Guten Tag,
Die guten Geister im Hotel sind an vorderster Front der Emotionen und Egos – und erzeugen die Magie für die Gäste. BILANZ befragte 208 Hotelkenner, welche Mitarbeitenden zu den Besten in der Schweiz gehören.
Claus Schweitzer
Diane Blanch ist seit gut zwei Jahren die Seele des Restaurants «Anne-Sophie Pic au Beau-Rivage Palace» in Lausanne, eine souveräne Gastgeberin mit wohltuender Coolness und brennender Leidenschaft für Gastronomie.
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Je luxuriöser und internationaler die Hotels, desto mehr Management-Berater, Branding-Agenturen und Social-Media-Spezialisten sind involviert. Das führt zu einer smarten Corporate Identity, die zum einen den visuellen Hotelauftritt normt (Schriftzüge, Farben, Uniformen, digitaler Auftritt und all das Zeug), zum andern die Werte und die Unternehmensstrategie eines Hotels herausarbeitet, um sich nach innen und aussen klarer zu profilieren. Das Ganze wird flankiert von mehr oder weniger gutem Storytelling und inflationär verbreiteten Nachhaltigkeits-Versprechen, die zum Schlüsselkonzept der 2020er-Jahre geworden sind.
Dabei geht oftmals vergessen, worauf es in einem Hotel wirklich ankommt. Um sich darüber klar zu werden, braucht man lediglich seine letzten Reisen vor dem inneren Auge Revue passieren zu lassen und sich selbst die Frage zu stellen, welche Häuser einen bleibenden Eindruck hinterliessen – und weshalb. War es das Innendesign des angesagten schwedischen Architekten? Waren es die holistischen Spa-Behandlungen, welche das Hotel so unvergesslich machten? War es die Sterneküche des medial gefeierten Spitzenchefs? Oder war es ganz einfach das liebenswerte Hotelteam, das ohne viel Aufhebens die Extrameile geht und ein feines Gespür dafür hat, was der Gast wann braucht, was er vor allen Dingen nicht braucht, unter keinen Umständen haben möchte?
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Natürlich kann ein kluger und sinnvoller Corporate-Kompass viel Gutes für ein Hotel bewirken. Doch oft sind die Versprechen leer und mit allerlei Worthülsen hochgeföhnt, Dekoration ohne Substanz. Anstelle von Qualitätsmanagern und Unternehmensberatern, Finanz- und Digitalexperten benötigen die meisten Hotels vielmehr eine Barbara. Barbara ist der Typ einer Hotelmitarbeitenden, der es sichtlich Freude bereitet, andere Menschen glücklich zu machen und die ganz nebenbei das «Wir-Gefühl» im Team stärkt – eine authentische Gastgeberpersönlichkeit, die sich intuitiv in jeden einzelnen Gast hineindenken kann und den Anforderungen des Moments souverän gerecht wird statt roboterhaft einem Katalog von Service-Standards zu folgen.
Hoteliers des Jahres 2023
Jean-Marc & Charlotte Boutilly, Villars Alpine Resort
Das passionierte Gastgeberpaar wirkt, als sei es für sie mehr Freizeit als Arbeit, sich um 200 Mitarbeitende zu kümmern und den Gästen, wie sie sagen, unvergessliche Genussmomente in den Waadtländer Alpen zu bereiten. Jean-Marc ist die Triebfeder im Villars Alpine Resort, das aus dem luxuriösen «Villars Palace», dem Viersternehotel «Victoria» und der rustikalen «Villars Lodge» besteht. Sein Enthusiasmus für die Hotellerie ist ansteckend und wirkt nie aufgesetzt. Charlotte ist die «force tranquille» im Haus, spielt eine ausgleichende Rolle zwischen allen Fronten und ist für die Human Resources zuständig. Zusammen sorgen sie für ein Umfeld, in dem jedes einzelne Teammitglied das Beste aus sich herausholen will. Sie haben ein tiefes Verständnis für die Gesetze des menschlichen Handelns, eine wirkliche Wertschätzung für die Arbeit ihrer Leute und eine klare Vision, wie man die sehr unterschiedlichen Charaktere im Team zu einem gemeinsamen Ziel eint. Seit vielen Jahren als Gastgeber in verschiedenen Westschweizer Hotels tätig, leben die beiden erfolgreich vor, wie viel Erfüllung es bereiten kann, gemeinsam mit engagierten Kolleginnen und Kollegen an einem Strang zu ziehen und Emotionen zu schaffen, die den Gästen noch lange in schöner Erinnerung bleiben.
Concierge des Jahres 2023
José Alfonso Gil, Fairmont Le Montreux Palace
Hotels brauchen Seele und Mitarbeitende mit Persönlichkeit. Das «Montreux Palace» kann sich glücklich schätzen, über eine ganze Reihe von authentischen, gastorientierten Wunscherfüllern quer durch alle Abteilungen zu beschäftigen. Zu den stillen Stars im Team – von den Kollegen genauso geschätzt wie von den Gästen – zählt José Alfonso Gil. Seine Aufgabe ist es, für einen reibungslosen Ablauf der grundlegenden Dinge zu sorgen (Gepäckservice, Transfers, Restaurantreservierungen, Organisation von Ausflügen und Konzerttickets usw.), Störungen diskret zu beheben und manchmal Unmögliches möglich zu machen. Seit 16 Jahren beweist er in jeder Lage Kompetenz und Übersicht. Der stets ausgeglichene Herr der Halle übersieht niemanden, hat stets ein nettes Wort parat, und ihn zeichnet die Gabe aus, fast jeden mit einem Lächeln zurückzulassen. «Heute», sagt er, «kann man Gäste nicht mehr nach festgelegten Mustern behandeln.» Es gilt, rasch und situationsabhängig einzuschätzen, ob alles wie ein Uhrwerk im Hintergrund ablaufen soll oder ob ein Stammgast seinen Stellenwert wahrgenommen wissen will. Dann muss alles in vollem Glanz spürbar sein, jedes Detail wird kommuniziert, die Verabschiedung wird zum Spaziergang bis zur Limousine und endet mit einer winkenden Hand. In jedem Fall geben José und sein Team jedem Gast das Gefühl, der oder die Wichtigste zu sein.
Empfangschef des Jahres 2023
Markus Kinzel, Giardino Ascona
Die Rezeption ist nicht nur Schnittstelle zwischen Gast und Hotel, sondern hier laufen alle Informationen und aller Tratsch aus Restaurant, Bar, Spa und Etage zusammen. Dem Empfangsteam obliegt es, den Anreisenden das Gefühl zu vermitteln, dass alles für sie vorbereitet ist und im weiteren Verlauf des Aufenthalts den individuell richtigen Umgang mit jedem einzelnen Gast zu finden – und entsprechend flexibel zu agieren. Das klingt einfach, ist aber eine Kunst für sich, weil die Erholungssuchenden mit sehr unterschiedlichen Erwartungen an ihre Ferien anreisen. Markus Kinzel, der die Doppelrolle als Front Office Manager und Vizedirektor im «Giardino» seit 13 Jahren loyal und leidenschaftlich ausfüllt, kann sich perfekt auf das Naturell und das momentane Bedürfnis jedes Hotelgasts einstellen. Zudem hat er die Gabe, auch in hektischen Zeiten ruhig und freundlich zu bleiben, potenzielle Probleme rasch zu erkennen und Lösungen im Sinne des Gastes zu finden. Er meistert die Gratwanderung zwischen emotionaler Nähe und professioneller Distanz, so dass sich jede und jeder verstanden und umsorgt fühlt – dies übrigens auch im Team, das er fördert und fordert: Markus Kinzel hat schon viele junge, heute etablierte Leute auf ihrem Weg zum Hotelprofi ausgebildet.
Küchendirektor des Jahres 2023
Mattias Roock, Castello del Sole, Ascona
Das Castello del Sole ist das einzige Schweizer Luxushotel mit eigenem Landwirtschaftsbetrieb – und was für einem! Die Weizen-, Gemüse- und Reisfelder, die Weinberge und Obstgärten der «Terreni alla Maggia» erstrecken sich auf 140 Hektaren und liefern dem Hotel hochwertige Zutaten aus nachhaltiger Produktion. Darüber hinaus wacht Mattias Roock mit seiner 32-köpfigen Crew über einen grossen, intensiv genutzten Küchengarten, und der Executive Chef pflegt eine kreative Komplizenschaft zu regionalen Lieferanten, um für die präzise komponierten Gerichte in der «Locanda Barbarossa» (1 Michelin-Stern) und im «Tre Stagioni» (eines der besten Halbpensionsrestaurants im Land) sowie für das Gartenlokal und das sublime Frühstücksbuffet aus dem Vollen schöpfen zu können. Doch bricht er die Farm-to-table-Philosophie und den authentischen Geschmack des Tessins punktuell mit kulinarischem Fernblick. Trotz tiefem Respekt für das «Kilometro Zero»-Prinzip und den achtsamen Umgang mit Ressourcen möchte sich der 42-Jährige, der seine Wurzeln im hohen Norden Deutschlands hat, eine gewisse Weltoffenheit bewahren. Vor allem aber begeistert er mit viel gastronomischem Verstand in geradezu lässig wirkender Perfektion und einem Augenmass für eine Küche, welche die Gäste glücklich machen will.
Restaurantleiterin des Jahres 2023
Diane Blanch, Restaurant Anne-Sophie Pic im Beau-Rivage Palace, Lausanne
Sie ist das Alter Ego der Koch-Ikone Anne-Sophie Pic (die im südfranzösischen Valence ihre drei Michelin-Sterne verteidigt) und des lokalen Statthalters Kévin Vaubourg, der im Restaurant Anne-Sophie Pic au Beau-Rivage Palace konstant zwei Sterne erkocht. Seit gut zwei Jahren ist die Pariserin die Seele des Restaurants, eine souveräne Gastgeberin mit wohltuender Coolness und brennender Leidenschaft für Gastronomie, eine Strippenzieherin mit Menschenkenntnis und Organisationstalent, überall zu finden und doch unsichtbar. Sie parliert so profund über das Essen wie locker über die französische Regierungskrise – wenn der Gast das denn möchte. Sie spiegelt gekonnt die Stimmung am Tisch, ist immer aufmerksam, zuvorkommend und nie lästig. Zusammen mit ihrem 15-köpfigen, bestens eingespielten Serviceteam sorgt sie an diesem Hort der Haute Cuisine für die nötige Dosis Lockerheit und schafft eine Atmosphäre, in der man sich innert Sekunden wohlfühlt.
Sommelière des Jahres 2023
Ines Triebenbacher, Igniv Restaurant im Marktgasse Hotel Zürich
Die Weinwelt ist eine Männerdomäne, zu den Ausnahmen zählt Ines Triebenbacher. Die junge Lady der guten Tropfen ist seit Anfang 2020 Sommelière und Restaurantleiterin im «Igniv Zürich by Andreas Caminada» – so heisst das Fine-Dining-Lokal im Altstadthotel «Marktgasse» mit vollem Namen. Zwei Vorlieben zeichnen die gebürtige Bayerin aus: Champagner und Schweizer Weine. So finden sich auf der Weinkarte über 140 verschiedene Champagner, darunter vier im Offenausschank. Entdeckungsfreudigen Gästen, die nicht ohne Weiteres einen Schweizer Wein bestellen würden, serviert sie gerne ein Glas eines heimischen Grand Cru blind zum Degustieren und Raten – mit dem Ergebnis, dass viele Gäste positiv überrascht sind. Doch ist Ines Triebenbacher sehr bewusst, dass ihr Job ein ziemlicher Drahtseilakt zwischen Hilfe und Bevormundung ist. «Ich selber mag es gar nicht, wenn ein Sommelier versucht, mir seine persönlichen Favoriten aufzudrängen», sagt sie. Der Geschmack des einzelnen Gastes sei das wichtigste Kriterium – auch wenn ein Wein aus klassischer Profisicht nicht unbedingt zu den Gerichten passt.
Barchef des Jahres 2023
Pantaleone Zoccali, Eden Roc, Ascona
Er weiss, was seine Profession ausmacht: Wenn jemand alle Gäste mit deren unterschiedlichen kulturellen und charakterlichen Hintergründen wahrnimmt und einen Radar dafür hat, wie jede und jeder Einzelne gerade drauf ist, ist das schon die halbe Miete. Ein herausragender Barchef wie Pantaleone «Leo» Zoccali strahlt Menschenkenntnis aus, Wärme, Verständnis und Verschwiegenheit. Und natürlich sind die Cocktails fantastisch. Er mixt den Mojito, als präparierte er eine lebensrettende Medizin, sorgfältig, bedacht, als käme es auf jeden Tropfen an, als dürfte ihm auf keinen Fall ein Fehler unterlaufen. Alles geschieht mit der gleichen Akribie, mit der er gerade zuvor noch die drei Martinis für die Ladies am Tisch ganz hinten zubereitet hat. Man kann das die Sorgfalt eines Barkeepers nennen – oder auch Hingabe. Und es muss nicht immer Alkohol im Spiel sein: Mit derselben Leidenschaft widmet er sich Null-Promille-Drinks, denen er Tiefe und Überraschung verleiht. Beim «Moving Mountains Virgin Cocktail» etwa spielt er mit der Säure von Zitronen, mit der Schärfe von Ingwer und der Süsse von naturtrübem Apfelsaft.
Housekeeper des Jahres 2023
Nuno Lavoura, Chenot Palace Weggis
Als das Chenot Palace vor drei Jahren eröffnete, hat Nuno Lavoura als Room Attendant angefangen. Darauf machte er sich als Room Supervisor und Assistant Housekeeper verdient, bis er zielstrebig die verantwortungsvolle Aufgabe als Executive Housekeeper übernehmen konnte. Was kaum verwundert: Der gebürtige Portugiese sorgt nicht nur für frische Betten, Bäder und Blumen, sondern lebt seinem Team auf den Etagen mit wachsamem Auge und freundlicher Hartnäckigkeit vor, wie man die hohen Standards des Gesundheitshotels aufrechterhält. Überdies legt er Wert darauf, dass wiederkehrende Gäste ihr Zimmer bei der Ankunft bis ins Detail mit allen spezifischen Präferenzen wie beim letzten Aufenthalt hergerichtet vorfinden – selbst wenn es ein anderes Zimmer ist. Kommt man nach einem Jahr wieder, ist alles so, als wäre man kurz für einen Spaziergang aus dem Haus gegangen.
Spa-Manager des Jahres 2023
Estelle Gomes, Gstaad Palace
Für Estelle Gomes ist es eine Herzensangelegenheit, sich für die körperlichen und seelischen Anliegen ihrer Gäste einzusetzen. Ob Personal Training für einen widerstandsfähigen Rücken, Yoga und Meditation für das energetische Gleichgewicht oder japanische Kobido-Gesichtsmassage zur wirkungsvollen Anregung kleinster Muskeln im Gesicht: Die «Oase der Achtsamkeit», wie Estelle den schönen Spa-Bereich im Gstaad Palace beschreibt, bietet tiefgreifendes Wellbeing mit nachhaltigem Effekt – sofern der Gast dies wünscht. Man kann natürlich auch einfach das zweistündige Hamam-Ritual oder eine Beautybehandlung mit Pflegeprodukten aus dem nahegelegenen Biokräutergarten «Jardin des Monts» geniessen – oder am unlängst erneuerten olympischen Freibad «Piscine» Licht-Luft-Sonne tanken. Die Südfranzösin, die dem Alpenpalast seit 2018 verbunden ist und inzwischen zum Direktionsteam gehört, bildet sich kontinuierlich weiter, ist über die aktuellen Entwicklungen bestens im Bild und versteht es, diese in die stete Verbesserung des «Palace»-Spa einzuweben, ohne gleich jedem Trend hinterherzurennen.
Guest Relations Manager des Jahres 2023
Barbara Branco-Schiess, Gstaad Palace
«Behandle den Gast so, wie du selbst behandelt werden möchtest» – so haben es Generationen von Hotelfachschülern gelernt. Die goldene Regel feinsinniger Gastgeber lautet heute jedoch: «Behandle andere so, wie sie behandelt werden wollen.» Die hohe Kunst der Gastlichkeit besteht darin, sich in den Gast hineinzuversetzen, dessen Wünsche und Bedürfnisse zu antizipieren und so zu handeln, dass das Hotel in seinen Augen einen Wert schafft. «Jeder Hotelgast will in unterschiedlichem Ausmass ‘erkannt’ werden», sagt Barbara Branco-Schiess. Seit 25 Jahren an vorderster Front des Gstaad Palace tätig, versteht sie intuitiv, auf was es jedem Einzelnen ankommt und kann auch grosse Egos oder gestresste Neuankömmlinge mit ihrer erfrischend bodenständigen Art im Handumdrehen «entwaffnen». Überdies kennt sich die Thurgauerin besser im Saanenland aus als die meisten Einheimischen, und nicht zuletzt ist sie auch fürs ganze Team stets ein hilfsbereiter, verständnisvoller «Happy Smile»-Anlaufpunkt.
Hotelunternehmer des Jahres 2023
Claudia und Andreas Züllig, Schweizerhof Lenzerheide
«Die Menschen vergessen, was du sagst und was du tust. Aber wie sie sich in deiner Gegenwart gefühlt haben, vergessen sie nie.» Das Zitat der amerikanischen Schriftstellerin Maya Angelou zählt zu den klügsten Äusserungen, die je zum Thema Gastlichkeit gemacht wurden. Nur wenigen Gastgebern gelingt es über Jahrzehnte, sich so überzeugend davon leiten zu lassen. Claudia und Andreas Züllig, die den Schweizerhof Lenzerheide 1994 übernommen haben und seitdem mit weit ausstrahlender Passion und Dynamik an der konstanten Weiterentwicklung ihres Hauses arbeiten, zählen ganz vorn dazu. Claudia an der Front, Andreas eher im Hintergrund, sind die beiden nicht nur in der Lage, stets treue und neue Gäste, sondern auch authentische Mitarbeitende für den Schweizerhof zu begeistern. Fortwährend am Puls der Zeit und mit Sinn für lokale Identität, lebt das Hotelunternehmerpaar mit Herz und Verstand vor, dass auch Häuser, die sich aus eigener Kraft rechnen müssen, konkurrenzfähige und höchst erfolgreiche Hotelperlen sein können. Ausserdem bemerkenswert: das Engagement der beiden für die nachhaltige touristische Entwicklung der Region und der Schweiz. Andreas Züllig ist seit neun Jahren Präsident von HotellerieSuisse (bis Ende 2023) und bei weiteren Tourismusorganisationen aktiv.
ZVGEin solches Teammitglied ist ein Hauptgewinn für jedes Hotel, egal in welcher Abteilung und Position. Im Gstaad Palace füllt Barbara Branco-Schiess diese Funktion als Guest Relations Manager beispielhaft aus. Als «Mädchen für alles» umschreibt die herzlich-lebensfrohe Thurgauerin ihr Aufgabengebiet, das man sich als eine Art Mittelsperson zwischen Rezeption, Concierge, Direktion und Gast vorstellen kann.
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Gerade in Zeiten, in denen die Dienstleistungsqualität in vielen touristischen Branchen vor die Hunde geht (allen voran bei den Airlines und Mietwagenfirmen), ist es wichtig, sich auf jene Akteure zu besinnen, die den Laden wirklich am Laufen halten, mit gesundem Menschenverstand agieren und stets ein Auge darauf haben, dass die grundlegenden Dinge verlässlich umgesetzt werden. Hotels, die allseits respektierte Charaktere wie José Alfonso Gil (Concierge im Fairmont Le Montreux Palace), Markus Kinzel (Empfangschef im Giardino Ascona) oder Diane Blanch (Restaurantleiterin im Beau-Rivage Palace in Lausanne) im Boot haben, brauchen sich um Vieles nicht mehr zu sorgen.
Ähnliches lässt sich über Mattias Roock (Küchendirektor im Castello del Sole) und Nuno Lavoura (Housekeeper im Chenot Palace Weggis) sagen – beide gehen ihrer Arbeit mit einem gewissen Grad an Besessenheit nach und verlieren auch in stressigen Phasen, die es im Hotel nun mal gibt, weder Übersicht noch Fassung. Weitere Ausgezeichnete tragen das Gastgeber-Gen in sich: So sind Estelle Gomes (Spa-Leiterin im Gstaad Palace), Ines Triebenbacher (Sommelière im Igniv Restaurant im Marktgasse Hotel Zürich) und Pantaleone Zoccali (Barchef im Eden Roc Ascona) nicht nur hilfsbereite Teamplayer, sondern auch zugängliche Menschenversteher, die ihren Häusern erst den unvergleichlichen Touch geben. Als Gast ist man da in guten, ja in besten Händen.
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Fünf Arten von Hotels prägen das 27. BILANZ-Hotel-Ranking. Was bei allen zählt, ist die atmosphärische Eigenheit und der menschliche Faktor. Dabei stehen die Schweizer Spitzenhäuser im direkten Vergleich mit ihren europäischen Pendants richtig gut da.
Manche Hotelvereinigungen wie «The Leading Hotels of the World» oder «Swiss Deluxe Hotels» haben die gesellschaftlichen Veränderungen erkannt und beziehen bei ihren Qualitätsnormen – und den entsprechenden Tests in den bestehenden und potenziellen Mitgliedshotels – neuerdings die emotionale Intelligenz der Hotelteams ein. Wurden bisher vor allem technische, schablonenhaft messbare Kriterien angewandt (Wie rasch wird das Telefon abgenommen? Wie lange dauert es, bis man in der Lobby bedient wird? Welche infrastrukturellen Möglichkeiten stehen bereit?), geht es heute verstärkt auch um die persönliche Note respektive darum, wie der Gast emotional abgeholt wird und welche Erfahrungen dieser vor Ort machen kann. «Unsere Aufgabe als Hoteliers ist es in erster Linie, dafür zu sorgen, dass die Gäste eine gute Zeit haben», sagt Andrea Scherz, Besitzer des Gstaad Palace in dritter Generation und seit 2022 Präsident der Leading Hotels of the World.
Die Achillesferse der weltweiten Hotellerie bleibt der Mangel an qualifizierten, warmherzigen Menschen, die eine solche Servicekultur gewährleisten können. Zwar hat sich die kritische Lage am Arbeitsmarkt im Vergleich zum Vorjahr verbessert, doch können im Wettbewerb um profilierte Köpfe nur exzellente Arbeitgeber bestehen.
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Einen guten Hotelier zeichnet heute nicht nur aus, dass er für attraktive Löhne und Benefits sorgt und die Arbeitsstunden im Blick behält, sondern sich auch in punkto soziale Kompetenz, Kinderbetreuung, Ausbildungsplätze und Weiterbildung verdient macht. «Vor zehn Jahren kreiste der grösste Teil meiner Arbeit um die Gäste, an zweiter Stelle kamen die Mitarbeitenden – heute ist es umgekehrt», sagt Luc Califano, der das Grand Hôtel du Lac in Vevey mit ganzer Seele führt. Seine Geheimwaffe bei der Personalrekrutierung: «Die Mundpropaganda von Teammitgliedern, denen es bei uns gefällt und die uns als Arbeitsort weiterempfehlen, ist von grosser Wichtigkeit.» Nach dem gravierenden Fachkräftemangel während der Pandemie blickt er optimistisch nach vorn: «Immerhin können wir inzwischen wieder in allen Abteilungen unter verschiedenen soliden Bewerbungen auswählen.»
Was sich die Hotels nicht auswählen können, sind die Gäste. Deren Verhalten lässt zunehmend zu wünschen übrig und kann die Arbeit selbst des freundlichsten und ausgeglichensten Hotelteams vermiesen. Die geschönte Welt auf Instagram führt oftmals zu unrealistischen Erwartungen – und Online-Booking zu einer geringschätzigen «Amazon-Prime-Mentalität»: Die Leute sind es gewohnt, den virtuellen Button «kaufen» anzuklicken, die Bestellung ohne menschlichen Kontakt im Handumdrehen geliefert zu bekommen oder in letzter Minute zu stornieren.
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«Eine wachsende Zahl von Gästen macht sich einen Sport daraus, die Regeln zu dehnen oder etwas umsonst zu bekommen», sagt ein nicht genannt sein wollender Hotelier einer Bündner Nobelherberge. «Sie reisen in der Hochsaison schon morgens an, wollen möglichst sofort ihr Zimmer, das wir ab 15 Uhr bezugsbereit halten, und kriegen dann je nachdem einen Wutanfall über das vermeintlich unterbesetzte Etagenpersonal oder fordern ein Upgrade als Kompensation.» Das ziehe sich dann bis am Abreisetag so weiter: Dieselben Gäste «vergessen» mittags die geregelte Check-out-Zeit und rufen um 12.30 Uhr die Rezeption an, ob ein Late Check-out möglich sei.
Doch soll man sich von einzelnen Idioten unter den Gästen nicht irritieren lassen – so das Mantra der Profis an der Front. Nach wie vor überwiegen die angenehmen Gäste und die Augenblicke der Dankbarkeit, welche die Angestellten in vielen anderen Branchen vergeblich suchen. «Zum Reiz unserer verschiedenen Berufe im Hotel gehört auch, dass man nie genau weiss, was die nächste Stunde bringen wird, geschweige denn die nächsten 24 Stunden», sagen Jean-Marc und Charlotte Boutilly, die das «Villars Palace» zugkräftig durch das erste Jahr gesteuert haben. Der Umgang mit diesen ständig wechselnden Gegebenheiten im höchst spannenden Mikrokosmos Hotel erfordere eine Mischung aus guter Vorbereitung und Improvisationskunst. «Das ist nicht jedermanns Sache», so die BILANZ-Hoteliers des Jahres, «aber wer eine gute Intuition für Menschen und Situationen hat und in den gelegentlich fordernden Phasen eine gewisse innere Gelassenheit bewahren kann, für den entfacht die Hotelwelt immer wieder von Neuem ihre Magie.»
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Das «Powerduo» Boutilly, das schon seit vielen Jahren in verschiedenen Hotels besonderes Geschick bewies, Talente an sich zu binden, musste – wie alle in der Branche – neue Wege gehen, um die Hotellerie vor allem für die Einsteigergeneration wieder anziehend zu machen. Das hiess auch, grössere Freiheiten einzuräumen, moderne Arbeitszeitmodelle einzuführen, erschwingliche Personalwohnungen bereitzustellen. Und den jungen Leuten den Sinn ihrer Arbeit zu vermitteln.
«Nichts ist sinnstiftender, als gemeinsam etwas zu schaffen», sagt Jean-Marc. Im «Villars Palace» beeindruckt, wie eingeschworen die Crew ist, wie gross der Zusammenhalt, das Know-how in allen Bereichen, der Enthusiasmus und die Liebe zum Detail. Hier wird vor und hinter den Kulissen deutlich, dass es im Gastgewerbe nicht nur ums Bedienen und Servieren geht, sondern dass der Job Teil von etwas Grösserem sein kann und ein harmonisch kooperierendes Team den entscheidenden Unterschied ausmacht – sowohl für die Gäste als auch für die Mitarbeitenden.
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