Guten Tag,
Trotz Kapitalerhöhung bleibt die Lage angespannt. Die staatlichen Stellen sind seit Wochen alarmiert. Noch hoffen sie, dass sie nicht eingreifen müssen.
LIEBER ALLEIN CS-Präsident Axel Lehmann (im Bild) und CEO Ulrich Körner wollen die Schmach einer Staatsrettung abwenden.
Paolo Dutto für BILANZWerbung
Der neue Präsident der taumelnden Grossbank hatte alles versucht. Doch die Kapitalerhöhung war verpufft, der Kurs taumelte, und die Suche nach neuen Geldgebern stockte. Das Vertrauen war weg. Der Markt glaubte der Bankspitze schlicht nicht mehr. Da griff der Staat ein – zur Rettung.
So war das in den schicksalhaften Herbsttagen vor 14 Jahren, als die UBS die grösste Schmach ihrer Geschichte erlitt. Der damalige VR-Präsident Peter Kurer, erst seit sieben Monaten im Amt, musste nach drei Wochen Verhandlungen mit Nationalbank, Bankenaufsicht und Bund ein komplexes Rettungspaket schlucken, durch das ein Grossteil der nicht verkäuflichen Schrottpapiere bei der Nationalbank gelagert wurde und die Eidgenossenschaft via eine Kapitalspritze von sechs Milliarden Franken zum Aktionär der Grossbank aufstieg. Bis zuletzt hatten sich Kurer und sein damaliger CEO Marcel Rohner gewehrt. Doch der Staat setzte sich durch – im Namen der Finanzstabilität.
Die Notsituation der CS und ihres ebenfalls noch frischen Präsidenten wirkt bei gewissen Kennziffern längst vergleichbar. Der Kurs ist seit Jahresbeginn um mehr als 60 Prozent eingebrochen, sogar stärker als vor der UBS-Rettung. Auch die Kreditausfallversicherungen, die sogenannten CDS-Spreads, mit denen der Markt die Konkurswahrscheinlichkeit taxiert, lagen zuletzt in der Spitze bei fast 450 Basispunkten und damit über den Werten vor der UBS-Rettung. Auf der gleichen Höhe: die italienische Krisenbank Monte dei Paschi di Siena, die bereits vom Staat gerettet worden ist. Die Kapitalerhöhung von ohnehin bescheidenen vier Milliarden Franken verpuffte, und an der Börse gilt der mit viel Fanfare angekündigte Rettungsplan vom 27. Oktober kaum als Erfolg: ein Minus von bis zu 35 Prozent.
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Im Oktober hat es de facto einen Bank-Run gegeben, mehr als 80 Milliarden flossen bis Mitte November ab, und ob die Blutung wirklich gestillt wurde, wie die Führungsspitze glauben machen will, ist ungewiss. Fakt ist: Sie kann jederzeit wieder aufbrechen. «Die Situation ist auf der Kippe», sagt ein Ex-Bankchef. Denn auch wenn sich mit dem Abschluss der Kapitalerhöhung die Lage stabilisiert hat, ist ein Ende des negativen Nachrichtenflusses kaum in Sicht. Es droht die Gefahr, dass die Bank bei ihrem nächsten grossen Berichtstag zum Jahresergebnis am 9. Februar einen höheren Verlust für das vierte Quartal bekannt geben muss als bereits signalisiert – wenn es nicht schon vorher zu neuen Schreckensbotschaften kommt. Bankveteranen stellen längst die Existenzfrage: Muss der Staat auch die CS retten? «Wir brauchen eine ‹Whatever it takes›-Botschaft vom Bund oder von der Nationalbank», betonte ein langjähriger CS-Vermögensverwalter Anfang Dezember.
Es ist eine Mauer des Schweigens, die über dem Tabuthema liegt. Doch dass hinter den Kulissen staatliche Stellen alle Szenarien durchspielen und die Verbindung zur Krisenbank eng ist, darf als gesichert gelten und wird von den Beteiligten indirekt auch bestätigt – auch wenn sich niemand öffentlich dazu äussern will.
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Die Player sind die gleichen wie bei der UBS-Rettung: Finanzdepartement, Nationalbank, Bankenaufsicht (damals EBK, heute Finma). Nationalbank und Bankenaufsicht hatten schon lange vor der UBS-Notaktion klandestin ein sogenanntes «Petit comité» etabliert, das sich regelmässig über Krisenfälle austauschte. Es war dann der damalige Vizepräsident der Nationalbank, Philipp Hildebrand, der als Leiter des für die Finanzstabilität zuständigen Zweiten Departements auf Geheiss des damaligen SNB-Präsidenten Jean-Pierre Roth die Führung bei der Rettungsaktion übernahm. Durch seine amerikanische Prägung war er ohnehin interventionistischer unterwegs als seine Schweizer Kollegen, und die Lehman-Pleite hatte alles verändert: Hildebrand trommelte am Sonntag nach dem Zusammenbruch der New Yorker Investmentbank die Oberen von UBS und EBK in seiner Stadtwohnung in Zürich-Enge zusammen und gab den Startschuss für die Rettungsaktion. Am 16. Oktober, mehr als drei Wochen später, wurde der verdutzten Öffentlichkeit der detaillierte Plan präsentiert. Lecks: null.
SNB Für Stabilitätsfragen zuständig sind der neue Vizepräsident Martin Schlegel (im Bild) und der Leiter Finanzstabilität Bertrand Rime.
KeystoneSNB Für Stabilitätsfragen zuständig sind der neue Vizepräsident Martin Schlegel (im Bild) und der Leiter Finanzstabilität Bertrand Rime.
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So weit ist es jetzt noch nicht – wie damals Kurer wird auch Lehmann alles tun, um die Schmach einer Staatsrettung zu verhindern. Doch die zuständigen Gremien sind in Alarmbereitschaft und stimmen sich ab – seit der ruckartigen Rettung vor 14 Jahren wurden die Abläufe stark professionalisiert. Doch wie damals gilt auch heute: Rivalitäten vereinfachen die Angelegenheit nicht.
Bei der UBS-Rettung lag die Führungsrolle bei der SNB, die Finma war Juniorpartner. Dieses Trauma wollte die Behörde in den letzten Jahren abstreifen, auch wenn die Ausgangslage noch immer unbestritten ist: Die Unabhängigkeit der SNB ist per eigenem Gesetz festgelegt, der Lohn des Vorstehers und die Mitarbeiterzahl sind doppelt so hoch. In den ersten Jahren der noch jungen Behörde gab es immer mal wieder Reibereien, die Finma-Chefs liessen schon mal spitze Bemerkungen fallen, etwa als die SNB die CS zu einer Kapitalerhöhung verdonnerte und der damalige Chefaufseher Mark Branson anmerkte, dafür sei eigentlich er zuständig. Die Zusammenarbeit wurde seitdem in einem Memorandum of Understanding geregelt, die letzte Fassung stammt von 2017. Es gibt einen Leitungsausschuss, dem die drei SNB-Direktoriumsmitglieder Thomas Jordan, Martin Schlegel und Andréa Maechler angehören, auch die Finma schickt die erste Garde: Präsidentin Marlene Amstad, ihren Vize Martin Suter und Direktor Urban Angehrn. Doch die wahre Arbeit läuft eine Etage tiefer: im «Ständigen Ausschuss», dem der Finma-Bankenchef Thomas Hirschi und Bertrand Rime, Chef für Finanzstabiliät bei der SNB, angehören. Je nach Thema zieht der Ausschuss Experten hinzu, man trifft sich mindestens vier Mal im Jahr und «bei Bedarf» – der war in den letzten Wochen gegeben.
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FINMA Thomas Hirschi leitet die Bankenaaufsicht und steht über den «Ständigen Ausschuss» im Austausch mit der Nationalbank – einen Staatseingriff sucht seine Behörde nicht.
Philipp ZinnikerFINMA Thomas Hirschi leitet die Bankenaaufsicht und steht über den «Ständigen Ausschuss» im Austausch mit der Nationalbank – einen Staatseingriff sucht seine Behörde nicht.
Philipp ZinnikerDie Aufteilung ist klar: Für die operative Aufsicht ist die Finma zuständig, dort gibt es für jede Grossbank ein eigenes Team, das den Input für Abteilungschef Hirschi liefert. Simon Brönnimann heisst der CS-Verantwortliche, seine Equipe für Aufsichtsrechtsfragen umfasst fünf Mitarbeiter, in Liquiditäts– und Kapitalfragen zieht er gegen zehn Spezialisten hinzu. Die SNB ist dagegen für die grosse Linie verantwortlich. Stabilitätsschef Rime rapportiert an Vizepräsident Schlegel, den heutigen Leiter des Zweiten Departments.
Natürlich kann sich die SNB zu dem heiklen Thema nicht äussern, und dass Direktoriumsmitglied Maechler Anfang Oktober bei einem Anlass verkündete, die SNB beobachte die CS genau, gilt intern eher als kommunikativer Fauxpas. Sicher ist, dass die CS alle Details ihres Ende Oktober verkündeten Umbauplans genau mit Finma und SNB abgestimmt hat. Martin Schlegel, der gerade erst im August ins Direktorium aufrückte, äusserte sich dann in seinem ersten Interview in der «Finanz+Wirtschaft» auch wohlwollend zu den Plänen.
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Dazu kommt wie bei der UBS-Rettung eine dritte Ebene: der Bund. Auch hier wurde die Zusammenarbeit nach dem UBS-Trauma neu geregelt und ebenfalls via Memorandum of Understanding klar definiert, die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2019. Der Lenkungsausschuss besteht aus dem Leiter des Finanzdepartements, neu Karin Keller-Sutter, sowie Jordan und Amstad. Doch die Vorarbeit wird im sogenannten «Ausschuss für Finanzkrisen» erledigt, dem neben Finma-Chef Angehrn und SNB-Vize Schlegel die EFD-Staatssekretärin Daniela Stoffel und die Leiterin der Finanzkontrolle, Sabine D’Amelio-Favez, angehören. Sitzungsturnus: ein- bis zweimal im Jahr und «in Krisenzeiten bei Bedarf». Das heisst: derzeit gern häufiger.
DER BUND Im Ausschuss für Finanzkrisen dabei sind Sabine d’Amelio-Favez, Leiterin der Finanzkontrolle (im Bild), und Daniela Stoffel, im Finanzdepartement Leiterin des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen.
keystone-sda.chDER BUND Im Ausschuss für Finanzkrisen dabei sind Sabine d’Amelio-Favez, Leiterin der Finanzkontrolle (im Bild), und Daniela Stoffel, im Finanzdepartement Leiterin des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen.
keystone-sda.chAllerdings: 2008 war die Bedrohungslage eine ganz andere. Es tobte eine Systemkrise, nach dem Vorbild der USA spannten viele Länder ihre Rettungsschirme, die UBS musste gegen 50 Milliarden Franken abschreiben und sass noch auf einem Berg unverkäuflicher Schrottpapiere in gleicher Grössenordnung. Jetzt geht es um das Überleben einer einzigen Bank mit noch immer solider Bilanz.
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Dazu gab es mit Hildebrand einen Treiber. Heute reisst sich niemand um eine Staatsrettung. Bei der SNB ist das verantwortliche Direktoriumsmitglied Schlegel noch unerfahren, und Behördenchef Jordan, vor 14 Jahren mit der praktischen Umsetzung betraut, agiert deutlich weniger interventionistisch als sein Vorgänger. Finma-Chef Angehrn kommt aus der Versicherungsbranche, die tiefe Bankenkenntnis seines Vorgängers Branson hat er nicht, und bislang ist er blass geblieben. Und bei der neuen Finanzministerin Keller-Sutter dürfte die Lust auf Staatsintervention noch geringer sein als bei dem damaligen Finanzminister Hans-Rudolf Merz – und schon bei ihm war sie tief.
Zudem: Die Aufseher haben das letzte Jahrzehnt damit verbracht, die Banken über einen Strauss an «Too big to fail»-Regeln so sicher zu machen, dass Staatshilfe nicht mehr benötigt wird. Die Eigenkapitalvorschriften wurden stark verschärft, das Schweiz-Geschäft in eine eigenständige Bank umgewandelt, die bei einem Konkursfall des Gesamtkonzerns abgespalten werden kann. Eine Rettung wäre damit auch ein Eingeständnis des Scheiterns, vor allem von der Finma-Seite. Ein Staatseingriff, so dann auch die Botschaft der Berner Aufseher, wäre ein rein politischer Entscheid.
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Doch hält diese Haltung bei einer weiteren Verschärfung der CS-Krise? Bei der UBS-Krise hatten die damaligen Verantwortlichen um Präsident Kurer und CEO Rohner ein Cockpit mit vier Alarm-Parametern installiert: Eigenkapital, Liquidität, CDS-Spreads, Aktienkurs. Die letzten Kennziffern blinken bei der CS bereits bedrohlicher als bei der UBS, die wichtigeren ersten beiden befinden sich jedoch nicht im roten Bereich, und das verschafft den Aufsehern Ruhe. Das Eigenkapital, die wichtigste Kenngrösse, liegt mit 43,3 Milliarden Franken deutlich über dem Wert von 2008. Und die Liquidität, gemessen über die sogenannte «Liquidity Coverage Ratio», stand laut Bankangaben zuletzt bei 140 Prozent. Sprich: Die hochwertigen flüssigen Anlagen – vor allem Cash – lagen noch immer deutlich über den potenziellen Abflüssen, berechnet für ein Stress-Szenario von 30 Tagen.
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Es ist dann auch diese Kenngrösse, die vor allem Sorgen macht und CDS-Spreads und Aktienkurs drückt. Wenn die Bank die Abflussbegehren ihrer Kunden nicht mehr bedienen kann, droht ein Szenario wie 1991 bei der Spar- und Leihkasse Thun – ein Bank-Run. Dass die Kunden bis Mitte November mehr als 80 Milliarden Franken abzogen, liess die Liquiditätsquote von 192 auf 140 Prozent sinken, und da stand sie laut letzten Angaben der Bank auch noch am 7. Dezember. Doch das sind nur Durchschnittswerte, die Berechnung basiert auf mehreren willkürlichen Annahmen, und wie wenig derartige Risikomodelle taugen, hat die Finanzkrise eindrücklich belegt. J.P. Morgan rechnet bis Ende Jahr noch einmal mit weiteren Abflüssen von 23 Milliarden. Kommunikation hilft da nur bedingt: Obwohl Lehmann am 7. Dezember in der TV-Sendung «Eco» eine Stabilisierung der Abflüsse verkündet hatte, fiel der Kurs am nächsten Tag wieder unter die Drei-Franken-Marke. Die Lage bleibt angespannt.
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Die Erosion wuchert innerhalb der Bank weiter. Im institutionellen Geschäft ziehen Pensionskassen ihr Geld ab, die Verantwortlichen an der Front haben einen guten Tag, wenn sie keinen Kunden verlieren. Ein Chef eines Schweizer Weltkonzerns, der traditionell die CS als Hausbank für Kapitalmarktgeschäfte beschäftigte, musste erleben, wie das für seine Firma verantwortliche Team zur Citigroup wechselte. Der Schlüsselkunde wäre gern bei der CS geblieben – doch weil die Bank keinen Ersatz bringen konnte, wechselte er zur Citi. Bei den Privatbanken türmen sich die Bewerbungen der CS-Private-Banker.
Viele Top-Leute sind ohnehin schon gegangen, der Exodus begann bereits unter Ex-CEO Tidjane Thiam. Doch so brenzlig wie jetzt war die Lage selten. Die Bonussaison steht bevor und verspricht nicht nur weitere Negativ-Nachrichten, sondern auch eine Verschärfung des Exodus. Satte zwei Milliarden Franken hat die Bank schon im letzten Jahr an Boni ausgeschüttet, was zwar auf Geheiss der Finma ein Drittel weniger war als im Vorjahr, aber bei einem Verlust von 550 Millionen Franken passierte. «Wenn eine Firma einen Verlust macht, sollte sie gar keine Boni zahlen», sagte Ex-CS-Chef Oswald Grübel jüngst im BILANZ Business Talk. Doch das wird auch dieses Jahr wieder geschehen. Der Verlust wird deutlich heftiger ausfallen als im Vorjahr, doch natürlich fliessen die Boni üppig weiter, es ist angesichts des Exodus sogar von Loyalitätsboni die Rede. Das zeigt die Absurdität des Modells und dokumentiert eindrücklich, warum die Grossbanken in weiten Kreisen der Bevölkerung – und der Aktionäre – so viel Vertrauen verloren haben: Die Bank nimmt 2,2 Milliarden bei ihren Aktionären an frischem Kapital zu einem Fünftel des Buchwerts auf, was zu einer gigantischen Verwässerung führt – und ein Grossteil des Geldes fliesst sofort wieder als Boni an die Mitarbeiter ab.
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Kommt erschwerend hinzu: Die Löhne sind noch immer sehr hoch, und viele Führungskräfte sitzen auf grossen Paketen an Aktien mit Sperrfristen von bis zu fünf Jahren. Nur wenige Frontleute mit gutem Kundenstamm schaffen es, dass ein neuer Arbeitgeber ihre Ansprüche übernimmt, für die anderen würden sie beim Wechsel zur Konkurrenz verfallen. Da harren die hoch dotierten Mitarbeiter lieber auf ihren Posten aus. Wenn die CS ihnen kündigt, müsste die Bank die Pakete allerdings auszahlen – allein dieser Posten liegt bei mehr als einer Milliarde Franken.
Der Newsflow dürfte weiter trist bleiben. Die Finma ist mit ihren Enforcement-Berichten zu Archegos und Greensill bereits im Verzug, was für vertiefte Prüfung und verschärftes Ungemach spricht, wenn die Berichte voraussichtlich im ersten Halbjahr veröffentlicht werden. Die Rechtskosten aus den Grossunfällen sind derzeit nicht taxierbar, was die Bank für potenzielle Käufer weiterhin zu einer Blackbox macht. Und dann kann es immer wieder zu neuen externen Schocks kommen – und die Wucht bekommt die CS als kranker Mann des globalen Bankings am stärksten zu spüren.
Die Dreifaltigkeit der Regulierung – Finma, SNB, Bund – wird also in Alarmbereitschaft bleiben. Die nächstliegende Lösung bei erneuter Krisenverschärfung wäre es, das Schweiz-Geschäft abzuspalten, das Investmentbanking abzuwickeln und der UBS freundlich nahezulegen, das Wealth Management in Asien und Europa zu übernehmen. Doch wurde unter dem Führungsduo Axel Weber / Sergio Ermotti die Möglichkeit eines Zusammenschlusses noch intern gern durchgespielt, so ist unter der neuen Führung unter Ralph Hamers und Colm Kelleher die Begeisterung deutlich tiefer. Mitarbeiter und Kunden lassen sich oft auch ohne mühsame Übernahme holen – in den USA hatte die UBS etwa einst günstig Ex-CS-Leute angestellt, die die Bank zu Wells Fargo transferiert hatte. Natürlich läuft auch jetzt viel, auch wenn die UBS offiziell beschwichtigt.
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ULRICH KÖRNER ist CEO der Credit Suisse.
Joseph KhakshouriULRICH KÖRNER ist CEO der Credit Suisse.
Joseph KhakshouriDie CS selbst hat praktisch keine Instrumente mehr. Ein weiteres Auswechseln der Führung würde nichts bringen: Das aktuelle Management gilt endlich als redlich und kompetent, auch wenn es in einer derartigen Krise keine Erfahrungswerte hat und die Bank kaum in allen Verästelungen kennt. So liess es etwa zu viel Zeit verstreichen zwischen dem Antritt Körners Ende Juli und der Planverkündung Ende Oktober, und als die abstrusen Social-Media-Gerüchte aus Australien Anfang Oktober den Mini-Bank-Run auslösten, wirkte die Führung überfordert und wartete zu lange. Auch bleibt die Frage, ob die Bank die zentrale Kapital- und Liquiditätsfrage nicht viel stärker hätte adressieren müssen, aber bei der Ausgestaltung der Massnahmen lieber vager geblieben wäre, solange keine Ergebnisse vorliegen. So drohen die Ankündigungen an der Wirklichkeit zu zerschellen, was die Glaubwürdigkeit schwächt. Lehmann musste bereits einräumen, dass aufgrund der Geldabflüsse die Ertragsannahmen des Umbauplans nicht mehr voll gelten.
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Die Saudis als Grossaktionäre sind auch nicht kundenfördernd, und in der wilden Social-Media-Welt können Gerüchte und Liquiditatsabflüsse aus dem Nichts wieder rasant Fahrt aufnehmen. Die Pläne des Finanzdepartements für eine staatliche Liquiditätsicherung sind noch nicht einmal in der Vernehmlassung, und die neue Chefin Keller-Sutter muss sich erst einarbeiten.
Bleibt als ultimativer Retter ein Mann mit besonders hoher Reputation: Nationalbankpräsident Jordan. Rechtlich hat er laut Nationalbankgesetz die Möglichkeit zur Kreditvergabe in Krisenfällen. «Er müsste bei einer neuen Verschärfung die Liquidität zusichern», sagt ein Ex-Bankchef. Die Vorkehrungen dazu wurden getroffen, so viel darf als gesichert gelten, dafür haben die Gremien genügend getagt.
Doch Jordan steht dieses Jahr mit seiner Nationalbank vor einem Rekordverlust von deutlich über 100 Milliarden Franken und muss den Kantonen erstmals ihre Zahlung verweigern. Seine Lust zum Eingreifen dürfte dadurch noch weiter sinken. Es wäre die letzte Option – und zurzeit ein Szenario, von dem alle hoffen, dass es nicht eintrifft.
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