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Inside Bahnhofstrasse

Die alten Sünden sind ausgebügelt

Schindler poliert wieder die Margen auf; die ­Anleger lieben Galdermas Wachstumsstory; Calida versucht den nächsten Turnaround.

Frank Goldfinger

Frank Goldfinger

Schindler-CEO und -Präsident Silvio Napoli (r.) will die Gewinne stärker in die Taschen der Anleger lenken.

Schindler-CEO und -Präsident Silvio Napoli will die Gewinne stärker in die Taschen der Anleger lenken.

Keystone

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Was vor 150 Jahren auf der Luzerner Reussinsel in einer Werkstätte begann – produziert wurden Maschinen für die Landwirtschaft –, hat sich zu einem führenden Lift- und Fahrtreppenhersteller entwickelt. Und Schindler, von der hier die Rede ist, präsentiert sich im Jubiläumsjahr von der Schokoladenseite. Schon für 2023 hatte der Konzern ausgezeichnete Ertragszahlen vorgelegt, im ersten Semester 2024 konnten die Resultate nochmals verbessert werden. Einziger Wermutstropfen: Der Umsatz schwächelt, in diesem Jahr ging er um 2,3 Prozent zurück.

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Umsatzwachstum à tout prix hat jedoch seine Tücken, wie gerade Schindler erfahren musste. Die Verbesserung der Erträge ist nämlich vor allem eine Folge davon, dass die Altlasten – früher wurden viele Aufträge zu ungenügenden Margen hereingeholt – praktisch abgearbeitet sind. Nun kann sich CEO und Präsident Silvio Napoli (59) wieder auf die Akquisition renditeträchtiger Aufträge konzentrieren. Allerdings harzt das Geschäft mit Neuanlagen, speziell in China. Gut läuft dafür die Modernisierung bestehender Lifte und Fahrtreppen, und das Servicegeschäft brummt wie gewohnt.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.

Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

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Solange Chinas Wirtschaft schwächelt, erreicht Schindler kaum ein klares Umsatzwachstum. Die Valoren sind mit einem für 2025 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 24 zwar nicht übermässig bewertet. Dennoch ist erst auf mittlere Frist mit deutlich höheren Preisen zu rechnen, die Valoren verlangen also Geduld. Erfreulich ist die neue Ausschüttungspolitik: Künftig sollen vom Gewinn 50 bis 80 Prozent an die Aktionäre fliessen. Nicht zuletzt Hauptaktionär Alfred Schindler (75) dürfte Gefallen an der Grosszügigkeit finden.

Faltenfreie Gewinne

Schon beachtlich, was Galderma seit dem Börsengang im März geboten hat: Die Aktien schossen um 50 Prozent in die Höhe. Kein Wunder, denn der Dermatologiekonzern, der in den Gebieten ästhetische Hautbehandlung, Hautpflege und rezeptpflichtige Medikamente tätig ist, erfreut sich einer wachstumsstarken Zukunft. Die UBS schätzt das Umsatzplus über fünf Jahre auf durchschnittlich 15  Prozent, der Gewinn pro Aktie soll sogar um jeweils 60 Prozent zulegen.

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Für Zuversicht sorgt auch der Einstieg von L’Oréal. Der Kosmetikkonzern kaufte ein Paket von zehn Prozent und spricht von einer «wissenschaftlichen Partnerschaft». Am Rande sei vermerkt: L’Oréal und Nestlé hatten Galderma 1981 als Joint Venture gegründet; später kaufte Nestlé die Franzosen aus, um Galderma 2019 für über zehn Milliarden Franken an eine Gruppe um den Private-Equity-Investor EQT zu verkaufen. Diese hält immer noch 67,2 Prozent. Anfang Oktober läuft die Haltefrist aus, dann erwarte ich den Lackmustest. EQT betont zwar, dass man sich erst allmählich zurückziehen werde. Doch angesichts der Kursgewinne ist die Versuchung gross, diese ins Trockene zu bringen. 

Die Papiere sind mit einem für 2024 geschätzten KGV von 47 heftig bewertet; das Ertragswachstum bewirkt allerdings, dass das KGV im nächsten Jahr auf 27 und 2026 auf 20 sinkt. Ich bin positiv gestimmt für Galderma. Allerdings warte ich ab, ob ab Oktober nicht doch eine Verkaufsflut die Kurse drückt.

Viel Risiko

C.S. aus Luzern hält 750 Aktien Swiss Steel, Durchschnittspreis 66 Franken; sie will wissen, was ich von einem Nachkauf halte. Autsch, bei einem aktuellen Kurs von fünf Franken hat C.S. über 90 Prozent verloren. Da verstehe ich die Leserin, dass sie sich überlegt, mit Zukäufen den Durchschnittspreis zu senken. Diese Strategie, Averaging Down genannt, kann dort aufgehen, wo mit stark steigenden Kursen gerechnet wird.

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Die Swiss-Steel-Aktien dürften aber eher noch stärker abrutschen, denn es ist schlecht bestellt um den Innerschweizer Stahlkocher. Nach enttäuschenden Jahren sind die Resultate fürs erste Semester 2024 nur dank ausserordentlicher Erträge nicht tiefrot ausgefallen. Doch ein Umsatzeinbruch von 26 Prozent verheisst wenig Gutes. Eine rasche Wende ist nicht in Sicht: In der Automobilindustrie und dem Maschinenbau, wichtigen Abnehmern von Stahl, ist die Stimmung gedrückt. Wer in dieser Situation auf Swiss Steel setzt, benötigt viel Zuversicht – und noch mehr Risikobereitschaft. 

Reizlose Wäsche

Solange ich diese Kolumne schon schreibe, und das sind bald einmal 20 Jahre, habe ich das Gefühl, dass Calida sich am Turnaround versucht. Nach einem schlechten 2023 und einem schwachen ersten Semester greift CEO Felix Sulzberger durch. Der von der Gründerfamilie Kellenberger aus dem Ruhestand geholte, 73-jährige Ex-CEO hat nun Lafuma Mobilier verkauft. Damit erübrigt sich die von Analysten jahrelang gestellte Frage: Was zum Teufel haben Gartenmöbel bei einem Wäschehersteller zu suchen? Mit dem Erlös werden zwanzig Prozent der eigenen Aktien zurückgekauft, die Hälfte wandert in den Shredder. Gleichzeitig reduzieren die Kellenbergers ihren Anteil, um die Marktliquidität zu erhöhen.

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Das ist ja recht und billig. Nur ändert dies nichts daran, dass die Nachfrage nach Unterwäsche und Lingerie flau bleibt. Damit ist auch Essig mit organischem Wachstum oder deutlich besseren Erträgen. Die Aktien werden für 2025 mit einem geschätzten KGV von 16 eingestuft. Allerdings erklärt sich die tiefe Bewertung mit den schlechten Aussichten. Ich lasse Calida links liegen. 

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