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Es soll als Vorbild dienen: Das Zürcher Warenhaus Globus erfindet sich mit Millionenaufwand neu. Exklusive Blicke in das künftige Luxuskonzept.
Marc Kowalsky
EDELBOUTIQUEN: Im Erdgeschoss finden zehn Luxusmarken wie Valentino oder Moncler Platz für eigene Stores. Auch eine VIP-Lounge gibt es.
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Der Lärm der Pressluftbohrer ist infernalisch, dazu kommen das Kreischen der Sägen und dumpfe Hammerschläge. Wenn überhaupt ein Wort zu verstehen ist, hört man meist Italienisch oder Russisch. Es ist morgens um acht, zwei Stunden vor Ladenöffnung: Im Warenhaus Globus an der Zürcher Bahnhofstrasse laufen die Umbauarbeiten auf Hochtouren.
Zwei Wörter in jeweils riesigen Lettern dominieren das Bild: «Soon» auf den Absperrungen im Erdgeschoss, «Open» auf den verdunkelten Aussenfassaden, um trotz der Arbeiten Kunden ins Haus zu locken. Streckenweise waren 40 Prozent der Verkaufsflächen geschlossen, ein Fünftel des Umsatzes ging verloren. Dennoch sagt Dieter Berninghaus, Chef des Globus-Eigentümers Signa Retail: «Wir sind damit sehr zufrieden.»
Wenn die Arbeiten Anfang Dezember abgeschlossen sind, soll das Zürcher Haus mit seinen knapp 7000 Quadratmetern Verkaufsfläche der neue Flagshipstore der Globus-Kette sein: ein Luxuswarenhaus statt eines Geschäfts für den alltäglichen Bedarf. Und ein Prestigeprodukt. Trotz der immer stärkeren Onlinekonkurrenz, der sinkenden Besucherfrequenzen, der Verödung der Innenstädte: «Einen Top-Standort im Herzen einer Stadt, der seit Hunderten Jahren Treffpunkt der Menschen ist, wird man immer betreiben können», sagt Berninghaus.
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Fast 500 Millionen Franken – über 300 Millionen von Globus, der Rest von den Marken – werden in die neun Globus-Häuser in den nächsten sieben Jahren investiert. Das Ziel: den Gruppenumsatz von 540 auf 700 Millionen Franken zu steigern und den heute verlustbringenden Konzern in fünf bis sechs Jahren auf eine Ebitda-Marge von zehn Prozent zu hieven.
Allein im Zürcher Haus soll der Umsatz – derzeit 120 Millionen Franken – um 30 bis 40 Prozent wachsen, die Anzahl der Besucher – derzeit vier Millionen pro Jahr – um 20 Prozent. Weil Globusbisher stark ist in Food und Living, aber weniger stark bei Mode und Accessoires, macht das Haus bislang nur vier Prozent Umsatz mit Touristen. Zum Vergleich: Beim Berliner KaDeWe sind es 50 Prozent.
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Ins Erdgeschoss kommen deshalb zehn Boutiquen für Luxusmarken: Louis Vuitton, Dior, Valentino oder Moncler etwa. Balenciaga sowie die LVMH-Töchter Loewe und Off-White eröffnen hier gar ihren ersten Schweizer Shop. Dazu kommen Bucherer, Céline und Rimowa. Bis auf den Kofferhersteller sind alle zum ersten Mal im Globus präsent: «Vom Ambiente und von der Preispolitik her hat das Haus bisher nicht das geboten, was moderne Glamour Brands brauchen», sagt Berninghaus.
Von einer «Wunschbesetzung» spricht Globus-CEO Franco Savastano und von «demokratischem Luxus»: Denn Türsteher wie sonst etwa bei den Louis-Vuitton-Boutiquen gibt es nicht, alle Shops sind zur Innenseite hin offen. Das soll ein jüngeres Publikum anlocken, das sich sonst kaum in diese Ladenkategorie traut. Auch deshalb nutzen viele der Marken das Kaufhaus, um ein neues Store-Konzept auszuprobieren oder eine modernere Optik.
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Denn auch die ist im Haus auf jung getrimmt: Hohe Decken lassen das Erdgeschoss luftig wirken, ebenso wie der helle Terrazzoboden mit grünen Sprenkeln. Überhaupt ist Grün die verbindende Farbe, etwa beim Marmor an den Säulen oder an der Verkaufstheke von Bucherer. 14 Millionen kostet der Umbau im Erdgeschoss, vier Millionen davon tragen die Marken bei. Dafür erhalten sie langfristige Mietverträge von drei bis sieben Jahren. Die margenstarke Parfümerie muss daher – anders als in so ziemlich allen Warenhäusern rund um die Welt – ins zweite Obergeschoss weichen.
Auch in den oberen Etagen sollen Luxusbrands dominieren, eine Mischung aus internationalen und sehr lokalen Marken: Fennel-Por-zellan aus dem Zürcher Seefeld etwa oder Handseife von Soeder aus Schwerzenbach ZH. Das mache Sinn, findet Willibald Kofler, Partner und Retailexperte bei der Beratungsfirma Strategy&: «Regionale Produkte spielen heute vor allem bei jüngeren Kunden eine bedeutende Rolle, nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch im Fashionoder im Beauty-Bereich.»
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Dafür fliegen 30 Prozent der bisherigen Marken aus den Gestellen, hauptsächlich Eigenmarken und Brands im mittleren Preissegment wie Handtaschen von Michael Kors oder Mode von Esprit. «Es gibt in der Schweiz kein erfolgreiches Warenhauskonzept, das auf Stückzahlen basiert. Die Schweiz ist ein Land mit sehr hohem Qualitätsanspruch», sagt Savastano.
Auch hier wird inszeniert: So gibt es eine «Knife Wall» und eine Lesebrillenwand, die Papeterie im obersten Stock nimmt die halbe Etage ein. Vor allem setzt man konsequent auf Service: Selbstbedienung gibt es nicht mehr (weshalb die Kassen von der Fläche in die Nischen wandern), die Verkäufer sind mit einem Smart Device ausgestattet, um den Kunden von jedem Produkt den Lagerbestand, verfügbare Grössen oder Farben angeben zu können.
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Valet Parking und eine VIP-Lounge für die besten Kunden runden das Betreuungsangebot ab. Promotionen oder Schlussverkäufe wird es ab nächstem Jahr nicht mehr geben: «Das Thema Discount wandert ins Online», sagt Savastano. Dafür gibt es Pop-up Stores, wo neue Marken während ein paar Monaten vorgestellt werden, und Concept Areas mit schnell drehenden Artikeln für ein, zwei Wochen.
Statt auf eigenes Risiko Ware einzukaufen, setzt Globus zunehmend auf die Mieteinnahmen durch die Brand Stores plus eine Umsatzbeteiligung. Heute wird ein Viertel des Umsatzes in diesem Concession-Modell erwirtschaftet, in Zukunft soll es die Hälfte sein. Das erhöht die Planbarkeit und senkt das Risiko sowie das in Vorräten gebundene Net Working Capital. Vorbild ist ebenfalls das KaDeWe, dessen Flächenproduktivität seit der Renovation im zweistelligen Prozentbereich zugelegt hat.
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Ähnliches bei Globus zu erreichen, dürfte aber schwierig werden: Hier beträgt der Umsatz mit 20'000 Franken pro Quadratmeter bereits doppelt so viel wie im Branchenschnitt.
BESUCHERMAGNET: Vier Millionen jährlich frequentieren den Globus an der Bahnhofstrasse bisher, fünf sollen es werden.
Globus / PDBESUCHERMAGNET: Vier Millionen jährlich frequentieren den Globus an der Bahnhofstrasse bisher, fünf sollen es werden.
Globus / PDVöllig neue Bedeutung bekommt im Globus auch die Kulinarik. Ihr Umsatzanteil soll von 9 Prozent vor der Pandemie auf 13 bis 15 Prozent steigen. Deshalb werden Anfang Dezember gleich zwei Restaurants auf dem Dach eröffnen. Markus und Daniela Segmüller führen eines der beiden, den «Rooftop Garden» mit 100 Plätzen, die Hälfte davon bei schönem Wetter auf der Sonnenuntergangsseite mit Blick auf den Uetliberg. Die Segmüllers hoffen, mit leichter französischer Küche 250 bis 300 Gäste pro Tag zu bedienen.
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Es gibt eine Lounge, eine Bar und abends einen DJ, den Stil beschreibt Berninghaus als «Zurich Urban Chic, gut zum Chillen.» Die Segmüllers sind bereits an sieben Standorten in Zürich (auch an der Bahnhofstrasse) präsent und lancierten kürzlich – mitten in der Pandemie – das Flughafenrestaurant Sablier. «Wir wollen eigentlich nicht jedes Jahr ein Restaurant eröffnen», sagt Markus Segmüller. «Aber Globus ist ein Herzensprojekt für uns. Das kommt nur einmal im Leben, da kann man nicht Nein sagen.»
Das zweite Restaurant mit 140 Plätzen wird ein Ableger von Don Leone, wo frische italienische Marktküche angesagt ist. Don Leone ist ebenfalls ein Zürcher Brand. «Die Topmarken in unserem Haus wollen keine internationalen Ketten wie Nobu oder Zuma», sagt Berninghaus: «Globus steht für den besten Premiumbrand der Schweiz, dazu gehört eben auch ein Statement für Schweizer Gastronomie.»
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Beide Restaurants sollen durchgehend und auch an den Wochenenden geöffnet sein, sie bekommen einen eigenen Zugang mit Lift von der Schweizergasse her. Auf dieser Fassadenseite soll Landschaftsgärtner Enzo Enea später auch einen Vertical Garden inszenieren. Die Pestalozziwiese daneben wird die Stadt Zürich verschönern.
CHILLIG: 100 Plätze, Dachterrasse und Blick auf den Uetliberg: das Restaurant Rooftop Garden.
Entwurf GlobusCHILLIG: 100 Plätze, Dachterrasse und Blick auf den Uetliberg: das Restaurant Rooftop Garden.
Entwurf GlobusDas Globus-Konzept passt zu Koflers Sicht auf den Markt: «Eine klare Positionierung, etwa im Luxussegment, ein überzeugender Erlebnischarakter sowie Kosteneffizienz sind die Erfolgskriterien der Zukunft.» Den Erlebnischarakter will Savastano mit Events schaffen: mit Modeschauen etwa oder Spitzenköchen. An den Wochenenden legt im Erdgeschoss ein DJ auf.
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Das Zürcher Haus ist damit Vorbild für die beiden nächstgrösseren Standorte Genf und Basel. Total 77 Millionen investiert Signa in die Inneneinrichtung der drei Häuser, in Basel weitere 130 Millionen für die Kernsanierung: Das Haus wird vier Jahre geschlossen bleiben, in dieser Zeit soll ein Provisorium direkt gegenüber einen Teil des Umsatzes retten. Während Zürich und Genf das Luxussegment bedienen sollen, sind die restlichen Häuser etwas tiefer im oberen Premiumbereich positioniert.
Und dann ist da noch der zweite Zürcher Standort am Bellevue, mit 1352 Quadratmetern der kleinste der Gruppe. Das Gebäude im Besitz der PSP wird nächstes Jahr entkernt, Globus muss den Platz räumen. Aber Savastano will danach unbedingt zurückkehren – allerdings nur noch auf zwei Stockwerken für Feinkost und Restauration. «Wir sind in intensiven Gesprächen, es sieht nicht schlecht aus», sagt der Globus-CEO.
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ZUGÄNGLICH: Türsteher wie sonst etwa bei Boutiquen von Louis Vuitton gibt es bei Globus nicht.
Entwurf GlobusZUGÄNGLICH: Türsteher wie sonst etwa bei Boutiquen von Louis Vuitton gibt es bei Globus nicht.
Entwurf GlobusDas Upgrade von Globus ist Teil einer Offensive der Signa-Gruppe im Besitz des österreichischen Immobilientycoons René Benko. Eine Milliarde Euro gibt er aus, um eine europäische Luxuswarenhauskette mit über zwei Milliarden Umsatz aufzubauen. Die Hälfte fliesst in die drei KaDeWe-Häuser in Berlin, München und Hamburg. Zur Gruppe gehören auch die italienische La Rinascente und die dänische Illum.
Zudem lässt Benko in Wien gerade auf 17'000 Quadratmetern «das modernste Warenhaus der Welt» (Berninghaus) bauen. Wenn es 2025 eröffnet wird, soll es mit 600 Mitarbeitenden 200 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. In Düsseldorf ist ein Concept Store auf 10'000 Quadratmetern geplant.
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Noch arbeiten alle Häuser weitgehend unabhängig, profitieren jedoch gegenseitig vom Zugang zu den Topmarken. Bald rückt man näher zusammen. Die Rede ist von gemeinsamen ERP- und CRM-Systemen, später sollen allenfalls auch die Kundenkarten vernetzt werden. Kein Thema ist jedoch ein gemeinsamer Einkauf, zu sehr unterscheiden sich die Sortimente der Häuser: «Die Autonomie ist unsere Stärke», sagt Savastano.
Aber man spricht sich ab, was Best Practices angeht. Globus etwa hat in der Gruppe eine Leitfunktion in Sachen Food und Online: 15 Prozent des Umsatzes oder 80 Millionen Franken werden bereits über die Website erwirtschaftet – «unsere drittgrösste Filiale», sagt Savastano. Dahin wollen KaDeWe, La Rinascente und Illum mit ihren Onlineshops auch kommen.
Das geht dann ganz lautlos, ohne Pressluftbohrer, Sägen und Hammer.
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