Guten Tag,
Schweizer und baltische Kreditplattformen locken mit hohen Renditen. Durch Corona steigen jedoch die Risiken.
Geldfluss: Via Crowdlending-Plattformen fliesst das Geld von den Anlegern zu den Kreditnehmern. Weil Banken leer ausgehen, profitieren alle Teilnehmer.
Regina Vetter für BILANZWerbung
Mit den Investoren kommuniziert Florian Kübler zeitgemäss per Blog. Seit April klärt der Chef des auf Crowdlending spezialisierten Fintech-Unternehmens Lend in einem neuen Beitrag auf, wie es um die Zahlungsmoral der Kreditnehmer steht.
Angesichts der Corona-Krise ist die Crowd, die über Plattformen Kredite an Privatpersonen und kleine Firmen vergibt, etwas beunruhigt. Die Angst vor Kreditausfällen steigt. Die bisher recht ansehnlichen Renditen scheinen plötzlich in Gefahr.
Selbst den Kredithai zu spielen, Geld zu verleihen und dabei saftige Zinsen einzufahren, ist seit einigen Jahren mittels sogenannter Crowdlending-Plattformen möglich. Bereits elf solcher Plattformen gibt es alleine in der Schweiz.
Cashare, Lend und CreditGate24 vergeben Kredite an Private und Unternehmen und zählen zu den bekanntesten. Im Ausland ist Crowdlending als P2P-Lending oder Marketplace-Lending bekannt und zunehmend verbreitet. International können Schweizer Anleger vor allem über die marktführenden baltischen Plattformen wie Mintos oder Bondora Kredite vergeben.
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Michael Borter, CEO Cashare.
Regina Vetter für BILANZMichael Borter, CEO Cashare.
Regina Vetter für BILANZwww.cashare.ch
Gründung: 2008
Ort: Hünenberg
Kreditmarkt: Privat-, KMU-, Immobilienkredite in der Schweiz Ratings: A bis C
Geschätzte Rendite: 6,48% (Privatkredite-Rating A bis C)
Jährliche Ausfallrate: Rund 1%
Absicherung: Ratenausfallversicherung optional Gebühren: 0,75% p.a. auf dem ausstehenden Betrag für den Investor
Bereits finanzierte Projekte: Mehr als 2500 Ausstehende
Kredite: 79 Mio. Fr.
Ausbezahlte Kredite: 100 Mio. Fr.
Laufzeit: KMU- und Privatkredite bis zu 5 Jahre Mindestanlage je Kredit: 100 Fr. Privatkredit, 1000 Fr. KMU-Darlehen
Autoinvest: Ja
Sekundärmarkt: Ja
Beschreibung: Als ältester Anbieter auf dem Schweizer Markt schon in der Finanzkrise aktiv und damit krisenerprobt. Plattform für alternative Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten über die Crowd für Private und KMUs.
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Durch die Covid-19-Krise kommt auf die junge Branche und ihre Anleger die erste grosse Bewährungsprobe zu. Rund um den Globus brachen im Lockdown die Wachstumsraten ein, während die Arbeitslosenraten in die Höhe schossen. In diesem Umfeld ist das Risiko für Kreditausfälle deutlich gestiegen. Schuldner, die keinen Lohn mehr erhalten, oder Firmen, die pleitegehen, zahlen ihre Kredite, wenn überhaupt, nur verzögert zurück.
Staatliche Stützungsmassnahmen fingen in Ländern, die sich diese leisten konnten, viel auf, währen aber nicht ewig. «Wenn die Hilfsprogramme in den nächsten sechs bis zwölf Monaten auslaufen, werden Pleiten zum Thema. Menschen verlieren ihre Jobs, es ist unvermeidlich, dass die Kreditausfälle steigen», sagt Martins Sulte, CEO und Gründer des europäischen Crowdlending-Marktführers Mintos.
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In der Schweiz scheint noch alles ruhig. «Bisher hatten wir keinen einzigen Kreditnehmer, der wegen der Corona-Krise Probleme macht. Die verspäteten Zahler sind alte Bekannte», sagt Lend-Mitgründer Kübler. Das Unternehmen vergibt Kredite an Private und KMUs. Im vergangenen Jahr hat Lend den Rivalen Lendico gekauft. Sorglos ist man bei Lend trotz der Ruhe nicht. Im März wurde die Kreditprüfung verschärft.
Crowdlending-Investoren, welche in Schweizer Kredite investieren, sind vergleichsweise gut geschützt. «Bei uns bedeutet eine höhere Arbeitslosigkeit nicht unbedingt steigende Kreditausfälle», sagt Kübler. Ein Grund dafür ist die Ratenausfallversicherung. Die springt bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit ein. Die Versicherung ist nicht obligatorisch, wird aber von zwei Dritteln der Schuldner abgeschlossen, da sich die Zinskonditionen dadurch verbessern.
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Risikolos ist die Anlageklasse trotz Versicherung nicht. «Setzt sich einer ins Ausland ab oder wird wegen grober Verstösse entlassen, ist die Rückzahlung durch die Versicherung nicht gedeckt. Aber das sind Einzelfälle», sagt Kübler. Lend hat seit Januar 2016 mehr als 2500 Kredite ausbezahlt, bei nur zwei Dutzend habe es bei den Rückzahlungen Probleme gegeben.
Neuer Markt: Crowdlending hat sich in den vergangenen vier Jahren in der Schweiz als Anlageklasse verbreitet. KMUs und Immobilien-Finanzierungen bringen Volumen
Hochschule LuzernNeuer Markt: Crowdlending hat sich in den vergangenen vier Jahren in der Schweiz als Anlageklasse verbreitet. KMUs und Immobilien-Finanzierungen bringen Volumen
Hochschule LuzernAuch dafür gibt es Schweiz-spezifische Gründe. Das Betreibungs- und Inkassowesen ist wesentlich gläubigerfreundlicher als etwa in Deutschland. Kreditschulden verjähren hierzulande so gut wie nie. Einträge ins Betreibungsregister stehen etwa einem Mietvertrag im Weg. «Das Leben ist in der Schweiz nicht lustig, wenn man einen Schuldschein offen hat», sagt Kübler.
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Im Bereich des Business-Lendings, also der Kredite an kleine und mittelgrosse Unternehmen, die KMUs, ist die Lage anders. Ratenausfallversicherungen gibt es nicht. Verlustscheine nützen nichts. Forderungen richten sich gegen die Firma. Geht ein Unternehmen pleite, hat der Gründer auch seinen Job verloren. Bis ein neuer gefunden ist und die Raten wieder bezahlt werden, dauert es länger. Aufgefangen werden die Risiken mit Solidarbürgschaften der Unternehmer und belehnten Immobilien.
Cashare-Chef Michael Borter rechnet damit, dass die Zahlungsschwierigkeiten bei den KMUs «ein wenig anziehen». Cashare war als einziger Schweizer Crowdlender schon in der Finanzkrise aktiv und ist daher der Anbieter mit der grössten Krisenerfahrung. Borter geht nicht von grossen Fallzahlen aus. Nur rund zehn Firmen hätten bisher eine Kreditstundung beantragt und erhalten. Etwa eine Kurklinik im Tessin, der die ganze Kundschaft weggebrochen sei. «Da kam niemand mehr», sagt Borter. Verloren ist bei einer Stundung nichts. Der Kredit verlängert sich um die pausierte Zeit. Zinsen werden in Rechnung gestellt. Durch die laut Borter «konkurrenzlosen» Hilfskredite des Bundes, die ohne grosse Formalitäten für fünf Jahre vergeben wurden und mit null Prozent verzinst sind, sei die Nachfrage nach KMU-Krediten bei den Plattformen ohnehin eingebrochen. Doch langsam komme das Geschäft zurück.
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Martins Sulte, CEO Mintos.
Regina Vetter für BILANZMartins Sulte, CEO Mintos.
Regina Vetter für BILANZwww.mintos.com/de
Gründung: 2015
Ort: Riga, Lettland
Kreditmärkte: Sämtliche, vor allem Verbraucher- und kurzfristige Kredite in 33 Ländern
Ratings: A bis D
Geschätzte Rendite: 12,74% aktueller durchschnittlicher Zinssatz (Privatkredite-Rating A bis D)
Ausfallrate: Anbahner bieten Rückkaufgarantie; gehen sie pleite, ist diese nichts wert
Gebühren: 0% für den Investor, Gebühren beim Währungstausch und am Sekundärmarkt
Ausstehende Kredite: 450 Mio. €
Ausbezahlte Kredite: 5357 Mio. €
User: Über 312 000, rund 6700 in der Schweiz
Mindestanlage je Kredit: 10 € Autoinvest: Ja, ab 10 €
Sekundärmarkt: Ja
Absicherung: Rückkaufgarantie
Beschreibung: Die mit Abstand grösste Crowdlending-Plattform Europas. Mintos vergibt die Kredite nicht selbst. 70 Kreditunternehmen aus 33 Ländern, die sogenannten Anbahner, platzieren auf der Plattform ihre Kredite.
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Über alle Kreditbereiche hinweg rechnet der Cashare-Chef mit einer gewissen Zunahme der Kreditausfälle. «Wichtig ist, dass die Kreditvergabe schon vor der Krise sauber durchgeführt wurde und man keine Schönwetterbewertung gemacht hat», sagt Borter. Bei Cashare werden nur Angebote mit Ratings bis zu C auf die Plattform gestellt, Lend geht bis D1. Bei beiden werden 80 bis 90 Prozent aller Anträge abgelehnt. Gute Ratings dominieren. Bei Lend machen die Kredite mit Ratings A+, A und B mehr als die Hälfte aus. Dort gibt es so gut wie keine Ausfälle. Vom gesamten Lend-Portfolio sind 1,6 Prozent aller Kredite uneinbringlich.
Bei den baltischen Plattformen machen schlechtere Ratings einen grösseren Anteil aus. Bei Bondora sind besonders viele HilfsKredite mit C, D, E und F bewertet. Bei Krediten mit E-Rating rechnet die Plattform mit Ausfällen von 13 bis 18 Prozent, bei den F-Ratings sogar mit bis zu 25 Prozent. Anders als die Schweizer Anbieter wirbt die baltische Plattform Mintos mit einer Rückkaufgarantie. Falls ein Darlehen mehr als 60 Tage in Verzug ist, kauft der Darlehensanbahner den Kredit zurück. Neben dem ausstehenden Hauptbetrag werden auch die aufgelaufenen Zinsen bezahlt. Im Geschäftsmodell von Mintos sind die Anbahner ein zentrales Element. Das Fintech vergibt selbst keine Kredite. Es sind diese Partner, die ihre Kreditportfolios auf der Mintos-Plattform anbieten. Aktuell sind es 70 Anbahner, die in 33 Ländern Kredite vergeben. Das Problem liegt bei der Garantie. Die taugt nur etwas, solange der Darlehensanbahner solvent ist. Ist er pleite, ist die Garantie wertlos.
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Grundsätzlich ist die Forderung auch bei einer Pleite des Anbahners nicht verfallen. Als Privatanleger eine solche auf eigene Faust etwa in Vietnam einzuholen, ist wohl keine Option. Laut Mintos-Chef Martins Sulte würde sich sein Unternehmen um die Eintreibung kümmern. «Auf dem Papier sieht es gut aus. Im echten Leben ist es aber eine Herausforderung», sagt Sulte. Bisher gab es von den 70 Anbahnern eine Pleite. Insgesamt gebe es bis zu 10 Anbahner, die Probleme machen könnten. Zuletzt gerieten ein polnischer und ein kasachischer Anbahner in Schieflage.
Mintos versucht, über die Plattform nicht nur besonders solide Kredite zu vermitteln, sondern eine breite Palette an Risiken. Aufgabe sei es, für ein faires Pricing zu sorgen. «Jeder Kredit kann auf unserer Plattform platziert werden. Unser Job ist es, darauf zu achten, dass die Rendite zum Risiko passt», sagt Sulte. Zuletzt sei die Nachfrage nach risikoärmeren Krediten mit niedrigeren Renditen durch die Krise etwas gestiegen.
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Während die Risiken beim Crowdlending steigen, erhöht sich durch die Covid-19-Krise die Attraktivität dieser Anlage. Die Zinsen sind nun auf Jahre am Boden festgenagelt. Die Schuldenberge und die angeschlagene Konjunktur lassen keine höheren Zinsen zu. Thomas Stucki, CIO der SGKB, rechnet in der Eurozone und der Schweiz frühestens 2022 mit steigenden Zinsen. Für Schweizer Anleger gibt es bei Sparkonten oder Bundesanleihen auf Jahre hinaus nichts zu holen. Die Renditen der Crowdlending-Plattformen sehen in so einem Umfeld besonders attraktiv aus.
«Crowdlending ist nicht risikolos, aber es lohnt sich», sagt Michel Lalive d’Epinay, Mitgründer von Lend. Auf der Website wirbt sein Unternehmen mit einem Nominalzins von 5,91 Prozent. Bei den Krediten auf der Plattform reicht das Spektrum aktuell von 3,07 bis 7,58 Prozent. Mehr als 7 Prozent zahlt ein 29-jähriger, kinderloser Barkeeper mit einem C-Rating, der sich 47 000 Franken für 72 Monate ausleihen will. Schuldner mit einem A-Rating bezahlen immerhin 4 Prozent.
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Bei Cashare haben Anleger über alle Ratings und Laufzeiten hinweg eine Rendite nach Gebühren und Defaults von 5,5 bis 6,5 Prozent generiert. Bei CreditGate24 liegt sie bei 6 Prozent.
Deutlich über 10 Prozent Rendite holten Anleger zumindest in der Vergangenheit auf den baltischen Plattformen ein. Mintos wirbt auf der Website mit einer aktuellen durchschnittlichen jährlichen Rendite von 12,8 Prozent. Über die estnische Plattform EstateGuru wurden in Estland, Lettland, Litauen, Spanien und Finnland 1600 Immo-Darlehen vergeben und eigenen Angaben zufolge von Investoren aus 109 Ländern Renditen von 12 Prozent erzielt.
Florian Kübler, CEO Lend.
Regina Vetter für BILANZFlorian Kübler, CEO Lend.
Regina Vetter für BILANZWerbung
www.lend.ch
Gründung: 2016
Ort: Zürich
Kreditmarkt: Privat-, KMU-Kredite in der Schweiz
Ratings: A+ bis D1
Geschätzte Rendite: 5,91 % Nominalzins
Jährliche Ausfallrate: 0,5–1% Gebühren: 1% für den Investor
Ausstehende Kredite: 56 Mio. Fr.
Ausbezahlte Kredite: 103 Mio. Fr.
Finanzierte Projekte: 2500 User: 35 000
Laufzeit: Bis zu 72 Monate
Mindestanlage je Kredit: 1000 Fr.
Autoinvest: Ab einem Anlagebetrag von 40 000 Fr. RoboInvest Sekundärmarkt: Nein
Beschreibung: Legt grossen Wert auf Transparenz. Eher konservatives Portfolio. Die hohe Mindestanlage und das Fehlen eines Sekundärmarkts stellen für kleinere Investoren eine Hürde dar.
Konnten vor wenigen Jahren nur die wenigsten Investoren mit dem Begriff Crowdlending etwas anfangen, sind die Kredite immer mehr als Anlageklasse anerkannt. Es gibt Kleinanleger, die ihr gesamtes Vermögen mit Crowdlending vermehren. China ist mit einem Kreditvolumen von 210 Milliarden Franken der mit Abstand grösste Markt. In den USA und Grossbritannien wird mit mehr als 170 Franken pro Einwohner am meisten in Kredite investiert. Die Schweiz hinkt mit 70 Franken je Einwohner hinterher. Auch das Crowdlending-Volumen ist, gemessen am 4 Milliarden grossen Konsumkreditmarkt, mit 418 Millionen Franken nach wie vor verschwindend klein.
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Beeindruckend hoch sind die Wachstumsraten. 2019 expandierte der Schweizer Crowdlending-Markt um fast 60 Prozent. Vor allem 2015 bis 2017 schossen die Anbieter wie Pilze aus dem Boden. Die Angebote haben sich mit den Jahren verbreitert. Neben Krediten an Kleinunternehmen werden über die Plattformen ohne zwischengeschaltete Bank Hypotheken an Privatpersonen vergeben. Verstärkt steigen institutionelle Anleger ein. Automatisierte Angebote verbreiten sich. Über neu geschaffene Sekundärmärkte versucht man, die in Kreditmärkten traditionell mangelhafte Liquidität zu erhöhen.
Die einzelnen Kredite für das Portfolio selbst suchen kann und muss man heutzutage jedoch meist nicht mehr. Das automatisierte Investieren verbreitet sich. Programme suchen anhand der Vorlieben des Investors zu Sicherheit, Laufzeit usw. die passenden Kredite. «Das nimmt dem Investment den manuellen Aufwand. Die meisten Privatanleger machen es automatisiert, institutionelle nur automatisiert. Da gibt es keinen Kreditmanager, der sich die Texte durchsieht», sagt Cashare-Chef Borter. Cashare hat einen Investment-Bot namens Autoinvest entwickelt. Für Borter ist der Bot eine simple, zeitsparende Möglichkeit, ein Kreditportfolio aufzubauen.
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Aufholpotenzial: Crowdlending ist in der Schweiz im Vergleich zu den USA oder Grossbritannien deutlich weniger verbreitet.
Hochschule LuzernAufholpotenzial: Crowdlending ist in der Schweiz im Vergleich zu den USA oder Grossbritannien deutlich weniger verbreitet.
Hochschule LuzernBei der estnischen Plattform Bondora heisst die Komfortlösung «Go & Grow», bei der lettischen Mintos «Invest & Access». Bei den Vollservicediensten wird nicht nur automatisch investiert, sondern auch für ständige Handelbarkeit gesorgt. Die grössere Liquidität erkauft sich der Investor mit einem Teil der Rendite. Bei Go & Grow liegt diese daher «nur» bei bis zu 6,75 Prozent, rund fünf Prozent tiefer als der Schnitt. Bei Mintos’ Invest & Access kauft der Anleger kleine Teile sehr vieler Kredite. Dort wird eine Rendite von sportlichen 10,8 Prozent in Aussicht gestellt.
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Die Illiquidität ist an den Kreditmärkten häufig ein Problem. Denn Kredite haben anders als Aktien eine Laufzeit. Bei Cashare etwa bis zu 60 Monate. Damit der vorzeitige Ausstieg möglich wird, führte Cashare vor einigen Monaten einen Sekundärmarkt ein. «Kommen plötzlich Zwillinge, kann man die Kredite über den Sekundärmarkt verkaufen», sagt Michael Borter von Cashare. Je nach Marktlage werden die Kredite mit einem Auf- oder Abschlag verkauft. Laut Borter hat der Sekundärmarkt in der Krise gut funktioniert. «Die Kredite, die auf den Markt kamen, wurden gleich absorbiert. Fantasieprämien wurden natürlich nicht bezahlt.» Auch CreditGate24 hat einen Zweitmarkt, Lend keinen.
Wer über den Zweitmarkt kauft, hat kürzere Laufzeiten und ein geringeres Risiko. Anders als bei Obligationen werden die Schulden bei Privatkrediten in der Laufzeit abbezahlt. So sind die Risiken geringer.
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Die Grundregel der Diversifikation gilt besonders im Crowdlending-Markt. Es gilt, die sprichwörtlichen Eier auf verschie dene Körbe zu verteilen. Diversifiziert werden sollte auf allen Ebenen. Innerhalb der einzelnen Crowdlending-Plattformen gilt es, in möglichst viele verschiedene Kredite zu investieren, dies vor allem bei baltischen Plattformen, wo die Ausfallsrisiken höher sind. Hier ist die Diversifikation aufgrund der niedrigen Mindestanlagebeträge je Kredit im Vergleich zu den Schweizer Anbietern deutlich einfacher möglich. Gerade für kleinere Portemonnaies sind die baltischen Plattformen beliebt. Bei Bondora reicht auch nur 1 Euro je Kredit, bei Mintos sind es 10, beim estnischen Immo-Crowdlender EstateGuru 50 Euro.
Von den Schweizer Anbietern hat Cashare mit 100 Franken je Privatkredit die tiefsten Einstiegshürden. Bei KMU-Krediten liegt die Latte bei 1000 Franken. Bei Credit-Gate24 lässt sich ab 500 Franken in ein Kreditprojekt investieren. Lend schlägt mit einer Mindestanlage von 1000 Franken pro Kredit nach oben aus. «Wir schauen, ob wir die noch verkleinern», sagt Lalive d’Epinay.
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Auf der nächsten Ebene lässt sich das Risiko weiter senken, indem das Vermögen nicht nur auf eine Plattform konzentverschieriert, sondern auf mehrere verteilt wird. Denkbar wäre etwa, lokal über Schweizer Plattformen Kredite zu vergeben und international über Mintos. Offenbar machen das auch gar nicht wenige Schweizer Investoren. Zuletzt kamen 6688 der 311 000 Mintos-Anleger aus der Schweiz. Über die Plattform haben diese knapp 200 Millionen Euro an Krediten vergeben.
Crowdlending macht wegen der Renditen durchaus Sinn, ist aber gerade durch die steigenden Ausfallrisiken nicht ohne Wagnis und sollte auf der obersten Ebene der gesamten Asset Allocation nur einen überschaubaren Teil des Portfolios ausmachen.
In Zeiten, in denen nachhaltige Anlagen boomen, könnte einem Crowdlending-Investment das Gewissen im Wege stehen. Über Mintos wird in Russland oder Kasachstan für Verbraucherkredite auf dem Primärmarkt ein Zinssatz von 21 Prozent fällig. Dort wird der Anleger dem Bild des Kredithais am ehesten gerecht.
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In der Schweiz hat der Bundesrat den Maximalzins auf 10 Prozent plus Libor gedeckelt. Während die Crowdlender weit darunter liegen, reizen die Banken das Limit laut Lend-Chef Kübler mit Zinsen von bis zu 9,95 Prozent häufig stärker aus. «Wir finden das nach wie vor unanständig hoch. Vor allem, weil Banken selbst Geld zu 0,25 Prozent Zins aufnehmen können.»
Baltische Anbieter wie Bondora locken mit höheren Renditen und tiefen Einstiegshürden. Bei Schweizer Plattformen wie CreditGate24 sind die Risiken für Zahlungsausfälle jedoch geringer. Höhere Mindestanlagen erschweren die Diversifikation.
www.bondora.com/de
Gründung: 2009 Ort: Tallinn, Estland
Kreditmärkte: Sämtliche, geografisch in Estland, Finnland und Spanien aktiv
Ratings: A bis F, Schwerpunkt C, D, E, F
Geschätzte Rendite: 48% der Investoren verdienen mehr als 9% jährlich
Ausfallrate: Durch schlechtere Ratings höher als in der Schweiz
Gebühren: 0% für den Investor, 1 € pro Transaktion für Abhebung «Go & Grow»
Ausstehende Kredite: 450 Mio. €
Ausbezahlte Kredite: 374 Mio. €
User: 127 000, 1277 in der Schweiz
Mindestanlage: 1 Euro je Kredit
Autoinvest: Ja, «Go & Grow» ab 10 Euro
Sekundärmarkt: Ja
Absicherung: Keine Rückkaufgarantie
Beschreibung: Die zweitgrösste P2PPlattform Europas. Innovativ und benutzerfreundlich. Ausgefeilte Komfortlösungen mit hoher Liquidität. Riskanter als Schweizer Anbieter.
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www.creditgate24.ch
Gründung: 2015 Ort: Zürich
Markt: Privat-, KMU-, Immobilienkredite in der Schweiz, Advanon auch Deutschland
Ratings: A bis C
Geschätzte Rendite: Durchschnittlich rund 6% netto
Jährliche Ausfallrate: 0,28% Absicherung: Kreditausfallversicherung optional (unverschuldeter Jobverlust)
Gebühren: 1% für den Investor
Ausstehende Kredite: >200 Mio. Fr.
Ausbezahlte Kredite: 610 Mio. Fr.
Finanzierte Projekte: 6550 (inkl. Advanon) User: Über 20 000
Mindestanlage je Kredit: 500 Fr.
Autoinvest: Ab einem Anlagebetrag von 100 000 Fr. Premium
Sekundärmarkt: Ja
Beschreibung: Hochautomatisierte P2PLending-Plattform. CreditGate24 bietet Finanzierungen für Private, KMUs und Immobilien an. CreditGate24 hat per April 2020 Advanon übernommen.
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