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Einige der besten Hotels bieten puren Eskapismus. Andere sind eins mit dem Puls ihres Standorts oder erfüllen Sehnsüchte nach gesundheitlicher Balance: drei Megatrends im 26. BILANZ-Hotel-Ranking.
Claus Schweitzer
Das Lily of the Valley in Südfrankreich ist das Hotel der Stunde und steigt auf Platz 10 der besten Ferienhotels in Europa ein.
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Das Leben ist nicht perfekt. Aus diesem Grund wurden Hotels wie die Villa Feltrinelli am Gardasee, auf Platz 1 der besten Ferienhotels in Europa, erschaffen. Etwas Magisches geschieht, wenn man sie betritt – und die Welt unversehens wunderbarer wird als sie wirklich ist: vergnügter, aufgeweckter, weicher, so als würde Gershwins «Rhapsody in Blue» durch die Hotelhallen und -gärten schweben.
Glanzvoll wie an einem meisterhaft choreografierten Filmset, setzt die neogotische Villa am Seeufer alles daran, die Romantik des Reisens jeden Tag aufs Neue aufleben zu lassen und dafür zu sorgen, dass Gäste wie Mitarbeitende zu besseren Versionen ihrer selbst werden, jetzt erst recht.
1892 als Sommersitz der Papiermagnatenfamilie Feltrinelli erbaut und vor 20 Jahren in ein Landhaushotel mit jeder Menge Platz und Privacy verwandelt, ist heute alles von Heiterkeit und Leichtigkeit durchdrungen und so subtil ausgereift, dass man sich der betörenden Atmosphäre kaum entziehen kann. Nicht nur Besucher spüren das, sondern auch die ganze Equipe. «Wir sind alle stolz darauf, hier tätig zu sein», sagt Markus Odermatt, Hüter des Juwels. Seine Leidenschaft wird vom ganzen Hotelteam geteilt. «Wir arbeiten nicht für die Villa. Wir sind und leben die Villa.» Neunzig gute Geister kümmern sich um halb so viele Gäste und bestärken diese in ihrem Gefühl, dass das Leben eigentlich doch recht perfekt ist.
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Die Menschen lieben Illusionen, keiner weiss das besser als Markus Odermatt. Denn wir alle brauchen Hoffnung und beflügelnde Fantasien, um die Realität zu meistern und über die Verwirrungen der letzten zwei Jahre hinwegzukommen. Wir alle sehnen uns danach, dem Alltag zu entwischen und wie auf einem fliegenden Teppich abzuheben in eine befreiende Gegenwelt, wo man für ein paar kostbare Momente einen ganz anderen Lebensstil als den gewohnten zelebrieren kann.
Platz 1 (Vorjahr: 1): The Alpina Gstaad, Gstaad
Das Alpina Gstaad verteidigt seinen Spitzenplatz. Ein Gefühl von Grosszügigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Haus, das zwar seinen Preis hat, zugleich aber aufzeigt, dass die Gäste bereit sind, hohe Preise zu bezahlen, wenn die Leistung stimmt. Und die gelingt hier scheinbar mühelos. Geboten wird ein einzigartiges Swissness-Erlebnis mit durchwegs natürlichen Materialien in den 56 Zimmern im feinsten Chalet Chic, doch wird der Alpenstil stellenweise wohldurchdacht gebrochen – etwa mit der japanischen Küche im Restaurant Megu, mit kräftigen Kunst- und Blumen-Akzenten in den öffentlichen Räumen oder dem ästhetisch sublimen Six Senses Spa, dessen holistische Gesundheitsprogramme weit über die gewohnten Wellnessangebote hinausreichen. Die Hotelzufahrt ist unterirdisch, so muss niemand Parkplätze sehen und Autos hören. Das Engagement des jungen Besitzers Nachson Mimran für eine nachhaltige Unternehmenskultur ist ausserordentlich, seine entsprechenden Standards übertreffen alle anderen Nobelabsteigen im Lande. So war er der Erste, der auf plastikfreie Badezimmer-Amenities setzte, den Küchenchef zu «Zero Waste»-Gerichten anregte und selbst die Hotelslipper hochwertig aus Filz und Lammfell fertigen liess – diskret mit dem Hinweis «Take me home» versehen. Das ist die neue Definition von Luxus: Man will die Welt nicht länger für sein eigenes Vergnügen plündern, sondern in Harmonie mit ihr leben. Und man will hier oben am liebsten das grosse Unbehagen der heutigen Zeit vergessen, um sich im friedvollen Saanenland der tröstlichen Illusion hinzugeben, dass alles besser werden wird.
Wenn doch nur… das Spa auch über eine gemischte Sauna für Paare verfügen würde statt nur über die beiden geschlechtergetrennten Saunas. Zugegebenermassen ein Luxusproblem für verwöhnte Onepercenter…
Platz 2 (Vorjahr: 2): Castello del Sole, Ascona
Das letzte Jahr übertraf sämtliche Belegungs- und Umsatzzahlen, die Simon und Gabriela Jenny in ihren bisher zwanzig Sommern als Gastgeber im Castello del Sole erzielt haben. Und selbst wenn es derzeit wieder mehr Sonnenhungrige ans Meer zieht, entwickelt sich auch die aktuelle Saison so gut, dass bis in den Herbst hinein kaum ein Zimmer zum Wunschdatum zu ergattern ist. Inmitten von 140 Hektaren Park und eigener Landwirtschaft gelegen, vereint kein anderes Hotel hierzulande Natur und Luxus so harmonisch wie dieses. Und das Platzangebot pro Gast ist schweizweit konkurrenzlos. Wer in dieser «Destination in der Destination» absteigt, braucht die Hotelanlage nicht zu verlassen und fühlt sich dank drei Restaurants, Spa, Tennisplätzen, enormen Auslaufmöglichkeiten sowie Privatstrand mit Wassersportmöglichkeiten selbst bei einem längeren Aufenthalt nie eingeschränkt.
Wenn doch nur… die Zimmerkorridore im Haupthaus nicht so sehr an ein Verwaltungsgebäude erinnern würden.
Platz 3 (Vorjahr: 5): Park Hotel Vitznau, Vitznau
Mit einem Plus von zwei Rängen steigt das Genuss-Schloss am Vierwaldstättersee in die Top 3 auf. Es verbindet Grosszügigkeit und Intimität auf unvergleichliche Art und ist mit der dezent von der Aussenwelt abgeschotteten Parkanlage am Seeufer bestens aufgestellt, um den Gästen „Splendid isolation“ für beflügelnde Tage zu bieten. Urs Langenegger und sein Vizedirektor Mathias Rohner führen das Park Hotel Vitznau denn auch im Stil eines edlen privaten Gästehauses. Den Übernachtungsgästen und Freunden des Hauses (zu denen einzelne externe Restaurantgäste auf Vorreservation gehören) soll ein Aufenthalt ermöglicht werden, der viel Privacy und Exklusivität verspricht. Drei Restaurants für unterschiedliche Bedürfnisse stehen zur Wahl – alle mit Sommerterrassen, auf denen Sonnenuntergänge zu Naturschauspielen werden. Das Hotelteam ist derzeit das beste seit der Wiedereröffnung im 2013, der Aussenpool riesig und angenehm temperiert, nur das Gym dürfte etwas grösser sein. Ausserdem: Frühstück ist hier nicht einfach Frühstück, sondern ein lukullisches à-la-carte-Vergnügen mit einer grossartigen Auswahl und Qualität an süssen und salzigen Köstlichkeiten.
Wenn doch nur… die rückwärtigen Juniorsuiten, laut Eigenwerbung „mit Bergsicht“, nicht auf die vielbefahrene Seestrasse und den steil aufragenden Hang des Rigi-Fusses blicken würden – zu Preisen ab 1100 Franken selbst im Frühherbst. Auch können nachts die ungezählten beleuchteten LED-Lichtschalter in den Suiten irritieren.
Platz 4 (Vorjahr: 3): Gstaad Palace, Gstaad
Viele Luxushotels – in der Schweiz genauso wie in fernen Welten – haben alles, aber oft keine lokale Identität. Das Gstaad Palace geht einen anderen Weg. Es mag von aussen wie ein Märchenschloss wirken, doch hinter den 109-jährigen Mauern wird eine Authentizität kultiviert, die selbst verwöhnte Reisende, welche schon alles gesehen und erlebt haben, berührt und begeistert. Die Seele des Hauses, die familiäre Sorge ums Detail, die Verbundenheit zur hiesigen Community und Natur ist an allen Ecken und Enden spürbar. Andrea Scherz, der das «Palace» in dritter Generation führt und über eines der liebenswertesten Hotelteams im ganzen Land wacht, kreiert eine grossartige Atmosphäre, die behaglich und kosmopolitisch zugleich ist und bei aller Unkompliziertheit nicht der notwendigen Fünfsterneperfektion ermangelt. Man braucht nur einen Blick in die Hotelhalle zu werfen: Sie ist von Leben und Heiterkeit erfüllt, viele Sprachen schwirren durch die Luft, es sind Luxushotelszenen wie aus einem Film. Neu seit dem letzten Sommer: Beim olympischen Freibad von 1928 wurde die legendäre Pool-Bar «Piscine» aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Entstanden ist ein heiterer Ort zum Licht-Luft-Sonne-Tanken, natürlich auch zum erfrischenden Schwumm auf 50 Meter langen Bahnen oder zum entspannten Lunch.
Wenn doch nur… nicht so viele Mitarbeitende «English only» reden würden. Gehört es bei einer Dienstleistung nicht dazu, dass das Personal zumindest eine Landessprache spricht? In manchen Momenten würde man am liebsten antworten: «By the way, in Switzerland, we speak four languages. Pick one!»
Platz 5 (Vorjahr: 8): Grand Resort Bad Ragaz, Bad Ragaz
Anders als Luxushotels in den berühmten Ferienorten, die auf eine breitgefächerte Infrastruktur mit Freizeit-, Shopping- und Event-Möglichkeiten vor der Haustür zählen können, muss sich das Grand Resort Bad Ragaz den Ort im Wesentlichen selber schaffen. Das gelingt dem Ostschweizer Resort, das sich lange auf die Standbeine Rehabilitation und Thermalwasser fokussierte, mit jedem Jahr besser. Es hat sich in jüngster Zeit erfolgreich vom traditionellen Kurhotel mit 180-jähriger Bäderkultur zur modernen Health-, Lifestyle- und Kulinarik-Destination für alle Generationen gewandelt. Die genussaffinen Erholungssuchenden, die vermehrt hier absteigen, reisen oftmals mit Kind und Kegel an und schätzen es, dass sie effizient ihre Gesundheit optimieren und zugleich ihre raren Ferientage mit der Familie verbringen können – der Angebotsvielfalt sei Dank: Von der Kindervilla und dem Family-Spa über die landesweit attraktivste E-Bike-Station bis zum eigenen Golfplatz ist für jedes Bedürfnis gesorgt, insbesondere auch in gastronomischer Hinsicht mit sieben Restaurants und insgesamt fünf Michelin-Sternen. Die Medical-Verantwortlichen haben ihre präventiven Kompetenzen in den „NewYou“-Programmen frisch gebündelt. Diese gehen spezifisch auf verschiedene Lebensstile ein und haben jeweils ein transformatives Ziel. Die Besitzerfamilie Schmidheiny und das starke Team um den geschäftsführenden Hoteldirektor Marco Zanolari arbeiten derzeit an der Vision, die Synergien zwischen Spa und medizinischem Zentrum zu verbessern, was auch einen entsprechenden, rund 50 Millionen Franken teuren Neu- und Umbau im Jahr 2025 erfordern wird. Die finanziellen Mittel hierzu werden momentan aufgebaut: Nach einem schwierigen ersten Corona-Jahr gelang dem Resort im 2021 die Rückkehr in die Gewinnzone mit 91‘000 Logiernächten und einer Umsatzsteigerung von 18 Prozent.
Wenn doch nur… das Resort nicht auf der Schattenseite des Rheintals erbaut worden wäre. Im Winter erreicht die Sonne gerade mal die obersten Etagen des Spa Towers. Zur Gründerzeit im 19. Jahrhundert war dies jedoch kein Thema: Bad Ragaz entstand als reiner Sommerbetrieb.
Platz 6 (Vorjahr: 4): Eden Roc, Ascona
Es ist bereits der dritte goldene Sommer für das Eden Roc – was jedoch für alle Tourismusbetriebe in der Südschweiz gilt. In diesem modernen Hotelklassiker sucht jeder das bessere Leben. Und findet es auch. Hier werden hohe Ansprüche an Gastronomie, Service und Wellness erfüllt. Die betörende Szenerie mit subtropischer Vegetation am Ufer des Lago Maggiore trägt das ihre zur südlichen Ferienstimmung bei. Zur Uferpromenade von Ascona sind es nur wenige Schritte, doch lässt sich der Tag auch unter Palmen und alten Bäumen im Garten direkt am Wasser verbringen. Es gibt eine hauseigene Wassersportschule und eine Reihe von Ausflügen und Abenteuern im Rahmen des «Moving Mountains»-Programms. Die Zimmer im rechten Hotelflügel wurden im letzten Jahr renoviert – dabei hielt sich Innenarchitekt Carlo Rampazzi in seiner ansonsten fulminanten Stilistik vergleichsweise zurück. Der jungen Generation der Besitzerfamilie Kipp-Bechtolsheimer liegt das Thema Nachhaltigkeit am Herzen, weshalb das Eden Roc – wie auch die Schwesterhotels Carlton St. Moritz, Tschuggen Grand Hotel und Valsana Arosa – klimaneutral betrieben wird.
Wenn doch nur… der erste visuelle Eindruck des modernistischen Gebäude-Ensembles aus den Wirtschaftswunderjahren nicht an ein Luxuskrankenhaus denken liesse. Doch das Eden Roc beweist: Inhalt ist wichtiger als Form.
Platz 7 (Vorjahr: 7): Grand Hotel Kronenhof, Pontresina
Die «Grande dame» unter den regionalen Alpenpalästen besticht in allen relevanten Bewertungskategorien und behauptet sich als bestes Hotel im Engadin. Die Holzböden im Treppenhaus knarren etwas, aber das dürfen sie, schliesslich sind sie Jahrgang 1848. Dem nostalgischen Charme des dreiflügligen Gebäudes mit hufeisenförmigem Ehrenhof, neobarockem Speisesaal und lichtdurchfluteter Beletage erliegt man schnell, zumal der Gast im Mittelpunkt aller Überlegungen steht und nicht wie so oft im Weg. Ganz von heute sind zahlreiche frisch strahlende Zimmer (28 tragen die Handschrift vom Architekten Pierre-Yves Rochon), das Spa mit einem der schönsten Hallenbäder im Land sowie die grosszügig konzipierte Zigarrenlounge mit angrenzendem Billardzimmer. Im Winter gibt es eine hauseigene Eisbahn, im Sommer locken Yoga-Lektionen auf speziellen Holzplattformen im Garten und eine neue Outdoor-Lounge. Auch freut sich so mancher Hotelgast an Schnee- oder Regentagen, den Nachmittag mit einem Buch in der stimmungsvollen Lobby oder im angrenzenden Kaminsalon zu vertrödeln und darüber zu sinnieren, was gute Hotels sind und schon immer waren: sichere Häfen im Ozean der Wirklichkeit. Bisher ein klassischer Zweisaison-Betrieb, steht der «Kronenhof» ab diesem Jahr nun den ganzen Herbst über offen und empfängt seine Gäste ohne Unterbrechung bis im April. Mit dieser Saisonverlängerung profitieren auch die Mitarbeitenden von längeren Verträgen.
Wenn doch nur… Pontresina eine direkte Pistenanbindung für Skifahrer hätte. Für den Wintersport in einem der umliegenden Skigebiete Diavolezza, Corviglia oder Corvatsch muss stets gependelt werden. Immerhin betreibt der «Kronenhof» einen Ski-Shuttle.
Platz 8 (Vorjahr: 6): Riffelalp Resort 2222m, Zermatt
Den Ausblick dieser einzig wirklichen Luxus-Lodge in der Schweiz kennt man schon, ohne je dagewesen zu sein – aus Dutzenden von Kalender- und Werbefotos mit der idealen Perspektive aufs Matterhorn. Landschaftlich eindrücklicher geht es in den Bergen kaum, zudem liegt das Riffelalp Resort inmitten des Skigebiets respektive direkt an den Wanderwegen. Doch besteht der Lodge-Zauber nicht nur im authentischen Alpenerlebnis an dieser atemberaubenden Lage auf 2222 Metern über dem Meer, sondern auch im flirrend internationalen Lebensgefühl mit Gästen aus nah und fern. Diese schätzen die entspannte Atmosphäre ohne vornehmes Getue, das kleine Spa mit wohlig warmem Aussenpool und die gemütlichen Zimmer im Chalet-Look. Hier kann man sich diskret vom Rest der Menschheit verstecken und im Einklang mit der Natur fühlen, unberührt vom Chaos in der Welt. Selbst Zermatt (das in zwanzig Fahrminuten mit der Gornergratbahn erreichbar ist) scheint himmelweit entfernt.
Wenn doch nur… die Personalabteilung auch mal den einen oder anderen einheimischen Mitarbeitenden für den Service in den Restaurants finden würde.
Platz 9 (Vorjahr: 13): Kulm Hotel St. Moritz, St. Moritz
Das entspannteste der St. Moritzer Traditionshotels versucht, Nostalgie und Nowness zu verbinden und Luxus ohne Angeberei zu bieten, was dem Gastgeberpaar Jenny und Heinz Hunkeler von Jahr zu Jahr besser gelingt. Kontinuierlich wird im ockerfarbenen Gebäude-Ensemble, das von aussen an eine Grossbrauerei aus dem Industriezeitalter erinnert und der griechischen Reedereifamilie Niarchos gehört, erneuert und renoviert. Wie im nahe gelegenen Schwesterbetrieb Grand Hotel Kronenhof (siehe Platz 7) wird jede Schwellenangst mit unkomplizierter Zuvorkommenheit vertrieben, so dass die zahlreichen Restaurants und Bars im Haus auch gerne von Einheimischen frequentiert werden. Das Spa punktet mit dem grössten Hotelhallenbad der Schweiz, und in jüngster Zeit wurden zahlreiche Zimmer vom französischen Architekten Pierre-Yves-Rochon in stilvoller alpiner Modernität mit viel Holz und natürlichen Materialien renoviert.
Wenn doch nur… die Hektik beim Frühstück im überdimensionierten Grand Restaurant nicht wäre. Immerhin halten die riesigen Buffets ein qualitativ hochstehendes Angebot bereit.
Platz 10 (Vorjahr: 11): The Chedi Andermatt, Andermatt
Das stylische, in die Top Ten aufsteigende Mountain Resort verblüfft zunächst durch die ungewohnte Symbiose aus Chalet-Charme und asiatischer Grandezza und wirkt trotz tempelähnlichen Dimensionen in den öffentlichen Räumen nicht protzig, sondern schafft mit hochwertigen Naturmaterialien und warmem Licht eine mondäne Behaglichkeit, welche die Gäste atmosphärisch weit aus der Schweiz hinausträgt. Wie immer ist es aber auch hier nicht die Architektur, welche den Zauber des Hotels ausmacht, sondern die Chemie im Hotelteam. Direktor Jean-Yves Blatt, der auch in hektischen Momenten Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, weiss: Gerade im Zeitalter der Digitalisierung macht Gäste im Hotel nichts glücklicher als ein natürlich agierender, individualisierter Service von Mensch zu Mensch. Unbedingt lohnenswert für ein Mittagessen ist ein Abstecher in der «Filiale» des beliebten japanischen Hotelrestaurants auf dem Hausberg Gütsch auf 2300 Meter über dem Meeresspiegel.
Wenn doch nur… das Spa im Verhältnis zu den mehreren hundert Gästen bei Vollbelegung des Resorts grosszügiger konzipiert worden wäre und die Schwimmenden im Pool nicht den Blicken der Gäste in der Lobby ausgesetzt wären.
Platz 11 (Vorjahr: 10): Suvretta House, St. Moritz
Das Suvretta House ragt aus der Zeit wie ein unverwüstliches Monument. Ganz in der Nähe und doch Welten vom St. Moritzer Rummel entfernt, ist es eines der wenigen Schweizer Hotels, die eine Destination für sich sind – mit unnachahmlichem Retro-Flair, schön renovierten Zimmern und einem fulminanten Angebot an Outdoor-Aktivitäten (im Sommer teilweise im Übernachtungspreis inkludiert). Im Winter beginnen und enden die Skipisten des Corviglia-Gebiets gleich hinter dem Haus. Wer den Tag anders gestalten will, für den hat Concierge Marco Vaudo – oder auch das engagierte Gastgeberpaar Peter und Esther Egli – individuell passende Tipps parat. Das Gefühl der Kontinuität, das dieses ebenso imposante wie märchenhafte Hotel aus dem Jahr 1912 vermittelt, ist Stärke und Schwäche zugleich. So wird an manchem alten Zopf festgehalten und die Abendgarderobe im Grand Restaurant ist nicht nur erwünscht, sondern zwingend vorgeschrieben, die Herren im «dunklen Anzug mit Krawatte».
Wenn doch nur… das Spa endlich renoviert würde. Das Suvretta House mag vor zwei Jahrzehnten mit dem ersten Wellnessbereich im Engadin aufgetrumpft haben, doch hält dieser längst nicht mehr mit dem Status quo vergleichbarer Resorts mit.
Platz 12 (Vorjahr: 9): Tschuggen Grand Hotel, Arosa
Das flamboyant zusammengewürfelte Design in den Zimmern und öffentlichen Hotelräumen steht in starkem Kontrast zum puristisch gestalteten, in den Fels gesprengten «Bergoase»-Spa. Letzteres ist von farbig illuminierten Glassegeln gekrönt und ebnet Stressgeplagten gewissermassen eine Schnellstrasse in die Entschleunigung – nicht zuletzt dank den verlässlich guten Körper- und Beauty-Behandlungen. Während der Wintersaison lassen sich im Restaurant La Brezza des jungen Spitzenkochs Marco Campanella (der im Sommer im Schwesterhotel Eden Roc in Ascona tätig ist) kulinarische Sternstunden erleben, während im gemütlichen Kellerlokal The Basement mit Kegelbahn leckere Burger, Steaks und Bündner Spezialitäten serviert werden. Alles mit bestem Gewissen: Die Tschuggen-Hotelgruppe setzt sich für Luxus ein, der nicht auf Kosten der Umwelt geht und ist in Zusammenarbeit mit myclimate seit 2019 klimaneutral. Eine Besonderheit ist der hauseigene «Tschuggen Express», eine Kabinenbahn, die in drei Minuten vom Hotel zur «Tschuggenhütte» mitten im Wander- und Skigebiet führt. Im Frühjahr 2022 haben Silvana und Ingo Schlösser die Direktion übernommen. Die aktuelle Sommersaison wird mit eingeschränkten Kapazitäten betrieben – dies wegen der direkt benachbarten Baustelle der derzeit entstehenden «Tschuggen Mountain Lofts» (neue Hotelsuiten und Ferienwohnungen), die voraussichtlich im Dezember 2022 fertiggestellt sein werden.
Wenn doch nur… der Zahn der Zeit nicht beginnen würde, an den Zimmern und Suiten zu nagen. Eine ernsthafte Auffrischung würde guttun.
Hotels haben schon immer mit Eskapismus gehandelt – einer Währung, deren Wert 2022 ein Allzeithoch erreicht. Fluchtburgen, die ein Entkommen in eine bessere Wirklichkeit verheissen, verkörpern denn auch den ersten von drei Megatrends im aktuellen Ranking von BILANZ.
Das «Weg von allem»-Gefühl ist zu einem neuen Luxus geworden, sei es in entlegenen Hideaways in ursprünglicher Natur oder in zivilisationsnahen, doch vom gewöhnlichen Leben losgelösten Rückzugsoasen. Bei manchen dieser Hotels gilt «Remoteness» als Gütezeichen – zufällig kommt im Rosewood Castiglion del Bosco in der Toskana oder im Gidleigh Park im südenglischen Devon jedenfalls kaum jemand vorbei. Genauso wenig wie im Arctic Bath in Schwedisch-Lappland oder im Riffelalp Resort hoch über Zermatt. Andere, näher an der Zivilisation gelegene Zufluchten bieten Aussenstehenden keinen oder nur einen sehr beschränkten Zutritt, etwa das San Luis in Südtirol, Schloss Elmau in Oberbayern oder Can Simoneta auf Mallorca.
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Man könnte den Wunsch nach «Splendid isolation» als Auswirkung der Pandemie erklären, doch stehen abgekapselte Edelherbergen schon länger hoch im Kurs. So ist das Castello del Sole in Ascona ein eigenes Tessiner Universum en miniature. Als zeitlos zauberhafte «Destinationen in der Destination» betören Retro-Paradiese wie das Waldhaus Sils im Engadin, das Hôtel du Cap-Eden-Roc an der französischen Riviera oder das Grand Hotel Timeo im sizilianischen Taormina genauso wie The Goring oder Brown’s Hotel im Herzen von London. Das Hotel Cipriani und das Hôtel de Russie könnten kaum zentraler in Venedig und Rom liegen und sind doch wundersam vom touristischen Trubel abgeschottet. Selbst manche der modernen Hotelikonen – allen voran die Villa La Coste im Luberon, die La Réserve Ramatuelle bei Saint-Tropez und das Amanzoe im östlichsten Finger des Peloponnes – bieten ihren Gästen die Illusion, aus der Zeit zu fallen und weit aus der Gegenwart hinausgetragen zu werden. Eine Reise zu all diesen Hotels heisst, sich für ein paar Tage aus der Welt zu nehmen. Genau das also, was viele Menschen gerade brauchen.
Die Sehnsucht nach dem wirklichen Abtauchen aus dem Alltag in eine andere Welt widerspricht nur scheinbar dem zweiten Megatrend: dem Bedürfnis, eine innere Verbindung zu den besuchten Orten herzustellen und sich als Teil der Community zu fühlen.
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Die Beziehung der Reisenden zu den Reisezielen hat sich in jüngster Zeit markant verändert. Von der Philosophie des Slow Travel getragen, wollen viele Leute nicht mehr im grösstmöglichen Tempo maximal gesteigerte Sinneseindrücke abhaken, sondern bewusster und langsamer unterwegs sein, mit dem Puls der Destination verschmelzen, ein Gefühl der Zugehörigkeit in der Fremde empfinden und sich unvorhergesehenen Begegnungen hingeben. All das hat mit einer neuen persönlichen Haltung zu tun, die sich auch in der starken lokalen Identität der massgeblichen Anbieter spiegelt. Zeitgemässe Hotels, egal ob in den Städten oder auf dem Land, machen ihren Standort auf authentische Art erfahrbar, beziehen die Umgebung oder die Nachbarschaft ins Hotelerlebnis mit ein und stellen überdies eine Verbindung zwischen dem einheimischen Leben und den Gästen aus aller Welt her.
«Wer heute irgendwohin reist, möchte den Ort und dessen Esprit bereits im Hotel auf verfeinerte Art und in verdichteter Form erleben», sagt Modeunternehmer Thierry Gillier. Entsprechend fühlt sich das unlängst von ihm entwickelte Hotel Château Voltaire in Paris wie ein zeitgeistorientierter Mikrokosmos der französischen Metropole an. Während man beim Dinner in der Brasserie oder bei einem Drink in der Hotelbar sitzt, wirkt die Gemeinschaft aus Hotelgästen und hiesigen Kreativen, Fashionistas und Bonvivants wie ein locker zusammengewürfelter Freundeskreis. Das Gegenteil vieler konventioneller Nobelabsteigen an der Seine also, wo man sich eher in luxuriös-standardisierten Touristenghettos wähnt und kaum ein Gast französisch spricht. Das neue Cheval Blanc Paris war sich dieses Wertewandels ebenfalls sehr bewusst und positionierte sich mit einem halben Dutzend hochfrequentierter Restaurants und Bars virtuos als «Hotel Mittendrin».
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Auch das tief mit Amsterdam verwurzelte The Dylan bringt den ganz speziellen Vibe der Grachtenstadt so stimmig zum Ausdruck, dass man eigentlich gar nicht mehr aus dem Haus zu gehen braucht. Im Volkshaus Basel und im Orania Berlin steht die Einbindung der Kunst- respektive Musikszene gleichermassen im Mittelpunkt wie die Intention, aktiver Bestandteil der urbanen Kultur zu sein und für die Einheimischen als erweitertes Wohnzimmer zu fungieren. Das Gstaad Palace prägt die DNA des Saanenlands wirksamer als jede Tourismuskampagne. So wie man in der Masseria Torre Coccaro in Apulien oder im Bachmair Weissach am Tegernsee sofort diese hautnahe Verbundenheit zu den lokaltypischen Erlebnismöglichkeiten und zu den Menschen vor Ort spürt. Bevor man sein Zimmer bezogen hat, ist man schon angekommen.
Platz 1 (Vorjahr: 2): Beau-Rivage Palace, Lausanne
Für den Gast stellt sich bereits bei der Ankunft das subtile Gefühl ein, hier erwartet und hochwillkommen zu sein, ein Freund des Hauses, ein alter Bekannter – selbst wenn man zum ersten Mal anreist. Dieses Gefühl zieht sich durch den ganzen Aufenthalt. Alle Mitarbeitenden strahlen diesen Beau-Rivage-Spirit aus – von den Rezeptionistinnen über die guten Geister auf den Etagen bis zum Poolboy. Das hat viel mit der Direktorin Nathalie Seiler-Hayez zu tun, die für gehaltvolle Substanz in allen Bereichen sorgt und darum bemüht ist, dass der nostalgische Luxus im frisch renovierten Hotelpalast von 1861 mit unaufgeregter Eleganz und dem beherzten gewissen Etwas daherkommt. Das Wellbeing-Konzept im fabelhaften Cinq Mondes Spa überzeugt ebenso wie die moderne französische Cuisine im Restaurant Anne-Sophie-Pic oder das lukullische Frühstück. Nachhaltigkeit ist gross geschrieben: Die Klimaanlage etwa wird durch Seewasser gekühlt. Und die 168 Zimmer und Suiten mit ihren stilvollen Bädern zählen durchwegs zu den schönsten der Schweizer Grandhotellerie. Im Beau-Rivage Palace wird ganz einfach gezeigt, was bei einem entsprechenden Budget (der Sandoz-Familienstiftung) möglich ist – sowohl was die Hardware als auch das Personal betrifft.
Wenn doch nur… bei der Totalsanierung des historischen «Beau-Rivage»-Flügels in den vergangenen zwei Jahren auch gleich die Hotel-Lobby erneuert worden wäre. Diese wirkt nach wie vor ein bisschen wie die Schalterhalle einer Grossbank.
Platz 2 (Vorjahr: 3): The Dolder Grand, Zürich
Hoch über der Stadt, mitten im Grünen und mit Blick auf See und Alpen, fühlt man sich in Zürichs moderner Hotelikone weit weg von allem. Kosmopolitische Bonvivants jeglicher Couleur finden hier zusammen, zelebrieren das nonchalant-elegante Gastdasein und erholen sich im weitläufigen Spa von den Strapazen des Alltags. Unverändert sind die öffentlichen Räume von feinster Kunst durchwirkt. Denselben Stellenwert hat die Kulinarik, sei es im «The Restaurant» beim Herdvirtuosen Heiko Nieder oder im einfacheren «Saltz» mit Panoramaterrasse. Liebhaber der orientalischen Küche können Mezze-Variationen oder Pouletspiesse Shish Taouk per Room-Service ordern. Ausserdem gibt es immer wieder gastronomische Pop-ups, und auch ein neues veganes Lokal ist für 2023 in Planung. Dem Team um General Manager Markus Granelli gelingt es – auch in einer Welt im Panik-Modus – gute Vibes auszusenden und für neuen Swing zu sorgen, was von den Gästen entsprechend honoriert wurde: Das Dolder Grand kam deutlich besser über die Pandemie als die meisten anderen Stadthotels im Land und erfreute sich über ein starkes erstes Halbjahr im 2022.
Wenn doch nur… die Bereitschaft mancher jungen Mitarbeiter aus nicht-deutschsprachigen Ländern grösser wäre, deutsch zu lernen. Vom Butler bis zur Barkeeperin wird man mit den Worten «Would you mind speaking in English» begrüsst.
Platz 3 (Vorjahr: 1): Les Trois Rois, Basel
Im «Drei Könige» am gemächlich dahinziehenden Rhein gehen seit 340 Jahren Gäste ein und aus, länger als in allen anderen Grandhotels dieses Rankings. Das Haus strahlt eine grosse Gemütlichkeit aus, etwa beim Afternoon-Tea in der Lobby oder bei einem Drink in der Kaminbar. Zum leichten Schwindelgefühl, welches das Les Trois Rois auslöst, trägt die Schieflage des Hotels bei. Die Steintreppen im Lichthof zwischen Entree und Lobby – dem architektonischen Herzen des palastartigen Baus – senken sich zur einen Seite um einige Zentimeter, was wie bei venezianischen Palazzi durch Bodenabsenkungen am Flussufer zu erklären ist. Dass der Zauber anhält, ist Thomas Straumann zu verdanken. Der erfolgreiche Unternehmer wollte Basel etwas von dem zurückgeben, was die Stadt ihm gegeben hat, indem er das zur Jahrtausendwende vor dem Zerfall stehende Juwel rettete und einen Ort schuf, der alles verkörpert, was Basel speziell macht: tiefe historische Wurzeln, ein Sinn für Schönheit und Genuss, die Freude an Kultur und kultiviertem Austausch. Soeben hat Hoteldirektor Philippe Clarinval (zuvor im «The Omnia» in Zermatt und im «Carlton» in St. Moritz) die Nachfolge von Tanja Wegmann übernommen. Ausserdem steht den Gästen neu ein Pedrazzini-Motorboot für Ausfahrten auf Basels Lebensader zur Verfügung (zweistündige Tour: 1500 Franken). Ein weiterer Ausbau des Leisure-Angebots ist in Planung.
Wenn doch nur… dem historiengetreu renovierten und überaus eleganten Hotel der eine und andere moderne Twist zuteilwerden würde. Doch ist der Handlungsbedarf erkannt, wie Thomas Straumann ankündigt: «Nach 17 Jahren unterziehen wir das Haus demnächst einem Refreshment.»
Platz 4 (Vorjahr: 5): Fairmont Le Montreux Palace, Montreux
Ein Klima zu schaffen, das die Mitarbeitenden dazu veranlasst, die berühmte Extrameile zu gehen, und das nicht nur einmalig, sondern dauerhaft, ist die Herausforderung jedes Hoteliers, und Michael Smithuis gelingt dieses Kunststück im Montreux Palace seit nunmehr neunzehn Jahren. Der stets wohlgemute Holländer ist persönlich sehr mit dem Hotel und der Waadtländer Riviera involviert, und seine Begeisterung versteht er auf die Menschen in seinem Umfeld zu übertragen. Ob in einem der 236 Zimmer oder im unlängst renovierten Spa, ob im Montreux Jazz Café oder in Funky Claude’s Bar: Immer fühlt man sich gleich lebendiger, vergnügter, ausgeglichener – und von den Herausforderungen gegenwärtiger Zeiten befreit. Als Sinnbild für das entspannte Lebensgefühl in diesem Belle-Epoque-Palast steht der legendäre Konzertflügel in der Hotelhalle im ersten Stock. Dieser wird fast täglich und zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten spontan von Hotelgästen bespielt – von der zehnjährigen Diplomatentochter ebenso wie vom prominenten amerikanischen Jazzmusiker, der sich mal für eine Woche am Genfersee erholt. Das diskret aufmerksame Team tut sein Übriges, damit man sich hier sehr, sehr wohl fühlt. Im Frühherbst wird das kulinarische Angebot durch ein weiteres Restaurant mit japanisch-peruanischer Fusionsküche ergänzt.
Wenn doch nur… die viel befahrene Seestrasse vor dem ansonsten wunderbar gelegenen Hotel nicht wäre.
Platz 5 (Vorjahr: 9): Baur au Lac, Zürich
Das Zürcher Traditionshaus ist seit 1844 im Dienst der Gastlichkeit und in sechster Generation im Besitz der Gründerfamilie – mit Marguita Kracht steht bereits die siebte Generation in den Startlöchern. Im Baur au Lac kann man sich stilvoll vom Trubel der Stadt zurückziehen und trotzdem mittendrin sein. Der Hotelgarten ist ein Bijou mit einer überraschenden Vielfalt von Pflanzen – der Chefgärtner schaut seit Jahrzehnten nach dem Rechten. Die 119 Zimmer und Suiten sind gut in Schuss, doch blicken die wenigsten auf den See, sondern mehrheitlich auf den Schanzengraben, den Innenhof oder zur verkehrsreichen Talstrasse. Die Lobby, die hier «Le Hall» heisst, wird von einheimischen wie internationalen Gästen als angenehm belebtes Wohnzimmer geschätzt, sei es zum Frühstück, Lunch, Afternoon Tea oder Apéro. Weitere Highlights sind die Edel-Brasserie Baur’s, das Gourmetrestaurant Pavillon von Küchenchef Laurent Eperon sowie die wechselnden Skulpturen renommierter Künstler im Garten. Soeben wurde die Einfahrt, die Terrasse und der Empfangsbereich erneuert. Anfang Juli übernahm der bisherige Vizedirektor Christian von Rechenberg den Posten des Hoteldirektors von Wilhelm Luxem. Der 41-jährige Zürcher war vor über 20 Jahren als Praktikant im Baur au Lac gefördert worden und möchte nun dafür sorgen, dass sich seine Mitarbeitenden verstärkt mit ihren Talenten ins Team einbringen können.
Wenn doch nur… die Minibar in den Zimmer- oder zumindest den Suiten-Preisen inkludiert wäre, wie dies inzwischen bei vielen führenden europäischen Hotels ausserhalb der Schweiz der Fall ist. Es wirkt irgendwie kleinlich, für eine Übernachtung einen vierstelligen Betrag zu bezahlen und beim Auschecken für eine Cola aus der Minibar zur Kasse gebeten zu werden.
Platz 6 (Vorjahr: 7): Victoria-Jungfrau, Interlaken
Das 166-jährige Grandhotel mit Blick auf das Jungfraumassiv bietet verschiedene Stimmungswelten unter einem Dach: Wer gerne grosses Kino mit Sehen und Gesehenwerden in weitläufigen Belle-Epoque-Hallen mag, ist im Victoria-Jungfrau ebenso gut aufgehoben wie jene Gäste, die einfach mal ein paar Tage genüsslich abtauchen oder im Spa zu neuer Gesundheit und Lebensenergie finden wollen. Dem Hoteldirektor Peter Kämpfer ist es ein spürbares Anliegen, seinen Gästen gleich beim Eintreffen Stress, Alltagssorgen, Termindruck und derlei spezielles Gepäck abzunehmen, damit dem Entschleunigen nichts mehr im Wege steht. In jüngster Zeit wurde die grosse Mehrheit der 216 Zimmer vollständig renoviert und das Grand Restaurant «La Terrasse» zu einer Brasserie umfunktioniert. Demnächst wird das neue Gourmetlokal «Radius by Stefan Beer» eröffnen, wo sich der «Hotelkoch des Jahres» regionalen Produkten aus dem Umkreis von 50 Kilometern verschrieben hat. Ebenfalls neu: der ganzjährig betreute Kids Club.
Wenn doch nur… das schon lange geplante Projekt eines grossen Aussenpools im rückwärtigen Gartenbereich endlich umgesetzt würde. Das Victoria-Jungfrau wirbt zwar mit 5500 Quadratmetern Spa-Fläche, doch an regnerischen Wochenenden, wenn viele Gäste gleichzeitig Lust auf Wasser, Wärme und Wellbeing bekommen, kann es auch in Bezug auf freie Behandlungstermine eng werden.
Platz 7 (Vorjahr: 6): La Réserve Genève, Genf-Bellevue
Für manchen Besucher ist dieses City-Resort selbst das Reiseziel. Es liegt in einer Gartenanlage fünf Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums, das sich auf Wunsch mit dem hoteleigenen Boots-Shuttle erreichen lässt. Das Interieur wurde 2003 vom Innenarchitekt Jacques Garcia in cooler Opulenz im Stil einer urbanen Lodge mit vielen exzentrischen Accessoires durchgestaltet und strahlt eine heitere Atmosphäre aus. Alles, was als hoteltypisch auffallen könnte, wurde vermieden. Im letzten Jahr wurde das Hauptrestaurant «Le Loti» (moderne französische Küche ohne Chichi) erneuert und mit dem grossen Lounge-Bereich zusammengeführt. Auch der Michelin-besternte Chinese «Tse Fung» und ein schmuckes Gartenlokal mit Seafood- und Grillgerichten stehen zur Wahl. Das Spa Nescens zählt unverändert zu den schönsten im Land und setzt verstärkt auf vier- bis siebentägige Better-Aging-Kuren: Erholungssuchende, die für einige Tage den grossen Offline-Modus suchen und sich dabei Klarheit über ihren Gesundheitszustand verschaffen möchten, können hier in sinnlicher Ambiance ihre Reserven aufladen.
Wenn doch nur… die musikalische Dauerberieselung in allen Restaurants und öffentlichen Räumen nicht wäre. Es gibt kein Entkommen. Auch mag manchem Gast die Beleuchtung in den 102 Zimmern und Suiten zu schummrig sein.
Platz 8 (neu): The Woodward, Genf
Es ist immer so eine Sache, ein Hotel mit Höchstansprüchen kurz nach dessen Eröffnung zu besuchen – in diesem Fall im Herbst 2021. Das kann gründlich schief gehen, da Anlaufschwierigkeiten praktisch vorprogrammiert sind und oftmals noch kein Rädchen in das andere greift. Oder es kann eine überaus positive Überraschung sein, wenn das glücklich zusammengestellte Hotelteam optimal gecoacht wurde und dann mit vereinten Kräften versucht zu zeigen, was es kann. So war es im The Woodward, das dank der Erfahrung und dem Know-how der Oetker Collection von Anfang an bemerkenswert rund lief und sich im ersten Jahr seines Bestehens an die Spitze der innerstädtischen Genfer Luxusherbergen katapultieren konnte. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu den naheliegenden Konkurrenzbetrieben Beau-Rivage Genève, The Ritz-Carlton Hotel de la Paix, Four Seasons Hotel des Bergues und Mandarin Oriental Geneva ist das Flair einer fast privat anmutenden Stadtresidenz mit der entsprechend subtilen Liebe zum Detail und zur handwerklichen Qualität. The Woodward wurde ursprünglich 1901 im Haussmann-Stil als Hotel erbaut, diente dann aber während vielen Jahrzehnten anderen Zwecken – zuletzt einer Privatbank. Nun verfügt das vom Architekten Pierre-Yves Rochon durchgestaltete Haus über 26 Suiten, zwei Bars und je eine Dépendance der Restaurants «L’Atelier Robuchon» und «Le Jardinier» – Letzteres mit Fokus auf vegetarische Menüs. Das kleine Guerlain Spa bietet herausragende Body- und Beauty-Treatments, und das Hallenbad ist mit 21 Metern das längste (wenn auch schmalste) in der Genfer Innenstadt. Fazit: Der interessanteste Neuzugang im Land.
Wenn doch nur… die rückwärtigen Suiten nicht diesen deprimierenden Hinterhofblick hätten und bei Übernachtungspreisen ab 1100 Franken so deutlich überteuert wären. Die meisten Suiten im Hotel blicken jedoch auf den See, den Jet d’eau und den Mont-Blanc.
Platz 9 (Vorjahr: 10): Grand Hôtel du Lac, Vevey
Das «Grand» im Hotelnamen mag etwas irreführend sein – ist das «Hôtel du Lac» doch eher ein kleines, feines Relais & Châteaux wie es im Buche steht. Seit 1868 blickt es über den Lac Léman – länger als die meisten anderen Herbergen in dieser tourismushistorisch geadelten Region. Mit seiner begrünten Sommerterrasse über der Seepromenade strahlt es eine heitere Ferienatmosphäre mit nostalgischer Note aus. Sowohl in der Wohnhalle mit angrenzender Bar und in der Restaurant-Veranda als auch in den Korridoren und 50 Zimmern besticht ein wohnlich elegantes Flair, betont durch üppigen Blumenschmuck und liebevolle Details. Mit verstärktem Blick aufs Individuelle und Persönliche konnte das Hotel in den letzten zwei Jahren eine hohe Bindungskraft bei Freizeitgästen entwickeln und so die fehlenden Geschäftsreisenden ersetzen. Dem zwanglos fürsorglichen Team um Direktor Luc Califano ist das «Du Lac» sichtlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie das Wohlergehen jedes einzelnen Gastes und Mitarbeitenden – sie alle sollen hier Harmonie, Inspiration und Aufrichtigkeit finden.
Wenn doch nur… der winzige Aussenpool zum Schwimmen geeignet wäre. Der Zugang zum grössten Schwimmbecken der Schweiz – dem Genfersee – befindet sich jedoch gleich über die Strasse, und das kleine Spa überzeugt mit herausragenden Massagen.
Platz 10 (Vorjahr: 4): Four Seasons Hotel des Bergues, Genf
Die älteste Genfer Luxusherberge (1834), an der Einmündung des Genfersees in die Rhone gelegen, verbindet den Prickeleffekt eines Grandhotels mit der Individualität eines Boutiquehotels. Die Faszination einer grossen Tradition geht hier mit einem zeitgemässen Verständnis von Service einher. Die bestens eingespielte Crew um Direktor Martin Rhomberg sorgt ganz ohne serviles Getue dafür, dass der normale Gast vom ersten Moment an gleich gut empfangen wird wie die VIPs. Die Ambiance ist auf klassische Weise wohnlich – oder so wohnlich ein Hotel mit 115 Zimmern eben sein kann. Gleichermassen beliebt bei Übernachtungsgästen und Einheimischen ist das japanische Rooftop-Restaurant Izumi. Das Spa mit konstant grossartigen Therapeuten und kleinem Hallenbad in der Dachetage sorgt für entspannende Momente. Und Concierge-Lady Mina Bayat lässt sich von keinem Spezialwunsch aus der Ruhe bringen: «Chez nous, l’extra est ordinaire», sagt sie.
Wenn doch nur… ein Aufenthalt nicht so aufs Portemonnaie schlagen würde. Unter 1200 Franken für eine Übernachtung geht nichts und nach oben hin wird es schwindelerregend.
Platz 11 (Vorjahr: 8): La Réserve Eden au Lac, Zürich
Die Mauern aus dem Jahr 1909 kontrastieren aufs Vortrefflichste mit dem wertigen, maritim geprägten Design von Philippe Starck. Zwar hat der moderne Jachtclub-Stil wenig mit Zürich zu tun, doch immerhin blickt das Hotel ja frontal auf den See. «Ein Platz, an dem man seine Alltagssorgen vergessen kann», sollte es laut Starck werden, und das ist vollauf gelungen, sei es in den 40 Zimmern, dem Hauptrestaurant mit Bar im Erdgeschoss und im Besonderen im japanisch-peruanischen Restaurant La Muña, das sich im Dachgeschoss unter offener Balkenkonstruktion befindet und über eine herrliche Dachterrasse verfügt. Das vorwiegend junge Hotelteam ist gut drauf und stets nahe an den Gästen, auch wenn hier und da mal etwas vergessen geht und nicht immer alles reibungslos klappt. «Wichtig ist mir, dass wir uns eine gewisse Entspanntheit, ein gewisses Easy-Going bewahren», sagt Direktor Thomas Maechler. Die Tendenz zu einer gewissen Verbissenheit in manchen Tophäusern versucht er zu vermeiden. «Wir wollen frischer, heiterer, unkonventioneller sein – passend zum vielfältig-lebendigen Seefeldquartier vor der Haustür.» Anders als die Schwesterhotels in Genf, Ramatuelle und Paris hat die Zürcher «Réserve» weder Spa noch Pool, doch immerhin liegt das bei den Einheimischen enorm beliebte Seebad Utoquai gleich gegenüber, und zum Stand-up-Paddling (Boards stehen für Hotelgäste bereit) braucht man nur über die Strasse zu gehen. Neu in diesem Sommer: Als originelle Alternative zur schwarzen Hotel-Limousine steht den Gästen ein elektrisch betriebenes TukTuk mit Chauffeur für städtische Transfers zur Verfügung.
Wenn doch nur… die Ablageflächen in den Badezimmern für mehr als eine Zahnbürste und ein Mini-Necessaire konzipiert wären. Nervig – wie in vielen Trendrestaurants – sind die zwei abendlichen Seatings im Restaurant La Muña: Der Gast hat sich für eine der beiden Schichten von 18 bis 20.45 Uhr oder von 21 Uhr bis Mitternacht zu entscheiden und muss am Ende des ersten Seatings mehr oder weniger abrupt aufbrechen.
Platz 12 (Vorjahr: 11): Art Deco Hotel Montana, Luzern
Ein gutes Hotel erkennt man daran, dass sich die Gäste ganz selbstverständlich darin bewegen – weil sie so entspannt sind und sich wohlfühlen. Das 1910 erbaute «Montana» strahlt eine angenehme Gelassenheit aus, die zum einen von der heiteren Mischung aus Art-déco-Ambiente und modernem Design herrührt, zum anderen mit dem gastorientierten Serviceverständnis des Hotelteams um Miriam Böger zu erklären ist: Vom Zimmermädchen bis zum Frühstückskellner scheint jeder mit Freude hier zu arbeiten und den Gästen eine unvergessliche und persönliche Erfahrung bieten zu wollen. Das Restaurant Scala mit Panoramaterrasse und die Louis Bar mit Live-Jazz sind Schnittstellen zwischen Luzerner Szenegängern, einheimischem Establishment und Hotelgästen aus aller Welt. Zum Übernachten hat der Gast die Wahl zwischen 60 Zimmern im gehobenen Viersterne-Standard und weiteren 19 Zimmern und Suiten im Fünfsternebereich «Montana Penthouse» auf der fünften und sechsten Etage des Hotels – so oder so ist der Ausblick auf das Seebecken, die Stadt Luzern und den Pilatus grandios, und die Standseilbahn verbindet die Hotel-Lobby innerhalb einer Minute mit der Seepromenade.
Wenn doch nur… die vielen Veranstaltungen im Hotel nicht wären – nicht immer kommt man als Individualgast reibungslos daran vorbei.
Im Edel-Gästehaus «Les Clefs» des Château Troplong Mondot in Saint-Emilion nimmt sich der Hausherr und Weinproduzent Aymeric de Gironde gerne persönlich Zeit für einen Rundgang und gibt dabei ein Stück seiner Faszination für organischen Weinbau weiter. Wer das renommierte Terroir hautnah erfahren will, packt gleich in den Rebhängen mit an, und abends geniesst man den Premier Grand Cru im Restaurant Les Belles Perdrix. Die Villa San Michele ob Florenz bietet einzigartige, von passionierten Insidern begleitete Touren zu lokalen Handwerksbetrieben an, und im Gravetye Manor in Sussex lässt sich Englands schönster Hotelgarten nicht nur bei einem Picknick zelebrieren, sondern auch bei einem botanischen Streifzug mit dem Chefgärtner. Im Boath House in den schottischen Highlands wird das junge Team dazu ermuntert, mit den Gästen zum Fischen oder Pilzesammeln zu gehen und den oftmals überzivilisierten Stadtmenschen die Freude am analogen Naturerlebnis nahezubringen. Die glücklichen Gesichter bei der Rückkehr von den Landpartien sprechen für sich selbst.
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Böse Zungen sprechen von inszenierter Authentizität, doch selbst die global tätigen Hotelgruppen haben die wachsende Bedeutung erkannt, in ihren Häusern den Charakter und die Kultur des jeweiligen Orts zu spiegeln. Belmond und Rocco Forte sind diesbezüglich führend, und Rosewood hängt mit einem mustergültig vorgelebten «sense of place» in 28 Hotels in 17 Ländern zunehmend einstige Hospitality-Überflieger wie Four Seasons, Mandarin Oriental oder Ritz-Carlton ab – zuletzt im Rosewood Villa Magna in Madrid und ab August auch im Rosewood Vienna.
Die Erkenntnis, dass das Hotel nicht nur der Ausgangspunkt, sondern der Schlüssel zur Destination sein kann, ist eigentlich alt: Bereits vor hundert Jahren verkörperten das Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten, die Villa Igiea und The Connaught die Quintessenz von Hamburg, Palermo und London besser als ihre regionalen Wettbewerber. Mit dem wiedererwachten Interesse der Gäste an einer emotionalen Verbindung zur bereisten Destination sind diese grossartig erneuerten Traditionshäuser bestens aufgestellt, um auch in den nächsten hundert Jahren am Reisemarkt relevant zu bleiben.
Und damit geht der dritte Megatrend einher. Die Bedeutung von materiellem Luxus nimmt weiterhin ab, während das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und diejenige des Planeten im umfassenden Sinne aufblüht.
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Platz 1 (Vorjahr: 5): Villa Feltrinelli, Gargnano/Gardasee
Der einstige Sommersitz der Papier-Magnatenfamilie Feltrinelli liegt gut versteckt hinter hohen Mauern und hundertjährigen Bäumen am Rand des Dörfchens Gargnano. Hat man das diskrete Eingangsportal hinter sich gelassen, kurvt man durch die Parkanlage ans Seeufer hinunter und tritt plötzlich wie geblendet auf die Bremse. Einem Märchenschloss gleich steht da in herrlicher Landschaftskulisse die neogotische Villa, die vor 20 Jahren in ein Hotel verwandelt wurde. Neulinge wähnen sich auf einem anderen Planeten und alte «Feltrinelli»-Freunde glücklich zuhause. So oder so taucht man sogleich in eine andere Welt, in eine andere Zeit, in ein anderes Lebensgefühl ein. Es ist ein magischer Ort, der die Ära der Luxusreisen im frühen 20. Jahrhundert aufleben lässt und zugleich eine Leichtigkeit und Heiterkeit ausstrahlt, die andere historische Zufluchten oft vermissen lassen. Jeder Gast hat maximal viel Platz und Privacy – und fühlt sich wie zu Besuch in einer privaten Villa mit liebenswürdig effizientem Personal, das rund um die Uhr zum Rechten schaut. Bei der Ankunft wird man freundlich gefragt, ob die Hausdame etwas waschen oder aufbügeln könne, und am nächsten Morgen wird alles frisch in Seidenpapier verpackt aufs Zimmer gebracht – kostenlos. Zu den Besonderheiten zählt auch die Möglichkeit, zu jeder gewünschten Zeit an jedem beliebigen Ort im Park oder in den Salons frühstücken oder dinieren zu können. Wer mitternachts im Aussenpool schwimmen will, findet einen Stapel Handtücher am Poolrand vor. «Wir haben keine Uhren in der Villa», sagt der Schweizer Hausherr Markus Odermatt – und spricht damit einen Schwachpunkt der allermeisten Hotels selbst in der Spitzenliga an: den Zwang, zu genau vorgegebenen Zeitfenstern dies und jenes zu tun und zu lassen. Dieser flexible, ganz und gar gastorientierte Service funktioniert nur mit einer überdurchschnittlichen Anzahl guter Geister im Haus. Odermatt ist zum Schluss gekommen, dass mehr Manpower der entscheidende Faktor ist, um noch besser zu werden. Und stockte sein Team in diesem Jahr von bisher 80 Mitarbeitern auf 90 auf – für halb so viele Gäste.
Wenn doch nur… in den Sommermonaten ein Zimmer zu ergattern wäre. In diesem Jahr war das Hotel bereits im Mai für die ganze Saison ausgebucht. «2022 hätten wir die Villa dreimal mit Gästen füllen können» – so Hotelier Markus Odermatt.
Platz 2 (Vorjahr: 1): Schloss Elmau, Elmau/Bayern
Es gibt zwei Arten, Schloss Elmau zu erleben. Wer eine lebendige Atmosphäre schätzt und mit Familie oder Freunden anreist, ist im Haupthaus mit dem Turm richtig und bucht ein Zimmer im sogenannten «Hideaway». Für ruhesuchende Individualisten ist die 150 Meter westlich gelegene Dependance «Retreat» die optimale, mehr Platz und Privatsphäre bietende Alternative. So oder so bietet das weitläufige Naturresort, das als Austragungsort der G7-Gipfel im 2015 und im Juni 2022 diente, genau die Geborgenheit und Abgeschiedenheit, nach der sich viele kosmopolitische Menschen sehnen. Schloss Elmau begeistert mit einer unvergleichlichen Kombination von körperlichen, seelischen, landschaftlichen, kulinarischen und kulturellen Genüssen, die nirgends sonst zu finden ist. Einzelne dieser Genüsse – wie zum Beispiel die acht Restaurants oder die unterschiedlichen Spas mit getrennten Bereichen für Erwachsene und Familien mit Kindern – gibt es natürlich auch anderswo, aber kein Hotel auf der Welt hat darüber hinaus ein solch hochkarätiges, für Hotelgäste kostenloses Konzert- und Kulturprogramm. Dietmar Müller-Elmau zählt zu den wenigen Hoteliers, die eine wirkliche Vision und eine faszinierende Geschichte zu erzählen haben – und nicht müde werden, ihr Haus fortwährend zu verändern, um relevant zu bleiben. Täglich überlegt er sich, wie er noch mehr Magie für seine Gäste schaffen und Luxus mit Sinnhaftigkeit und neuen Inhalten füllen kann. «Glücklicherweise gibt es nichts, was wir nicht ständig verbessern können», sagt er. «Nichts wäre langweiliger als die Verwaltung eines Status quo, wie gut er auch sein mag.» Durch die grosse Nachfrage einer immer internationaler werdenden Klientel wurden die Zimmerpreise in diesem Jahr um rund 20 Prozent erhöht – was den Mitarbeitenden direkt zugutekommt: Auch der durchschnittliche Lohn stieg um 20 Prozent. Müller-Elmau: «Wir wollen mit ganzem Herzen jenes Hotel schaffen, in dem jeder arbeiten möchte.»
Wenn doch nur… die beiden grossen Bibliotheken mit aktuelleren Büchern bestückt wären. Doch will das Hotel wohl nicht die hauseigene Buchhandlung konkurrenzieren, die zu den besten ihrer Art zählt.
Platz 3 (Vorjahr: 3): Villa La Coste, Le Puy-Sainte-Réparade/Luberon
Diese provenzalische Domäne in weltentrückter Alleinlage präsentiert sich in sublimer Zen-Ästhetik und raubt selbst schwer zu beeindruckenden Vielgereisten den Atem. Inmitten des hauseigenen Bio-Weinguts, zwischen Pinien und Olivenhainen, hat der kunstsinnige irische Immobilienunternehmer Patrick McKillen seine ganz eigene Vision eines Landsitzes verwirklicht. Diesen versteht er als «work in progress», das angebotsmässig weiterwachsen und mit den Jahren immer facettenreicher werden soll (z.B. auch mit einer erschwinglichen Hotel-Dépendance, die im Frühling 2023 eröffnen wird). Zwei Dutzend weltberühmte Architekten von Jean Nouvel über Tadao Ando bis Frank Gehry haben hier bereits ihre Spuren hinterlassen, und der Skulpturenpark inmitten der Rebhänge und Wälder würde jedem Museum of Modern Art gut anstehen. Im Hotel, das die ganzen Ländereien überblickt, verbinden sich grosse Glasflächen, klare Linien und viel Weiss mit lokalen Naturmaterialien, privaten Patios und weiteren Exponaten zeitgenössischer Kunst. Dass die Gäste im Gesamtkunstwerk La Coste ein Gefühl von Gemütlichkeit überkommt, ist der Vielzahl wohnlicher Accessoires in den 28 Suiten und dem Feingefühl des hochgradig gastbewussten Hotelteams um François Laran zu verdanken. Vier Restaurants – darunter Ableger der Starköche Hélène Darroze und Francis Mallmann – sowie verlässlich brillante Spa-Behandlungen sorgen auch bei längeren Aufenthalten für Abwechslung.
Wenn doch nur… der Service im Restaurant Hélène Darroze weniger formell wäre und sich besser dem ungezwungenen Lifestyle des Hotels anpassen würde.
Platz 4 (Vorjahr: 2): Hôtel du Cap-Eden-Roc, Cap d’Antibes/Côte d‘Azur
Eine bestimmte Vision vom idealen Lebensstil der französischen Riviera während 150 Jahren stets aufs Neue aufrecht zu erhalten, ist keine geringe Last. Doch dem «Hôtel du Cap» gelingt es auch in diesen hektischen Zeiten, ein Gefühl von erhabener Ewigkeit heraufzubeschwören und den mediterranen Zauber des mythischen Anwesens wachzurufen. Der Oldschool-Glamour, der in diesem «rock of paradise» an der südlichen Spitze des Cap d’Antibes immer noch zu erleben ist, inspirierte schon F. Scott Fitzgerald zu seinem Roman «Tender is the Night», und es würde sich niemand wundern, wenn der Grosse Gatsby durch den Pinienhain spazieren würde. Man würde ihn jedoch gar nicht bemerken, weil sich die Gäste so gut in der Hotelanlage verteilen, dass jeder genug Raum für sich und vor allem sein individuelles Lieblingsplätzchen findet. Nur drei Besitzerfamilien gab es bisher, und dieselbe Kontinuität zeigt sich bei den Mitarbeitern, von denen sich viele schon ein, zwei Jahrzehnte um die teilweise weltberühmten Gäste kümmern – so auch Hoteldirektor Philippe Perd, der mit Traditionsbewusstsein und Zukunftsgewandtheit die Weichen dafür stellt, dass diese Hotelikone auch in den kommenden 150 Jahren ein Leuchtturm mondäner Gastlichkeit bleibt. Er sagt: «Es gibt nur ein Hôtel du Cap, so wie es nur eine Mona Lisa gibt.»
Wenn doch nur… der Zugang zum Meer abends nicht unterbunden wäre. Selbst ein Schwumm im Aussenpool ist abends nach halb acht und morgens vor neun Uhr unerwünscht.
Platz 5 (Vorjahr: 14): Gidleigh Park, Chagford/Devon
Der Eindruck, dass die Zeit angehalten wird, ist stärker im Gidleigh Park als in den anderen führenden Country House Hotels in England. Das hat zum einen mit dem verwunschenen Gebäude zu tun, zum andern mit der weltentrückten Alleinlage in einem riesigen privaten Waldgrundstück am Rand des Dartmoor National Parks – vor allem aber mit der Unaufgeregtheit gegenüber allerlei Trends und der Kontinuität im diskret extravaganten und zugleich wahnsinnig gemütlichen Haus: Nur zwei Besitzer gab es seit 1955, als der Landsitz in ein Hotel umgewandelt wurde. Die heutigen Inhaber waren zuvor langjährige Stammgäste. Auch im Team gibt es viele vertraute Gesichter, und obschon die Interieurs regelmässig aufgefrischt werden und nichts abgenutzt scheint, umfängt den Gast das Gefühl, sich in das edwardianische England der vorletzten Jahrhundertwende zurückträumen zu können – einschliesslich den bereitstehenden Gummistiefeln und Regenjacken für Spaziergänge an nassen Tagen. Zeit und Raum verschwimmen zwischen dem üppig bepflanzten Garten und den 24 wohnlichen Zimmern. Hier kam guter alter britischer Stil nie aus der Mode. Schon Minuten nach der Anreise taucht man in diese Welt ein – wie in einen guten Roman – und erst bei der Abreise wieder in die Realität auf. Genau das also, was viele Menschen derzeit ersehnen – und weshalb das Gidleigh Park mit einem Plus von neun Rängen zu den grossen Aufsteigern im BILANZ-Hotelranking gehört.
Wenn doch nur… die kurvige Anfahrt zum Hotel über das sehr, sehr enge Strässchen ab Chagford eine Einbahn ohne Gegenverkehr wäre.
Platz 6 (Vorjahr: 7): Il San Pietro di Positano, Positano/Amalfitana
Wenn es hochsommerlich heiss ist an der Amalfitana und der touristische Trubel unerträglich wird, gibt es nichts Wohltuenderes als ins «San Pietro» zu entschwinden. Es hat einen Charme und einen Zauber, den kein neues Hotel auf dem Reissbrett entwerfen kann. Die Familie Cinque, die dieses unaufdringlich luxuriöse, spektakulär auf einer Felsnase gelegene Hideaway in dritter Generation führt, zeigt geradezu exemplarisch das Schöne an der mediterranen Gastlichkeit auf, die alles Künstliche und Förmliche der Tophotellerie abstreift und die Gäste mit entwaffnender Authentizität und Herzlichkeit auf direktem Weg in den Relax-Modus versetzt. Der terrassierte Nutzgarten versorgt die Küche mit frischem Gemüse und Obst, zum Baden lockt eine private Bucht, und wer zwischendurch ins bunte Leben von Positano eintauchen möchte, kann jederzeit den Hotel-Shuttle in Anspruch nehmen.
Wenn doch nur… dem Frühstück dieselbe Aufmerksamkeit zuteil würde wie der restlichen Kulinarik am Mittag und Abend.
Platz 7 (Vorjahr: 6): La Réserve Ramatuelle, Ramatuelle/Saint-Tropez
Welten entfernt vom quirligen Saint-Tropez und doch ganz nah, bietet die La Réserve Ramatuelle eine entschieden coole Kontrastversion zu den umgebauten Landhäusern der Region wie auch zu den altehrwürdigen Hotelpalästen an der Côte d’Azur. Entstanden ist dieser luxuriöse Rückzugsort aus einem modernistischen Privatanwesen aus den 1970er-Jahren. Beim Umbau in ein Hotel 2009 blieben die markanten, kurvenförmigen Dächer und das geradlinige Design erhalten, doch hat Architekt Jean-Michel Wilmotte das sandrosa-farbene Gebäude noch mehr zur provenzalischen Küstenlandschaft hin geöffnet, die mit ihren pinienbewaldeten Hügeln und der üppigen Vegetation an mediterraner Anmut kaum zu schlagen ist. Zwar gibt es keinen direkten Zugang zum Meer, doch steht jederzeit ein Shuttle zum hoteleigenen Strandclub an der Plage de Pampelonne bereit. Nicolas Vincent, seit Anbeginn für das Wohl der Gäste und die hohen Massstäbe in puncto Kulinarik, Service und Spa verantwortlich, schenkt den Details grosse Aufmerksamkeit und feilt ständig an der Verbesserung der Infrastruktur. Keines der 27 Zimmer ist kleiner als 40 Quadratmeter, alle haben eine private Terrasse und blicken aufs Meer – im kommenden Winter werden sie vom Innenarchitekten Jacques Garcia aufgefrischt. Das Gourmetlokal La Voile (zwei Michelin-Sterne) erstrahlt bereits seit dem letzten Sommer in neuer Farbigkeit, das japanisch-peruanische Rooftop-Restaurant La Muña unter freiem Himmel ist ein Dauerbrenner unter heimischen Bonvivants, und jüngst ist eine kleine Brasserie-Terrasse hinzugekommen. Erholungssuchende, die mit Familie oder Freunden anreisen und noch mehr Privatsphäre suchen als das Hotel ohnehin schon bietet, buchen auf demselben eingezäunten Gelände eine der vierzehn Villen mit jeweils drei bis sechs Schlafzimmern und eigenem Pool.
Wenn doch nur… das Lebensgefühl im Hotel nicht dem Design untergeordnet wäre. In der ganzen Anlage kann man sich nur dort hinsetzen oder hinlegen, wo es der Architekt vorgesehen hat.
Platz 8 (Vorjahr: 4): Heckfield Place, Hook/Hampshire
Dem englischen Innenarchitekten Ben Thompson gelang es, dem von aussen eher streng wirkenden georgianischen Landhaus etwas zauberhaft Behagliches und Natürliches einzuhauchen und ein Gefühl elitärer Intimität entstehen zu lassen. Das 2018 eröffnete, anderthalb Autostunden westlich von London gelegene Heckfield Place mischt Altes und Neues mit augenzwinkerndem Esprit und überrascht mit einer erlesen unkonventionellen Kunstsammlung: Das ganze Haus ist sowohl mit Werken grosser zeitgenössischer Meister als auch von persönlichen Kunstentdeckungen des Besitzers auf eBay beseelt. Der amerikanisch-chinesische Immobilien-Tycoon Gerald Chan, der praktisch unbegrenzte Mittel mit exzellentem Geschmack zu paaren versteht, macht sich einen Spass daraus, dass der Hotelgast nie weiss, welches Gemälde nun eine Million und welches lediglich ein paar hundert Pfund wert ist. Auch das hauseigene Kino und die Zimmer sind state-of-the-art. Ausserdem gibt es nicht nur Räume zum Schlafen, sondern auch solche für den Morgen, den Nachmittag, für geplante oder ungeplante Begegnungen. Gastgeber Kevin Brooke (zuvor im legendären Cliveden House tätig) versteht es, sich mit authentischen, mehrheitlich aus der Region stammenden Mitarbeitern zu umgeben und für britische Lebensart zu sorgen, während Küchenchefin Skye Gyngell zeigt, wie gut Nachhaltigkeit und kulinarischer Anspruch zusammenpassen. Was Gäste bei ihren Spaziergängen durch die riesigen biodynamischen Gärten entdecken, geniessen sie später auf ihrem Teller.
Wenn doch nur… ein Spa vorhanden wäre, welches diese Bezeichnung verdient. Doch soll bald ein grosszügiger Wellbeing-Bereich mit Hallenbad eröffnen.
Platz 9 (Vorjahr: 9): San Luis, Hafling bei Meran/Südtirol
Das unvergleichliche, ausschliesslich Übernachtungsgästen vorbehaltene und raffiniert von der Aussenwelt abgeschirmte Hideaway ist über ein geschottertes Privatsträsschen durch den Wald zu erreichen, bei dem zwei gesicherte Tore zu passieren sind. Man fühlt sich bei der Anfahrt ein bisschen wie auf geheimer Mission. Ist man dann angekommen, tut sich in einer Waldlichtung eine kleine Wunderwelt auf, bestehend aus 38 geräumigen, stilsicher gestalteten Chalets und Baumhäusern, die sich wie ein kleines Dorf rund um einen Naturbadesee und das «Clubhouse» mit Wohnhalle, Restaurant, Badescheune und grossem, warm beheiztem Aussenpool verteilen. Die öffentlichen Räume bieten im Verhältnis zur Gästezahl enorm viel Platz selbst bei vollem Haus (was meist der Fall ist), ausserdem verfügt jede Wohneinheit über eine eigene Sauna. Das Frühstück wird zu jeder gewünschten Uhrzeit in die Hütte respektive auf die private Terrasse geliefert. Alles atmet Geborgenheit und gelebte Gastlichkeit – und wenn es mal Probleme gibt, dann versucht die Gastgeberfamilie Meister sofort eine Lösung zu finden.
Wenn doch nur… die Küche so feinsinnig wäre wie das Ambiente.
Platz 10 (Vorjahr: neu): Lily of the Valley, La Croix-Valmer/Var
Auf den ersten Blick ist das «Lily of the Valley» ein trendbewusst inszeniertes Ferienhotel inmitten des Naturschutzgebiets Cap Lardier in den mediterran bewachsenen Hügeln über der Mittelmeerküste – drei Shuttle-Minuten vom langen Sandstrand Plage de Gigaro und zwanzig Autominuten von Saint-Tropez entfernt. Schaut man jedoch hinter die Instagram-taugliche Ästhetik des französischen Designers Philippe Starck, tut sich ein holistisches Retreat auf, das sich der «Healing Fun»-Philosophie verschrieben hat. Es ist ein Ort, um wieder leben zu lernen. Dafür genügt es hier fast schon, im Halbschatten auf seiner privaten Terrasse zu sitzen und sich die mediterranen Düfte der üppigen Vegetation um die Nase wehen zu lassen. Denn gerade sie gehört zum Konzept des 2019 eröffneten Feelgood-Hotels: die heilende Wirkung der Natur. Selbsterneuerung und lebensverändernde Erfahrungen ohne den Klinik-Groove und den asketischen Drill der traditionellen Gesundheitsbastionen sind an diesem sinnenfrohen Rückzugsort das Mantra. Im Mittelpunkt steht die Intention, ein Bewusstsein für körperliche und geistige Gesundheit zu schaffen und den Gästen auf zwanglose Art zu vermitteln, Wellness als Lebensstil weit über den Aufenthalt hinaus anzunehmen und so die Lebensqualität langfristig zu steigern. Die zielgerichteten, nach dem individuellen Rhythmus der Gäste getakteten Programme zum Abnehmen, Detoxen und Wiedererlangen der inneren Balance reichen von 4 bis 14 Tagen und beziehen die umliegende Küstenlandschaft, den Strand und natürlich die lustvoll gesunde Sonnenküche mit ein. «Viele unserer Gäste reisen mit leeren Batterien an und wollen in relaxter Atmosphäre neue Energien tanken und die Verbindung zu sich selbst wiederfinden», sagt Gastgeber Stéphane Personeni. Dass die ernährungswissenschaftlich abgestützte und von der positiven Dynamik des ganzen Wellbeing-Teams getragene «Lily»-Methode funktioniert und Resultate zeigt, beweisen die vielen wiederkehrenden Gäste.
Wenn doch nur… alle Zimmer aufs Meer blicken würden.
Platz 11 (Vorjahr: 8): Grand Hôtel du Cap-Ferrat, Saint-Jean-Cap-Ferrat/Côte d’Azur
Riviera Revival: Sei es aus Nostalgie oder als Sinnbild der neuen Goldenen Zwanziger – das Grand Hôtel du Cap-Ferrat besiegelt die wiedererlangte Strahlkraft der Côte d‘Azur. Das formidabel an der Südspitze der Halbinsel Cap-Ferrat zwischen Nizza und Monaco gelegene, Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Hotel hat wesentlich zum Mythos der französischen Riviera beigetragen – zunächst als winterlicher Unterschlupf, denn bis in die späten Dreissigerjahre war die Sommersonne bei der distinguierten Clientèle aus dem Norden verpönt. Seit 2015 wird das Grand Hôtel, das dem gewöhnlichen Touristen verschlossen bleibt, von der Four Seasons Gruppe betrieben, mit einem Serviceverständnis, das persönlich-aufmerksam und zugleich von professioneller Distanz ist. Von den beiden Restaurantterrassen unter riesigen Pinien sowie von den meisten Zimmern hat man 180 Grad Meerblick, sieht betörende Sonnenuntergänge, unvergessliche Sternenhimmel. Den Tag verbringt man im hoteleigenen Beach-Club inmitten duftender Mittelmeervegetation über den Klippen. Rund um den 33 Meter langen Salzwasserpool verteilen sich weiträumig private Cabanas. Es ist eine Hotelanlage, deren Schönheit man nie vergisst. Und nach der man immer ein Stück Sehnsucht haben wird.
Wenn doch nur… das Schwimmen im Meer problemlos möglich wäre. Dies ist hier nur wirklich geübten Schwimmern angeraten; die Strömungen an der Spitze des Caps sind einfach zu stark.
Platz 12 (Vorjahr: 10): Castello di Reschio, Lisciano Niccone/Umbrien
«Bring dich in Sicherheit und dann zieh die Strickleiter hoch!» Dies war wahrscheinlich das einstige Motto der mittelalterlichen Burgherren im Castello di Reschio, und im übertragenen Sinn gilt dies auch heute – rund tausend Jahre später. Die 2021 zum Hotel umgewandelte Burg, die von einem hauseigenen Pferdegestüt und hügeligen Ländereien wie aus dem Märchenbuch umgeben ist, ist eine natürlich isolierte Rückzugsoase fernab von «pomp and circumstances», Menschenmassen und Übertourismus. Die Gäste der 36 Zimmer und zehn Ferienvillen können sich einander wunderbar aus dem Weg gehen und innere Ruhe finden, doch sich gleichzeitig umsorgt fühlen. Der heutige Gutsbesitzer Benedikt Bolza, der lange in London lebte und dort Architektur studierte, hat sein Leben seit einigen Jahren dem aristokratischen Erbe verschrieben und Reschio zusammen mit seiner Frau Nencia in einen durch und durch zauberhaften Ort verwandelt, an dem man nie mit der unordentlichen, unwirtlichen Wirklichkeit der Welt konfrontiert wird und alles hinter sich lassen kann. Der ovale, von Pinien flankierte Aussenpool zählt zu den schönsten in ganz Europa.
Wenn doch nur… die Fenster in allen Zimmern ganz geöffnet (und nicht nur gekippt) werden könnten. Die Sicherheitsbestimmungen des tausendjährigen Schlossgemäuers erfordern dies. Für Sommergäste, die sich nicht gerne der Klimaanlage aussetzen, keine gute Lösung.
Bevor der tägliche Wahnsinn und die permanente Selbstausbeutung zu Dauermüdigkeit, Übergewicht und Sinnkrisen führt, bietet eine Reise zu sich selbst die wunderbare Chance, das innere Gleichgewicht und die Vitalität zurückzugewinnen und sich gegebenenfalls persönlich neu auszurichten. Da man unterschiedlichen Weisheiten folgen kann, wie man sein Leben in gesündere Bahnen lenkt und passende Strategien zur Stressbewältigung entwickelt, ist das Spektrum von Wellbeing-Konzepten enorm.
Wem es ernst ist, den Kopf frei zu kriegen und den Körper auf Trab zu bringen, macht sicher nichts falsch, in eine wöchige Auszeit im Chenot Palace Weggis oder im Lanserhof Tegernsee (brandneu auch auf Sylt) zu investieren. Auch das Palace Merano und die SHA Wellness Clinic an der spanischen Costa Blanca glänzen mit ausgetüftelten Kuren und Hightech-Diagnosen unter Anleitung von interdisziplinär tätigen Ärzte- und Therapeutenteams.
Doch der Wind dreht. Den alten Leitsatz, dass allein körperlicher und mentaler Drill wirklich heilkräftig sei, glauben nur noch übermotivierte Gesundheitsapostel und Detox-Asketen. Die Zeichen der Zeit stehen auf mehr Sinnlichkeit – vor allem, seitdem sich Health Wellness Resorts vermehrt als holistische Feelgood-Hotels und weniger als Interpreten des präventiven Absolutismus verstehen. Selbsterneuerung ja, gerne auch lebensverändernde Erfahrungen, aber gepaart mit Genuss und einer gewissen Leichtigkeit des Seins. Healing Fun, wie es etwa im Lily of the Valley bei Saint-Tropez heisst – dem Gamechanger im Geschäft mit der Gesundheit.«Viele unserer Gäste reisen mit leeren Batterien an und wollen in ihren Ferien aktiv etwas für ihre Gesundheit tun, sich dabei aber nicht als Gefangene in einer klinisch anmutenden Umgebung fühlen», sagt «Lily»-Gastgeber und Mitentwickler Stéphane Personeni.
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«Im klassischen Gesundheitshotel schlüpft man bei der Ankunft in einen weissen Bademantel und fühlt sich schon mal etwas krank. Im Lily versuchen wir, erst einmal einen guten Swing im Team und bei den Gästen zu erzeugen und dann in einer zwanglosen Ferienatmosphäre die gewünschten Resultate zu liefern», so Personeni. Die Botschaft: Mit einem positiven Mindset fällt es sehr viel leichter, neue körperliche und geistige Energie aufzubauen, die Verbindung zu sich selbst wiederzufinden und Wellness als Lebensform weit über den Aufenthalt hinaus anzunehmen.
Platz 1 (Vorjahr: 2): Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten, Hamburg
«Ein Oldtimer mit Turboantrieb», so das Verdikt eines der 207 befragten Experten dieses Rankings. 1897 eröffnet, hat das Vier Jahreszeiten nicht nur die Zeit überdauert, sondern ist heute besser denn je. Zum einen verkörpert das Hotel an der Binnenalster die Quintessenz von Hamburg besser als jede andere Unterkunft der Hansestadt, zum andern hat es seine Rolle im 21. Jahrhundert mustergültig neu definiert, indem es die Atmosphäre behaglicher Grandhotellerie mit zeitgemässen Akzenten kontrastiert, etwa dem japanisch-südamerikanischen Restaurant «Nikkei Nine» oder der geradezu genialen Gestaltung des gesamten Küchenbereichs hinter den Kulissen. Schon beim Betreten dieser lebenden Hotellegende spürt man sofort: Das ist ein Ort von Menschen für Menschen. Im Mittelpunkt allen Handelns von Hotelier Ingo C. Peters und seinem einnehmenden Team steht der Leitsatz, die grundlegenden Dinge verlässlich gut zu machen, die Werte durchdachter Gastlichkeit hochzuhalten und wo immer sinnvoll für eine persönliche Note zu sorgen. Jüngst wurde die Empfangshalle aufwendig umgestaltet und der historische Weinkeller mit rund 100'000 eingelagerten Flaschen in eine exquisite Erlebniswelt für Empfänge und Degustationen verwandelt. «Die spannendste Aufgabe in einem Traditionshaus wie dem unseren ist, die ‚DNA‘ des Hotels an die heutige Zeit anzupassen», sagt Ingo C. Peters, der seine Karriere als Page im Vier Jahreszeiten begann und es seit nunmehr 25 Jahren leitet.
Wenn doch nur… alle 156 Zimmer so einladend und stilvoll wären wie diejenigen zur Binnenalster. Wer eines der einfachen Einzel- oder Doppelzimmer zum Innenhof wählt, hat nur limitiertes Tageslicht und fühlt sich wie in einem beliebigen Hilton oder Marriott.
Platz 2 (neu): Cheval Blanc Paris, Paris
Die Umwandlung von charismatischen historischen Gebäuden in spektakuläre Unterkünfte ist seit ein paar Jahren ein beliebtes Muster von Hotelentwicklern. So ist das einstige Art-déco-Warenhaus La Samaritaine vis-à-vis der Pont Neuf mithilfe des japanischen Architekturbüros Sanaa im Herbst 2021 als Cheval Blanc Paris auferstanden. Die exklusive Hotelgruppe, die stets wohlüberlegte Kooperationen eingeht und beim einen und anderen Detail nicht auf den Kontostand des Besitzers LVMH achten muss, übertrifft an ihrem ersten urbanen Standort die Erwartungen der Branche. Das Innendesign von Peter Marino ist hochwertig und gelungen, die 72 eleganten, durchwegs in Weiss- und Beige-Tönen gestalteten Zimmer (keines unter 45 Quadratmeter) blicken durch bodentiefe Glasfronten auf die Seine, die Kathedrale Notre-Dame oder den Louvre. Das unterirdische Dior Spa verfügt über ein dreissig Meter langes Hallenbad, und die vier hochfrequentierten Restaurants und Bars bringen flirrend-glamouröses Pariser Leben ins Haus. Ob das Cheval Blanc Paris das «Ritz des einundzwanzigsten Jahrhunderts» ist, wie bereits zu lesen war, sei fürs Erste dahingestellt, doch setzt es in mancher Hinsicht neue Massstäbe und regt definitiv dazu an, die Schwesterbetriebe in Courchevel, Saint-Tropez, Saint-Barth und auf den Malediven zu entdecken.
Wenn doch nur… die extra fürs Hotel kreierten Raumdüfte in der Lobby und manchen öffentlichen Räumen nicht so aufdringlich überparfümiert wären. Auch lädt die etwas pompös geratene Lobby nicht zum Verweilen ein.
Platz 3 (Vorjahr: 6): Cipriani, A Belmond Hotel, Venedig
Ein Hotel muss heute vor allem eine Seele haben und eine emotionale Bindung zum Gast herstellen. Unabhängig von der Grösse eines Hauses, geht es um dessen Charakter in einer immer gleicher werdenden Welt und um die Fähigkeit des Hotelteams, Stimmungen zu lesen, flexibel auf individuelle Wünsche zu reagieren und das Leistungsversprechen des Hotels charmant zu erfüllen. Das alles gelingt dem «Cipriani» grossartig. Dabei verzichtet es auf jede Geste des Protzens. Wer hierherkommt, der weiss, dass es ihm gut geht, und muss das nicht marktschreierisch unter die Leute tragen. Man geniesst den Zauber dieses legendenumwobenen Hotels als Gast deshalb am besten, wenn man eine gewisse Patina liebt und das Schöne im Unperfekten zu erkennen vermag. Denn das «Cipriani» ist ein lebendiger und gleichzeitig eben auch gelebter Ort mit Ecken, Kanten und Gebrauchsspuren – und dem Mut, «unfashionable» zu sein. Im Gegensatz zu vielen vulgären Prunkhotels mit deren leb- und lieblosen Interiors im generischen Global Chic, stimmt hier der Flow und die klassische italienische Gastlichkeit, und die «Serenissima» wird hier und von hier aus zum Erlebnis. Das hauseigene Mahagoniboot führt innert fünf Minuten zum Markusplatz und jederzeit wieder zurück auf die Giudecca-Insel, an dessen östlichem Ende das Hotel liegt. Nach einem Stadtbummel lockt der Aussenpool, der nicht nur der einzige in Venedig ist, sondern auch noch olympische Ausmasse und einen einmaligen Ausblick auf die Lagune hat. Seit der Übernahme der Belmond-Hotelgruppe durch den Luxusgüterkonzern LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton) im Jahr 2018 wurde das «Cipriani» an diversen Stellen sanft erneuert. Mittelfristig sollen einige der 96 Zimmer zusammengelegt werden, um grössere Wohneinheiten zu schaffen. Zunächst wird jedoch das Schwesterhotel «Splendido» in Portofino umfassend renoviert, das ab Herbst 2022 für 18 Monate schliesst.
Wenn doch nur… die Tische im traumhaft vis-à-vis dem Markusplatz gelegenen Terrassenrestaurant «Cip’s Club» nicht so eng beieinander stünden.
Platz 4 (Vorjahr: 1): La Réserve Paris, Paris
Der letztjährige Spitzenreiter muss sich in diesem Jahr mit dem vierten Rang begnügen, bleibt aber ein Leuchtturm urbaner Hospitality. Dem 2015 eröffneten La Réserve Paris gelingt es wie keiner anderen Herberge an der Seine, ein Gefühl elitärer Intimität entstehen zu lassen. Die Hotelperle im achten Arrondissement strahlt einen angenehmen Club-Charakter aus, ohne angeberisch zu wirken und spricht fortgeschrittene Reisende an, die das Sehen und Gesehenwerden in palastartigen Lobbys und aufgesetztes Luxus-Getue nicht ertragen, sondern ein gewisses Understatement schätzen und sich eher wie in einem exklusiven zweiten Zuhause fühlen wollen. Es gibt kein schlechtes Zimmer, und selbst die kleinsten Zimmer sind charmant. Diese einstige Stadtresidenz aus dem 19. Jahrhundert mit ihren stimmungsvollen Salons, dem schönen Spa mit Pool im Untergeschoss und der verschwenderischen Liebe zum Detail ist eine hedonistische Fantasie von Michel Reybier. Der Hotelunternehmer hat sich hier mithilfe von Innenarchitekt Jacques Garcia einen persönlichen Traum erfüllt, den er nun mit seinen Gästen weiterträumt. Neben dem Gourmetlokal «Le Gabriel» (zwei Michelin-Sterne) ist das ganztägig geöffnete Zweitrestaurant «La Pagode de Cos» mit hübschem Innenhof eine entspannte Alternative – der Name bezieht sich auf den Zweitwein des Bordeaux-Weinguts Château Cos d’Estournel, das ebenfalls zu Reybiers kleinem Genuss-Imperium gehört.
Wenn doch nur… eine bessere Konstanz im Service gegeben wäre. Es ist stets mit Überraschungen zu rechnen – im Positiven wie im weniger Guten.
Platz 5 (Vorjahr: 5): The Connaught, London
Ist dies das beste unter den zahlreichen Londoner Luxushotels? Viele, die es wissen müssen, meinen ja. Das «Connaught» im vornehmen Stadtteil Mayfair verbindet klassische englische Eleganz mit modernen Twists und besticht mit einem ebenso herzlichen wie professionellen Team, das diese Vorzüge zum Leuchten bringen kann. Zum Angebot im Haus zählen ein kleines Spa mit Hallenbad, zwei legendäre Bars, das Gourmetrestaurant Hélène Darroze (drei Michelin-Sterne) und das ganztägig geöffnete Trendlokal «Jean-Georges», wo auch der Afternoon-Tea serviert wird. Vor dem Hotel befindet sich eine wunderbare, regelmässig Wasserdampf verbreitende Brunneninstallation des japanischen Architekten Tadao Ando. Doch bei allen Erneuerungen und Management-Wechseln der letzten Jahre ist das Grundgefühl des «Connaught», in eine Zeitkapsel einzutreten, welche alle Unbill gegenwärtiger Zeiten vergessen lässt, geblieben.
Wenn doch nur… die Wogen rasch wieder glätten, die der abrupte und für die ganze Branche überraschende Rauswurf des Betreibers und ehemaligen Mitbesitzers Patrick McKillen durch die heutigen Besitzer (die katarische Königsfamilie) nach sich zogen. Die Folgen für das «Connaught» – und für die Schwesterbetriebe «Claridge’s», «The Berkeley» und «The Maybourne Riviera» – waren bei Redaktionsschluss noch unklar.
Platz 6 (Vorjahr: 9): Hotel de Russie, Rom
Der sechste Platz geht an die römische Niederlassung der Rocco Forte Hotels. Hier checkt man nicht ein, hier kommt man an. Und der Luxus ist nicht zu Schau gestellt, sondern dem Gast selbstverständlich als Bühne seines Auftritts, als Kulisse seiner Inszenierung überlassen. Die Zimmer sind frei von lauten Signalen und bieten dem Gast alles, was er braucht, aber nichts Unsinniges darüber hinaus. Eingerichtet wurden sie von Olga Polizzi, der Schwester von Sir Rocco. Die Lage bei der Piazza del Popolo und zu Füssen des Stadtparks Villa Borghese ist super. Wer einigermassen fit ist, kann sämtliche Sehenswürdigkeiten Roms zu Fuss erreichen. Das Problem ist nur: Wer einmal im Hotel de Russie angekommen ist, will eigentlich gar nicht mehr raus. Der «Giardino segreto» im Innenhof ist zu schön. Man sitzt unter Palmen und Eiben und es duftet nach Rosen, Jasmin, Zitrusfrüchten, Rosmarin und Lavendel. Die Terrassen der beiden Restaurants und der Hotelbar sind Teil des berauschenden Grüns.
Wenn doch nur… verstärkt ein Auge auf die Instandhaltung der Zimmer und insbesondere der Bäder gerichtet würde. Die Hardware kommt hier und dort in die Jahre.
Platz 7 (Vorjahr: 7): Brown’s Hotel, London
Unbeeindruckt vom Auf und Ab der lauteren Konkurrenten an der Themse, bleibt das älteste Londoner Fünfsternehaus – seit 1837 – ein Reservat britischer Lebensart («I don’t stay in a hotel, I always go to Brown’s»). Es ist etwas weniger formell als die bekannteren Grandhotels vor Ort und strahlt eine Gelassenheit aus, die auch das beste Architekturbüro nicht planen und sich ein Hotel nur über viele Jahrzehnte erarbeiten kann. Es wurde von der Rocco-Forte-Gruppe so dezent renoviert und wiederbelebt, dass man die Neuerungen kaum bemerkt. Nichts stört das Auge, nichts ist zu hell oder zu grell. Alles ist von distinguiertem Glanz – das Messing, das Parkett, der Afternoon Tea und das Lächeln der Mitarbeiter. Vor allem aber hat das charismatische «Brown’s» keinerlei Kettenhotel-Flair und kaum grössere Veranstaltungen. Die Salons sind die stimmungsvollsten der Stadt und die öffentlichen Toiletten (vor allem diejenigen der Ladies) schöner als mancher Ballsaal. Auch die Lage an der hübschen Albemarle Street im Mayfair-Viertel ist privilegiert und bietet Ruhe trotz Grossstadt.
Wenn doch nur… die Bäder in den Classic Rooms richtige Duschen hätten anstelle der kleinen Badewannen mit Duschmöglichkeit.
Platz 8 (Vorjahr: 8): Le Bristol, Paris
In nervösen Zeiten wie den heutigen ist es eine Wohltat, in einen Hotelkosmos einzutauchen, der gegen Trends und Modelaunen immun ist und mit kompromissloser Erhabenheit auf das Beständige und Zeitlose setzt. Das Le Bristol, das sich überzeugend auf dem achten Rang hält, ist so ein unaufgeregt faszinierender Ort, der nach seinen eigenen Regeln spielt und schon Generationen von Gästen glücklich gemacht hat. Ausserdem ist das Haus – zusammen mit der «La Réserve» – das einzige Pariser Hotel mit «Palace»-Status in europäischer Hand. Bei den sanften Renovationen der letzten Jahre konnte das elegante, über einen bezaubernden Innenhof mit Gartenrestaurant und einen Rooftop-Pool verfügende Traditionshaus an der Einkaufsmeile Rue du Faubourg Saint-Honoré seinen femininen Charme bewahren und sich damit vom eher maskulin geprägten Look der meisten hiesigen Konkurrenten abheben. Der beste Grund hier abzusteigen aber ist der Service: so grossartig oldschool, wie man es kaum noch findet. Viele der mehreren hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind schon lange hier tätig und gehören zur Hotelfamilie – genauso wie die stolze Hauskatze Socrate. Die skurrilste Bewohnerin im «Bristol» stiehlt prominenten Gästen die Schau.
Wenn doch nur… die Lärmkulisse der Stadt in vielen Zimmern bei geöffneten Fenstern nicht wäre. Doch gibt es auch ruhige Zimmer zum begrünten Innenhof.
Platz 9 (Vorjahr: 10): Orania.Berlin, Berlin
Es gibt in der Luxushotellerie zu viel vom Gleichen. Häuser, die neue Wege gehen und den Mut haben, anders zu sein, sind selbst in den dynamischen Metropolen rar. Das «Orania» ist eine dieser überraschenden Ausnahmeerscheinungen. Als das Fünfsternehotel 2017 in einem Jugendstilgebäude in Kreuzberg eröffnete, war der Widerstand vieler Anwohner gross. Doch davon liess sich das junge Direktionspaar Jennifer und Philipp Vogel nicht entmutigen. Zusammen mit Dietmar Müller-Elmau, dem Vordenker der europäischen Hotelwelt, zogen sie einfach das durch, was ihnen richtig erschien – so authentisch und überzeugend, dass das «Orania» inzwischen unter den Top Ten figuriert. Das lässig elegante Stadthotel zelebriert die Neighborhood, zumindest die kultiviert-kreativen Aspekte davon, und eigentlich braucht man gar nicht aus dem Haus zu gehen, um den Puls des lebendigen Quartiers zu spüren. In der grossen Lobby-Lounge mit Blick auf den Oranienplatz glaubt man für die Dauer seines Aufenthalts, Teil von Berlin und dessen multikultureller Community zu sein. Eine Besonderheit sind die regelmässigen Jazz-, Pop- und Word Music-Konzerte von namhaften, in Berlin wohnhaften Künstlern. Auch an normalen Abenden spielt zumindest ein exquisiter Pianist. Die Stimmung ist oft magisch, und es ergeben sich zwanglos Begegnungen mit anderen Gästen. Die urbane Dependance und «wilde Schwester» von Schloss Elmau ist cool wie ein Miles-Davis-Song und zugleich so gemütlich wie ein familiäres Gästehaus. Von der Einrichtung der 41 schlicht-schönen Zimmer über das Restaurant mit den lustvoll zubereiteten Sharing-Gerichten bis zum ruhigen Salon im Dachgeschoss ist alles von einer Aura der guten Laune ergriffen. Nichts ist überspannt im «Orania» – schon gar nicht der Service: «Wir kommunizieren auf Augenhöhe mit dem Gast und nicht, als wäre er König», sagt Jennifer Vogel.
Wenn doch nur… die klassischen Berliner Highlights etwas fussläufiger am Hotel lägen.
Platz 10 (Vorjahr: 4): J.K. Place Roma, Rom
Das J.K Place Roma zwischen Piazza di Spagna und Piazza Navona ist der nicht-mehr-so-geheime Geheimtipp der hiesigen Mode-, Film- und Kreativszene. Die behaglichen Interieurs mit Library-Lounge und J.K. Café sind von Kunst, Avantgarde-Möbeln und verspielter Dekadenz geprägt. Wer hier absteigt, fühlt sich nicht wie ein gewöhnlicher Tourist im Luxushotel, sondern wie ein Reisender zu Gast bei einem exzentrischen Freund, der für alles gesorgt hat, sich aber gerade entschuldigen lässt. Hotelier Ori Kafri, der weitere entzückende Dependancen in Capri und Paris betreibt, weiss, worauf es seiner Klientel ankommt: Stil, Service und Seele. Und dies wird hier auf ganz und gar charmante und geschmeidig italienische Art geboten. Vor der Haustür landet man mitten im Leben, und dank den Insidertipps der bestens informierten «J.K.»-Crew empfindet man sich rasch als Teil der Ewigen Stadt.
Wenn doch nur… die Zimmer in Anbetracht der stolzen Übernachtungspreise etwas geräumiger wären.
Platz 11 (Vorjahr: 3): Four Seasons Hotel Firenze, Florenz
Mit seiner prachtvollen Architektur macht das Gebäude-Ensemble der Renaissancestadt alle Ehre. Und dank dem riesigen Innenhofgarten fühlt man sich ein bisschen wie auf einem toskanischen Landgut – mit dem Vorteil, dass man die Museen und Trattorien um die Ecke weiss. Für viele Reisende ist das 2008 eröffnete Four Seasons Hotel Firenze eine der schönsten Stadtoasen der Welt. Es bietet Substanz statt Spektakel und Stil statt Trend. Zudem versteht es das Hotelteam unter Max Musto, sich flexibel und situationsabhängig auf jeden Gast einzustellen und herauszuspüren, was Menschen individuell glücklich macht. «Die Gäste kommen zu uns, weil sie wissen, dass wir ihnen Florenz auf eine Art zeigen, wie nur wir es können», sagt der neapolitanische Hausherr. Die kanadische Luxushotelgruppe ist dabei, ihr italienische Portfolio zu erweitern: Im Spätsommer 2021 hat sie das totalerneuerte San Domenico Palace in Taormina übernommen, und ab 2025 wird sie nach einer Totalrenovierung das ikonische Hotel Danieli in Venedig wiedereröffnen.
Wenn doch nur… in der Dépendance «La Villa» (wo 37 der insgesamt 116 Zimmer untergebracht sind) dasselbe erhebende Gefühl aufkäme wie im schöneren, nicht direkt verbundenen Hauptgebäude «Palazzo della Gherardesca». Die Dépendance blickt jedoch auf denselben Innenhofgarten – einfach von der gegenüberliegenden Seite.
Platz 12 (neu): Rosewood Villa Magna, Madrid
Die «Villa Magna» beweist, dass sich ein moderner Hotelklassiker trotz Totalrenovation treu bleiben und seinen kunstsinnigen, stark vom Salamanca-Viertel geprägten Bohème-Charakter behalten kann statt zu einem weiteren neutral glitzernden Luxustempel zu werden. Das seit Herbst 2021 von Rosewood gemanagte Haus ist ortsgebunden und zeitlos, mischt Bestehendes und Neues mit augenzwinkerndem Esprit und überzeugt mit einer überaus einladenden Lobby, die sich rasch zum Wohnzimmer des Quartiers entwickelt hat. Die 154 Zimmer und Suiten sind wertig, chic, wohnlich, der Service ist aufmerksam und individuell, ausserdem gibt es ein kleines, ästhetisch ansprechendes Spa im Untergeschoss und vier Restaurants und Lounges für jede Stimmungslage. Insgesamt das beste Hotel im stark boomenden Madrid, das mit weiteren neuen oder totalerneuerten Häusern aufwartet, darunter das Mandarin Oriental Ritz (Rang 24), das Four Seasons Hotel Madrid (Rang 46) und The Madrid Edition (Rang 64).
Wenn doch nur… manche Zimmer nicht so hellhörig wären.
Die hohe Repeater-Quote gibt dem «Lily» recht. Der mediterrane Rückzugsort mit 44 Zimmern ist so erfolgreich, dass er ganzjährig mehr als dreissig Therapeuten, Yoga-Lehrerinnen, Personal Trainer und Ernährungsberater beschäftigt – dies in einer Region, in der fast alle Hotels über den Winter schliessen. Die zielgerichteten, nach dem individuellen Rhythmus der Gäste getakteten «Shape»-Programme zum Abnehmen und Wiedererlangen der inneren Balance reichen von 4 bis 14 Tagen und beziehen die umliegende Küstenlandschaft, den Strand und die gesunde Mittelmeerküche ein. «Ein Hotel wie ein Vitaminshake», so das Verdikt eines der 207 befragten Experten dieses Rankings.
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Auch das Six Senses Ibiza, das Scarlet Eco Sanctuary in Cornwall und das Hotel Post Bezau im Bregenzerwald veranschaulichen auf ihre jeweils ganz eigene Art, wie man sein Leben lustvoll und hochgradig individualisiert in gesündere Bahnen lenken kann. Selbst das Grand Resort Bad Ragaz, das jahrzehntelang für Verzicht und starre Heilverfahren stand, hat den klassischen Kurgedanken entstaubt und Gesundheitsferien mit smarten «NewYou»-Programmen neu definiert. Health & Spa-Manager Hans-Peter Veit ist überzeugt: «Der Weg zu einem dauerhaft gesunden Lebensstil muss einfach sein und Spass machen.»
Dem Wunsch, Ferien mit Gesundheit zu verbinden, kommen immer mehr Hotels entgegen. Oder haben sie ihn durch ihre immer individueller werdenden Angebote überhaupt erst geweckt? Das Alpina Gstaad macht vor, wie man ein umfassendes Lifestyle-Erlebnis mit ganzheitlichen Formen der Entschleunigung verknüpft. Wohlbefinden ist allgegenwärtig, sei es beim japanischen Abendmenü auf der Sommerterrasse oder beim tibetischen Heilungs-Retreat mit Atemtraining, Meditation, Yoga und fabelhaften, aus dem Himalaya stammenden Behandlungen. «Die Leute sehnen sich nach neuer Klarheit und Gelassenheit, nach etwas, das sie in ihrem Inneren wiederbelebt», sagt Direktor Tim Weiland. «Für manche Gäste ist ein Aufenthalt bei uns wie ein Reset-Knopf.»
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Der Schlüssel zum Erfolg jedes Hotels liegt in den Händen der Mitarbeitenden. BILANZ befragte 205 Experten, welche guten Geister in der Schweiz zu den Besten gehören. Mehr dazu lesen Sie hier.
Dank einem erneuerten Sinn für althergebrachte Achtsamkeit werden Reisen immer mehr als positive Transformation verstanden – seines Selbst und der Erde. Nach der Digitalisierung der letzten Jahre ist die Nachhaltigkeit zum zentralen Innovationstreiber für den Tourismus geworden. Heute braucht ein neues Hotel ohne grünes Commitment gar nicht erst zu eröffnen. Diejenigen, die sich so überzeugend auf die Regeneration von Mensch und Umwelt fokussieren wie das Villars Palace in den Waadtländer Alpen oder das Hôtel des Horlogers im Vallée de Joux, haben schon gewonnen. André Cheminade, Hotelmanager im Tal der Uhrmacher, weiss: «Nachhaltigkeit ist nicht alles, aber ohne Nachhaltigkeit ist alles bald nichts.»
Was sonst noch wichtig ist
Gibt es, neben den drei Megatrends, noch andere Themen? Natürlich, denn kaum eine andere Branche ist so vielschichtig und eng mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tendenzen verflochten wie die Tourismus- und Hotelwelt. 2022 wird als das Jahr des «Revenge Travel» in die Annalen eingehen: Die Welle von Reiselustigen nach der Corona-Durststrecke übertrifft alle Erwartungen. Dabei scheint die Preissensibilität in diesem Sommer wie ausgehebelt zu sein – ohne Weiteres werden für Hotelzimmer an südlichen Ferienzielen 30 Prozent mehr bezahlt als 2019, oftmals bei reduziertem Angebot, weil die Mitarbeitenden fehlen. Personalmangel heisst das Schreckgespenst aller Hoteliers. In den USA ist aus dem Schwund an Arbeitswilligen bereits ein reales Schreckensszenario geworden – ungezählte Hotels zwischen New York und Miami müssen trotz hoher Nachfrage die Kapazitäten herunterfahren und ganze Etagen schliessen.
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An weiteren Herausforderungen mangelt es nicht: aus dem Takt geratene Lieferketten, rasant steigende Energiekosten, das weltweite Flugchaos, dazu geht die Angst vor einer bevorstehenden Rezession um. Gleichwohl bringen Hunderte von neuen oder totalerneuerten Hotels eine frische Dynamik in Europas Städte und Ferienregionen. Allein unter den 300 bewerteten Häusern im aktuellen Ranking finden sich 52 Neuzugänge mit grossem Verzauberungspotenzial.
Das Hotel-Ranking der BILANZ basiert auf 400 Expertentests in den letzten 18 Monaten, auf einer schriftlichen Umfrage bei 90 Schweizer Top-Hoteliers, auf den aktuellen Wertungen relevanter Reisepublikationen und Testportale sowie auf den Erfahrungen von 117 befragten Hotelkennern und Reiseprofis. BILANZ rechnete die Einstufungen dieser vier Bewertungssäulen in ein einheitliches 100-Punkte-Schema um.
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