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Sie gelten als die spektakulärsten Hotels der Schweiz: «The Chedi Andermatt» und das «Bürgenstock». BILANZ macht den Direktvergleich der beiden Fünfsternhäuser.
Marc Kowalsky
CHEDI VS BÜRGENSTOCK Das «Chedi» (links) mit Baukosten von 300 Millionen Franken hat aus dem Provinznest Andermatt eine Tourismusdestination gemacht. Neun Jahre haben Planung und Bau des «Bürgenstock Resort» (rechts) gedauert, 550 Millionen wurden investiert.
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Sie sind noch da, die gelben Hinweisschilder: Kaserne, Militärbetriebe Ost, Zeughaus. Aber sie spielen kaum eine Rolle mehr. Wer die Serpentinenstrecke von der Autobahnausfahrt Göschenen auf sich nimmt, um nach Andermatt zu fahren (oder stilvoller mit dem Glacier Express anreist), tut dies nur noch selten zur Landesverteidigung. Vor 15 Jahren war Andermatt am Oberalppass nicht mehr als ein verarmtes Provinznest mit trister Perspektive.
Heute ist das Bergdorf auf 1437 m ü.M. glanzvoller Tourismus-Hotspot mit internationaler Anziehungskraft (und nebenher die steuerstärkste Gemeinde im Kanton Uri). Der Hauptgrund dafür findet sich am nördlichen Ortsrand auf 55'000 Quadratmetern und sechs Stockwerken: «The Chedi Andermatt», das derzeit wohl glamouröseste Schweizer Alpenhotel. Rund 1,2 Milliarden Franken hat der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris verbaut, um Andermatt zur Tourismusdestination aufzuwerten, ein Viertel der Summe floss ins «Chedi» mit seinen 123 Zimmern und Suiten.
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Die Schweizer Luxushotellerie hat eine lange Tradition, aber sie befand sich während Jahrzehnten in einem Dornröschenschlaf. Dann eröffneten innert eines Jahres die Fünfsternhäuser Alpina Gstaad, das Park Hotel Vitznau und das Chedi Andermatt. Den Glanzpunkt freilich setzte das Bürgenstock Resort, 2017 die grösste Hoteleröffnung in Europa: Neun lange Jahre hatten sich Planung und Bau hingezogen, 550 Millionen Franken hatte die Katara Hospitality Group (sie gehört dem Wüstenstaat) allein in die Bauarbeiten investiert – die Kosten für die 60 Hektar Land an der wohl schönsten Lage der Zentralschweiz nicht mitgerechnet.
Heute verteilen sich auf den Nidwaldner Höhenzug (1115 m ü.M.) drei Heli-Landeplätze, vier eigene Postbushaltestellen und vor allem: vier Hotels mit total 383 Zimmern und Suiten, von 3 Sternen («Taverne») über 4 Sterne («Palace») und 5 Sterne («Waldhotel») bis 5 Sterne plus, eben das «Bürgenstock».
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Foto: PD
Auch hier wartet eine Serpentinenstrecke auf jene, die ihr Fahrzeug von der Autobahnausfahrt Stansstad Richtung Nordost steuern. Viel stilvoller jedoch ist die Anreise per Schiff: Ein eigener Katamaran holt die Gäste in Luzern ab und bringt sie zur Anlegestelle Kehrsiten. Von dort geht es weiter mit der Standseilbahn, die nach kurzer Fahrt direkt im Hotel ankommt.
Mit jedem Meter Strecke wird die Sicht beeindruckender, oben eingetroffen bietet sich ein unglaubliches Panorama auf Stanserhorn, Buochserhorn, Pilatus und Rigi, vor allem aber auf den einen halben Kilometer tiefer liegenden Vierwaldstättersee bis nach Luzern, Küssnacht und Weggis. Als «Logenplatz der Schweiz» bezeichnet Resortdirektor Christian Sack diese Lage, und dieser Logenplatz ist nicht nur atemberaubend, sondern auch weitläufig: Aus fast jedem Bereich des Hotels lässt sich dieser Blick geniessen.
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GUT GEWÜRZT: Die Showküche im asiatischen Hauptrestaurant Spice hat es schwer, gegen das Panorama anzukommen.
PDWO INFINITY POOL KEINE ÜBERTREIBUNG IST: Der Blick aus dem 34 Grad warmen Aussenpool ist zumindest in der Schweiz einzigartig.
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ANREISE: Mit der Standseilbahn direkt ins Hotel: Das können nicht viele Häuser bieten.
PDDER VERLORENE STERN: Im «RitzCoffier» wird traditionelle französische Küche modern interpretiert.
PDZIMMER MIT AUSSICHT: Schon die kleinste Raumkategorie misst 42 Quadratmeter.
PDDER DIREKTOR: Christian Sack, General Manager «Bürgenstock Resort».
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Natürlich auch aus den 102 Zimmern und selbst aus der Nasszelle: Von einer «very instagramable Badewanne» spricht Sack. Dafür gibt es zur Seeseite keine Balkone, und die Fenster lassen sich nur einen Spalt öffnen – aus Angst, dass sich jemand beim Shooten des ultimativen Selfies zu Tode stürzt. Bei 42 Quadratmetern beginnen die Räumlichkeiten, die zweitkleinste Zimmerkategorie misst bereits 89 Quadratmeter. Alle Räume sind mit einem Gas-Cheminée ausgestattet, es dominieren amerikanischer Nussbaum und Quarzstein. Gediegener Alpine Chic, aber kein aufdringlicher Hüttenkitsch.
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Das «Bürgenstock» atmet Geschichte: 1873 gegündet als 4-Stern-Grand-Hotel, kam es in der 1950er Jahren bei Europas High Society in Mode: Audrey Hepburn hat hier geheiratet und ein Chalet gemietet ebenso wie Sophia Loren. Für «Goldfinger», bis heute für viele der Inbegriff der James-Bond-Filme, war das Haus einer der Drehorte. Noch immer gibt es den damals gebauten «Hollywood Pool» mit Bullaugen, die vom Hotel einen Blick in die Unterwasserszenerie erlauben und umgekehrt. Ein eigener Museumstrakt zeugt von der Historie des Hauses und seiner Gäste.
Mit solcher Geschichte, mit solchen Geschichten kann das acht Jahre junge «Chedi» nicht aufwarten, man konzentriert sich also auf die Moderne. Und die heisst im Zeitalter der Globalisierung «East meets West», wie es Generaldirektor Jean-Yves Blatt ausdrückt: Auch das «Chedi» kommt im Alpine Style (Granit, Fell und lokales Holz) daher, aber mit asiatischem Touch – etwa dem indonesischen Architekturdesign, dem Zitronengrastee zur Begrüssung, den Gebetssäulen und Buddha-Statuen in der Tibetian Relaxation Lounge oder den allgegenwärtigen weissen Orchideen, der Lieblingsblume von Sawiris’ Ehefrau.
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Foto: PD
«Wir sind anders als alle anderen Berghotels», sagt Blatt, «jünger, prickelnder, überraschender!» Auch hier sind die 123 Zimmer riesig (sie beginnen bei 52 Quadratmetern), statt auf einen See geht der Blick in Richtung Furkapass oder zum Gemsstock, an den Wänden hängen grossformatige historische Skifotos, dafür fehlt in den meisten Zimmern ein Schreibtisch. Stattdessen laden ein asiatischer Couchtisch und Sitzkissen dazu ein, sich auf den Boden zu hocken. Auch hier ist jedes Zimmer mit einem Cheminée ausgestattet, mehr als 200 gibt es im ganzen Hotel.
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Natürlich auch im Skiraum, der – anders als in den meisten Hotels – kein dunkler, muffiger Keller ist, sondern ein heller, weitläufiger Saal im Erdgeschoss mit gemütlichen Sitzgelegenheiten und eigenem Skiverleih. Bis zum Lift ist es nur ein Steinwurf, aber wer seine Ausrüstung nicht schleppen mag, kann die Dienste eines Skibutlers in Anspruch nehmen. Zwei Skigebiete, Gemsstock und Oberalp/Sedrun, mit zusammen 130 Pistenkilometern erwarten den Wintersportler – das grösste Skigebiet der Zentralschweiz, zudem noch mit modernen Anlagen, nachdem es von Sawiris runderneuert worden ist. In wärmeren Jahreszeiten kommen 500 Kilometer Wanderwege hinzu und ein 18-Loch-Golfplatz.
FEUERSTELLEN: Rund 200 Cheminées verbreiten im «Chedi» Wohlfühlatmosphäre – natürlich auch in der Lobby.
PDWELLNESS POOL: Wer seine Runden drehen will, hat dazu im 35-Meter-Pool ausreichend Gelegenheit.
PDSOME LIKE IT HOT: Zwei Trocken- und zwei Feuchtsaunen finden sich im Haus. Vogelgezwitscher inklusive.
PDOMAKASE, SUSHI UND SASHIMI: Das japanische Restaurant ist mit einem «Michelin»-Stern ausgezeichnet.
PDVIEL PLATZ: Die weissen Orchideen sind auch in den Zimmern allgegenwärtig, die bei 52 Quadratmetern beginnen.
PDDER DIREKTOR: Jean-Yves Blatt, General Manager «The Chedi Andermatt»
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Beim «Bürgenstock» sind es 50 Kilometer und ein 9-Loch-Platz. Ein eigenes Skigebiet kann man allerdings nicht bieten. Wer hier den Berg rufen hört, findet zwar vereinzelte Lifte im Umkreis von einer Dreiviertelstunde, fährt aber besser gleich nach Andermatt.
Dafür punktet das «Bürgenstock» mit seinem Spa: Mit zehntausend Quadratmetern ist es das grösste Europas. Sieben Saunen (trocken und feucht) bietet es, ein 20-Meter-Becken und ein – sehr entspannendes – Solebad, in dem man auf dem Wasser treiben kann wie im Toten Meer. Und vor allem bietet es einen Infinity Pool im Freien mit 34 Grad und einem Blick, der seinesgleichen sucht. «Manche Gäste, gerade aus Asien, kommen nur wegen dieses einen Selfies zu uns», sagt Sack – kein Wunder, hat man inzwischen die Zeiten limitiert, zu denen fotografiert werden darf.
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Die Anziehungskraft ist gross auch für Day-Spa-Besucher (ab 224 Franken), sodass man im Wellnessbereich selbst in Pandemiezeiten nie alleine ist. Gemütlicher geht es im Spa des «Chedi » auf 2400 Quadratmetern zu. Auch hier locken ein 35-Meter-Becken und draussen ein Whirlpool, in der Dampfsauna zwitschern die Vögel, die Cheminées am Beckenrand verbreiten Wohlfühlatmosphäre.
Die geniessen hauptsächlich Schweizer Gäste: Im Lockdown lag die Quote der Einheimischen bei 95 Prozent, jetzt kommen wieder deutlich mehr Deutsche, Engländer und Gäste aus dem Mittleren Osten. Es sind vor allem Familien. Aber erstaunlich wenige Italiener, dafür, dass es von Mailand mit dem Auto nur zwei Stunden sind bis Andermatt. Die Preise beginnen bei 650 Franken für ein Doppelzimmer, in den Ferien ist es deutlich mehr, und Weihnachten ist natürlich – wie in allen guten Hotels – schon längst alles ausgebucht.
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«Die Nachfrage gerade nach grossen Suiten hat extrem zugenommen», sagt Verkaufsdirektorin Maria Roström – speziell in der Hochsaison: Die Topsuiten zu 15 000 und 18 000 Franken pro Nacht hätte man an Weihnachten zehn Mal verkaufen können. Kein Wunder, wird das «Chedi» die Preise nächstes Jahr um 20 Prozent erhöhen.
Das hat das Bürgenstock Hotel schon gemacht, um satte 40 Prozent in der Pandemie. Trotzdem «kommen manche Gäste jedes zweite Wochenende, andere 40 Mal im Jahr», stellt Christian Sack fest: «Darunter auch solche aus Ihrer Liste der 300 Reichsten der Schweiz.»
Das hilft natürlich bei Preisen, die bei 1300 Franken anfangen und am Wochenende schnell bei 1800 pro Nacht und Doppelzimmer liegen. Trotzdem sind die Wochenenden im «Bürgenstock» ausgebucht. Auch hier kommt die Mehrzahl der Gäste aus dem Inland, aber klar hat mit den Grenzöffnungen auch die Anzahl der internationalen Besucher wieder zugenommen. Manche reisen mit dem Privatjet auf dem nahe gelegenen Flugplatz der Pilatus-Werke an. Die Bedürfnisse dieser elitären Kundschaft vorbeizubringen an jenen der Hunderten Wanderer, die an schönen Tagen auf den Bürgenstock kommen und im Hotel eine Rast einlegen wollen, ist nicht immer einfach. Auf den 350 Terrassenplätzen haben daher die Hotelgäste Priorität.
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Bei so viel Luxus ist es nur selbstverständlich, dass beide Häuser auch in der Kulinarik Sterneanspruch haben. Und hier setzen beide auf asiatische Küche. Im «Chedi» dominieren Sashimi, Omakase und Sake: «The Japanese» im Hotel selbst sowie sein Ableger auf dem Hausberg Gütsch sind jeweils mit einem «Michelin»-Stern dekoriert – durchaus beachtlich, wenn man bedenkt, dass es in der Schweiz sonst nur zwei weitere japanische Sternerestaurants (in Gstaad und Zürich) gibt. Im Hauptrestaurant des «Chedi» mit seinem fünf Meter hohen Cheese Tower, den zwölf riesigen Kronleuchtern und den vier Showküchen schallen die Kommandos der Küchenbrigade quer durch den Raum. Hier gibt es mit 14 «GaultMillau»-Punkten bewertete Crossover-Küche: das Rind wahlweise als Tournedos mit Foie Gras und Trüffel oder als Thai-Salat mir Limette und Chili, den Steinbutt mit Vin Jaune Velouté oder als indisches Masala mit Basmati. Deftiger gehts nebenan im Chalet zu mit seinen Schweizer Spezialitäten.
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Noch grösser ist die Restaurantauswahl im «Bürgenstock», aber das muss sie auch sein, schliesslich ist der Weg zur nächsten Dorfbeiz weit. Also kann man alle zehn Restaurants des Resorts nutzen. Kulinarisches Aushängeschild ist das «RitzCoffier» mit traditioneller französischer Küche, modern interpretiert. Einen «Michelin»-Stern hat sich Culinary Director Mike Wehrle an den schweren Kupfertöpfen erkocht, dann kam Corona, das Restaurant wurde geschlossen, und der Stern war weg. «Das tut schon weh», sagt Wehrle. In der Frühlingssaison, wenn das Restaurant – nach einem Zwischenbetrieb über Weihnachten – wieder regulär geöffnet wird, nimmt er einen neuen Anlauf. «Und irgendwann später sollen dann auch der zweite und der dritte Stern folgen», verdeutlicht er seinen Anspruch.
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Die Showküche des Hauptrestaurants Spices (immerhin 16 «GaultMillau»-Punkte) hat es schwer, muss sie doch mit dem Panoramablick konkurrieren: Hier wird thailändisches, indisches, japanisches und chinesisches Street Food zubereitet von Köchen aus genau jenen Ländern, wobei man den Schärfegrad jeweils für westliche Gaumen reduziert. Auch die Präsentation ist an die Kundschaft angepasst: Das Blattgold auf der Kaviarnocke etwa ist einem Schweizer kaum zu vermitteln. «Aber bei den Chinesen bringt das Glück», sagt Wehrle. Gäste aus dem Mittleren Osten werden ihre Freude haben am Restaurant Sharq, das sich auf orientalische Küche spezialisiert und eine Shisha-Lounge bietet, Karnivoren werden glücklich am Holzfeuer des «Oak Grill» etc.
Entsprechend der Weinkeller: 800 Positionen umfasst er, beim Swiss Wine Award belegt das «Bürgenstock» Platz 2 – geschlagen nur vom «Chedi» (1760 Positionen). In beiden Häusern ist während der Pandemie der Weinkonsum um 20 bis 25 Prozent gestiegen. «Die Leute trinken nicht mehr, aber bessere Weine», so Blatt vom «Chedi». Sein Haus punktet zudem mit der umfangreichsten Sake-Auswahl Europas und dem weltgrössten Zigarrensortiment.
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Dass in beiden Häusern der Service ausnehmend aufmerksam ist, versteht sich von selbst. Etwa wenn man im «Bürgenstock» abends ein Brillenputztuch vorfindet unter der Sonnenbrille, die man auf dem Schreibtisch liegen gelassen hat. Oder wenn im «Chedi» der Sommelier ungefragt die Flasche des soeben gelobten Yuzu-Sake vorbeibringt, damit man das Etikett fotografieren kann. Beide Häuser werden übrigens eigenständig geführt. «Es hat seinen eigenen Charme, hier nicht die Flagge eines internationalen Hotelkonzerns wehen zu sehen», sagt Direktor Sack. «The Chedi» hat noch einen Marketingvertrag mit dem Hotelkonzern GHM, Inhaber der Namensrechte, ist sonst aber unabhängig.
See gegen Berge, asiatisch gegen französisch, Geschichte gegen Moderne: Welches also ist das bessere Luxushotel? Es kommt drauf an, wen man fragt: Skifahrer sind im «Chedi» klar besser aufgehoben. Das «Bürgenstock» punktet mit seinem unglaublichen Panorama und dem grösseren Spa, ist aber deutlich teurer. Erreichbar sind beide gut, kulinarisch macht man bei beiden nichts verkehrt, im Service schenken sie sich nichts. Am Schluss wird die Frage daher wohl anders entschieden: Wo bekommt man an den Wunschdaten überhaupt noch ein Zimmer?
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Denn allein das ist heute schon Luxus.
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