Guten Tag,
Die Glencore-Aktien profitieren von den steigenden Preisen für Rohstoffe; bei Aryzta beflügeln gar viele Hoffnungen die Kurse; Stadler Rail nimmt wieder Fahrt auf.
Frank Goldfinger
Glencore-CEO Ivan Glasenberg (r.) übergibt seinem Nachfolger Gary Nagle eine Firma mit soliden Perspektiven.
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Auf den ersten Blick sehen die Zahlen von Glencore für 2020 schlimm aus: ein Drittel weniger Umsatz, 1,9 Milliarden Dollar Verlust. Doch der Rohstoffkonzern ist weitaus besser durch das Pandemiejahr gekommen, als viele Analysten erwartet hatten. Zwar zerzausten sinkende Rohstoffpreise und Produktionskürzungen die Erfolgsrechnung. Doch für den Verlust sorgten vor allem Wertberichtigungen von 5,9 Milliarden. Das aussagekräftigere Ebitda jedenfalls ist mit 11,6 Milliarden unverändert ausgefallen.
Am 1. Juli übergibt Konzernchef Ivan Glasenberg (64) ein gut in Schuss gehaltenes Unternehmen an Nachfolger Gary Nagle (45). Glasenberg gibt alle Funktionen ab, bleibt aber Glencore mit einem Anteil von 9,1 Prozent als mächtiger Aktionär erhalten. Was er dabei erwartet, hat er Nagle klargemacht: «Eine gute Dividende.» Die noch von Glasenberg selber initiierte Wiederaufnahme der Ausschüttung bringt ihm satte 145 Millionen Dollar ein.
Weitaus stärker profitiert er von den steigenden Aktienkursen. Denn nach jahrelanger Tauchfahrt gewinnen die Papiere seit Oktober rasant an Wert, was Glasenbergs Beteiligung um 1,9 Milliarden Franken aufgepeppt hat. Die Aussichten für weitere Gewinne sind gut: Die anziehenden Rohstoffpreise lassen die Kassen des Baarer Konzerns klingeln. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 für das laufende Jahr unterstreicht die Attraktivität der Valoren.
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Jahrelang habe ich mich an dieser Stelle lustig gemacht über Ascom. Ewig wurde umgebaut, neu ausgerichtet, Manager am laufenden Band in die Wüste geschickt – ohne Erfolg. Doch nun lassen die Zahlen für das vergangene Jahr aufhorchen; zwar ging der Umsatz minim zurück, dafür hat das Ebitda um das 31- und der Gewinn um das 13-Fache zugelegt. Obschon die Erträge noch nicht das Gelbe vom Ei sind, hat der Anbieter von Kommunikationslösungen für das Gesundheitswesen unter Führung von Jeannine Pilloud (56) die Kurve gekriegt.
Und die Aussichten sind rosig. Spitäler als wichtigste Kunden sind zurzeit mit der Pandemie beschäftigt; in einigen Monaten allerdings können sie sich mit der Nachrüstung ihrer meist veralteten IT-Anlagen beschäftigen. So wird es dauern, bis Ascom anständige Margen ernten kann. Die Aktien sind im Jahresvergleich um 200 Prozent nach oben geschossen. Für 2021 stellt sich das geschätzte KGV denn auch auf hohe 39. Dank weiteren Ertragsfortschritten sinkt diese Bewertungsziffer bereits 2022 auf 22. Spätestens dann dürfte auch eine Dividende ausgerichtet werden. Die Ascom-Aktien sind also erst auf mittelfristige Sicht attraktiv.
Einer der Börsenstars dieses Jahres heisst Aryzta: Über 50 Prozent haben die Aktien in diesem Jahr zugelegt. Die Kurse beflügelt hat einmal der Einstieg von zwei Investoren. So erwarb Peter Spuhler (62), der bei Stadler Rail im Führerstand steht, laut «Finanz und Wirtschaft» knapp drei Prozent. Beim Hersteller von tiefgefrorenen Backwaren in demselben Rahmen eingekauft hat sich die Familie Jacobs. Hauptzünder für den Kursanstieg war jedoch der Verkauf des Nordamerikageschäfts für 850 Millionen Dollar.
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Ob all dieser Neuigkeiten gingen die Resultate für das erste Semester 2020/21 beinahe unter. Und die waren schlecht: Der Gruppenumsatz schmolz um 21 und der organische Umsatz um 16 Prozent, das bereinigte Ebitda gab 27 Prozent nach.
Peter Spuhler dürfte mit Stadler Rail einer schönen Zukunft entgegenfahren.
keystone-sda.chPeter Spuhler dürfte mit Stadler Rail einer schönen Zukunft entgegenfahren.
keystone-sda.chUnd doch zeichnet sich immer mehr der Turnaround ab. Für das Gesamtjahr ist noch mit einem Mini-Verlust zu rechnen. Dessen ungeachtet wird Aryzta noch einige Zeit die Folgen des jahrelangen Missmanagements und der wilden Expansion spüren. Für meinen Geschmack steckt hinter der Kurserholung etwas gar viel Hoffnung. Die Gewinne könnten zusammenfallen wie Windbeutel. Ich warte ab, bis die Resultate stimmen.
«Die Aktien sind zwar solide, doch zu Himmelsstürmern werden sie nicht», habe ich vor Jahresfrist über Stadler Rail geschrieben. Im Gegenteil: Seit dem Börsengang im April 2019 haben die Titel kontinuierlich an Wert eingebüsst. Bis im vergangenen Oktober; seither legten sie ein Viertel zu. Nach einem höchst schwachen ersten Halbjahr 2020 hat der Schienenfahrzeughersteller aus dem thurgauischen Bussnang im zweiten Semester sichtbar Fahrt aufgenommen. Die Belebung jedoch vermochte nicht zu verhindern, dass Umsatz und Ebit im Gesamtjahr zurückgingen.
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Ungeachtet des durchzogenen Jahres blickt Peter Spuhler, Hauptaktionär, VR-Präsident und CEO ad interim, beruhigt in die Zukunft. Die Stadler-Züge geniessen international hohes Ansehen. Die Orderbücher sind proppenvoll, der Auftragsbestand entspricht dem 5,2-Fachen des letztjährigen Umsatzes. Einzig die Marge lässt noch zu wünschen übrig. Für 2021 wird eine Ebit-Marge von über 6 Prozent erwartet. Das ist zwar deutlich mehr als die letztjährigen 5,1 Prozent, liegt aber immer noch unter den 7,5 Prozent von 2018. Bis 2023 soll die Marge auf 8 bis 9 Prozent steigen.
Damit ist den Aktien mittelfristig wieder mehr Kurspotenzial zu bescheinigen. Mit einem geschätzten KGV von 24 für dieses und 18 für nächstes Jahr sind die Valoren nicht überbewertet. Dennoch bleibe ich bei meiner Einschätzung: Die Aktien sind solide, doch keine Himmelsstürmer.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch
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