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Frank Goldfinger: Ein süsser Ausblick

Barry Callebaut bietet mittelfristig neues Kurspotenzial; SoftwareOne steckt in einer temporären Formschwäche; die Geschäfts­belebung bei Rieter treibt den Aktienkurs.

Frank Goldfinger

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Antoine de Saint-Affrique

Antoine de Saint-Affrique, CEO von Barry Callebaut, übergibt Peter Boone ein kerngesundes Unternehmen.

Reuters

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Als Antoine de Saint-Affrique (57) seinen Job als CEO von Barry Callebaut kündigte, war die Branche bass erstaunt. Nun ist der Grund klar: Der Franzose wechselt an die Spitze des Nahrungsmittelkonzerns Danone. Sein Abgang beim weltgrössten Kakao- und Schokoladeproduzenten ist zwar bedauerlich, doch keine Katastrophe. Unter seiner sechsjährigen Führung entwickelte sich Barry Callebaut bestens, der Aktienkurs hat sich verdoppelt.

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ogar in der Pandemie zeigt sich die Firma «langweilig konstant», so der im August ausscheidende Noch-CEO. Im ersten Halbjahr 2020/21 gingen Umsatz und Betriebsgewinn in einem erträglichen Ausmass zurück. Positiv zu werten ist, dass de Saint-Affrique in den Verwaltungsrat wechselt, sein Know-how damit beim Schoggiproduzenten bleibt.

Sein Nachfolger Peter Boone (51) ist seit neun Jahren an Bord und gilt als ideale Lösung. Der Holländer übernimmt ein gesundes Unternehmen. Pluspunkte sind eine starke globale Präsenz, Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, innovative Produkte, ein starkes Kundennetz speziell im B2B-Geschäft. Positiv ebenso die Aussichten: Mittelfristig soll das Volumen jährlich um fünf bis sieben Prozent, das Ebit noch stärker wachsen.

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Ungeachtet des erfreulichen Umfelds sind die Aktien Ende April um gegen zehn Prozent abgestürzt. Die Hauptaktionärin Jacobs Holding hat 550'000 Aktien für rund 1,1 Milliarden Franken versilbert. Aktuell hält sie noch 30,1 Prozent an Barry Callebaut. Trotz der Kurskorrektur sind die Papiere mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 31 für dieses und 26 für das kommende Geschäftsjahr nicht billig. Qualität hat eben ihren Preis. Dafür sind die Papiere solide, das stetige Umsatz- und Ertragswachstum verspricht mittelfristig wieder Kurspotenzial.

Spekulation gefällig?

Mit gegen 50 Seiten hat die Zürcher Kantonalbank eine ungewöhnlich umfangreiche Studie über Evolva veröffentlicht. Bislang hat das KMU aus Reinach BL, ein auf natürliche Zusatzstoffe spezialisiertes Biotech-Unternehmen, vor allem Schlagzeilen als Geldvernichter gemacht; alleine über die letzten drei Jahre sind bei einem Gesamtumsatz von 28  Millionen Franken Verluste von 81  Millionen angefallen. CEO Oliver Walker (52) ist laufend auf der Suche nach neuen Betriebsmitteln. Dieser Tage hat die Investmentfirma Nice & Green weitere 20 Millionen eingeschossen.

Über den Autor

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

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Evolva verfügt über eine Pipeline von sieben Produkten. Vielversprechend sind beispielsweise Resveratrol, Valencene und Nootkatone. Spannend ist der kalorienfreie, pflanzliche Süssstoff EverSweet. Produziert und vermarktet wird dieser von Cargill, Evolva erhält fünf Prozent vom Umsatz.

Würde Coca-Cola als Kunde gewonnen, ginge die Post ab. Die Aussichten der Firma sind schwer zu beurteilen. Walker rechnet bis 2023 auf Stufe Ebitda mit Break-even. Ich habe die Aktien 2017 vorgestellt. Seither verloren die Pennystocks gegen die Hälfte an Wert. Die Titel sind also höchst risikoreich: Bei Markterfolgen schiessen die Aktien durch die Decke, bei Flops droht Totalverlust.

Dranbleiben

Die Investoren sind verwöhnt: Was Schweizer Unternehmen in den vergangenen Wochen an Resultaten veröffentlicht haben, ist grösstenteils erste Sahne. Doch wehe, die hohen Erwartungen werden enttäuscht. Dann wird am Aktienmarkt subito ausgeladen. Das ist SoftwareOne widerfahren.

Seit Veröffentlichung der 2020er Zahlen rauschten die Valoren des weltweit führenden Anbieters von End-to-End-Software- und Cloudlösungen um gegen 30 Prozent in die Tiefe. Zugegeben, die Ergebnisse der Nidwaldner waren nicht berauschend, mit Blick auf die Corona-Krise allerdings solide; der bereinigte Bruttogewinn stieg um 4,4 Prozent, die Ebitda-Marge verbesserte sich leicht auf 30,6 Prozent.

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Die Anleger zusätzlich verunsichert hat, dass CEO Dieter Schlosser für das laufende Jahr «nur» ein Bruttogewinn-Wachstum von 10  Prozent und eine Ebitda-Marge von 30 Prozent in Aussicht stellt. Der Grund: Die Stanser Firma investiert stark ins Servicegeschäft. Dazu wurde mit Microsoft – SoftwareOne ist grösster Vertriebspartner – eine strategische Vereinbarung abgeschlossen.

2021 Softwareone

Abgestraft: Die Valoren von SoftwareOne rauschten um gegen 30 Prozent in die Tiefe.

cash.ch
2021 Softwareone

Abgestraft: Die Valoren von SoftwareOne rauschten um gegen 30 Prozent in die Tiefe.

cash.ch

Bis 2023 sollen nicht weniger als 5000 neue IT-Spezialisten eingestellt werden. Trotz Unkenrufen bleibt SoftwareOne damit ein Wachstumsunternehmen. Ich halte an meiner Kaufempfehlung fest. Zumal die Aktien nach dem Kursrutsch attraktiv bewertet sind; das KGV für 2021 und 2022 stellt sich auf 22 respektive 20.

Auf und davon

Zu den Börsenstars dieses Jahres zählen Rieter; seit Anfang Januar haussierten die Aktien um gegen 70  Prozent. Dabei hat die Corona-Krise das Geschäft des auf Spinnmaschinen-Systeme und -Komponenten spezialisierten Unternehmens heftig zerzaust. Kein Wunder, war doch rund um den Globus wegen der Pandemie beinahe jede zweite Spinnerei geschlossen, was auf die Nachfrage nach neuen Maschinen und Serviceleistungen drückte.

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Und so musste das Winterthurer Unternehmen für 2020 beim Bestellungseingang und Umsatz einen Einbruch von 31 respektive 25 Prozent bekannt geben. Unter dem Strich verblieb ein heftiger Verlust von 90  Millionen Franken, dem die Dividende zum Opfer fiel.

Tempi passati. Die Aktien beziehen ihre frische Kraft aus einer deutlichen Belebung der Nachfrage. Alleine für den April meldet Konzernchef Norbert Klapper (58) einen Bestellungseingang von 300 Millionen, für das erste Halbjahr prognostiziert er nun 800 Millionen.

CEO Norbert Klapper der Firma Rieter, Winterthur.

Rieter-Konzernchef Norbert Klapper blickt nach einem harten Jahr guten Zeiten entgegen.

NZZ-Photographen-Team
CEO Norbert Klapper der Firma Rieter, Winterthur.

Rieter-Konzernchef Norbert Klapper blickt nach einem harten Jahr guten Zeiten entgegen.

NZZ-Photographen-Team

Das ist weitaus mehr, als die Traditionsfirma im gesamten Vorjahr akquirieren konnte. 2021 soll wieder ein Gewinn anfallen. Über dessen Höhe allerdings sind sich die Finanzanalysten uneins. Das kann mit Blick auf das hochvolatile Geschäft des Maschinenherstellers nicht verwundern.

Sicher ist dafür: Hält der Höhenflug bei den Bestellungen an, wird Rieter 2022 erstklassige Resultate vorzeigen können. Nur sind die Aktien nach dem Höhenflug bereits satt bewertet: Das KGV für 2022 stellt sich, je nach Analystenschätzung, immer noch auf 20 bis 25. Das ist mir zu teuer, sind doch die Valoren mit etwelchen Risiken behaftet.

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