Guten Tag,
Lafarge-Holcim bleiben trotz Kursgewinne vielversprechend; der Umbau von Sulzer macht die Aktien attraktiv; Clariant ist unter Saudi-Druck.
Frank Goldfinger
LafargeHolcim-Zementlieferung auf einer Baustelle in Zürich..
Rüdiger Nehmzow | PDWerbung
Auf fast jeder Empfehlungsliste von Banken und Anlageberatern ist Lafarge-Holcim zu finden. Ich habe die Papiere des weltgrössten Baustoffkonzerns Ende März, also nach dem Corona-Crash, so empfohlen: «So günstig kommt man kaum mehr zu den Papieren.» Seither sind die Valoren um 80 Prozent gestiegen!
Üblicherweise würde ich nun schreiben, dass solch saftige Gewinne subito realisiert werden sollten. Doch nicht in diesem Fall: Die Aktien haben einen guten Lauf. Und daran dürfte sich so schnell nichts ändern.
Seit der Hochzeit von Holcim mit Lafarge wird umgebaut, restrukturiert, werden Schulden abgebaut. Und seit Jan Jenisch (54) 2017 die Leitung übernahm, zeigen sich auch im Ertrag Fortschritte. Die Pandemie hat die Gesundung zwar unterbrochen, doch in ein, spätestens zwei Jahren sollte das Ertragsniveau von 2019 wieder erreicht sein.
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Einmal dürfte sich die Nachfrage nach Baustoffen vor allem in den Schwellenländern erholen. Zudem will mancher Industriestaat seine Infrastruktur wieder auf Vordermann bringen, um damit das Wachstum anzukurbeln.
Als positiv erachte ich die Bemühungen von Jenisch – dieser wurde von VR-Präsident Beat Hess (58) bei Sika losgeeist –, die Abhängigkeit vom kapitalintensiven Zementgeschäft zurückzufahren. So hat er jüngst für 3,4 Milliarden Dollar den US-Dachsysteme-Marktführer Firestone Building Products übernommen. Weitere Akquisitionen sind zu erwarten, obwohl die Verschuldung kaum riesige Zukäufe zulässt.
Goldfinger: Jan Jenisch
Unter CEO Jan Jenisch dürfte Lafarge-Holcim für Anleger ein lohnendes Ziel bleiben.
Salvatore Vinci / 13 PhotoUnter CEO Jan Jenisch dürfte Lafarge-Holcim für Anleger ein lohnendes Ziel bleiben.
Salvatore Vinci / 13 PhotoWerbung
Ungeachtet der saftigen Kursgewinne sind die Aktien nicht überteuert. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2021 und 2022 stellt sich auf 14,3 respektive 12,3. Und als Goodie winkt eine Dividendenrendite von 3,9 Prozent. Zu bedenken gilt: Als Zykliker erfordern die Valoren eine gewisse Risikobereitschaft.
Die freundliche Börsenstimmung der letzten Monate hat Temenos nicht erfasst. Ja die Aktien verloren seit dem Sommer 30 Prozent. Kein Wunder, denn der führende Anbieter von Bankensoftware schwächelt. Auf den ersten Blick sehen die Zahlen für das vergangene Jahr nicht schlecht aus; zwar ging der Umsatz um acht Prozent zurück, dafür legte der Betriebsgewinn minim zu.
Den Markt verunsichert hat der 31 Prozent schwere Einbruch im bedeutenden Geschäft mit Softwarelizenzen. Beachtlich andererseits das Plus von 44 Prozent im SaaS-Sektor – doch der Teilbereich des Cloudcomputings leistet einen erst bescheidenen Beitrag.
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Die Banken halten sich wegen der Pandemie sowie Sparübungen zurück. Das sollte sich, geht es nach CEO Max Chuard (47), bald ändern: Er stellt für das laufende Jahr wieder ein deutliches Wachstum in Aussicht. Nun haben die Geldhäuser zwar Nachholbedarf bei der Digitalisierung, vor allem die Cloud bietet viele Vorteile. Doch ich glaube nicht, dass schon bald ein kräftiger Zug ins Temenos-Geschäft kommt.
Mittelfristig dagegen ist das Genfer Unternehmen bestens positioniert. Vorderhand lasse ich die Aktien links liegen. Auch nach dem Kurseinbruch sind die Titel mit einem für 2021 geschätzten KGV von 31 nicht günstig.
Die Corona-Pandemie hinterlässt gerade bei Industrieunternehmen Bremsspuren. Zwar kommt auch Sulzer nicht ungeschoren davon, doch hat sich der Winterthurer Konzern 2020 relativ gut gehalten. Die Bank Vontobel prognostiziert 7 Prozent weniger Umsatz und ein um 26 Prozent tieferes Ebitda, der Gewinn dürfte um die Hälfte zurückgehen. Genaueres wissen wir Ende Februar.
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Bereits im laufenden Jahr sollte diese Scharte ausgewetzt sein. Und mittelfristig ist ein ansehnliches Wachstum zu erwarten. Der Umbau des in den Sektoren Pumpen und weiteren Anwendungen für alle möglichen Flüssigkeiten sowie Energieerzeugung tätigen Konzerns macht Fortschritte. So wurde jüngst der Wassersektor ausgebaut mit dem Zukauf der schwedischen Nordic Water. Dieser Bereich ist vielversprechend und wird deshalb weiter verstärkt.
Goldfinger: Beat Hess
Präsident des allseits empfohlenen Unternehmens Lafarge-Holcim: Beat Hess.
Gerry Nitsch / 13 PhotoPräsident des allseits empfohlenen Unternehmens Lafarge-Holcim: Beat Hess.
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Ebenfalls margenstark ist der Zweig Applikatoren aus Kunststoff, und auch hier wird dazugekauft. Dadurch kann der Umsatzanteil der Winterthurer aus dem zyklischen Öl- und Gasgeschäft weiter zurückgefahren werden.
Mir gefallen die Sulzer-Aktien zunehmend besser. Zumal sie zu einem Preis gehandelt werden, der verlockend ist für einen Einstieg; das KGV für das laufende Jahr stellt sich auf 18 und für 2022 auf 14. Doch ein Engagement sollte auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sein. Die Valoren werden an der Börse immer noch etwas verkannt, vor allem wegen des angesprochenen Öl- und Gasgeschäfts. Das Warten auf bessere Kurse wird versüsst durch die attraktive Dividendenrendite von 4,1 Prozent.
Die Beziehung zwischen Clariant und der Saudi Basic Industries Corporation (Sabic) ist endgültig zerrüttet. Ende 2020 hat der saudische Petrochemiekonzern, der 31,5 Prozent am Muttenzer Spezialchemieunternehmen hält, zum Angriff geblasen. Monate vor der Generalversammlung deponierte Sabic zwei Anträge: Ausrichtung einer Sonderdividende von zwei Franken je Aktie und Beschränkung der Amtszeit von Verwaltungsräten auf zwölf Jahre.
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Goldfinger: Hariolf Kottmann
Im Visier der Saudis: VR-Präsident Hariolf Kottmann droht bei Clariant eine Amtszeitbeschränkung.
Gian Marco CastelbergIm Visier der Saudis: VR-Präsident Hariolf Kottmann droht bei Clariant eine Amtszeitbeschränkung.
Gian Marco CastelbergNun kann ich mir nicht vorstellen, dass die Sonderdividende von einer Mehrheit abgenickt wird. Dafür müsste Clariant 664 Millionen Franken abdrücken. Nur werden diese Mittel zur Stärkung der Marktposition benötigt. Zumal bereits im Sommer nach dem Verkauf von Firmenteilen eine Sonderausschüttung von drei Franken erfolgte. Denkbar ist, dass das Management die letzte reguläre Dividende von 0.55 Franken etwas aufpeppt.
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Eher angenommen an der Generalversammlung wird der Antrag auf Amtszeitbeschränkung. Dieser zielt auf Präsident Hariolf Kottmann ab, der seit 2008 dabei ist. Der 65-Jährige setzt sich gerne als Alleinherrscher in Szene. Der nach eineinhalbjähriger (!) Suche neu angetretene CEO Conrad Keijzer (52) hat wohl keinen leichten Stand.
Clariants erfolgreiche Fokussierung auf höhermargige Bereiche spricht für die Aktien. Doch mit Blick auf die Querelen wie auch auf offene Fragen zur Strategie des Basler Unternehmens warte ich einmal ab, wie sich die Lage entwickelt.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch.
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