Guten Tag,
Zürich, Zug und Bern stehen unverrückbar auf dem Podest der lebenswertesten Städte. Ein Streifzug durch die Agglomeration des Wirtschaftsraums Zürich enthüllt jedoch einige Perlen.
Bastian Heiniger
40. WETTINGEN/BADEN Grösste Aufsteigerin der Deutschschweiz ist mit sechs Rängen Wettingen. Die Stadt rückt auf Rang 40 vor. Im Zentrum urban, oberhalb mediterran, doch hält man sich etwas länger in der Gemeinde mit mehr als 21 000 Einwohnern auf, landet man früher oder später unweigerlich in Baden (Rang 13).
GESCHWISTER Wettingen hat zwar knapp mehr Einwohner als Baden, ist jedoch ländlicher geprägt. Oberhalb wachsen Weinreben, im Zentrum verläuft der Übergang in die Schwesterstadt, wo man eher dem Nachtleben frönt, nahtlos.
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Da wollte ich mir Wettingen anschauen und landete in Baden. Mitten in einer Männerrunde, die mit giftgrünen Shots auf einen Geburtstag anstiess. Aber das passt schon. Denn Wettingen – mit einem Plus von sechs Rängen gehört die Gemeinde zu den grössten Aufsteigern des BILANZ-Städte-Rankings – ist längst mit Baden verwachsen. Es sind Geschwister, die einander bedingen.
Hier das städtische Baden mit seinen historischen Bauten und dem berühmten Bäderquartier. Dort das eher gesichtslose, aber als Wohnort geschätzte Wettingen; mir eigentlich nur bekannt aus tiefster Kindheit, als der kleine FC gegen Napoli mit dem legendären Maradona spielte.
Flaniert man heute in westliche Richtung auf der Landstrasse, die sich über mehrere Kilometer steckengerade durchs Zentrum frisst, landet man früher oder später übergangslos in Baden. Davon zeugt zumindest das Ortsschild beim rund ums Jahr geöffneten Spielsalon Joker.
Oder das Restaurant Grenzstein, das nur knapp noch auf Wettinger Boden steht und sich seine besondere Lage zum Namen gemacht hat. Während Wettingen auf Platz 40 aufsteigt, hat sich Baden, das rund tausend Einwohner weniger hat, schon lange in den Top 15 festgesetzt.
In die absolute Spitzengruppe vorzudringen, erscheint aber kaum möglich. Zuoberst thront Zürich, seit geschlagenen elf Jahren – vor Zug und Bern, gefolgt von Winterthur, Basel und Genf. Das haben die Experten von Wüest Partner einmal mehr für BILANZ berechnet. Und zwar anhand von über hundert Indikatoren zur Lebensqualität in den vom Bundesamt für Statistik (BfS) definierten 162 Schweizer Städten.
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Die Immobilienexperten von Wüest Partner haben die Lebensqualität in den 162 Schweizer Städten anhand von elf Indikatorsets berechnet, die sich aus 115 Einzelvariablen zusammensetzen. Die elf Indikatoren sind:
Bei «Bevölkerung und Wohnen» etwa fliessen unter anderem die Bevölkerungsentwicklung, die Preisdynamik für den Eigenheimkauf und die Anzahl neuer Wohnungen ein. Weitere Infos: staedteranking.ch
Verschiebungen gibt es vorne nur selten. Einzig die Kantonshauptstadt Aarau hat zwei Ränge verloren, hält sich aber noch immer in den Top 10. Haben andere Städte überhaupt eine Chance, da hineinzukommen? «Unmöglich ist es nicht», sagt Patrick Schnorf von Wüest Partner.
Eine Chance hätte etwa St. Gallen (Platz 11), wenn die Stadt im Bildungs- und Kulturangebot zulegen könnte. Schnorf sieht auch Potenzial beim Bevölkerungszuwachs. So hat St. Gallen noch immer eine hohe Leerstandsquote bei Mietwohnungen. Der Anteil erschwinglicher Wohnungen beträgt über 50 Prozent, wohingegen die Quote für Zürich, Zug und Genf bei rund 10 Prozent liegt.
Mehr Dynamik gibt es jedoch aktuell in der Agglomeration der Limmatstadt. Letztes Jahr haben bereits Dübendorf, Opfikon, Volketswil und Zollikon Ränge gutgemacht. Und weil Zürich jüngst den in den 1960er Jahren aufgestellten Bevölkerungsrekord von 440'000 Einwohnern knackte und weiterwächst, franst die Stadt stetig aus ins ganze Limmattal.
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Altstetten, einst als unschönes Aussenquartier verschrien, arrondiert seine Skyline mit immer neuen Hochhäusern, und mit dem neuen Eishockeystadion wird nun auch der ZSC hier heimisch. Eine gewisse Gentrifizierung dürfte bald auch Schlieren erfassen, seit drei Jahren fährt dort ein Tram nach Zürich.
Und wenn Ende Jahr die Limmattalbahn bis nach Dietikon, Spreitenbach und Killwangen verkehrt, wird sie die ganze westliche Agglomeration näher an die Metropole heranrücken.
Einst könnte die neue Trambahn gar bis nach Wettingen und Baden fahren, was allerdings noch in einem politischen Prozess ausgefochten werden muss. «Im Glatttal hat das Tram für einen massiven Schub gesorgt», sagt Wettingens Gemeindeammann Roland Kuster, der die Bahn befürwortet.
«Wenn wir nichts machen, werden wir in 10 bis 20 Jahren im Verkehr ersticken.»
Denn das wichtigste Asset für das «grosse Dorf», wie Kuster Wettingen nennt, sei die Erreichbarkeit: S-Bahn, RegioExpress, Busverbindungen, Nähe zum Flughafen und Autobahnanschluss. «Wir sind eine Wohngemeinde. Und das sehe ich positiv.»
Die Gemeinde tue alles dafür, dass man gerne hier lebe. Und weil viele Einwohner zur Arbeit pendelten, sei die Erreichbarkeit auch künftig entscheidend.
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Neben der guten Erschliessung zu den Zentren nennt Kuster einen weiteren wichtigen Faktor: Von jedem Punkt aus sei man in einer Viertelstunde im Grünen.
Das teste ich aus und begebe mich an einem Samstagnachmittag durch ein Villenviertel auf den «Grüezi-Weg», von dem mir der Gemeindeammann am Telefon vorschwärmte und wo sich an schönen Sonntagen tout Wettingen treffe.
Die Mooshaldenstrasse schlängelt sich mitten durch den Rebberg. Tatsächlich grüssen die Passanten, was unten an der Landstrasse freilich niemand tut. Aber hier oben, wo etwa traditionelle Rebsorten wie Pinot noir, Pinot gris oder Riesling angebaut werden, breitet sich unter der heissen Sonne und dem Zirpen der Grillen unweigerlich ein mediterranes Gefühl aus.
Pure Entschleunigung mit Blick aufs pulsierende Limmattal. Beim Hofladen hat es sich am Tisch unter dem Sonnenschirm ein Paar gemütlich gemacht und gönnt sich ein Einerli Weissen; ein Spaziergänger gesellt sich hinzu, 7000 Schritte mache er hier oben täglich. Dann spricht man über den hiesigen Weinbau und die Wohnungspreise, die in den letzten Jahren stark angezogen haben.
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Unten an der Landstrasse – man erreicht sie tatsächlich in einer Viertelstunde – ist es vorbei mit der Idylle. Aus deutschen Oberklassewagen schallt Hip-Hop, Shisha-Geruch hängt in der Luft, die Strasse wirkt angenehm multikulturell. Fun Fact: Es ist wohl der einzige Ort landesweit, wo sich ein Denner nicht im Migros-Gebäude befindet, sondern bei der Erzrivalin Coop.
Hier gibt es auch sonst allerlei zu entdecken: Chocolatier, Spielwarenläden, Schuhgeschäft, Spirituosenläden, Thaimassage-Salon, aber auch Kurioses, ein Laden etwa mit einer gigantischen Auswahl an Pokalen, wobei doch die sportlichen Erfolge Wettingens eher in der Vergangenheit liegen, oder ein aus der Zeit gefallenes Geschäft für Weltempfänger und Funktechnik.
Und ob das Restaurant Winkelried mit Kegelbahn in der Gegenwart überhaupt noch ausschenkt, lässt sich von aussen nicht so recht ausmachen – der ausgehängte Menüplan mit Rösti und Spiegeleiern für 13.50 Franken oder Wurstsalat mit Pommes für 15.50 Franken ist gründlich verblichen.
Immobilienexperte Patrick Schnorf erläutert, wie sich eine Stadt im Ranking verbessern kann und welche Regionen in der Schweiz am lebenswertesten sind. Weiterlesen.
ZVGImmobilienexperte Patrick Schnorf erläutert, wie sich eine Stadt im Ranking verbessern kann und welche Regionen in der Schweiz am lebenswertesten sind. Weiterlesen.
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Schliesslich gönne ich mir im Restaurant Grenzstein eine Glace und einen Kafi und bekomme vorab ein Amuse-Bouche serviert, etwas mit Hackfleisch, schmeckt gut. Ich treffe hier einen Bekannten, der direkt an der Grenze wohnt. Früher sei mehr los gewesen in Wettingen, erzählt er, jedenfalls was Ausgehlokale anbelange.
Wer heute in Bars oder Clubs will, gehe rüber nach Baden. Und das tun wir dann auch. Bald überqueren wir die Brücke, die Sonne senkt sich über der Altstadt, Frühsommerwind, Postkartenidylle. Man wähnt sich fast in einer französischen Kleinstadt, was natürlich nichts damit zu tun hat, dass Baden während Napoleons Besetzung einst Tausende französische Soldaten beherbergte und in der Zeit der Helvetik die Hauptstadt des Kantons Baden bildete.
Aus den Boxen der Bar dröhnt Latinomusik, es gibt Tapas und Drinks mit Namen wie Screaming Orgasm, das Publikum hat etwas vom Casting einer «Bachelor»-Staffel, zumindest stelle ich es mir so vor. Die Stimmung ist gut. Er gehe kaum nach Zürich in den Ausgang, sagt einer der Gäste.
Baden biete genug. Doch um Mitternacht ist Schluss mit lustig. Die Lounge draussen muss schliessen, Drinks gibt es nur noch drinnen. Wer bis weit in die Nacht unterwegs sein will, landet irgendwann im Casino. Dort kann man auch um drei Uhr morgens noch etwas speisen.
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Ein Tag davor, rund 60 Kilometer östlich: Frauenfeld, bekannt vom Open Air oder vom Militär, wirkt grau und erweist sich dann als Perle. Die Thurgauer Kantonshauptstadt ist mit einem Plus von drei Rängen in die Top 25 aufgestiegen. Doch bevor wir tiefer in die Stadt mit mehr als 25'000 Einwohnern eintauchen, wollen wir uns den Absteigern des Rankings widmen. Am meisten verloren haben Delé-mont (–7), Neuchâtel (–9) und Sarnen (–10).
Den negativen Spitzenwert erzielt dieses Jahr jedoch Bassersdorf (–11). Eigentlich eine beliebte Gegend, nahe dem Flughafen und den Städten Winterthur und Zürich. Was läuft schief? Als ich kurz vor dem Termin auf das Gemeindehaus zugehe, kommt mir die abtretende Gemeindepräsidentin Doris Meier-Kobler bereits entgegen.
Am Freitag sei der Schalter geschlossen, sagt sie. Wir gehen ins Gemeinderatszimmer, ein eigenes Büro im ohnehin schon gut belegten Gemeindehaus brauche sie nicht.
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Wieso gerade «Basi» – wie Einheimische sagen – schlecht abgeschnitten habe, kann mir Meier-Kobler nicht wirklich erklären. Schnorf von Wüest Partner sagt: «Der Abstieg liegt nicht unbedingt daran, dass sich Bassersdorf verschlechtert hätte. «Aber im Vergleich zu anderen Städten hat es sich nicht so schnell entwickelt, etwa was Bildung und Kultur betrifft.» Positiv ausgedrückt: Der Ort ist Opfer seines eigenen Erfolgs. Doch so ergeht es auch anderen Absteigern.
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Laut Meier-Kobler gab es in den letzten Jahren einen massiven Bevölkerungsboom. Die Gemeinde hat ihre Einwohnerzahl innerhalb von zwanzig Jahren auf 12'000 Personen verdoppelt. «Unter manchen Einwohnern spürt man eine gewisse Wachstumsmüdigkeit», sagt sie.
Jene Gruppe wird wohl enttäuscht. Denn Bassersdorf dürfte weiter zulegen. Gemäss Kanton Zürich, der eigentlich primär nach innen verdichten will, darf die Gemeinde beim Bahnhof ihr Siedlungsgebiet erweitern. In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren könnten so bis zu 1800 neue Einwohner dazukommen.
Schon jetzt wird das ehemalige Dorf immer urbaner. Das zeigt sich etwa im Zentrum: Einst ein schlichter Kiesplatz, gruppieren sich heute Coop, Migros und ein Café um ein grosses Wasserspiel in der Mitte. Ein anderes Problem: Bassersdorf ist zwar gut gelegen, ist deshalb aber auch vom Verkehr geplagt. Bereits am späten Nachmittag verdichtet sich die Autokolonne durchs Zentrum.
Der Verkehr ist denn auch bei einem Aufsteiger wie Frauenfeld ein Thema. Die Thurgauer scheinen es besonders eilig zu haben. Nirgendwo in der Schweiz habe ich jemals schnellere Autofahrer erlebt, man muss schon sehr achtsam die Strasse überqueren.
Dem Auto wird hier, so scheint es, noch ein grösserer Stellenwert zugeschrieben. Man kann problemlos in die Altstadt hineinfahren, und es gibt in den Gassen sogar Parkplätze! Ein wohltuender Kontrast zur Grossstadt, die am liebsten jegliche Kraftfahrzeuge aus ihrem Inneren verbannt sähe.
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25. FRAUENFELD Mit einem Plus von drei Rängen steigt der Thurgauer Kantonshauptort in die Top 25 auf. Auch wenn hier nicht so viel läuft wie in den umliegenden Städten Winterthur, Zürich und Konstanz, wissen sich die jungen Frauenfelder zu helfen und bauen etwa einen alten Linienbus zur Bar um.
25. FRAUENFELD Mit einem Plus von drei Rängen steigt der Thurgauer Kantonshauptort in die Top 25 auf. Auch wenn hier nicht so viel läuft wie in den umliegenden Städten Winterthur, Zürich und Konstanz, wissen sich die jungen Frauenfelder zu helfen und bauen etwa einen alten Linienbus zur Bar um.
Meine Erkundung beginnt jedoch etwas ausserhalb, beim Murg-Auen-Park. Ein Teil des Militärgeländes wurde 2016 in eine Auenlandschaft umgebaut, ein Jahr später gewann der Park sogar einen wichtigen Gartenpreis, wie mir der Stadtpräsident am Telefon erzählte.
Nur: Ein Spaziergang ist womöglich nicht ohne Risiko. Ausserhalb mahnt ein Plakat der Schweizer Armee, etwaige Blindgänger nicht zu berühren. Und kaum habe ich ein Holzbrücklein überschritten und den Park betreten, giesst es vom Himmel.
Ich erinnere mich nun an das Schild am Eingang: «Parkbenutzung erfolgt auf eigene Gefahr.» Der Pegel der Murg könne bei Niederschlägen in kurzer Zeit stark ansteigen. Beruhigend wirkt da die ältere Dame, die im Regen mantel seelenruhig ihren Pudel Gassi führt. Hier liesse es sich bei Sonnenschein herrlich picknicken, denke ich, und lasse den durchaus idyllischen Park hinter mir in Richtung Altstadt.
««Der Reiz von Frauenfeld: Es hat eine urbane Entwicklung, ist aber auch ländlich geprägt.» »
Anders Stokholm, Frauenfeld
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Stadtpräsident Anders Stokholm sieht grosses Potenzial für Frauenfeld, jenen Ort im Dreieck Winterthur–St. Gallen–Konstanz. In einem Jahr wird über die Zukunft der alten Kaserne im Stadtzentrum abgestimmt. Mit einer Umnutzung könnte hier ein moderner Mix aus Gewerbe, Dienstleistungen, Gastro und Kultur entstehen.
Derzeit sind beim Bahnhof Mehrfamilienhäuser mit besten Verbindungen in die umliegenden Grossstädte im Bau. «Frauenfeld hat eine urbane Entwicklung, ist aber doch auch ländlich geprägt. Das macht den Reiz aus», sagt Stokholm auf die Frage, worin er die Vorzüge der Stadt sehe. In der Altstadt habe es viele heimelige Ecken, ihm gefalle die Mischung aus Barock und Mittelalter.
Im Museum für Archäologie erfahre ich dann einiges über den Wirtschaftsraum Bodensee im Mittelalter. So habe etwa die Herstellung von Leinenstoff die Zusammenarbeit von Stadt und Land gefördert, wie bei den Exponaten zu lesen ist.
Bauern lieferten Rohstoffe, in der Stadt wurden sie verarbeitet, und das wirkte sich wiederum auf den Finanzsektor aus, weil sich dank den Exporten schon im 12. Jahrhundert ein einheitlicher Währungsraum bildete zwischen Donau, Thur und Iller.
Inzwischen hat der Regen aufgehört, die Sonne bricht zaghaft durch. Die Geschäfte in der Altstadt haben sich eine auffallende Bodenständigkeit bewahrt: Haare schneidet man beim Coiffeur Bea, Kleider kauft man beim Fashion Corner und Uhren beim Schmuckhändler Saphir.
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Wer nach einem speziellen Mitbringsel sucht, wird beim Holzwurm fündig. Walter Zimmermann, den viele nur als Holzwurm kennen, betreibt hier seit mehr als einer Dekade ein Schnitzatelier und verarbeitet Linden- und Arvenhölzer zu Engeln, Adlern oder weiblichen Silhouetten. Ihm gefalle, dass man sich hier noch grüsse.
Die Frauenfelder scheinen es mit besonderen Namen zu haben. Unweit vom Holzwurm, am Rand der Altstadt, betreibt nämlich der «Käptn» eine hippe Bar, die man so auch im Zürcher Kreis 4 finden könnte. Der Betreiber Julien Honegger, von vielen nur «Käptn» genannt, lebte auch schon in Zürich und Baden, kehrte aber zurück nach Frauenfeld, weil er das Lokal übernehmen konnte. Und weil er etwas für die hiesige Ausgehkultur aufbauen wollte.
Das ausführliche Städte-Ranking 2022 gibt es hier.
Ambitionierte Frauenfelder wissen sich zu helfen, wenn eben sonst nicht so viel los ist. Vor drei Jahren haben sich deshalb gut zwei Dutzend junge Leute zusammengetan und den Verein Fründeskreis gebildet. Aus dem Wallis besorgten sie sich einen alten Linienbus und bauten ihn um in eine Bar.
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Nun steht dieser im Sommer im Unteren Mätteli. Es läuft ein Schweizer Rapsong, ein paar junge Leute spielen Rundlauf. Man treffe sich hier aber auch zu Kleinkunst-Events oder gönne sich am Feierabend Drinks, Bier oder «Chrüseliwasser», wird mir gesagt.
Doch Frauenfeld kann durchaus auch kulinarisch aufwarten. Stadtpräsident Stokholm hat mir etwa das Restaurant Il Tiramisù empfohlen. Es liegt direkt am Fluss. Begrüsst wird man mit einem kräftigen «Buona sera», es läuft gedämpfter Jazz, serviert werden italienische Gerichte, aber keine Pizza.
Dafür stehen die besten Grissini überhaupt auf dem Tisch, natürlich hausgemacht, wie praktisch alle Speisen, versichert mir die Kellnerin. Enzo Zuccherino eröffnete das Restaurant zusammen mit seiner Frau im Februar, davor hatte er lange ein Restaurant im Vorort Islikon betrieben.
«Ich koche nicht für Sterne und Punkte. Sondern aus purer Freude an frischen Gerichten», sagt er und rührt dabei in der offenen Küche die famos schmeckenden Gnocchi. Und ja, auch das Tiramisù ist sehr passabel.
Als ich das Lokal verlasse, sind sämtliche Wolken gewichen. Die Abendsonne verleiht den Gassen und Häusern eine goldene Patina. Beim Bahnhof herrscht inzwischen ziemlich Betrieb, draussen beim Bahnhofbuffet oder dem Burgerladen gönnt man sich einen Znacht.
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Junge Leute versammeln sich, den Abend erwartend, vielleicht auf dem Weg nach Zürich, vielleicht kamen einige auch gerade an. Denn so viel steht fest: Wer die grosse Welt gesehen hat, kann in den kleinen Städten durchaus einiges entdecken.
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