) hilft dabei, wie sich in den Frühlingsmonaten zeigte: Als die normalen Restaurants geschlossen hatten, boomten die sogenannten Staycations in heimischen Hotels. Diese kurzen Auszeiten ganz in der Nähe konzentrierten sich jedoch stark auf die Wochenenden.

City-Resorts, die ein gewisses Ferienfeeling in der Stadt und grosse Outdoor-Bereiche bieten – etwa das Beau-Rivage Palace in Lausanne, die La Réserve Genève oder das Four Seasons Hotel Firenze – haben auch in diesem Sommer zumindest wochenends full house. Wie es wird, wenn der Herbst kommt, weiss niemand. Gebucht wird so kurzfristig wie nie zuvor. «Das stellt enorme Anforderungen an Kapazitätsmanagement und Flexibilität aller Mitarbeitenden», sagt Michel Reybier, der neben den La Réserve-Hotels in Genf, Zürich, Paris und Ramatuelle sechs weitere Luxushäuser in der Schweiz betreibt.

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Die besten Stadthotels in Europa 2021

La Réserve Paris, Paris
Fairmont Hotel Hamburg
Four Seasons Hotel Firenze, Florenz
J.K. Place Roma, Rom
The Connaught London
Belmond Hotel Capriani
Brown's Hotel London
LE Bristol PAris
Hotel de Russie Rom
Orania. BErlin
1 / 10

Platz 1 (Vorjahr: 3): La Réserve Paris, Paris

In einer Stadt, in der Dutzende von ambitionierten Boutiquehotels um die Aufmerksamkeit zahlungskräftiger Gäste buhlen, gelingt es der 2015 eröffneten La Réserve Paris wie keiner anderen Herberge an der Seine, ein Gefühl intimer Raffinesse entstehen zu lassen und darüber hinaus auch alle berühmten Traditionshäuser und Global Player vor Ort zu überstrahlen. Diese Hotelperle im achten Arrondissement ist ein echter «coup de coeur» für Connaisseure, die das Sehen und Gesehenwerden in palastartigen Lobbys und aufgesetztes Luxus-Getue nicht ertragen, sondern ein gewisses Understatement schätzen und sich eher wie in einem exklusiven zweiten Zuhause fühlen wollen. Auch in puncto Gastlichkeit: Wer ein Trauma von der sprichwörtlichen Arroganz der Pariser Servicemitarbeiter hat, kann hier sein Urteil nachhaltig revidieren. Das Hotelteam scheint ebenso glücklich, hier zu sein wie die Gäste. Es gibt kein schlechtes Zimmer, und selbst die kleinsten Zimmer zum Innenhof sind charmant. Diese einstige Stadtresidenz aus dem 19. Jahrhundert mit ihren stimmungsvollen Salons, dem schönen Spa mit Pool im Untergeschoss und der verschwenderischen Liebe zum Detail ist eine hedonistische Fantasie von Michel Reybier. Der Hotelunternehmer hat sich hier mithilfe von Innenarchitekt Jacques Garcia einen persönlichen Traum erfüllt, den er nun mit seinen Gästen weiterträumt. Bemerkenswert: La Réserve Paris war eines der wenigen Stadthotels auf der ganzen Welt, das während der Pandemie durchgehend geöffnet blieb. 

Wenn doch nur… die Gerichte im Gourmetlokal Le Gabriel (zwei Michelin-Sterne) nicht so gesucht originell wären. Doch ist das ganztägig geöffnete Zweitrestaurant La Pagode de Cos eine entspannte Alternative (der Name bezieht sich auf den Zweitwein des Bordeaux-Weinguts Château Cos d’Estournel, das ebenfalls Michel Reybier gehört).

 

PD

Solange es Kurzarbeit gibt, kann das Wochenendmodell aufgehen, doch bei einer durchschnittlichen Auslastung unter 50 Prozent überlebt ein Hotel nicht. So ist auch Sir Rocco Forte, der zusammen mit seiner Familie dreizehn Hotelperlen in ganz Europa managt (darunter elf in Städten), auf der Suche nach neuer Kundschaft. Da die gewohnten Übersee- und Geschäftsgäste noch weitgehend fehlen, versucht er, innereuropäischen Freizeitreisenden die Perspektive aufzuzeigen, dass populäre Städte wie Rom, London oder München nie mehr so ungestört und schwerelos zu erleben sind wie jetzt.

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So oder so umwerben die Stadthotels ihre Besucher mit Upgrades in grössere Zimmer, kurzfristigen Stornierungsmöglichkeiten, Early-Check-in und spätem Check-out sowie weiteren Zusatzleistungen. Der grosse Unterschied zu früher: Der Freizeitgast bezahlt den Aufenthalt aus eigener Tasche und ist entsprechend kostenbewusster.

Auffallend in den städtischen Ranglisten: Boutiquehotels, teilweise im Drei- oder Viersternesegment wie das Marktgasse Hotel und der Florhof in Zürich oder das Krafft Basel, toppen mit ihrem heiteren Flair und ihrer hochgradigen Individualität mancherorts fünfsternige Filialen globaler Hospitality-Marken. Auch geben sich immer mehr Hotels nach aussen hin so, als wären sie gar kein Hotel. Sie fliegen bewusst unter dem Radar und haben den diskreten Charme eines Privatclubs. Im Ett Hem in Stockholm, im Beyond am Münchner Marienplatz oder im Signau House & Garden im Zürcher Seefeld ist diese Entwicklung auf die Spitze getrieben.

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«Wenn ein Hotel so aussieht, als sei es von Architekten gestaltet, die sich durch ungezählte Kompromisse mit dem Corporate-Komitee plagen mussten, suche ich rasch das Weite», sagt Ori Kafri. Der Besitzer des J.K. Place Roma und des J.K. Place Paris weiss, wovon er spricht: In seinen Häusern fühlt man sich, als wäre man zu Besuch in der Stadtresidenz eines wohlhabenden Freundes, der gerade verreist ist, aber für alles gesorgt hat und die Gäste der Obhut seines liebenswerten Personals überlässt.

Magische Momente

Jetzt, da sich die Ausgangslage für Reisewillige kontinuierlich verbessert, klingt die Flucht an einen persönlichen Sehnsuchtsort wie eine Verheissung. Egal, ob das erträumte, in den letzten Monaten vielleicht schon reservierte, dann umgebuchte, dann stornierte und schliesslich wieder neu terminierte Hotel den Retro-Zauber der Goldenen Zwanziger aufleben lässt wie das Hôtel du Cap-Eden Roc an der französischen Riviera oder die Leichtigkeit des Seins mit charmanter Coolness verbindet wie die Omnia Mountain Lodge in Zermatt: Jedes einzelne der hier gelisteten Häuser beflügelt uns Gäste dazu, zu besseren Versionen unserer selbst zu werden und uns für ein paar magische Momente von dem langen Jahr wegzuträumen, das wir alle durchgemacht haben.

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Die Methodik

Das Hotelranking der BILANZ basiert auf 350 Expertentests in den letzten 18 Monaten, auf einer schriftlichen Umfrage bei 89 Schweizer Top-Hoteliers, auf den aktuellen Wertungen relevanter Reisepublikationen und Testportale sowie auf den Erfahrungen von 116 befragten Hotelkennern und Reiseprofis. BILANZ rechnete die Einstufungen dieser vier Bewertungssäulen in ein einheitliches 100-Punkte-Schema um.

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