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China

5 Sterne de luxe: China trumpft im Corona-Jahr wirtschaftlich auf

China lässt die Corona-Krise hinter sich und überholt die US-Wirtschaft schneller als gedacht. Auch technologisch winkt China die Weltherrschaft.

Erich Gerbl

China Xi Jinping

Mit Hilfe von Technologie will Chinas Präsident Xi Jinping die USA auf den zweiten Rang verweisen.

Mario Wagner / 2Agenten für BILANZ

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Während die zweite Welle an Covid-19-Fällen über den Westen brandet und sich in den meisten Ländern nur die Frage stellt, ob es mit einem Teil-Lockdown getan sei, findet in China Erstaunliches statt. Die Beamten der Statistikbehörde melden für das dritte Quartal einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung von 0,7 Prozent, und dies nicht zum Vorquartal, sondern zum Vorjahr, einer Zeit, in der Corona selbst in China nur eine ausländische Biersorte war.

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Untermauert werden die Daten vom steigenden Energieverbrauch, von den Exportstatistiken der Autobauer und den Staus in den Metropolen. Am Singles’ Day gaben Chinesen allein bei Alibaba und JD.com umgerechnet 115 Milliarden Franken aus, mehr als je zuvor. In Wuhan, der Stadt, die für 11 Millionen Menschen während zehn Wochen zum Gefängnis wurde, fanden sich in der jüngsten «Goldenen Woche», in der China verreist, 18 Millionen Touristen ein.

«First in – First out», nennen es die Ökonomen. Für 2020 wird China ein Wirtschaftswachstum von zwei Prozent zugetraut, 2021 könnten es laut IWF acht Prozent sein. Invesco prognostiziert, dass China in den nächsten Jahren, während sich der Rest der Welt noch von der Krise erholt, 50 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts generieren wird. Das Land, in dem die globale Pandemie seinen Ursprung nahm, wird nun zu einer Art Profiteur. Der Abstand auf die USA verringert sich, die Krönung zur grössten Volkswirtschaft der Welt wird nun eher stattfinden.

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China ist in Anleger-Depots unterrepräsentiert

Stéphane Monier ist bei Lombard Odier Chefanleger der Privatbank. 290 Milliarden an Kundengeldern verwaltet die Gruppe. Im Juli hat er die Gewichtung von China in den Privatkunden-Portfolios erhöht. «Wir mögen China sehr. Der Aufstieg des Landes zur Supermacht ist einer der wichtigsten Trends, auf die wir setzen. Durch Chinas sehr effiziente Bewältigung der Covid-19-Krise hat sich dieser Trend noch verstärkt», sagt Monier.

Heute liege Chinas Anteil am globalen BIP bei rund 16  Prozent, in zehn Jahren sollen es über 35  Prozent sein. Der Anteil der USA verharre in dieser Zeit bei etwas mehr als 20  Prozent. Gemäss Monier ist China angesichts dieser Aussichten in den Depots der meisten Anleger unterrepräsentiert. Das zeige sich etwa am MSCI All Country World Index. Dort liege der Anteil von US-Firmen bei 58  Prozent, chinesische Aktien kommen hingegen nur auf 5,6 Prozent.

Pedestrians walk through the Nanjing Road shopping district at night in Shanghai, China, on Monday, July 29, 2019. Chinese trade negotiators will host their U.S. counterparts at a landmark of jazz-era Shanghai on the city's riverside Bund, re-opening trade talks with a marked change of atmosphere after an almost three-month hiatus. Photographer: Qilai Shen/Bloomberg

Die Chinesen haben die Pandemie hinter sich. Zur Freude der Zentralregierung konsumieren sie so viel wie noch nie.

Bloomberg
Pedestrians walk through the Nanjing Road shopping district at night in Shanghai, China, on Monday, July 29, 2019. Chinese trade negotiators will host their U.S. counterparts at a landmark of jazz-era Shanghai on the city's riverside Bund, re-opening trade talks with a marked change of atmosphere after an almost three-month hiatus. Photographer: Qilai Shen/Bloomberg

Die Chinesen haben die Pandemie hinter sich. Zur Freude der Zentralregierung konsumieren sie so viel wie noch nie.

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BIP pro Einwohner von 310 auf 10 000 Dollar

Franklin-Templeton-Fondsmanager Michael Lai hat Chinas Aufstieg aus Hongkong miterlebt. Als er 1993 als 26-Jähriger in die britische Kolonie kam, um für die Barclays Bank zu arbeiten, lag das BIP pro Einwohner in China bei 310 Dollar. 2019 fiel die 10 000-Dollar-Hürde. Chinas Präsident Xi Jinping hat bereits das EU-Mitglied Bulgarien überholt. «Das Modell mit den Fünfjahresplänen ist speziell, aber es hat funktioniert», sagt Lai.

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Beim Emerging-Markets-Spezialisten Franklin Templeton managt er einen 460 Millionen Dollar schweren China-Fonds. Die grössten Investments sind Internetriese Tencent, Chinas Amazon Alibaba und die Einkaufsplattform Meituan-Dianping. In den Augen Lais liegt Chinas grosse Herausforderung darin, nicht in die sogenannte «Middle Income Trap» zu geraten. Weil die Löhne mit dem Wachstum steigen, fällt die billige Arbeitskraft zunehmend als Wettbewerbsvorteil aus. «Die Frage ist, wie man beim Pro-Kopf-Einkommen von 10 000 auf 20 000 Dollar kommt. Die bis zu dieser Schwelle eingesetzten Muster funktionieren nicht mehr», sagt Lai. Nur wenn China in der Wertschöpfungskette weiter nach oben komme, sei der Wandel vom Schwellen- zum Industrieland frei. «Ich denke, China wird das schaffen», sagt er.

Die gebürtige Chinesin Haiyan Li-Labée ist eine Auserwählte. Als Einzige ihres Jahrgangs ihrer Schule konnte sie in Peking studieren. Heute lebt die 44-Jährige in Paris und arbeitet beim französischen Vermögensverwalter Carmignac als China-Expertin. In ihrer neuen Heimat kämpft sie gegen ein veraltetes Bild der Volksrepublik. «Was China in den vergangenen 20 Jahren erreicht hat, ist den meisten Menschen nicht bekannt», sagt sie. Wer China verstehen wolle, müsse aufs Land hinaus, wo immer noch 800 Millionen Chinesen leben, darunter auch ihre Eltern.

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Durch die Reformen habe sich das Leben deutlich verbessert. 95  Prozent der Bevölkerung verfügen nun über eine Sozialversicherung. Auch Pensionskassen verbreiten sich. Das senke den Druck, Geld zurückzulegen, und fördere den Konsum. Die Zeichen mehren sich, dass der vor Jahren eingeleitete Schwenk weg von der Abhängigkeit des zyklischen Exportgeschäfts, hin zu einem stabilen, wachsenden Binnenmarkt funktioniert.

««Wie stark die Bedeutung von Technologie in China ist, wird im Westen wenig verstanden.»»

Luke Barrs, Goldman Sachs

«Dass China, anders als der Rest der Welt, nicht mit gewaltigen wirtschaftlichen Massnahmen auf die Covid-19-Krise reagieren musste, überzeugt uns noch mehr davon, dass Chinas Binnenmarkt-Strategie erfolgreich ist», sagt Luke Barrs. Der Oxford-Absolvent ist bei der Vermögensverwaltung von Goldman Sachs als Head of Fundamental Equity Client Portfolio Management EMEA tätig. Der langfristige Wachstumstrend Chinas basiere auf 450 Millionen Millennials, jungen Chinesen, deren Einkommen im Gegensatz zu früheren Generationen stetig steigt und die gerne konsumieren.

Neben dem Fokus auf den Binnenmarkt ist Technologie ein wesentlicher Teil von Chinas grossem Aufstiegsplan. Das Bild des Kopisten billiger Imitate stimmt nicht mehr. «Wie stark die Bedeutung von Technologie in China ist, wird im Westen wenig verstanden», sagt Barrs. Im 14. Fünfjahresplan (2021–2025) haben sich die Machthaber das Ziel gesetzt, in den kommenden 15  Jahren zu einem globalen Innovationsführer zu werden.

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Durchbrüche in Schlüsseltechnologien wie künstlicher Intelligenz, Quantentechnologie, Hirnforschung oder Luft- und Raumfahrtwissenschaft sind geplant. Auch bei Umwelttechnologien zur Reduzierung des CO2-Ausstosses strebt China die Weltherrschaft an. Immerhin spricht Präsident Xi von einer «Grünen Revolution» und hat sich die Klimaneutralität für 2060 zum Ziel gesetzt. Laut Experten wird das Ziel deutlich früher erreicht.

««Im Handelskrieg wurde China die Abhängigkeit von westlicher Technologie bewusst.»»

Haiyan Li-Labée, Carmignac

Beschleunigt wird die Technologisierung durch den Handelskrieg mit den USA. «China ist die Abhängigkeit von westlicher Technologie im Handelskrieg auf einen Schlag bewusst geworden. Es war ein Weckruf», sagt Carmignac-Expertin Li-Labbé. Ohne Halbleiter aus dem Westen standen Firmen wie Handyproduzent Huawei vor einem riesigen Problem.

«China will autarker werden. Es werden gigantische Mengen Geld in die lokale IT-Industrie gesteckt», sagt Matthias Jenzer, CEO des Multi-Family Office Quilvest. Teil der Technologisierung ist die Digitalisierung. «Die Digitalisierung war in China schon vor Corona omnipräsent und geht in alle Lebensbereiche», weiss Li-Labbé.

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Tech-Aktien wie Alibaba, Tencent und Co. dominieren

Chinas Technologieglaube spiegelt sich schon jetzt an den Börsen wider. Der Anteil von Technologie und Konsum im A-Share Index stieg in den vergangenen zehn Jahren von 20 auf 40 Prozent. Ähnlich wie an den US-Börsen dominieren auch unter den chinesischen Aktien Technologiegiganten. Statt Apple, Amazon und Facebook heissen sie Alibaba, Tencent, Meituan oder JD.com.

Im MSCI China All Share Index stehen alleine Alibaba und Tencent für ein Viertel der Marktkapitalisierung. Zusammen sind sie an der Börse mehr als 1400 Milliarden Dollar wert. In Europa kaum bekannte Firmen wie Meituan oder Pinduoduo sind so viel Wert wie Roche und Novartis. Im Sommer 2019 wurde nach dem Vorbild der Nasdaq in Shanghai die Technologiebörse Star Market ins Leben gerufen. Fast 200 Firmen sind dort bereits gelistet.

«Als langfristiger Investor muss man verstehen, wie sehr sich China verändert hat», sagt Templeton-Fondsmanager Lai. Er ist «überrascht», dass der Westen so lange gebraucht hat, um zu sehen, wie sich China vom Produzenten billiger Produkte zum wirtschaftlichen und politischen Herausforderer gewandelt hat. Donald Trump hat den Handelskrieg begonnen – wer damit rechnet, dass ihn Joe Biden nun beilegt, liegt wohl falsch. Noch vor der Amtsübernahme rief er westliche Partner dazu auf, China entgegenzutreten. Auslöser war die Schaffung des Freihandelsblocks RCEP: China hat sich mit 14 Ländern zusammengetan. Erstmals sind Asiens Supermächte China, Japan und Südkorea vereint.

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Screens show a demonstration of the cognition level of Horizon Robotics Inc.'s Journey processor onboard a vehicle during a test drive in Beijing, China, on Friday, March 23, 2018. China's aspiration to deploy 30 million autonomous vehicles within a decade is seeding a fledgling chip industry, with startups like Horizon Robotics emerging to build the brains behind those wheels. Photographer: Giulia Marchi/Bloomberg

Technoglaube: Autonomes Fahren ist einer von vielen Bereichen, in denen China den Ton angeben will.

Bloomberg
Screens show a demonstration of the cognition level of Horizon Robotics Inc.'s Journey processor onboard a vehicle during a test drive in Beijing, China, on Friday, March 23, 2018. China's aspiration to deploy 30 million autonomous vehicles within a decade is seeding a fledgling chip industry, with startups like Horizon Robotics emerging to build the brains behind those wheels. Photographer: Giulia Marchi/Bloomberg

Technoglaube: Autonomes Fahren ist einer von vielen Bereichen, in denen China den Ton angeben will.

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Kapitalmarktreform löst Teilung des Aktienmarktes auf

Wer in Chinas Aufstieg investieren will, sollte die Besonderheiten des chinesischen Aktienmarktes kennen. Dazu zählt seine Teilung. Es gibt einerseits die Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen, wo die A-Shares kotiert sind, und anderseits die Offshore-Märkte, zu denen Hongkong (H-Shares) genauso zählt wie die US-Börsen, an denen chinesische Aktien als ADRs gelistet sind.

Ursprünglich waren ausländische Investoren auf Hongkong beschränkt, während die meisten Chinesen mit den Festlandbörsen vorliebnehmen mussten. Verwerfungen waren die Folge. Für dasselbe Unternehmen wurden in Shenzhen bis zu dreimal so hohe Preise ausgerufen wie in Hongkong. Die Teilung löst sich durch das Programm «Stock Connect» nun Schritt für Schritt auf. Zudem kehren in den USA notierende Aktien zurück. Die seit 2014 an der Nasdaq kotierte Alibaba startete, wie auch JD.com, eine Zweitkotierung in Hongkong.

All das ist Teil einer Kapitalmarktreform. «Der chinesische Aktienmarkt macht eine erdbebenartige Veränderung hin zu einem offeneren und investierbareren Markt durch», sagt Goldman-Sachs-Experte Luke Barrs. Das schaffe die Voraussetzung für die Aufnahme in globale Portfolios. Laut Barrs bieten sich Chancen, wie sie sich nur einmal in einer Generation ergeben. Goldman Sachs rät, Rückschläge zu nutzen, um eine langfristige China-Position aufzubauen, die der Grösse von Chinas Wirtschaft, Börsen und Wachstumschancen entspricht.

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Matthias Jenzer ist bereits seit 15 Jahren in China investiert. Als CEO von Quilvest Switzerland sucht er für die in Argentinien mit Brauereien reich gewordene Familie Bemberg und andere Family Offices nach aussichtsreichen Anlagen. «Wir scannen die Welt nach interessanten Storys mit guten Preisen. China ist immer noch eine davon», sagt Jenzer. Aktuell entfielen auf China zwölf Prozent der Aktieninvestments.

««In China zu investieren bringt zwar viel Arbeit mit sich, aber auch viele Chancen.»»

Matthias Jenzer, Quilvest Switzerland

Laut Pionier Jenzer geben sich die grossen globalen Investoren noch reserviert, wenn es um China geht. «Das Grundvertrauen in eine Diktatur ist gering», sagt er. Hinzu kommen geringe Transparenz und sprachliche Barrieren. Die meisten der rund 3000 Aktien im A-Shares-Markt seien nicht von Analysten abgedeckt, Research sei entsprechend Mangelware. «In China zu investieren, ist etwas ganz anderes als an den nahezu perfekt gepreisten US-Börsen. Es bringt zwar viel Arbeit mit sich, aber auch viele Chancen», weiss Jenzer.

Für Luke Barrs ist China mit Blick auf die Verfügbarkeit von Informationen und den hohen Anteil von Kleinanlegern gar «der ineffizienteste Markt der Welt». Dass Infos verzögert in die Kurse einfliessen, nützen Profis aus. Laut Barrs schlagen über 90 Prozent der China-Fondsmanager den Index.

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Bewertungsabschlag wegen geringes Vertrauen

Intransparenz und geringes Vertrauen in eine Diktatur spiegeln sich auch in den Bewertungen: Chinesische Aktien werden, verglichen mit westlichen Werten, im Schnitt trotz der höheren und stabileren Wachstumsraten – die sich in der Covid-19-Krise noch stärker herauskristallisieren – mit einem 30-prozentigen Bewertungsabschlag verkauft. «Der Abschlag ist schon jetzt nicht mehr gerechtfertigt und in Zukunft noch viel weniger», sagt Stéphane Monier von Lombard Odier.

Die Aussichten Chinas rücken in den Vordergrund. Der chinesische Markt liegt dieses Jahr knapp 30 Prozent im Plus. Laut Jenzer sei viel Bewegung im Markt, die Kurse könnten noch deutlich weitersteigen. Das tun sie zuweilen, stärker als gewünscht. Der lokale A-Shares-Markt ist für seine Blasenbildungen mit folgenden Rückschlägen bekannt. Hintergrund ist der hohe Anteil an Privatinvestoren von bis zu 80 Prozent, die stärker als die Profis zu Übertreibungen neigen. Zudem ist die Spielkultur in China – Stichwort: Macau – weit verbreitet. Weil institutionelle Anleger verstärkt nach China drängen, sollten sich die Ausschläge über die Jahre, ähnlich wie in Taiwan oder Südkorea, beruhigen. Bis dahin können sie langfristig orientierte Anleger zum Einstieg nutzen.

Justin Leverenz ist schon 24 Jahre im Anlagegeschäft. In Alibaba hat er bereits investiert, als die Firma keine fünf Milliarden Dollar wert war. Heute hält er alleine über seinen Developing Markets Fund Alibaba-Aktien im Wert von rund drei Milliarden Dollar. Von den 51 Milliarden Dollar, die sein Fonds verwaltet, hat er 13,6 Milliarden in chinesische Aktien gelenkt.

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DONGGUAN, CHINA - MAY 20: Employees wearing protective suits work on the production line of optical film products at a workshop of Guangzhi Photoelectric Co., Ltd on May 20, 2020 in Dongguan, Guangdong Province of China. (Photo by Zhan Youbing/VCG via Getty Images)

Ambitioniert: Die Zentralregierung will in den kommenden 15 Jahren in Kerntechnologien zum Innovationsführer werden.

VCG via Getty Images
DONGGUAN, CHINA - MAY 20: Employees wearing protective suits work on the production line of optical film products at a workshop of Guangzhi Photoelectric Co., Ltd on May 20, 2020 in Dongguan, Guangdong Province of China. (Photo by Zhan Youbing/VCG via Getty Images)

Ambitioniert: Die Zentralregierung will in den kommenden 15 Jahren in Kerntechnologien zum Innovationsführer werden.

VCG via Getty Images

Tech-Giganten werden stark reguliert

Leverenz verbrachte zehn Jahre in China, spricht fliessend Mandarin und ist ein Geldmanager, der die Zentralregierung besonders gut versteht. Warum diese den Internetsektor zuletzt verklausuliert mit Regulierung bedrohte und Alibaba und andere Tech-Aktien auf Talfahrt schickte, kann aber auch er nur vermuten: «Die chinesische Regierung will die Tech-Giganten wohl regulieren, um sicherzustellen, dass es keinen Missbrauch von Monopolmacht gibt», sagt er. Die Plattformen für Lebensmittellieferungen, Restaurants und E-Commerce haben eine grosse Macht, daher wolle die Regierung sicherstellen, dass sie diese nicht ausnutzen.

Dutzende Millionen Menschen, darunter Lieferanten, Gastronomen und Nutzer, seien betroffen. Im Kern geht es bei den Massnahmen der Regierung vor allem darum, den sozialen Frieden und damit die Stellung der Partei nicht zu gefährden.

Durch die drohende Regulierung kamen die Kurse von Chinas Internetriesen Alibaba und Tencent unter Druck. Leverenz zweifelt aber trotzdem nicht an deren Potenzial. «Tencent ist die Aktie, die ein Anleger immer besitzen sollte», sagt er. Der Konzern sei nicht nur die dominante Gaming-Plattform und Betreiber der Chat- und Payment-Dienstleistungen von WeChat, sondern auch eine Beteiligungsgesellschaft, über die man in Firmen wie Snapchat, Spotify oder Tesla investiert. Tencent hält fünf Prozent aller Tesla-Aktien.

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Extrem gut kapitalisiert

Grosses Potenzial sieht Leverenz in Firmen, die in einer zweiten Phase von der Corona-Krise profitieren. Dazu zählt er die Hotelkette Huazhu. Diese könne die Zahl der Hotels nicht zuletzt durch eine Marktbereinigung in sieben Jahren von derzeit 6000 auf 20 000 steigern und dabei die Profitabilität erhöhen. Der KFC-Betreiber Yum China profitiere wiederum davon, dass Corona viele kleine Restaurants die Existenz kostete. Noch sei die Verbreitung in China gering. Das zehnprozentige Gewinnwachstum lasse sich noch viele Jahre halten. Mit vier Milliarden in Cash sei das Unternehmen «extrem gut kapitalisiert».

Laut Leverenz sind die Bewertungen am chinesischen Aktienmarkt, mit einigen Ausnahmen, nicht übertrieben hoch. Die Ersparnisse der Chinesen seien gross und flössen nun durch die Liberalisierung verstärkt an die Börsen. «Dies und die rosigen Konjunkturaussichten sind die Zutaten für einen riesigen Bullenmarkt.»

Breit lässt sich über Fonds und ETFs in China investieren. Aktive Fondsmanager lassen den Index in China meist zurück, ihre Produkte rechnen sich. «Wir investieren über die grossen lokalen Fondsgesellschaften wie Harvest in den chinesischen Markt. Die haben den grössten Einblick», sagt Quilvest-CEO Jenzer. Wer passiv investiert, ist mit Produkten auf den MSCI All China Index lediglich zu 41 Prozent im Festlandmarkt investiert. Auch im Bereich von Staatsanleihen ist China, anders als Industrieländer, mit Renditen von über drei Prozent und einer starken Währung eine Option. Hier wird der Marktzugang jedoch erst liberalisiert. Die UBS hat sich aber als Anbieter im Markt gut positioniert.

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