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Fussball

Das Machtnetz um UEFA-Präsident Čeferin

Der UEFA-Präsident, Aleksander Čeferin, arbeitet bislang eher unauffällig. Der Kampf um die Super League bringt ihn nun ins Rampenlicht.

Marc Kowalsky

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

UEFA-Präsident Aleksander Čeferin hat die Champions-League reformiert. 

AFP

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Im Juni beginnt die Fussball-Europameisterschaft, und sie heisst trotz Verschiebung offiziell noch immer Euro 2020. Es wird der grosse Auftritt von UEFA-Präsident Aleksander Čeferin (53), der dem europäischen Fussballverband mit Sitz in Nyon seit fünf Jahren vorsteht.

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Wobei der Inhaber einer Strafrechtskanzlei mit über 50 Anwälten in seiner slowenischen Heimat Ljubljana wohnt und nur zu den Sitzungen per Flugzeug bzw. – seit Beginn der Pandemie – mit dem Auto jeweils für ein paar Tage anreist.

Bereits im April hatte er einen grossen Auftritt, als er die Pläne zwölf europäischer Clubs und der Bank J.P. Morgan zu Fall brachte, mit der Super League einen privaten Wettbewerb aufzuziehen in Konkurrenz zur Champions League – der Cashcow der UEFA.

Die hat Čeferin soeben reformiert: Ab 2024 wird sie 36 statt 32  Teams und 225 statt 125 Spiele umfassen. Mit der Conference League hat er zudem einen dritten Wettbewerb geschaffen, der sich vornehmlich an die Vereine kleinerer Fussballnationen wie der Schweiz richtet.
 

Unter Čeferin bleibt die UEFA weitestgehend skandalfrei. Damit in Nyon keine Zustände wie am Zürichberg entstehen, hat der Slowene sogar eine Beschränkung auf drei Amtszeiten eingeführt. «Ich will da nicht bleiben, bis ich 64 Jahre alt bin», sagt er.

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Die Familie

Čeferins Mutter Ana ist Akademikerin, Vater Peter erfolgreicher Anwalt, ebenso wie Bruder Rok. Der UEFA-Präsident ist mit der Fotografin Barbara (52) verheiratet, die in Ljubljana eine Fotogalerie führt. Die beiden haben drei Töchter: Nina (28), Neza (19) und Anait (16).

UEFA Präsident Aleksander Ceferin, Ehefrau Barbara und Tochter

UEFA-Präsident Aleksander Čeferin, Ehefrau Barbara und Tochter

imago images / Mandoga Media
UEFA Präsident Aleksander Ceferin, Ehefrau Barbara und Tochter

UEFA-Präsident Aleksander Čeferin, Ehefrau Barbara und Tochter

imago images / Mandoga Media

Aleksander spielte selber Fussball (zentrales Mittelfeld) sowie Futsal und hat den schwarzen Gürtel in Karate. «Ich mag keine Partys und belebten Orte», sagt er: Deshalb durchquerte er viermal im Auto und einmal auf dem Motorrad die Sahara und hat ein Wochenendhaus im Krokar-Urwald, 15 Kilometer vom nächsten Nachbarn entfernt.

Die Gegner

Anders als bei seinen Vorgängern und seinen Pendants bei der FIFA sind die Amtsführung und die Integrität Čeferins kaum bestritten. Entsprechend wenig erkennbare Gegner hat er. Bei der Wahl zum UEFA-Präsidenten 2016 schlug er den holländischen Gegenkandidaten Michael von Praag deutlich mit 42:13. Obwohl ihm eine Einmischung nicht zusteht, soll auch FIFA-Präsident Gianni Infantino Čeferin unterstützt haben – vermutlich unterschätzte er den Gestaltungswillen des plötzlich nach oben gespülten Slowenen.

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Durch seine Wahl wurde Čeferin automatisch auch FIFA-Vizepräsident, seither hat sich das Verhältnis zwischen den beiden massiv verschlechtert: Streit gab es etwa wegen Infantinos Plänen, die Club-WM auf 24 Mannschaften auszubauen und eine Nations League einzuführen. Als «höchst zynisch» und «skrupellos merkantilistisch» verurteilte Čeferin die Projekte.

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Laut Presseberichten war Infantino seit Langem auch in das Projekt der privaten Super League eingebunden und tolerierte es, weil die teilnehmenden Clubs an die FIFA-Club-WM angebunden werden sollten und zudem Milliardenzahlungen der Organisatoren an die FIFA im Raum gestanden haben sollen. Er distanzierte sich davon erst auf massiven Druck von Čeferin relativ spät im Konflikt.

Die Karriere

Čeferin wollte eigentlich Seemann werden, studierte dann aber Rechtswissenschaften in Ljubljana und arbeitete danach in der Anwaltskanzlei seines Vaters, deren Leitung er später übernahm. Er vertrat hauptsächlich Sportler und Sportvereine – sein Eintritt in die Fussballwelt. 2011 wurde er Präsident des Slowenischen Fussballverbandes.

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Ungereimtheiten in seinem Lebenslauf liessen jedoch Zweifel daran aufkommen, dass er dazu überhaupt berechtigt war. Zusätzlich wurde er zweiter bzw. dritter Vize-Vorsitzender der UEFA-Kommission für Rechtsfragen – eine Nebenrolle.

GIANNI INFANTINO

Laut Medienberichten war Gianni Infantino auch in das Projekt der privaten Super League eingebunden und tolerierte es.

Keystone
GIANNI INFANTINO

Laut Medienberichten war Gianni Infantino auch in das Projekt der privaten Super League eingebunden und tolerierte es.

Keystone

Als UEFA-Präsident Michel Platini wegen Bestechung von der FIFA-Kommission gesperrt wurde und darauf im Mai 2016 auch seinen Rücktritt aus der UEFA ankündigte, war ein unbelasteter Kandidat gefragt: Kjetil Siem, Generalsekretär des Norwegischen Fussballverbandes und späterer FIFA-Funktionär, organisierte Čeferin den Support der skandinavischen Staaten sowie Russlands.

Mitentscheidend für Čeferins Wahl war die Unterstützung durch seinen Freund Reinhard Grindel, damals Präsident des mächtigen Deutschen Fussball-Bundes (DFB). Wie der Schweizer Fussballverband unter Peter Gilliéron in der geheimen Wahl votierte, ist nicht bekannt. 2019 wurde Čeferin per Akklamation im Amt bestätigt und galt hinter Melania Trump als zweitmächtigste Person aus Slowenien. Sein Amt soll mit jährlich 2,2 Millionen Euro dotiert sein.

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Die Club-Front

Als zwölf europäische Top-Clubs Mitte April mit der Super League ihren eigenen Wettbewerb in Konkurrenz zur Champions League gründen wollten, war Čeferin Anführer des Widerstandes .«Es geht um Gier, Eigennutz und Narzissmus einiger Personen.

Wir sind alle vereint gegen dieses Nonsens-Projekt», wetterte er und drohte den Clubs und deren Spielern mit dem Ausschluss aus sämtlichen Wettbewerben. Weil auch Politiker und vor allem die Fans rebellierten, fiel das Projekt in Rekordzeit in sich zusammen, Čeferin reichte die Hand zur Versöhnung.

 

Die Club-Front um den UEFA-Präsidenten

Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München
Andrea Agnelli, Präsident Juventus Turin
Joan Laporta, Präsident FC Barcelona
Florentino Perez, Präsident von Real Madrid
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Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München

Keystone

Zerschnitten scheint das Tuch jedoch mit jenen Präsidenten, die sich nicht entschuldigen wollen: Florentino Pérez von Real Madrid und Joan Laporta vom FC Barcelona. Und vor allem mit Andrea Agnelli, Präsident von Juventus Turin und Treiber hinter dem Projekt: «Er ist die grösste Enttäuschung von allen. Ich habe noch nie eine Person getroffen, die so viel gelogen hat», so Čeferin. Dabei ist er der Patenonkel von Agnellis Tochter Baya.

Von vornherein auf seiner Seite standen Herbert Hainer, Präsident des letztjährigen Champions-League-Siegers Bayern München, Nasser Al-Khelaifi, Chef des Finalisten PSG und der mächtigen European Club Association, und Borussia-Dortmund-Präsident Hans-Joachim Watzke.

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Die Verbündeten

Wichtigster Verbündeter bei der UEFA ist Theodore Theodoridis, der als Generalsekretär das Tagesgeschäft verantwortet, bei der FIFA sein Landsmann und enger Freund Tomaž Vesel, Vorsitzender der Audit- und Compliance-Kommission.

Wichtigster Sponsor ist der russische Energiekonzern Gazprom unter Alexei Borissowitsch Miller, grösster Schweizer Geldgeber ist Hublot unter CEO Ricardo Guadalupe. Für die kommende Europameisterschaft hat sich Čeferin die Dienste von «Mr. Corona» Daniel Koch als Covid-19-Berater gesichert.

Der Wettbewerb ist auf elf Länder verteilt. Bei der Euro 2024 in Deutschland wird sein erster Ansprechpartner dann Cheforganisator Philipp Lahm sein, Weltmeister von 2014. Das Verhältnis mit SFV-Präsident Dominic Blanc ist laut dessen Sprecher «institutionell, offen, höflich und respektvoll».

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