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Mann des Monats

Family first! So regelt Industriekapitän Michael Pieper seine Nachfolge

Michael Pieper hat um den Küchenbauer Franke eines der grössten Schweizer Industrie-Imperien geschmiedet. Jetzt steht er vor der grössten Herausforderung: Wie regle ich die Nachfolge?

Dirk Schütz

Foto: Joseph Khakshouri 15.11.2021Michael Pieper - Inhaber Artemis Group, im Franke im FRANKE Headquarters.in einer Musterküche.Er wollte unbedingt das Fass auf die Küchenplatte legen.Aarburg (AG)

KAFFEE VOM EIGENTÜMER Michael Pieper in einer Modellküche am Hauptsitz. Franke ist weltweit die Nummer eins bei Spülen und beliefert McDonald’s, Ikea oder Burger King mit kompletten Systemküchen.

Joseph Khakshouri für BILANZ

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Es gibt eine Anekdote über Michael Pieper, die längst zum Inventar der Firma gehört. Als er im fernen Jahr 1989 den Chefposten beim Küchenbauer Franke übernahm, kam er am ersten Tag um acht Uhr ins Büro, und fast alle seiner Unterstellten waren da. Am nächsten Tag fuhr er um sieben Uhr vor, es war fast niemand da. Am Folgetag kam er wieder um sieben Uhr – und alle waren da. Am nächsten Tag: sechs Uhr, am zweiten Tag waren alle da. Schliesslich pendelte er sich auf fünf Uhr Arbeitsbeginn ein.

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Heute fährt er immer noch fast jeden Tag um fünf Uhr auf das weiträumige Firmengelände im aargauischen Aarburg. «Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, um vier Uhr aufzustehen, kann man das nicht mehr ändern», lacht der 75-Jährige in seinem grossräumigen Besprechungszimmer im vierten Stock des Franke-Hauptsitzes. Der Blick schweift über das weite Firmenareal, das er in den letzten 30 Jahren vollständig neu konzipierte.

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Aus dem Küchenbauer Franke hat er mit Zähigkeit und grossem Einsatz eine der grössten Industriegruppen der Schweiz geschmiedet. Artemis, benannt nach der griechischen Göttin der Jagd, nennt er seine Holding, in der alles zusammenläuft – es war der Name des Segelbootes, mit dem sein Vater und sein verstorbener Bruder einst Rekorde auf dem Meer jagten. Beide nahmen für die Schweiz sogar an den Olympischen Spielen teil.

Mehr als 100 Firmen

Für den Besucher hat die Kommunikationsabteilung eigens eine Übersicht über die weitverzweigten Aktivitäten zusammengestellt, und da wird auf 38 Seiten detailliert aufgelistet, was die Gruppe alles veranstaltet. «Schweizer Küchenkönig» wird er oft genannt, doch diese Bezeichnung ist noch verharmlosend: Michael Pieper ist viel mehr. «Wir stehen vor einem Rekordjahr», setzt er an – und gönnt sich einen Parforceritt durch sein Imperium.

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Mehr als 100 Firmen, fast 11'000 Mitarbeitende und mehr als drei Milliarden Franken Umsatz allein bei den konsolidierten Firmen: der Küchenhersteller Franke, das Herzstück, dazu sieben Immobilienfirmen, verteilt auf die Schweiz, die USA, Polen und Rumänien, die Beteiligungen an den Industriefirmen Forbo, Feintool, Autoneum, Arbonia oder Adval – klingende Namen der Schweizer Industriegeschichte. Dazu die klassischen Ingredienzen eines Family Office: Private Equity, Venture Capital, ein klassisches Wertpapierportfolio – von allem ist etwas dabei.

Michael Piepers Firmenreich
Bilanz
Michael Piepers Firmenreich
Bilanz

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Auch eine Bankbeteiligung. Seit letztem Jahr hält die Artemis 24 Prozent an der Privatbank Bergos, der ehemaligen Berenberg Schweiz. Pieper sitzt dort auch im Verwaltungsrat. Und auch der Genuss ist abgedeckt: Eine 25-Prozent-Beteiligung an einem Weingut des Luxusunternehmers Silvio Denz im Bordelais oder das Luxusrestaurant Talvo mit Bahnunternehmer Peter Spuhler im Engadin.

Noch frisch: eine 10-Prozent-Beteiligung an dem österreichischen Hautcreme-Hersteller Tomorrowlabs, zusammen unter anderen mit dem deutschen Industriemanager Wolfgang Reitzle und dessen Frau Nina Ruge, die jüngst nach Meggen an den Vierwaldstättersee gezogen sind – ganz in die Nähe von Pieper, der in Hergiswil im steuermilden Kanton Nidwalden wohnt. «Corona liegt wirtschaftlich hinter uns, alle Firmen laufen auf voller Auslastung», freut er sich.

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Das führt auch in der BILANZ-Reichsten-Einschätzung zu einem satten Plus: Fünf bis sechs Milliarden Franken ist Piepers Firmenreich wert, und das ist noch konservativ geschätzt. Er ist Alleineigentümer.

Grösste Herausforderung

Doch jetzt geht es an die grösste Herausforderung eines erfolgreichen Patrons: die Regelung der Nachfolge. Denn auch wenn er noch immer um fünf Uhr morgens mit Krawatte das Büro entert, dem Homeoffice-Trend trotzend, so ist eben doch nicht mehr alles wie früher: Vor einiger Zeit hatte er eine schwere Lungenembolie, im letzten Jahr eine Wirbelfraktur. Zweimal die Woche muss er in die Physiotherapie.

Das Skifahren in seinem geliebten Engadin, wo schon seine Eltern ein Domizil hatten und er das Internat Zuoz besuchte, hat er längst aufgegeben. Und auch der Druck aus seinem Umfeld steigt: Die Manager an seiner Seite, treue Weggefährten zwar, aber sicher mit einem Zug zur Professionalisierung, drängen auf Emanzipation vom Übervater – eine natürliche Folge des Wachstums der Unternehmensgruppe, die sich nicht mehr allein mit dem unternehmerischen Elan des Patrons führen lässt. Und vor allem: Auch die beiden Kinder sind bereit.

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Foto: Joseph Khakshouri für BILANZ

Wie schwierig die Übergabe des Lebenswerks ist, zeigen viele Beispiele aus der BILANZ-Reichstenliste: Der 84-jährige, kinderlose Klaus-Michael Kühne, grösster Aufsteiger in diesem Jahr, hat eine Stiftung gegründet, doch wie genau die Machtverhältnisse einmal spielen werden, wenn der Patron nicht mehr da ist, lässt sich zu Lebzeiten nie genau regeln.

Der Liftbau-Patron Alfred Schindler (72), neben Pieper der zweite Industrie-Patriarch am Vierwaldstättersee, hat zwei Kinder, doch beide gelten kaum als geeignet. Auch der 78-jährige Auto-Milliardär Walter Frey macht einfach weiter – wie genau das Erbe unter den drei Kindern aufgeteilt wird, gilt als beliebtes Ratespiel innerhalb der Fima. Sein einziger Sohn Lorenz ist verheiratet mit Michelle Hilti, die jüngst als Famlienvertreterin in den Verwaltungsrat des Baukonzerns eingezogen ist. Dort ist die Nachfolgefrage wenigstens geregelt – mit einem speziellen Konstrukt: Hilti gehört einem Trust nach Liechtensteiner Recht und hat sich damit von allfälligen Familienkonflikten emanzipiert.

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Wie Pieper seine Nachfolge löst, hat da auch Signalwirkung. Peter Spuhler etwa kauft wie Pieper Beteiligungen an Industriefirmen, bei Rieter stiegen sie zusammen ein und gliederten später das Autozulieferer-Geschäft in die neu gegründete Autoneum aus. Wie Pieper bündelt auch Spuhler seine Beteiligungen in einer eigenen Gesellschaft, PCS Holding genannt – nach Peter Christian Spuhler.

Spuhlers jüngstes Industrie-Investment, die Beteiligung bei Swiss Steel, hatte auch Pieper mehrfach angeschaut. Doch der Anteil von nur zwöf Prozent war ihm zu klein – er will bei seinen Beteiligungen immer der grösste Aktionär sein, bei Swiss Steel wäre er nur die Nummer drei gewesen. Spuhler ist 62 Jahre alt und damit 13 Jahre jünger als Pieper und als CEO und VR-Präsident von Stadler Rail noch voll an der Front aktiv. Zwar arbeitet sein einziger Sohn bereits in der Firma, doch für eine Nachfolgeregelung ist es zu früh. Kein Wunder, dass die Schweizer Industrie Pieper so genau beäugt. Meistert er die finale Grossaufgabe?

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Mitstreiter von Michael Pieper

Christian Mäder wird an der Generalversammlung der Franke Holding AG am 1. Mai 2019 zum neuen Präsidenten des Verwaltungsrats ernannt werden. Weiterer Text über ots und www.presseportal.ch/de/nr/100053819 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/Franke Group/balz murer"
Patrik Wohlhauser: Patrik Wohlhauser wird zusätzlich zu seiner Rolle als CEO der Franke Gruppe ab dem 1. Juli die Verantwortung für die Division wahrnehmen.
Peter Spuhler (Mitinhaber Talvo) mit Michael Pieper (Mitinhaber Talvo)5. Jahre Presselunch / St. Moritz, 19. Dezember 2016, im Talvo by Martin Dalsass.Via Gunels 15, 7512 St. Moritz
This Schneider
Nina RUGE ( Frau von),Wolfgang REITZLE,beim Ludwig Erhard Gipfels 2020,Rottach-Egern,Bachmair Event Arena, 17.01.2020
Silvio Denz
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Mitstreiter Christian Mäder: Der Artemis-Finanzchef und Franke-VR-Präsident ist Piepers wichtigster externer Manager.

PD

Was die Sache bei Michael Pieper besonders interessant macht: das eigene Trauma in dieser Frage. Denn die Übergabe der Verantwortung an ihn war ein zäher Prozess, bei dem er sich mit seinem Vater massiv zerstritt – und das gleich zwei Mal. Mit grossem Tatendrang war er in jungen Jahren in die väterliche Firma eingetreten, nach standesgemässem Studium in St. Gallen durchaus selbstbewusst – für den Senior Willy Pieper, der den Küchenbauer Franke 1975 von seinem langjährigen Freund Walter Franke übernommen hatte, sogar zu selbstbewusst.

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Rückzug mit 78 Jahren

Nach heftigen Streitereien schmiss der Vater ihn aus der Firma, und Michael Pieper ging auf eigene Faust in die USA. Er kannte das Land bereits, weil Franke Küchen für McDonald’s lieferte. Sechs Jahre blieb er dort und redete in dieser Zeit kein Wort mit seinem Vater. Die Verbundenheit zu den USA ist bis heute gross: Noch immer hat er viele Freunde im Raum Philadelphia und investiert dort auch in grossem Stil in Immobilien. Seine Frau Emmy Lou, halb Amerikanerin, halb Schweizerin, lernte er dort kennen.

Für die Familiengründung kam das Paar in die Schweiz zurück, doch das Verhältnis zum Vater blieb angespannt. Der übergab ihm zwar eine Tochterfirma von Franke, doch kreuzte dann schnell wieder auf, um den Filius zu kontrollieren. Pieper schmiss hin und machte seine eigene Vermögensverwaltung auf – so viel Banker war er dann schon. Es brauchte dann einigen Druck, auch von externen Kräften im Franke-Verwaltungsrat, um Pieper senior von der Übergabe zu überzeugen. Als der Geschäftsgang von Franke nicht mehr so gut lief, übertrug er endlich die Firma dem Sohn. Er war 78 Jahre alt. Zwei Jahre später starb Willy Pieper.

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Der Schwiegersohn sitzt am Tisch

Und so fragen sich viele Mitarbeiter in dem Firmenreich: Wiederholt sich dieses Trauma? Kann auch Michael Pieper nicht loslassen? Eine Sache hält Pieper auf jeden Fall wie sein Vater: Das Firmenreich soll nicht zersplittert werden. Michael Pieper bekam damals die Firma Franke, obwohl ihr Wert nur 20 Prozent des Gesamtvermögens betrug, sein Bruder eine andere Familienfirma, und die Schwester Kapitalbeteiligungen – ganz traditionell.

Michael Pieper - Inhaber Artemis Group, im Franke im FRANKE Headquarters.Neben Kunstwerk "Rugel" von Josef StaubAarburg (AG)

KÜCHENKÖNIG UND MEHR Michael Pieper auf dem Firmenareal der Franke Gruppe in Aarburg.

Joseph Khakshouri für BILANZ
Michael Pieper - Inhaber Artemis Group, im Franke im FRANKE Headquarters.Neben Kunstwerk "Rugel" von Josef StaubAarburg (AG)

KÜCHENKÖNIG UND MEHR Michael Pieper auf dem Firmenareal der Franke Gruppe in Aarburg.

Joseph Khakshouri für BILANZ

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Und so hat es der Patron auch jetzt bereits entschieden: Das Herzstück Franke geht an Sohn Alexander, der gesamte Rest an Tochter Nina. «Die Bewertungsunterschiede dürfen da keine Rolle spielen», betont Pieper. Dass die Aufteilung auch hier nach klassischem Rollenverständnis funktioniert, liegt vor allem am Werdegang: Die 40-jährige Nina Pieper ist Designerin, zwar durchaus mit kommerziellem Flair, doch ohne Interesse an der operativen Führung einer Industriefirma. Und Alexander Pieper, zwei Jahre jünger als seine Schwester, hat eine interessante Karriere hinter sich: Er arbeitete zehn Jahre für Franke in den USA, den Philippinen und den Arabischen Emiraten und übernahm vor fünf Jahren den Werkzeugbauer Kraftwerk in Mönchaltorf im Kanton Zürich.

Die Erbteilung manifestiert sich bereits. Seit Jahresbeginn ist das Investmentgremium von Artemis auf vier Personen angewachsen: Neben Michael Pieper, dem Artemis-Finanzchef Christian Mäder und dem Immobilienverantwortlichen Martin Wyser sitzt jetzt auch ein gewisser Jonas Theiler am Tisch. Er ist der Ehemann von Nina Pieper und Vater der Enkelkinder Piepers – eines Zwillingspaars.

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Auch da hat Michael Pieper vorgespurt. Theiler arbeitete nach HSG-Studium und einigen Jahren im BMW-Marketing elf Jahre in Philadelphia für den Vermögensverwalter Miller Investment, der von einem Freund Piepers geführt wird. Letztes Jahr kam er in die Schweiz zurück. Er bringt Investmentexpertise an den Tisch: Private Equity, Venture Capital, aber auch klassisches Aktiengeschäft. «Einen offiziellen Titel haben wir noch nicht, er ist noch in der Probezeit», lacht Pieper.

Bei einer wichtigen Entscheidung zeigte sich bereits die neue Weichenstellung. Pieper gilt bei seinen Industriebeteiligungen als extrem langfristiger Investor. Dass er einst den Bodenbelagshersteller Forbo aus den Klauen der Profitjäger CVC entwand und dort mit This Schneider einen erfolgreichen Statthalter installierte, gilt als grosse Unternehmerleistung. Da war es überraschend, dass er im Frühjahr seine 11-Prozent-Beteiligung an Rieter nach 13 Jahren an den Investor Luc Tack verkaufte.

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Hier zeigt sich schon der Einfluss der jungen Piepers: Der Belgier hatte mehrfach sein Interesse signalisiert, und das extrem zyklische High-Tech-Geschäft entsprach nicht mehr dem Anlagegeschmack von Nina Pieper und ihrem Ehemann. Der Erlös von mehr als 50 Millionen Franken wurde in Private Equity und Wertschriften investiert: alles professioneller, aber eben auch weniger unternehmerisch. Weitere Verkäufe aus dem Industrieportfolio sind derzeit nicht geplant.

Eher sucht Pieper nach neuen Gelegenheiten: Die Fremdfinanzierung ist tief, gleichzeitig spült der gute Geschäftsgang viel Cash in die Kasse. «Doch es ist extrem schwierig, gute Investments zu vernünftigen Preisen zu finden», klagt Pieper. Die grossen Investitionen tätigte er immer bei Schieflagen der Unternehmen: Forbo, der Gebäudeausstatter Arbonia, die Schleiffirma Feintool. Beim Badausrüster Duravit oder der Holzfirma Novelteak würde er gern aufstocken, doch die Gründerfamlien wollen nicht verkaufen. Pieper hält mit seinem Team eine Liste von gegen hundert potenziell interessanten Unternehmen. Doch derzeit sind ihm die Preise einfach zu hoch.

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Alles geregelt

Nina Pieper ist dabei stark in die Firma involviert, kein grösserer Investitionsentscheid fällt gegen ihren Willen. Gerade hat sie das neue Logo entworfen, mit Spülen, Gebäuden und einem Segelboot eine Reminiszenz an die Familientradition. Formal ist sie sogar ihrem Vater überstellt: Seit sieben Jahren ist sie Vizepräsidentin von Artemis und kontrolliert damit den «President/CEO», wie Piepers offizielle Amtsbezeichnung lautet. «Sie ist meine Chefin und zeichnet meine Spesen ab», lacht Pieper. Allerdings: Ein Büro bei Franke hat sie nicht, die Familie wohnt in Zürich. Sie kommt vor allem zu den VR-Sitzungen, hat aber durch ihre lange Verbundenheit durchaus ein gutes Netzwerk innerhalb der Firma.

Ihr Bruder Alexander kümmert sich dagegen vor allem um Franke. Allerdings, und das ist der grosse Unterschied zum Vater: Operativ führen wird er die Firma kaum. «Das ist eine Nummer zu gross für ihn, und das weiss er auch», sagt ein langjähriger Franke-Manager. Unternehmerische Energie hat er durchaus: Auf seiner letzten Franke-Station in den Emiraten versah er etwa spontan White-Label-Kühlschränke mit dem Franke-Logo, weil ein Kunde Kühlgeräte wollte (die Franke nicht anbietet).

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Nach seiner Rückkehr suchte er eine unternehmerische Aufgabe, und der Vater griff beim Kauf der Firma Kraftwerk unter die Arme. Gerade hat der Sohn in Thüringen eine Fabrik übernommen. Das Teppichetagen-Flair eines Weltkonzerns ist da kaum das Richtige. Doch als Vizepräsident ist er in alles involviert. Und selbstbewusst ist auch er, wie der Vater in jungen Jahren. Etwas keck sei er, befindet der Senior dann auch. «Sturköpfe sind sie beide», betont ein Ex-Franke-Mann. So kommt es schon vor, dass es vor versammelter Mannschaft richtig laut wird. Eines goutiert der Vater allerdings nicht wirklich: dass der Junior noch nicht verheiratet ist. Stabilität ist eben wichtig in der Erbfrage.

Nina Pieper und Alexander Pieper (Franke)

NÄCHSTE GENERATION Vorgespurt: Nina Pieper soll alle Beteiligungen übernehmen, Alexander Pieper bekommt das Herzstück Franke.

PD
Nina Pieper und Alexander Pieper (Franke)

NÄCHSTE GENERATION Vorgespurt: Nina Pieper soll alle Beteiligungen übernehmen, Alexander Pieper bekommt das Herzstück Franke.

PD

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Dazu kommt eine Professionalisierung des Managements. Intern als graue Eminenz gilt Christian Mäder. Der 52-Jährige, seit sechs Jahren an Bord, ist zwar kein Frontmann – vorher war er Finanzchef beim Logistikroboter-Produzenten Swisslog. Doch er hat sich als Herr der Abläufe etabliert: Mäder ist VR-Präsident von Franke und als Finanzchef von Artemis Piepers wichtigster Mann. Zwar ist die Corporate Governance kaum Lehrbuch-kompatibel: Pieper ist formal zugleich Chef (bei Artemis) und Unterstellter von Mäder (im Franke-Verwaltungsrat).

Doch das gilt als Petitesse. Mäder treibt die Professionalisierung der Gruppe voran. Als Vorbild gilt der finnische Lifthersteller Kone, bei dem die Gründerfamilie das Management in einem geordneten Prozess abgegeben hat.Seit drei Jahren gibt es auch einen eigenständigen Franke-Verwaltungsrat, der sich durchaus vom Patron emanzipiert hat. Das zeigte sich etwa beim Verkauf der Sparte Water Systems. Pieperwollte hier expandieren: Bei den Spülen und bei der Systemgastronomie ist Franke weltweit die Nummer eins, bei Kaffeemaschinen unter den Top 3.

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Jetzt wollte er das Bad erobern. Doch der Verwaltungsrat kam zu dem Schluss: Für eine dominante Position war die Konkurrenz (Geberit, Grohe, Hansgrohe) schlicht zu gross. Es blieb nur der Verkauf. «Der Verwaltungsrat und die Konzernleitung von Franke haben den Entscheid getroffen», flötet Pieper. Klingt gar nicht mehr nach Alleinherrscher.

Auch bei der operativen Führung ist Pieper ruhiger geworden. Als er 2013 die Franke-Leitung abgab, musste der neue CEO Alexander Zschocke nicht nur den harten Fragen des Patrons Paroli bieten, sondern auch den selbstständigen Länderfürsten. Als dann die Küchendivision einbrach, verlor Pieper die Geduld. Zschockes Nachfolger Patrik Wohlhauser, zuvor beim deutschen Chemiehersteller Evonik gestählt, hat die Profitabilität wieder gesteigert. «Wir haben einen sehr guten CEO», betont Pieper dann auch. Tenor: Als operativen Firmenchef braucht es den Sohn nicht.

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Es ist eine neue Ära. Professionelle Anlageentscheide, breitere Führung, ein langsamer Ablösungsprozess. Selbst ein Börsengang von Franke, für den Senior bislang undenkbar, scheint nicht mehr vollkommen ausgeschlossen. «Das Thema müsste man mit dem Management und meinem Sohn diskutieren», sagt Pieper zumindest.

Allerdings: Der letzte Schritt fehlt noch – die Übertragung des Kapitals an die Kinder. Dass Michael Pieper nicht bis zu seinem letzten Atemzug frühmorgens ins Büro fährt, kann sich kein Mitarbeiter wirklich vorstellen. Sein Vater kam eines Sonntags bei ihm vorbei, schmiss einen Schuhkarton voller Papiere auf sein Pult – und machte ihn so zum Eigentümer. So weit ist Piepernoch nicht: «Ich habe keinen Zeitplan. Solange es mir gut geht, mache ich weiter.» Er kann warten. Er hat ja alles geregelt.

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Über die Autoren
Dirk Schütz

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