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Gegen den Trend: So trotzt PKZ der Krise im Modehandel

Für Modeläden hat sich die Krise verschärft. Doch Manuela Beer macht vieles anders und sieht sogar Chancen. Nun will sie neue Filialen eröffnen.

Bastian Heiniger

Manuela Beer, Geschäftsführerin der PKZ Burger-Kehl & Co. AG, porträtiert im Geschäft an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Gute Gastgeberin: CEO Manuela Beer hübscht die PKZ-Läden laufend auf. Dafür investiert sie jährlich bis zu zehn Millionen Franken.

Daniel Kellenberger

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Leere Läden, volle Regale. Megarabatte und Jobabbau. Tristesse pur. So etwa würde man die Gemengelage in den Modeläden erwarten. Manuela Beer jedoch wirbelt mit einem Elan durch das PKZ-Damengeschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse, als hätte ihr gerade Karl Lagerfeld selig eine Exklusivkollektion angeboten.

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Krise? Die PKZ-Chefin spürt davon offenbar wenig. Im Erdgeschoss deutet sie zur neuen Kollektion von The Kooples hin, jenem Trendlabel aus Paris, das sie nach fünf Jahren endlich gewinnen konnte. In der Business-Abteilung nimmt sie Teile des Schweizer Brands Akris aus dem Ständer und preist mit der Begeisterung einer Modeberaterin die Qualität. Sie selbst ist stilsicher unterwegs und fein gestylt, wie sich das halt gehört für eine Geschäftsführerin einer gehobenen Modekette.

Es ist viel los an diesem herbstlichen Mittwochmorgen. Alles scheint ziemlich normal, wären da nicht die Masken auf den Gesichtern von Kunden, Mitarbeitern und natürlich der Chefin. Nur in der Abteilung für Festkleider sind Kabinen, Bar und Lounge verwaist. Bälle und Hochzeiten haben aktuell eben nicht gerade Hochkonjunktur.

PKZ: Filiale PKZ Women an der Bahnofstrasse

Ansicht der Filiale PKZ Women an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Der PKZ Women an der Zürcher Bahnhofstrasse ist die Vorzeigefiliale. Die Immobilie ist denn auch in Besitz der Familie Burger, der Inhaber der Modekette.

Fotos PKZ - ZVG
Ansicht der Filiale PKZ Women an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Der PKZ Women an der Zürcher Bahnhofstrasse ist die Vorzeigefiliale. Die Immobilie ist denn auch in Besitz der Familie Burger, der Inhaber der Modekette.

Fotos PKZ - ZVG

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Auch etwas weniger Betrieb gibt es einige Meter die Bahnhofstrasse hinunter im Herrengeschäft. Vielleicht liegt es ja nur an der vormittäglichen Stunde. Denn genau in der Männermode sieht Beer das grösste Potenzial für weitere Filialen.

Schon beim ersten Treffen vor einem Jahr erzählte sie vom «leichten Expansionskurs», den sie anpeile. Inzwischen ist die Welt jedoch eine andere. Besonders für Kleiderhändler, die nicht primär vom Onlinegeschäft leben. Der Lockdown traf die Branche knallhart. Nicht nur wegen der fehlenden Umsätze. Viele Läden blieben auf ihren saisonalen Kleidern sitzen und stossen die Ware nun zum Schleuderpreis ab. Selbst nach der Wiedereröffnung hat das Geschäft nicht angezogen. Und die Verlagerung ins Internet beschleunigt sich massiv.

Mode-Konkurrenz baut ab

Zalando etwa korrigiert laufend die Prognosen nach oben und hat jüngst das ETH-Spin-off Fision übernommen, das eine Mess-App entwickelt, dank der Kunden von zu Hause aus die passende Kleidergrösse finden. Klassische Händler hingegen bauen ab: In Deutschland schliessen 37 Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof endgültig, die Fast-Fashion-Giganten Zara und H&M verkleinern das globale Filialnetz, und die Schweizer Modekette Tally Weijl schliesst mit weltweit 200 Filialen ein Viertel aller Läden.

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««Interessant für uns sind mittelgrosse Städte wie Schaffhausen oder Solothurn.»»

Manuela Beer, PKZ-Chefin

Schon erstaunlich, dass Manuela Beer in diesem Umfeld noch immer Gelegenheiten sieht. «Wir suchen derzeit in verschiedenen Städten neue Standorte, um einen PKZ Men zu eröffnen», bekräftigt sie im Gespräch am Konferenztisch im Loft des Zürcher Damengeschäfts. Angedacht seien in den nächsten zwei Jahren bis zu fünf neue Läden in mittelgrossen Städten. «Interessant für uns sind beispielsweise Schaffhausen und Solothurn.»

Auf der Wunschliste sind aber auch der Flughafen Zürich oder das Seedamm-Center in Pfäffikon SZ. Diesen Sommer eröffnete PKZ bereits in Wil SG eine Filiale für Männermode. In Frage komme zudem ein Ausbau, wenn neben bestehenden Läden Flächen frei würden, wie gerade in Baden.

PKZ: PKZ Men in Zürich

Blick in die PKZ Men Filiale an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Chancen mit Herrenläden: In der Männermode sieht die PKZ-Chefin eine Lücke. Bis zu fünf neue Läden möchte sie eröffnen.

Fotos PKZ - ZVG
Blick in die PKZ Men Filiale an der Bahnhofstrasse in Zürich.

Chancen mit Herrenläden: In der Männermode sieht die PKZ-Chefin eine Lücke. Bis zu fünf neue Läden möchte sie eröffnen.

Fotos PKZ - ZVG

Beer ist perfekt vorbereitet auf das Gespräch, hat alle möglichen Notizen bei sich, obwohl sie diese nicht braucht und auf praktisch jede Frage problemlos minutenlange Antworten gibt. Sie hat die Sache unter Kontrolle. Beer ist keine Managerin, die rein nach Bauchgefühl entscheidet. Dass sie nun mit schweizweit 39 Filialen und 600 Mitarbeitern mit Herrenmode wachsen will, hat nicht nur damit zu tun, dass Männer weniger online bestellen, wie sie festgestellt hat. Es ist primär der Konkurrenz geschuldet. Oder besser: der fehlenden Konkurrenz.

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Zumindest auf dem Spielfeld von PKZ, das von mittleren Preisen bis Premium und Business-Mode reicht. Die Globus-Warenhäuser etwa haben sich mit der Übernahme durch Signa und die Central Group, die zusammen Luxushäuser wie KaDeWe in Deutschland oder La Rinascente in Italien betreiben, endgültig in die oberste Preisetage verabschiedet. Dort ringen sie nun mit Jelmoli und Bongénie Grieder um die betuchte Kundschaft.

Bayard übernimmt Globus-Fachgeschäfte

Ebenso nicht mehr zur direkten Konkurrenz zählt Beer die übrigen 31 ehemaligen Schild- und Herren-Globus-Läden, die per Februar 2021 vom früheren Globus-Chef Thomas Herbert und der Mode-Gruppe Bayard übernommen werden.

Silvia Bayard, Chefin der Gruppe mit bereits 75 Filialen, möchte sich derzeit nicht zu ihrer Strategie äussern. Mit den Bayard-Läden ist sie jedoch unterhalb von PKZ im Trend- und Casual-Bereich daheim. Beer glaubt deshalb, dass sich nun eine noch grössere Lücke auftut. Für nächstes Jahr hat sie schon mal das Einkaufsvolumen vergrössert.

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Auf Basis von 2019 will sie mit mehr als fünf Prozent wachsen. «Wir sehen eine grosse Chance im Markt», betont sie. Das klingt wie eine Floskel eines daueroptimistischen Managers. Doch Beer ist nicht bekannt als Schönfärberin. 2020 sei auch für sie ein verlorenes Jahr. Und wegen des Lockdowns stehe erstmals ein Verlust ins Haus, der zwar nicht kompensiert, aber dank den Reserven aus den guten Jahren gedeckt werden könne.

Immerhin: In den Monaten seit der Wiedereröffnung sind die Umsätze fast wieder auf dem Vorjahresniveau. Und der bereits profitable Onlineshop verdoppelte dieses Jahr den Umsatz. Das macht Mut. Zuversicht dürfte Beer auch aus ihrer Vergangenheit schöpfen. Ihr Anfang bei PKZ war alles andere als einfach.

Nach der Ausbildung zur Betriebswirtin an der Universität St. Gallen startete sie die Karriere beim Konsumgüterhersteller Unilever. Dort beschäftigte sie sich im Marketing etwa mit Putzmitteln und Kosmetik. Später stiess sie als Marketingleiterin zum Ledermöbelhersteller de Sede und begann zwei Jahre danach bei Globus als Quereinsteigerin im Einkauf.

Innerhalb von elf Jahren stieg sie intern auf und schaffte es fast auf den Chefposten. 2012 verlor sie das Rennen gegen Jean-François Zimmermann, den damaligen Verkaufschef. Beer wurde Vize. Als sie nach zwei Jahren von PKZ den CEO-Posten angeboten bekam, musste sie nicht lange überlegen; zumal sie bei Globus nicht d’accord war mit der Strategie, Schild zu übernehmen und den Brand zu killen.

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Bei PKZ hingegen wollte Inhaber Olivier Burger damals nach Jahrzehnten als Chef und Präsident kürzertreten. Doch kaum war Manuela Beer als neue Geschäftsführerin installiert, starb Burger 2015 mit 61 Jahren überraschend an einer Hirnblutung. Und plötzlich stand sie alleine an der Spitze des traditionsreichen Familienunternehmens.

«Ich wusste nicht, wo die Reise hingeht, hatte aber ein Gefühl dafür und die volle Unterstützung des Verwaltungsrates», sagt sie heute. Und so entwarf Beer eine neue Strategie: Den Fokus legte sie klar auf den Mittel- und Premiumbereich – weil dies eine breite Zielgruppe anspricht in der Schweiz. Zweitens nahm sie möglichst viele exklusive Marken ins Sortiment. Drittens schuf sie mit Sofas, Kaffee-Lounges und Kinderecken eine Wohnzimmer-Atmosphäre. Viertens wurden die Mitarbeiter nicht nur zu Fachspezialisten, sondern auch zu guten Gastgebern geschult.

Das Credo: Anders, als es die anderen machen

Im Marketing, ihrer wahren Passion, setzte sie auf das Credo: Anders, als es die anderen machen. So lädt PKZ gute Kunden an Styling-Workshops und verschickt Geburtstagsgeschenke oder auch mal einen Blumenstrauss. Und trotz allgegenwärtigem Digitaltrend erscheint zu jeder Jahreszeit ein aufwendiges Print-Magazin mit einer Auflage von 400'000 Exemplaren. «Wir können damit mehr Emotionen wecken als mit jedem Sale», sagt Beer.

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Im Lockdown verschob sie die Veröffentlichung kurz vor die Wiedereröffnung. Im Heft und in Schaufenstern schaltete sie ganz auf Sommerstimmung, während andere primär Rabatte anpriesen. «Online hatten wir nach Erscheinen des Magazins die beste Umsatzwoche seit dem Start vor acht Jahren.» Und auch die Läden hätten überdurchschnittlich gut verkauft.

Mit ihrer Strategie brachte sie PKZ vor drei Jahren zurück zum Wachstum: Nach mehrjährigen Einbussen kletterte der Umsatz erst um je zwei Prozent und 2019 sogar um knapp fünf – und das in einem seit 2010 schrumpfenden Markt. Doch nun steht sie vor der grössten Herausforderung ihrer Karriere. Je höher die zweite Corona-Welle steigt, umso düsterer die Aussichten. Die flächendeckende Maskenpflicht dürfte aufs Geschäft drücken.

Bei PKZ erzielten im Sommer Filialen in Kantonen mit Maskenpflicht laut Beer fünf bis zehn Prozent weniger Umsatz. Während Zürich, Basel oder Genf litten, liefen die Filialen in Luzern, St. Gallen, Neuenburg oder Bern gut. Branchenkenner zumindest glauben nicht, dass PKZ einfacher durch die Krise kommt als die Konkurrenz. Selbst wenn es im Premium- und Business-Bereich eine Lücke gibt, stellt sich die Frage, wie gross dieser Markt aktuell noch ist. Wer kauft in Zeiten von Homeoffice schon eine neue Krawatte?

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Mode-Experten sind skeptisch

Nordal Cavadini, Handelsexperte beim Beratungsunternehmen Oliver Wyman, etwa sagt: «Je mehr Personen von zu Hause aus arbeiten, desto weniger Business-Kleider werden verkauft.» Hinzu kommt: Wenn potenzielle Laufkundschaft nur einen Tag pro Woche im Homeoffice sei, kann das schnell 20 Prozent weniger Frequenzen in manchen Läden bedeuten. «Das ist massiv.»

Wenig optimistisch ist er auch fürs Weihnachtsgeschäft, unabhängig von einem eventuellen zweiten Lockdown. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten würden Konsumenten stärker auf den Preis achten. Und beispielsweise den Kauf eines neuen Mantels eher verschieben.

«Kunden kommen zwar seltener vorbei, kaufen aber mehr auf einmal. Ein Phänomen, das zuletzt viele Händler erleben.»

Beer hält dagegen mit ihrem gern genannten Argument, dass Arbeitnehmer in härteren Zeiten mehr Wert auf gutes Aussehen legten. «Man macht ja nicht nur mit dem Kopf Eindruck, sondern auch mit seiner Erscheinung.» Und Mäntel und Jacken seien derzeit gefragt. Ferner betont sie, mit weniger Frequenzen mehr Umsatz zu generieren. Kunden kommen zwar seltener vorbei, kaufen aber mehr auf einmal. Ein Phänomen, das zuletzt viele Händler erlebten. Und anders als die Mitbewerber im Luxusbereich sei PKZ nicht von Touristen und Geschäftsreisenden abhängig.

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Im Ausland ist PKZ kein Name. Der Grossteil der Kunden kommt aus der Schweiz. 80  Prozent von ihnen sind Stammkunden oder zumindest registriert. Zehntausend haben bereits eine Goldkarte, die es gibt, wenn man jährlich für mehr als 2500 Franken einkauft. Für die Treue werden Goldkunden mit exklusiven Gutscheinen und höheren Rabatten belohnt und erhalten in manchen Filialen Zugang zu VIP-Kabinen und speziellen Kassen.

Es sind keine Geheimrezepte oder revolutionäre Ideen, die dafür sorgten, dass PKZ entgegen dem Branchentrend zuletzt wieder gewachsen ist. Ein Unterschied scheint jedoch, dass Beer ihre Strategie konsequent umsetzt, sich aber nicht darauf ausruht.

Nächstes Jahr lanciert sie eine Nachhaltigkeitsstrategie und hat bereits eine Managerin eingestellt, die das Umweltthema gross spielen soll. Als Erstes gibt es bald nur noch Papiertaschen, und Ende Februar fliegen Jacken mit Pelzkragen endgültig aus dem Sortiment. Schliesslich soll auch die heutige Klimajugend einst zu PKZ-Kunden werden. Ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.

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