Abo

Warum der Hype um grüne Aktien weiter wächst

Kurzfristig droht eine Korrektur um grüne Aktien. Langfristig ergeben sich aber jede Menge Chancen.

Erich Gerbl

Farmer spraying his crops using a drone

Über ein Viertel der Emissionen stammt schon jetzt aus Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft. Bevölkerungswachstum und Wohlstand verschärfen das Problem. Hightechlösungen verbreiten sich durch innovative Landmaschinenbauer wie John Deere. Precision Farming wird mit Sensoren und GPS praktiziert, der Einsatz von Spritzmitteln und Dünger reduziert.

Getty Images

Werbung

Vor dem Einzug ins Weisse Haus liess Joe Biden aus Sorge vor Coronaviren jede Ecke schrubben. Eine noch gefährlichere Hinterlassenschaft seines Vorgängers wird der 46.  Präsident der USA mit einem einfachen Brief ans Klimasekretariat der Vereinten Nationen los. Macht Biden in wenigen Zeilen klar, dass die USA dem aufgekündigten Klimaabkommen von Paris wieder beitreten will, ist die Grossmacht im Kampf gegen die Erderwärmung binnen 30 Tagen wieder an Bord.

Partner-Inhalte

2000 Milliarden Dollar will der Demokrat in vier Jahren in einen Klimaplan investieren. Ein CO2-neutraler Energiesektor steht für 2035 auf dem Programm. Wachstum und Millionen neue Jobs werden durch die Vergrünung der grössten Volkswirtschaft der Welt erhofft.

Jetzt, da Donald Trump als Hindernis weg ist, türmt sich die grüne Welle, die um den Globus rast, noch weiter auf. Europa will die Klimaneutralität mit einem Kraftakt namens Green Deal 2050 erreichen. Der Green Deal ist für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nicht nur eine Sache des Umweltschutzes, sondern Europas neue Wachstumsstrategie.

Werbung

Bis zu 400 Milliarden Euro werden in den kommenden Jahren investiert. Vermögensverwalter Pictet schreibt von einem «grünen Marshallplan». Der Megatrend hin zu einer grüneren Weltwirtschaft habe eine grössere Bedeutung als je zuvor.

Xi macht auf Saubermann

Selbst Chinas Präsident Xi Jinping, dessen Land heute noch mehr als ein Viertel der globalen Treibhausgase in die Atmosphäre entlässt, macht auf Saubermann. Zielstrebig wie gewohnt marschiert die Zentralregierung in Richtung Klimaneutralität. Die ist für 2060 geplant, 2030 soll der Höhepunkt bei den Emissionen überschritten sein. Die Grössenordnungen entsprechen einem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land. Wald, so gross wie halb Europa, wird gepflanzt, Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 90 Gigawatt werden jährlich installiert.

Ein globaler Kraftakt, der seinesgleichen sucht, ist notwendig. Die Ziele, auf die sich 196 Nationen 2015 in Paris verständigt haben, sind mit einer Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad hoch gesteckt. Zieht die gesamte Welt über Jahrzehnte mit Kraft an einem Strang, wird dies auch für Anleger nicht ohne Folgen bleiben – es winken Chancen, es drohen Risiken. «Viele Anleger sind überrascht, wie gross die CO2-Risiken sind, die in ihren Depots schlummern», sagt Peter Zollinger, Leiter Impact Research bei Globalance.

Werbung

This photo taken on June 23, 2017 shows the the self-energy producing multihull "Energy Observer," off the coasts of Saint-Malo, western France. - The Energy Observer, an autonomous boat powered by hydrogen and renewable energy, is in preparation for a world tour in six years. (Photo by DAMIEN MEYER / AFP)

Die «Energy Observer» ist das erste Boot, welches Wasserstoff für den Antrieb mit Sonnenenergie an Bord erzeugt.

AFP
This photo taken on June 23, 2017 shows the the self-energy producing multihull "Energy Observer," off the coasts of Saint-Malo, western France. - The Energy Observer, an autonomous boat powered by hydrogen and renewable energy, is in preparation for a world tour in six years. (Photo by DAMIEN MEYER / AFP)

Die «Energy Observer» ist das erste Boot, welches Wasserstoff für den Antrieb mit Sonnenenergie an Bord erzeugt.

AFP

Die Bank hat ein Software-Tool lanciert, das Depots auf ihre CO2-Risiken abklopft. Die Bank sieht das Erderwärmungspotenzial als einen Massstab für Risiko. Werden von den Firmen CO2-Steuern verlangt, schrumpfen die Gewinne. «Die Gesetzgeber werden den Preis für CO2 stark anheben. Dieser Risiken muss man sich als Anleger bewusst werden», sagt Zollinger. In den meisten Indizes liege der Anteil der Firmen mit CO2-Risiken zwischen 20 und 50  Prozent. Rund 80 Prozent des Börsenkapitals bergen laut dem Experten ein Erderwärmungspotenzial von über zwei Grad: «Das spiegelt unseren Lebensstil wider. Aber in einer Welt, in der CO2 teuer wird, haben diese Firmen ein Problem.»

Werbung

In der Anlageindustrie stehen die Chancen im Fokus. Die Credit Suisse hat Klima zum «Supertrend» erklärt. Bei Goldman Sachs AM ist man überzeugt, dass der Kampf gegen den Klimawandel einen Wendepunkt erreicht hat und Politik und Konsum in den kommenden Jahrzehnten prägen wird. Laut Pascal Dudle, Head of Listed Impact bei Vontobel Asset Management, bietet der grüne Markt in verschiedensten Bereichen «über Jahre und Jahrzehnte wirklich attraktive Wachstumschancen».

Hunger nach Energie

Zentrales Thema in der grünen Welle sind die erneuerbaren Energien. Derzeit stammt rund ein Zehntel der Stromproduktion aus Wind- und Sonnenenergie. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) soll dieser Anteil bis 2040 auf 40  Prozent anwachsen. Genau der umgekehrte Trend wird Kohle vorhergesagt. Der Umbruch findet in einem Umfeld stark wachsender Energienachfrage statt. Laut IEA soll der globale Energiebedarf bis 2040 von 25'000 auf 40'000 Terawattstunden steigen. «Ist man richtig positioniert, ist das Wachstum im Wind- und Solarbereich exponentiell. Das ist so besonders attraktiv an diesem Sektor», sagt Alexis Deladerrière. Bei Goldman Sachs AM managt er fünf Aktienfonds, einer davon ist auf nachhaltige Anlagen spezialisiert.

Werbung

Dass der Wechsel von fossilen Energien zu nachhaltigen Energieformen in dem Ausmass vonstattengehen kann, hat neben ökologischen handfeste ökonomische Gründe. Seit einiger Zeit halten grüne Energien, ohne Umweltschäden einzuberechnen, preislich mit den fossilen Gegenspielern mit. Hintergrund sind Effizienzsteigerungen bei Turbinen und Solarmodulen und die grössere Produktion, die Skaleneffekte freisetzt. «Die Kosten für Wind und Solar sanken in den vergangenen Jahren um 80 Prozent. In den meisten Ländern sind Wind und Solar die günstigsten Energiequellen», sagt Deladerrière. Auch Bioenergie, Erdwärme und Wasserkraft sind im Schnitt mindestens so günstig wie die billigste fossile Energiealternative.

BARKING, ENGLAND - JANUARY 18: Carriages that started their Journey in Yiwu in China roll into Barking rail freight terminal on January 18, 2017 in Barking, England.

Der Verkehr verursacht ein Viertel der globalen Emissionen. Die Aktien der Elektroautobauer haben haussiert und müssen die hohen Bewertungen erst rechtfertigen.

Getty Images
BARKING, ENGLAND - JANUARY 18: Carriages that started their Journey in Yiwu in China roll into Barking rail freight terminal on January 18, 2017 in Barking, England.

Der Verkehr verursacht ein Viertel der globalen Emissionen. Die Aktien der Elektroautobauer haben haussiert und müssen die hohen Bewertungen erst rechtfertigen.

Getty Images

Werbung

Sind erneuerbare Energieformen deflationär, ist die Lage bei den fossilen umgekehrt. Die einfach zugänglichen Lagerstätten sind geleert. Die Förderung wird riskanter und teurer. Und über allem hängen CO2-Steuern als Damoklesschwert.

An den Börsen geht es bei den grünen Aktien heiss her. Bidens Wahlsieg sorgte in manchen Sektoren wie bei den erneuerbaren Energien für eine regelrechte Euphorie. Der ETF iShares Global Clean Energy legte 2020 über 140 Prozent zu. Der ETF Invesco Solar explodierte um 230 Prozent. Aktien wie First Solar haben sich seit dem Covid-19-Ausverkauf im März mehr als verdreifacht. In einem ähnlichen Ausmass schossen die Kurse der Windkraft-Spieler Vestas und Orsted in die Höhe.

Besonders gross ist der Run auf die Wasserstoffaktien. Wechselte der Anteilschein von Plug Power im März 2020 noch für 3 Dollar den Besitzer, war er Mitte Januar 66 Dollar wert. «Da fliesst viel Geld in wenige Firmen. Einige dieser Firmen sind zwar vielversprechend positioniert, zeigen aber oft noch keine oder nur geringe Umsätze und Gewinne. Da ist wohl auch spekulatives Geld geflossen», sagt Vontobel-Experte Pascal Dudle. Auch wenn die Auftragsbücher bei vielen Anbietern voll sind, fühlen sich Kritiker an die Dotcom-Blase erinnert.

Werbung

Wasserstoff macht Sinn

Kurzfristig drohen Rückschläge, langfristig ist Potenzial vorhanden. Experten sehen Wasserstoff als Schlüssel für die Energiewende. Die IEA sieht im Wasserstoffbereich eine «beispiellose Dynamik». Für Pascal Dudle ist klar, dass Wasserstoff ein Teil der Lösung sein müsse. Wasserstoff macht vor allem als Treibstoff für den Schwerverkehr, den Schiffsverkehr oder die Stahlherstellung Sinn. Noch wichtiger sei Wasserstoff allerdings als Energiespeicher der Zukunft.

Grüne Macht

Democratic presidential candidate former Vice President Joe Biden speaks during a campaign event, Tuesday, Jan. 21, 2020, in Ames, Iowa. (AP Photo/Matt Rourke)
- Réception par le Roi et la Reine des dirigeants des institutions européennes basées à Bruxelles et des représentants permanents accrédités auprès de l'Union européenne - Receptie van de Koning en de Koningin met de Hoofden van de Europese instellingen gevestigd in Brussel en de permanente vertegenwoordigers geaccrediteerd bij de Europese Unie* Ursula Von der LeyenBrussels Belgium 9/01/20pict. by Christophe Licoppe  © Photo News via Getty Images)
BEIJING, Dec. 31, 2020 (Xinhua) -- Chinese President Xi Jinping, also general secretary of the Communist Party of China Central Committee and chairman of the Central Military Commission
1 / 3

Joe Biden will 2000 Milliarden Dollar in seinen Klimaplan investieren und so Millionen Jobs kreieren.

Keystone

Werbung

Heute ist nur ein Prozent des Wasserstoffs wirklich «grün», der Grossteil wird aus Gas hergestellt. Innovative Projekte sollen das ändern. Siemens Gamesa entwickelt eine Offshore-Windturbine, die mit dem vor Ort erzeugten Strom Wasserstoff produziert. Orsted arbeitet an ähnlichen Projekten. Wasserstoff ist auch Teil der chinesischen CO2-Strategie. Die Solar- und Windparks, die in der Mongolei entstehen, sollen die Wasserstoffindustrie mit Strom versorgen. Chinas Ölriese Sinopec plant, der grösste Wasserstoffhersteller der Welt zu werden.

Gilt Wasserstoff als eine Lösung für den Schwerverkehr, hat sich bei Pkws der Elektromotor als Antriebsform der Zukunft durchgesetzt. Anleger stürzten sich auf die Produzenten. 800 Millionen Börsenwert für Tesla mit einer Jahresproduktion von 500'000 Autos sind für Experten schwer zu rechtfertigen. «Warum sollte VW in zehn Jahren nicht mehr Elektrofahrzeuge bauen als Tesla?», fragt Credit-Suisse-Experte Daniel Rupli. Er ist bei der CS Leiter Aktien- und Obligationenresearch und liefert Ideen und Anlageimpulse für Supertrends. Rupli hält die Bewertung von Tesla für «extrem», jedoch sei der Wert der Daten, die Tesla schon seit Jahren sammelt, nicht zu unterschätzen. Auf die Empfehlungsliste schaffte es Tesla wegen der hohen Bewertung nicht, im Nachhinein gesehen war man zu vorsichtig.

Werbung

Viel extremer noch ist die Hausse beim chinesischen Tesla-Rivalen Nio. Nach einer Verdreissigfachung in neun Monaten ist das Unternehmen, das 43'000 Autos baut, an der Börse 100 Milliarden Dollar wert. Obwohl viel zu teuer, sind die Geschäftsaussichten gut.

Noch zu wenig E-Fahrzeuge

Nio profitiert wie andere chinesische E-Auto-Start-ups wie Li Auto oder Xpeng Motors davon, dass China stark auf E-Mobilität setzt. Fahren in den USA nur drei Prozent aller zugelassenen Autos mit Strom, sind es in China mehr als sieben Prozent. Schon heute ist die Volksrepublik der weltgrösste Absatzmarkt für Elektroautos. Noch ist die Verbreitung von Elektroantrieben mit Ausnahmen gering.

Kompetitive Verkaufspreise und Verbote für Verbrennungsmotoren, über die in verschiedenen Ländern bereits diskutiert wird, könnten das jedoch schnell ändern. Trittbrettfahrer des E-Automobil-Booms sind Recyclingkonzerne wie die auf Metalle und Batterien spezialisierte Umicore.

Werbung

Abseits des Elektrobooms fristen andere Bereiche des Verkehrs ein Schattendasein. «Verbesserungen im Verkehr können nicht nur mit Elektroautos gelingen. Alleine schon eine Verschiebung des Transports von der Strasse auf die Schiene bringt eine deutliche CO2-Reduktion. Die gesamte Eisenbahnindustrie sollte profitieren», sagt Aktien- und Kreditanalyst Rupli. Covid-19 hat sich laut dem Vontobel-Experten Pascal Dudle auf die Eisenbahnindustrie sehr negativ ausgewirkt. Für langfristige Investoren gebe es «günstige Einstiegskurse». Der Aktienkurs der China Railway Group bewegt sich unweit eines Sechs-Jahres-Tiefs. Die Alstom-Aktie hat sich zwar von ihrem März-Tief erholt, ist aber noch nicht abgehoben. Ähnliches gilt für Stadler Rail. Im Unterschied zum Elektroauto hängen Eisenbahnaktien nicht am privaten Konsum, sondern an der Ausgabefreudigkeit der Regierungen.

Werbung

Zwar wurde zuletzt heftig mit grünen Aktien spekuliert, jedoch macht das Thema gerade für langfristig orientierte Anleger Sinn. «Es ist eine gewaltige Aufgabe, die Klimaziele von Paris zu erfüllen. Die Chancen bleiben langfristig erhalten», sagt Maarten Bloemen von Franklin Templeton.

Workers sort batteries in an electronic waste recycling factory in Jingmen, Hubei province December 3, 2009. VCP (Photo by Jie Zhao/Corbis via Getty Images)

Bei der Kreislaufgesellschaft geht es nicht nur um Unternehmen wie die auf Batterie-Recycling spezialisierte Umicore, sondern auch um Cloudcomputing und Plattformen für Gebrauchtwagen.

Corbis via Getty Images
Workers sort batteries in an electronic waste recycling factory in Jingmen, Hubei province December 3, 2009. VCP (Photo by Jie Zhao/Corbis via Getty Images)

Bei der Kreislaufgesellschaft geht es nicht nur um Unternehmen wie die auf Batterie-Recycling spezialisierte Umicore, sondern auch um Cloudcomputing und Plattformen für Gebrauchtwagen.

Corbis via Getty Images

Das Energiesystem bezeichnen Experten als die grösste Maschine, welche die Menschheit je gebaut habe. Diese umzubauen, nimmt viel Zeit in Anspruch. Teile dieser Maschine sind genauso wichtig, bei Investoren aber noch weniger im Bewusstsein als die Solar- und die Windenergie. So sind etwa die Stromnetze noch nicht auf die viel dezentraleren erneuerbaren Formen der Energiegewinnung eingestellt. Mischkonzerne wie Siemens oder Hitachi machen hier Geschäfte. Gleichstrom eignet sich, um lange Distanzen zu überwinden. Firmen wie die italienische Prysmian sind in diesem Bereich etwa mit Unterwasserkabeln erfolgreich. Auch Nexance aus Frankreich zählt zu den Anbietern.

Werbung

Die grösste Maschine umzubauen, reicht jedoch nicht, um die Erderwärmung zu stoppen. 25 bis 30  Prozent der Emissionen verursacht das globale Lebensmittelsystem. Bevölkerungswachstum und Wohlstand treiben den Fleischkonsum und damit den CO2-Ausstoss an. Lösungen können einfach sein. Laut dem CS-Experten Rupli reduziere alleine schon der Wechsel von Rind- zu Hühnerfleisch den CO2-Ausstoss «enorm». Mit der brasilianischen BRF findet sich der grösste Hühnerfleischproduzent auf seiner Liste der Klimaprofiteure. Dasselbe gilt für Danone, die in den letzten Monaten an der Börse unter die Räder gekommen ist. Der Konzern ist in den Bereichen der nachhaltigen Landwirtschaft und der umweltbewussten Verpackungen gut aufgestellt.

KI in der Landwirtschaft

Wie die Landwirtschaft der Zukunft aussehen könnte, zeigt Landmaschinenbauer John Deere. «Das sind keine Traktoren mehr, sondern Teslas auf grossen Rädern», sagt Rupli. Selbstfahrend werden Setzlinge mit Sensoren millimetergenau gepflanzt. Dieses sogenannte Precision Farming erhöht die Erträge und verringert den Düngerverbrauch. Durch Investitionen in künstliche Intelligenz und den Kauf der Computer-Vision-Softwarefirma Harvest Profit bleibt die Innovationsrate hoch. Die Aktie hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Einstiegsmöglichkeiten ergeben sich durch die starke Zyklizität im operativen Geschäft.

Werbung

«Das grösste Potenzial steckt in Firmen, die sich im Wandel befinden», sagt Franklin-Templeton-Fondsmanager Maarten Bloemen. In seinem stark Value-orientierten Fonds bilden solche «Transitioning Companies» einen Schwerpunkt. Hier poppen Firmennamen wie Albemarle, Kellogg’s, Sealed Air oder Samsung auf, die auf den ersten Blick in einem grünen Fonds eigentlich fehl am Platz zu sein scheinen.

Der US-Verpackungskonzern Sealed Air versucht, Plastikmüll mit innovativen Lösungen zu reduzieren. Der Anteil der grünen Erlöse liegt bei 20 Prozent, Tendenz steigend. Nicht mit genug grünem Umsatz, um als Klimawette klassifiziert zu werden, aber doch auf dem grünen Weg ist Kellogg’s. Laut Bloemen fokussiert sich das Unternehmen verstärkt auf nachhaltige Ernährung, Bio- und pflanzenbasierte Produkte. Verstärkt werden erneuerbare Energien verwendet. Mit Lieferanten versucht der Konzern, die landwirtschaftlichen Techniken zu verbessern und bis 2050 CO2-neutral zu produzieren.

Werbung

180-Grad-wende

Besonders gross ist das Potenzial, wenn Unternehmen aus Klimasicht von der «falschen» auf die «richtige» Seite wechseln. Viele solcher Transformations-Kandidaten befinden sich im Ölsektor, der in der Covid-19-Krise unter die Räder kam. Dass sich ein Unternehmen beim Klima vom Saulus zum Paulus wandeln kann, machte Neste vor. Früher ein ganz normaler Ölkonzern, stellen die Finnen seit Jahren aus Abfallfetten CO2-neutrale Biotreibstoffe her. 2015 strich Neste Oil das Öl aus dem Konzern. Seit 2017 ist das Unternehmen weltgrösster Hersteller von erneuerbarem Diesel.

Anholt, DKUse: Everything.No time limit Not for resale

Ölfirmen wie Orsted ist der Wechsel auf erneuerbare Energien perfekt gelungen. Firmen wie Repsol oder Total stehen noch davor. In den Kursen ist diese Fantasie noch nicht enthalten.

ZVG
Anholt, DKUse: Everything.No time limit Not for resale

Ölfirmen wie Orsted ist der Wechsel auf erneuerbare Energien perfekt gelungen. Firmen wie Repsol oder Total stehen noch davor. In den Kursen ist diese Fantasie noch nicht enthalten.

ZVG

Werbung

Heute forscht man daran, wie auch Gemeinschaftsabfälle, Algen, Lignocellulose und verflüssigte Kunststoffabfälle zu Treibstoffen verarbeitet werden können. Für Anleger rechnet sich der Wandel: Während der STOXX 600 Oil & Gas Index in den letzten drei Jahren ein Viertel seines Werts verlor, festigte sich die im Index befindliche Neste-Aktie um 222 Prozent. «Wir versuchen in Firmen zu investieren, bevor sie grün werden, aber wir denken, dass Neste eine grosse Marktchance hat», sagt Antonio Garufi von Decalia.

Noch in einem frühen Stadium des Wandels befinden sich die Ölkonzerne Repsol und Total. Die spanische Repsol produziert ein Gigawatt Energie mit Solar und Wind, Anlagen mit einer Kapazität von acht Gigawatt sind in Spanien und Chile in der Planung. 2026 bis 2030 soll jährlich ein Gigawatt Leistung dazukommen. Die französische Total plant, 2050 klimaneutral zu sein. Im Januar beteiligte sich der Ölkonzern mit 2,5 Milliarden Dollar an einem 2,35-Gigawatt-Solarportfolio und an anderen Green-Energy-Projekten in Indien, einem der grössten Hoffnungsmärkte. «Ölkonzerne, denen es gelingt, Emissionen durch Investitionen in Erneuerbare zu senken, aber Aktionären eine attraktive Dividendenrendite bieten, werden wohl zu den Gewinnern der Energiewende zählen», heisst es bei der CS.

Werbung

Nachhaltigkeit mit Zero Waste und Reperaturen

Als Gegenpol zur Wegwerfgesellschaft hat sich die Kreislaufwirtschaft etabliert. Antonio Garufi managt ein über 100 Millionen schweres Circular-Economy-Portfolio. Firmen wie der Marktplatz Copart sind darunter. Die US-Plattform versteigert Unfall- und Gebrauchtfahrzeuge. «So landen weniger Fahrzeuge auf dem Schrottplatz», sagt Garufi. Ein ähnlicher britischer Anbieter ist Autotrader. Zero Waste deckt der Experte mit der Supermarktkette The Kroger ab. Best Buy wiederum zielt mehr auf die Reparatur und den Verleih als auf den Verkauf ab. Erst auf den zweiten Blick nachhaltig ist Cloudcomputing. Dabei geht es darum, Dinge mit weniger Ressourcen und tieferen Kosten zu erschaffen. Solche Chancen werden langfristig gesucht. «Nachhaltigkeit ist ein robuster Trend, wir machen keine kurzfristigen Sachen», so Garufi.

Werbung

Wer über Fonds in grüne Anlagen investieren will, hat die Qual der Wahl. Produkte mit Fokus Klima, Nachhaltigkeit oder ESG überschwemmen den Markt. In der EU sorgt eine Regelung ab März für Transparenz und verhindert so Greenwashing. Die sogenannte Artikel-9-Fähigkeit wird bei den grünen Anlagen zum Goldstandard.

Über die Autoren
Erich Gerbl

Erich Gerbl

Erich Gerbl

Auch interessant

Werbung