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Hotel-Ranking

Die Traumerfüller: Das sind die 11 Hotelmitarbeiter des Jahres 2022

Die Profis an der Front verdienen mehr Aufmerksamkeit. BILANZ befragte 205 Experten, welche guten Geister in Schweizer Hotels zu den Besten gehören.

Claus Schweitzer

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Stefan Beer, Executive Chef im Victoria-Jungfrau seit 2016, ist einer der wenigen echten Meister seines Fachs, der jeder kulinarischen Aufgabe gewachsen ist und die Gastronomie im riesigen Hotel einem kontinuierlichen Optimierungsprozess unterzieht.

ZVG

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Viele Menschen, die in der Hotellerie arbeiten oder einen Bezug zu Hotels haben, lieben den Film «Grand Budapest Hotel» des amerikanischen Regisseurs Wes Anderson. In einer entscheidenden Szene müssen der in Not geratene Concierge Gustave und dessen Lehrling Zéro die Hilfe der geheimen «Gesellschaft der gekreuzten Schlüssel» in Anspruch nehmen. Die Szene ist ein Sinnbild für das Zusammenspiel verschiedener Akteure im Hotel. Verfolgt von mörderischen Schergen, führt Gustave von einer einsamen Telefonzelle im Nirgendwo aus ein dringliches Gespräch mit Monsieur Ivan im «Excelsior Palace». Monsieur Ivan ruft augenblicklich Monsieur Georges im «Château Luxe» an, dieser wendet sich eilends an Signore Dino im «Palazzo Principessa», der danach postwendend mit Monsieur Robin im «Hôtel Côte du Cap» telefoniert, und Monsieur Robin spricht sogleich mit Mister Martin im «Ritz Imperial». Mit vereinter Kraft bringt die «Gesellschaft der gekreuzten Schlüssel» den Aufenthaltsort des vor Ort befindlichen Butlers Serge in Erfahrung, und dieser sorgt alsbald dafür, dass Gustave und Zéro in Sicherheit gebracht werden.

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Die Kraft des Zusammengehörigkeitsgefühls

Die Art, wie sich die Concierges im Film scheinbar schwerelos untereinander verbinden und durch ihren Zusammenhalt etwas bewirken und bewegen, ist ähnlich wie bei einem wundersam zusammenwirkenden Hotelteam. Sobald ein natürlicher Flow aufkommt und alle Mitarbeitenden mit Lust und Laune an einem Strang ziehen, entstehen grandiose Momente, die für strahlende Augen vor und hinter den Kulissen sorgen. Gute Hoteliers zeigen insbesondere den jungen Leuten auf, dass es im Gastgewerbe nicht nur ums Bedienen und Servieren geht, sondern dass der Job Teil von etwas Grösserem sein kann und ein harmonisch kooperierendes Team den entscheidenden Unterschied ausmacht – sowohl für die Gäste als auch für jedes einzelne Teammitglied.

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In besten Händen: Die 11 Hotelmitarbeiter des Jahres 2022

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Grand Ressort Bad Ragaz 2021
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Hotelier des Jahres 2022
Markus Granelli, The Dolder Grand, Zürich

Statt über den Personalmangel zu klagen, gelingt es Markus Granelli, eine coole Atmosphäre im Team zu schaffen und für zeitgemässe Anstellungsbedingungen zu sorgen, die den Bedürfnissen und Wertvorstellungen der Generationen Y und Z gerecht werden. Dazu gehört der ausgeprägte Wunsch der jungen Mitarbeitenden nach einer stimmigen Work-Life-Balance, nach einer wertschätzenden Führung auf Augenhöhe und nach mehr Gestaltungsspielraum. Die Vertreter der vielverspotteten «Generation Weichei» wollen zu Recht mehr als Befehlsempfänger sein, sind dafür aber auch bereit, sich mit allem, was sie haben, einzubringen – sofern ihnen der Sinn ihrer Arbeit vermittelt wird und sie sich ernst genommen und in die betrieblichen Entscheide eingebunden fühlen. «Wichtig ist vor allem, dass das ganze Team an einem Strang zieht und jeder einzelne Mitarbeitende involviert ist», sagt Markus Granelli. Immer präsent, aber nie im Mittelpunkt, im Blick die Details genauso wie das grosse Ganze, lebt der schweizerisch-schwedische Doppelbürger seinem 420-köpfigen Team und den Gästen vor allen Dingen zwanglos fürsorgliche Gastfreundschaft und erst in zweiter Linie Hotelmanagement vor. Er selbst kam vor dreizehn Jahren als F&B Manager ins Haus, wurde 2013 Resident Manager unter Marc Jacob und übernahm dessen Rolle als General Manager im Januar 2021. Das schon länger kultivierte «employee branding» hat Granelli noch verstärkt, und beispielgebend gelingt ihm die Gratwanderung, den Business-Reisenden maximal effiziente Hotelabläufe zu gewährleisten und den proportional wachsenden Leisure-Gästen sowohl einen herzlichen Empfang als auch ein möglichst einzigartiges Zürich-Erlebnis zu bieten.
 

ZVG

«Unsere Aufgabe ist es, diese Magie immer wieder von Neuem zu erzeugen», sagt Andrea Scherz, Hausherr im Gstaad Palace. «Jedes Hotel ist ein kleines Universum, dessen Ambiance zutiefst aus dem Zusammenspiel und der Haltung der Mitarbeitenden gedeiht. Wir brauchen einander alle, um als Ganzes zu begeistern. Man kann noch so viele Millionen in eine atemberaubende Infrastruktur investieren – wenn dem Hotelteam die Seele fehlt oder einzelne Angestellte mit bewusster Gleichgültigkeit gegenüber ihren Arbeitskollegen und den Gästen agieren, bedeutet alles nichts.» 

Wo die besten Mitarbeiter sind, kommen auch Gäste gerne hin

Jeder Gast spürt heute den Spirit eines Hotels, und wenn ihn das dortige Lebensgefühl fasziniert, kommt er noch so gerne wieder oder empfiehlt das Haus weiter – umso mehr, wenn das Hotel auf seine persönlichen Bedürfnisse eingeht und ihm ein individualisiertes Gesamterlebnis bietet.

Um dieses Ziel angesichts des ausgetrockneten Arbeitsmarktes und des fehlenden Nachwuchses erreichen zu können, müssen sich die Hoteliers verstärkt mit den Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Angestellten beschäftigen. «Die Hotels konkurrieren heute nicht in erster Linie um zahlungskräftige Gäste, sondern um die besten Mitarbeiter», sagt Tim Weiland, General Manager im Alpina Gstaad. «Vereinfacht gesagt, sorgt das beste Hotelteam vor Ort für die zufriedensten Gäste und damit für den höchsten Profit.»

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Von der hierzu erforderlichen Unternehmenskultur und persönlichen Wertschätzung jedes Einzelnen sprechen derzeit viele Hoteliers, doch wenige verkörpern das Gebot der Stunde so gut wie Markus Granelli im Dolder Grand in Zürich. Der BILANZ-Hotelier des Jahres 2022 ist stets nah am Geschehen dran, lebt seine Werte des respektvollen Umgangs und seine unkomplizierte Hands-on-Mentalität mitreissend vor und hört seinen Leuten komplizenhaft zu. Arbeitsabläufe sind bei ihm nicht in Stein gemeisselt, sondern es wird auch mal Neues gewagt und etwas ausprobiert. Das ist vor allem für die jungen Angestellten wichtig, die ihre Ideen einbringen und ernst genommen werden wollen. Um die Motivation auch in stressigen Phasen, die es im Hotel nun mal gibt, hochzuhalten, engagiert sich Granelli stark für zeitgemässe Arbeitszeitmodelle und attraktive Benefits, für Ausbildungsplätze und Weiterbildung, besonders aber für ein Arbeitsklima, in dem sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter als Person wahrgenommen und involviert fühlt.

Hotellerie geht nur mit Menschen

Auch in anderen Tophotels ist es schön zu sehen, wie eingeschworen die Crews sind, wie gross der Zusammenhalt, das Know-how in allen Bereichen, der Enthusiasmus und die Liebe zum Detail. Wahrer Luxus hat nur am Rand mit Zimmern, Gastronomie und Spa-Angeboten zu tun, sondern vor allem mit den menschlichen Beziehungen – unter Mitarbeitenden, zu den Gästen. Die Menschen im Hotel sind es, die den kaum messbaren, doch alles prägenden «Vibe» eines Hauses ausmachen. 

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Was für eine Freude, bei einem Hotelaufenthalt auf lauter Angestellte zu treffen, die für ihren Job richtig zu brennen scheinen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. So ergeht es dem Anreisenden im Kulm Hotel St. Moritz, wo das Team um Emfangschefin Katharina Büscher die Gäste mit einer Herzlichkeit willkommen heisst, als gebe es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt. Ähnliches lässt sich über Benjamin Blatter, Concierge im Alpina Gstaad, oder Albert Toco, den Portier im Grand Hôtel du Lac in Vevey, sagen.

Hotels, die so zuverlässige Teamplayer und zugängliche Wunscherfüller wie Hans-Peter Veit (Health & Spa Manager im Grand Resort Bad Ragaz), Stefan Beer (Küchenchef im Victoria-Jungfrau) oder Renata Oliveira (Hausdame im Eden Roc in Ascona) im Boot haben, brauchen sich um Vieles nicht mehr zu sorgen.

Die Freude, Menschen glücklich zu machen, steht auch Octavio Juarez Rodriguez (Restaurantleiter im Fairmont Le Montreux Palace), Marie Gerber (Bar-Managerin im The Chedi Andermatt) und Angelika Grundler (Sommelière im Baur au Lac) ins Gesicht geschrieben. Damit ist (und hat) der Gast schon fast gewonnen.

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Lichtblicke am Hotelhimmel

Zukunftsgewandte Hotelunternehmer wie Anne-Rose und Thomas Walther vom Hotel Walther in Pontresina zeichnen sich nicht nur durch eine grundsätzliche Freundlichkeit aus, sondern helfen der Schweizer Hotellerie mit Passion und selbst erwirtschafteten Investitionen, ihr neues, modernes Gesicht zu finden. Sie engagieren sich für den Berufsnachwuchs, zeigen den jungen Leuten auf, wie bedeutend der Tourismus vor Ort ist, wie die führenden Hotels ein Teil davon sind und was jeder einzelne Mitarbeitende mit seinem ganz persönlichen Beitrag zum Erfolg des Betriebs beitragen kann. Darin liegt eine grosse Stärke von Familienbetrieben, sofern diese genutzt wird: Sie haben die Chance, sich aus sich selbst heraus in jeder Generation neu zu erfinden und so immer auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

Und dann gibt es immer noch und immer wieder Quereinsteiger, die einen erfrischenden Pioniergeist und eine Portion Wahnsinn mitbringen und scheinbar unumstössliche Prinzipien des traditionellen Hotelmodells aus den Angeln heben. Jüngstes Beispiel liefern Jérôme de Meyer und Marco Dunand im Waadtländer Ferienort Villars-sur-Ollon. Die beiden branchenfremden Unternehmer haben dem soeben eröffneten Villars Alpine Resort mehr als neues Leben eingehaucht und sorgen für den ersehnten Lichtblick: «Es soll ein Ort werden, der die Menschen durch Kultur, Nachhaltigkeit und Weiterbildung zusammenbringt.» Ihr ernst gemeintes Bestreben, Luxus mit Inhalten und Sinn zu füllen und Erholung mit Inspiration zu verweben, bedeutet für den Gast so viel mehr, als einfach in einer gewöhnlichen Ferienblase zu verweilen.

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Ein möglicher Silberstreif am Hotelhimmel zeichnet sich auch zur akuten Personalknappheit ab. Ursula Renold, Professorin für Bildungssysteme an der ETH Zürich, hat am Hospitality Summit 2021 prognostiziert, dass die vielfältigen Berufe im Gastgewerbe infolge der gesellschaftlichen Veränderungen in vier, fünf Jahren wieder hochgeschätzt sein werden. So manche Jobs in der IT-Branche, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten grosser Beliebtheit erfreuten, würden den Bedürfnissen und Wertvorstellungen der Generation Next bald nicht mehr gerecht. Umgekehrt würden die jungen Leute häufiger wieder Berufe wählen, bei denen sie analoge Dienstleistungen in einer wohlgesinnten Community erbringen und gemeinsam Projekte vorantreiben können, wo der Mensch im Mittelpunkt steht.

Vielleicht muss das Schlusswort Monsieur Gustave gehören, dem Concierge im Film «Grand Budapest Hotel». Vor seinem Lehrling Zéro als aufmerksamer Zuhörer sinnierte er über den menschlichen Faktor, der jedem guten Hotel zugrunde liegt – der Wortlaut ist nicht stimmig übersetzbar und deshalb hier im Original: «You see? There are still faint glimmers of civilization left in this barbaric slaughterhouse that was once known as humanity. Indeed that's what we provide in our own modest, humble, insignificant hotel. Oh, fuck it.»

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