Guten Tag,
Der neue Luxus besteht darin, mit weniger mehr vom Leben zu haben. Diese 300 Hotels sind am besten für die Zeit nach Corona gewappnet.
Claus Schweitzer
Splendid Isolation: Das Belmond Hotel Cipriani ist das ultimative Hideaway in Venedig, und Italien derzeit die beliebteste ausländische Feriendestination der Deutschschweizer.
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Es gab eine Menge Gründe, dieses Ranking nicht zu realisieren. Zum einen reicht es auf die andere Seite des Epochenbruchs zurück, in die Zeit vor der Pandemie, als wir alle wie selbstverständlich die Welt bereisten und mit schwerelosem Hochgefühl statt mit beklommenem Abstandwahren in Hotels eincheckten.
Schlagartig wurde alles anders. Heute ist die Zukunft vieler Hotels und touristischer Angebote so ungewiss wie das Schicksal ungezählter Jobs und Existenzgrundlagen. Zwar haben inzwischen fast alle 300 Hotels im diesjährigen, erstmals auf Europa begrenzten Ranking wieder geöffnet und manche darunter sind fürs Erste sogar gestärkt aus der Krise herausgegangen, doch mag sich mancher die Frage stellen, ob die kritische Bewertung von Hotels angesichts der fragilen Sicherheit und der kaum zu überblickenden Weltlage nicht irrelevant und deplatziert scheint.
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Sollte man wegen der besonderen Umstände die Einordnung der Leistungen in der Hotelwelt vorerst einmal einstellen? Das Gastgewerbe hat es ja schon schwer genug, und Ranglisten sind ohnehin ein vermintes Gebiet. Wir meinen: Eine solid abgestützte Bewertung, wie sie im 24. Hotel-Ranking der BILANZ dank 195 befragten Experten und mehr als 450 eigenen Tests in den letzten 18 Monaten gewährleistet werden kann, bleibt ein wichtiger Gradmesser der Branche und eine Orientierungshilfe für Reisende, weil es um aktuelle Qualitätsmassstäbe und insgesamt um eine vergleichende Beurteilung der führenden Hotels geht. Ohne eine solche Einordnung würde man der Beliebigkeit, die sich auf den Bewertungsportalen breitgemacht hat, das Feld überlassen.
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Ausserdem sind gute Hotels oftmals Orte, die uns Gäste lebendiger, ausgeglichener, hier und da sogar intelligenter fühlen lassen – und uns zu menschlicheren Sichtweisen anregen, als wenn wir uns zu Hause verschanzen. Es sei hier nicht behauptet, dass Hotels Allheilmittel für das globale Chaos sind. Doch in jedem Fall haben sie die Kraft, uns von der Routine des Alltags zu befreien, neue Erinnerungen zu schaffen und uns vor Augen zu halten, dass die direkte menschliche Begegnung jeder virtuellen vorzuziehen ist.
Man braucht nur einen Blick ins Schloss Elmau in Bayern zu werfen, das als insgesamt höchstbewertetes Hotel den neuen Goldstandard setzt. Trotz abgeschiedener Alleinlage, ausschliesslich Übernachtungsgästen vorbehaltenem Hotelzugang und akribisch umgesetzten Covid-19-Schutzmassnahmen ist es von Leben, Heiterkeit und Inspiration erfüllt – und es gibt kein anderes Hotel, das ergänzend zum vielseitigen Restaurant-, Spa- und Sportangebot mit einem so hochkarätigen Konzert- und Kulturprogramm überrascht.
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Kein Wunder, ist es in diesem Sommer nicht ganz einfach, ein Zimmer zu ergattern. «Die Menschen mögen derzeit weniger oft und weniger weit verreisen, doch stellen wir eine wachsende Nachfrage für längere Aufenthalte und das Bedürfnis nach Sicherheit und einem Maximum an Privatsphäre und freiem Raum fest», sagt Dietmar Müller-Elmau. Der Visionär unter den europäischen Hoteliers verschweigt indessen den Ernst der Lage nicht, der leider für alle Herbergen dieser Welt gilt: «Über allem schwebt die Angst einer Infektion und vor einem Superspreader, der zur Krankheit oder gar zum Tod und auch Schliessung einer Abteilung oder des ganzen Hotels führen könnte. Die Zeit der Sorglosigkeit wird noch auf sich warten lassen. Umso dankbarer geniessen wir und unsere Gäste dafür jeden Moment intensiver als je zuvor.»
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Platz 10 (Vorjahr: 21): The Omnia Mountain Lodge, Zermatt
«Details matter», so der Leitsatz von Christian Eckert. Und tatsächlich ist die ihm anvertraute, elf Ränge aufsteigende Mountain Lodge ein Ort, an dem nicht das kleinste Detail mit Nachlässigkeit behandelt wird. Wer einmal hier war, den wird das Hotel nie mehr vergessen: Das Team geht in allen Bereichen auf individuelle Wünsche ein und versucht, diese beim nächsten Besuch ungefragt zu berücksichtigen. Zudem hat das «Omnia» eine Unverwechselbarkeit, die von den interessant bestückten Bücherregalen über die deliziösen Fruchtsäfte in der Minibar bis zur einzigartigen Innenarchitektur von Ali Tayar reicht. Letztere wirkt auch nach vierzehn Jahren frisch und cool wie ein Miles-Davis-Song und lässt den zwar mehrheitsfähigen, doch inzwischen zehntausendfach abgenudelten Alpine-Chic anderer Berghotels recht einfallslos aussehen.
Platz 9 (Vorjahr: 8): Grand Hotel Kronenhof, Pontresina
Bei einem Ferienhotel geht es vor allem darum, dass man rasch in eine gewisse Schwingung kommt und sich innerhalb kurzer Zeit aufgehoben und entspannt fühlt. Im nostalgisch charmanten «Kronenhof» gelingt das im Handumdrehen. Alles ist von einer Aura der guten Laune ergriffen, und ein Grandhotel mit Jahrgang 1848 hat ja heute etwas überaus Beruhigendes: Diese wunderschönen Hallen, Speisesäle und Treppenhäuser haben grössere Dinge als das Coronavirus überwunden. Das Team um Marc Eichenberger erzeugt eine Atmosphäre unangestrengter Kultiviertheit. Das Motto des umsichtigen Hoteldirektors: Gerade im Zeitalter der Digitalisierung macht Gäste im Hotel nichts glücklicher als ein natürlich agierender, individualisierter Service von Mensch zu Mensch. Dass der «Kronenhof» dennoch ganz von heute ist, beweist zum Beispiel das herausragende Spa oder die Neuerung dieses Sommers: Vier hölzerne, höhenmässig leicht versetzte Yoga-Plattformen im Hotelgarten. Diese bieten die Möglichkeit zum individuellen Trainieren von Asanas inmitten der Engadiner Bergkulisse. Regelmässig finden für Hausgäste kostenfreie Lektionen statt.
PD
Platz 8 (Vorjahr: 7): Eden Roc, Ascona
Das Gebäude-Ensemble könnte genauso gut in Miami oder Dubai stehen – die herrliche Naturkulisse am Ufer des Lago Maggiore und das südliche Ambiente machen diesen Eindruck aber mehr als wett. Zur Uferpromenade von Ascona sind es nur wenige Schritte, zugleich kann man sich aber jederzeit in den «sicheren Hafen» der gepflegten Gartenanlage mit Palmen und alten Bäumen zurückziehen. Durch Drosselung der Kapazitäten auf maximal 70 Prozent der Belegung wird in diesem Sommer jedem Gast mehr Platz in den Innen- und Aussenbereichen eingeräumt und der Service in den vier Restaurants mittels zusätzlichen Beistelltischen auf Distanz organisiert. Das Ferienerlebnis ist trotz neuen Abstands- und Verhaltensregeln kaum geschmälert, auch weil es einen kleinen Privatstrand und zahlreiche Wassersportaktivitäten gibt, ausserdem lockt das Spa mit dem besten Therapeutenteam im Tessin.
Platz 7 (Vorjahr: 5): Riffelalp Resort 2222m, Zermatt
Mit Blick aufs Matterhorn aufwachen, mit Blick aufs Matterhorn frühstücken, mit Blick aufs Matterhorn im wohlig warmen Aussenpool schwimmen: In dieser ebenso bodenständigen wie hochexklusiven Alpen-Lodge direkt an der Skipiste haben Gäste den Berg der Berge stets im Blick und können sich dabei diskret vor der Welt verstecken und im Einklang mit der Natur fühlen. Höchst angenehm auch der Rest: Die Zimmer präsentieren sich im zeitgemässen Chalet-Look, das Hotelteam verzichtet auf vornehmes Getue, und wo immer man sich im Riffelalp Resort aufhält, was immer man hier riecht und anfasst – spürt man: Das ist Zermatt «at its best». Nur diesen Sommer bleibt das Hotel leider geschlossen.
Platz 6 (Vorjahr: 3): Tschuggen Grand Hotel, Arosa
Der erste Eindruck mag etwas hochhausig sein, doch hat man das beim Betreten der Lobby schon vergessen. Letztere präsentiert sich als weitläufige Wohlfühlwelt mit flackerndem Kamin. Das flamboyant farbenfrohe Hoteldekor steht in bewusstem Kontrast zum puristisch gestalteten, dutzendfach ausgezeichneten «Bergoase»-Spa, und der hauseigene «Tschuggen Express» hievt die Hotelgäste in drei Minuten vom Hotel zur Tschuggenhütte mitten im Wander- und Skigebiet. Hoteldirektor Stefan Noll hat ein starkes Team beisammen, das es versteht, sich flexibel und situationsabhängig auf jeden Gast einzustellen und herauszuspüren, was Menschen individuell glücklich macht.
Platz 5 (Vorjahr: 4): Suvretta House, St. Moritz
Das Suvretta House ist eines der wenigen Hotels in der Schweiz, die eine Destination für sich sind – mit unnachahmlichem Retro-Flair, schön renovierten Zimmern und einem fulminanten Angebot an Outdoor-Aktivitäten (teilweise im Übernachtungspreis inkludiert). Zudem ist man in dieser monumentalen und zugleich märchenhaften Luxusherberge aus dem Jahr 1912 Teil von etwas Grösserem. Gerade in diesen unstabilen Zeiten vermitteln uns die alten Mauern ein Gefühl der Kontinuität. Sie waren vor uns da, sie werden uns wahrscheinlich überdauern. Die vergleichsweise guten Voraussetzungen für die Corona-Ära (mehr als genug Platz und eine gewisse Abgeschiedenheit) haben das Gastgeberpaar Peter und Esther Egli dazu bewogen, die Sommersaison bis Mitte Oktober zu verlängern. Das gab es noch nie in der «Suvretta»-Geschichte. Allerdings bleibt das Grand Restaurant in diesem Sommer geschlossen.
Platz 4 (Vorjahr: 6): The Alpina, Gstaad
Medizinische und umwelttechnologische Fortschritte haben zu einem verstärkten Fokus auf die eigene Gesundheit und diejenige des Planeten geführt – dank einem erneuerten Sinn für althergebrachte Achtsamkeit stehen die beiden in irgendeiner Verbindung. Viele Besserverdiener suchen nach mehr Sinnhaftigkeit für ihr Leben und verstehen Reisen nicht als Flucht vor dem Alltag, sondern als Freiraum für eine positive Transformation – seines Selbst und der Erde. Das «Alpina» bietet dafür beste Voraussetzungen: Das Engagement des jungen Besitzers Nachson Mimran für eine nachhaltige Betriebsführung ist ausserordentlich, seine entsprechenden Standards übertreffen alle anderen Luxushotels in der Schweiz. Auch die holistischen Gesundheitsprogramme im Six Senses Spa reichen weit über die gewohnten Wellnessangebote hinaus, und die unmittelbare Umgebung der Berner Oberländer Nobelabsteige bewirkt allein schon seelisches Wellbeing.
Platz 3 (Vorjahr: 11): Park Hotel Vitznau, Vitznau
Das erstmals in die Medaillenränge vorpreschende Genuss-Schloss am Fusse der Rigi verbindet Grosszügigkeit und Intimität auf unvergleichliche Art und ist bestens aufgestellt, um den Gästen als Rückzugsort für beflügelnde Tage zu dienen. Dafür sorgt Gastgeber Urs Langenegger, der das Park Hotel Vitznau gegenwärtig verstärkt als edles «Gästehaus für Übernachtungsgäste und Freunde des Hauses» (zu denen einzelne externe Restaurantgäste auf Vorreservation gehören) positioniert. Tagesbesucher, die lediglich zu Kaffee und Kuchen vorbeischauen wollen, finden keinen Einlass mehr. Da auch Hochzeits- und andere Gesellschaften derzeit fehlen, ist das Lebensgefühl im Park Hotel Vitznau nun so privat und exklusiv wie nie zuvor. Ausserdem: Frühstück ist hier nicht einfach Frühstück, sondern ein lukullisches à-la-carte-Vergnügen mit einer schweizweit unübertroffenen Auswahl an süssen und salzigen Köstlichkeiten, das zu jeder gewünschten Zeit an jedem gewünschten Tisch in der ganzen Hotelanlage – oder natürlich auch im Zimmer – serviert wird. Und: Küchenchef Patrick Mahler wartet mit einem neuen Konzept im «focus Atelier» auf: 12 Gänge in klein – und in zweieinhalb bis drei Stunden isst man sich schwerelos durch einen glücklichen Abend.
Platz 2 (Vorjahr: 1): Gstaad Palace, Gstaad
Der Vorjahressieger hatte Glück im Unglück: Der abrupte Shutdown der Skiorte am 14. März kam punktgenau zum ohnehin geplanten Saisonende. Und dank einem wirtschaftlich herausragenden Winter konnte sich der Alpenpalast gute Reserven zum Ausharren der Krise anlegen, auch wenn sich die Erneuerungsprojekte der Restauration nun verzögern. Das macht aber nichts, denn die vielen Stammgäste, die hier oftmals mit dem ganzen Familien-Clan anreisen, lieben das Palace, so wie es ist – einschliesslich kleinen Unvollkommenheiten, die es letzten Endes so liebenswert und menschlich machen. Der organisch gewachsene Grandhotelzauber und die persönliche Hingabe, mit der Andrea Scherz sein 107-jähriges Bergrefugium in dritter Generation führt und kontinuierlich weiterentwickelt, beeindrucken und berühren so manche Vielgereiste, die sich sonst nicht so rasch beeindrucken und berühren lassen.
PD
Platz 1 (Vorjahr: 2): Castello del Sole, Ascona
Jetzt kommen die Stärken dieses grosszügig ausgelegten, inmitten von 140 Hektaren Park und eigener Landwirtschaft gelegenen Hideaways besonders zur Geltung. Kein anderes Hotel im Land vereint Natur und Luxus so harmonisch wie dieses. Und das Platzangebot pro Gast ist schweizweit konkurrenzlos. Wer in dieser «Destination in der Destination» absteigt, braucht die Hotelanlage nicht zu verlassen und fühlt sich dank drei Restaurants, Spa, Tennisplätzen, enormen Auslaufmöglichkeiten sowie Privatstrand mit Stand-up-Paddles und Booten selbst bei einem längeren Aufenthalt nie eingeschränkt. Die Pandemie scheint dem erstrangigen, von der Aussenwelt abgeschotteten Castello del Sole kaum etwas anzuhaben: Zum einen ist das derzeitige Team das beste in den letzten zwei Jahrzehnten. Zum andern sind die Sommermonate stärker belegt als je zuvor: «Die Währungskrise traf uns deutlich massiver als Corona», sagen die Gastgeber Simon und Gabriela Jenny.
Das süddeutsche Naturresort Elmau verkörpert gleich mehrere von sieben Tendenzen im diesjährigen Ranking, die teilweise schon vor Corona da waren – sich aber nun verstärken.
Mehr denn je geht es den Reisenden heute darum, sich in ihrer wertvollen freien Zeit von der gewöhnlichen Welt auszuklinken und an einem stimmigen Zufluchtsort umsorgen zu lassen. Das Idealhotel ist durch seine exorbitante Alleinlage in schönster Natur jeglichen Menschenmengen entrückt, stillt aber zugleich das Bedürfnis nach einer gewissen Gesellschaft und Geselligkeit.
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Nirgends in der Schweiz werden diese Ansprüche besser erfüllt als im Castello del Sole in Ascona. Der diesjährige Primus unter den heimischen Ferienhotels liegt inmitten von 140 Hektaren Park und eigener Landwirtschaft. Der Charakter eines von der Aussenwelt abgekapselten Resorts war hier schon immer das wesentliche Unterscheidungsmerkmal, gewinnt nun aber noch an Bedeutung. Wer in dieser «Destination in der Destination» absteigt, braucht die Hotelanlage nicht zu verlassen und fühlt sich dank drei Restaurants, Spa, Tennisplätzen, enormen Auslaufmöglichkeiten sowie Privatstrand mit Stand-up-Paddles und Booten selbst bei einem längeren Aufenthalt nie eingeschränkt.
Abgeschirmter als zuvor kann man seine Ferien auch im Park Hotel Vitznau am Fusse der Rigi geniessen, weil es sich neuerdings als edles «Gästehaus für Übernachtungsgäste und Freunde des Hauses» (zu denen einzelne externe Restaurantbesucher auf Vorreservation gehören) versteht. Da Veranstaltungen und Hochzeitsgesellschaften derzeit fehlen, ist das Lebensgefühl im Seepalast nun so privat und exklusiv wie in den besten ausländischen Hideaways, etwa der Villa Feltrinelli am Gardasee oder der Domaine des Etangs in der westfranzösischen Charente.
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In derselben Liga spielen die Villa La Coste im Luberon, die La Réserve Ramatuelle bei Saint-Tropez, das neuzeitliche Country-House-Hotel Heckfield Place im südenglischen Hampshire oder das (in diesem Sommer geschlossene) Riffelalp Resort 2222m ob Zermatt. Auch das Amanzoe an der Ostküste des griechischen Peloponnes, das Can Simoneta auf Mallorca oder die beiden Riviera-Schönheiten Hôtel du Cap-Eden-Roc und Grand Hôtel du Cap-Ferrat sind ganz eigene Welten von berauschender Schönheit, die dem gewöhnlichen Tourist verschlossen bleiben und der veränderten Priorität von «hyper-social» zu «hyper-solo» gerecht werden.
Je komplexer das Leben wird, desto grösser das Begehren vieler Menschen, diese Komplexität in ihrer Freizeit abzubauen. So verwundert es kaum, dass unprätentiöse Traumhotels, die von einem kräftigen und sympathischen Hauch Normalität umweht sind, hoch im Kurs stehen – selbst wenn sie nicht immer ganz preisgünstig sind.
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Hierfür ist das Maiensässhotel Guarda Val ob Lenzerheide das Modell der Stunde. Anders als in scheinbar perfekten Hotels ist man in diesem engagiert geführten, Landlustromantik vermittelnden Ensemble aus subtil umgemodelten Bauernhäusern nicht mit seiner eigenen Unvollkommenheit konfrontiert und kann ganz entspannt sich selber sein.
Mit der neuen Einfachheit geht eine Verschiebung bevorzugter Destinationen einher. Vorrang haben nun eher abgelegene oder weniger touristische Orte. Unterengadin statt St. Moritz, Bettmeralp statt Zermatt, Bologna statt Florenz.
Die Entwicklung der letzten Jahre, dass alle Reiselustigen denselben Wasserfall, dieselbe pittoreske Altstadtgasse und dasselbe Hipster-Café besuchen wollen, um dort für hübsche Instagram-Posts in die Selfie-Linsen zu strahlen und damit alle Follower anzuspornen, genau denselben Schnappschuss plötzlich auch zu wollen, beginnt sich ins Gegenteil zu kehren.
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Ein deutscher Tourismusexperte bezeichnet das neue Reiseideal als «Hiddensee-Syndrom» und meint damit die Sehnsucht nach einer verschlafenen Insel, wo man eins ist mit der Natur, wo kein Übertourismus nervt, ein Ort mit ausschliesslich kleinen, individuellen Herbergen, netten Gasthöfen und unverschandelter Natur, die zu friedlichen Bike- und Wandertouren einlädt.
Das heisst nicht unbedingt, dass der Bergsee das Mittelmeer ausstechen muss, doch dürfte sich die Mehrheit der Reisenden vorläufig auf einen Aktionsradius beschränken, der mit dem Auto oder der Bahn erreichbar ist. Statt immer weiter also lieber in unserer Nähe und mit Fokus aufs authentische Erlebnis: Verborgene Perlen wie das Hotel Paradies in Ftan, das Bellevue Parkhotel in Adelboden, die Frutt Lodge in Melchsee-Frutt oder das Chandolin Boutique Hotel im Val d’Anniviers erobern die Herzen der Gäste.
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Fernwehgeplagte mögen das Seehotel am Neuklostersee im Nordwesten Mecklenburgs, die Domaine de Murtoli auf Korsika oder die Masseria Torre Maizza in Apulien anpeilen – oder sich für das ganz natürliche Social Distancing im San Luis in Südtirol, im Borgo Santo Pietro in der Toskana, im São Lourenço do Barrocal im portugiesischen Alentejo oder im frisch erblühten südenglischen Landgut The Newt in Somerset begeistern.
Platz 10: Il San Pietro di Positano, Positano/ Amalfitana
Mag die alte Weltordnung wackeln, der Tourismus aus den Fugen geraten – die besten Hotels setzen alles daran, die Romantik des Reisens jeden Tag aufs Neue aufleben zu lassen und in ihren Mikrokosmen dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter wie Gäste zu besseren Versionen ihrer selbst werden, jetzt erst recht. Das spektakulär auf einer Felsnase an der Amalfiküste gelegenen «San Pietro» ist so ein Ort. Hier stimmt der Flow, und obwohl das unaufdringlich luxuriöse, in der dritten Generation von der Familie Cinque geführte Hideaway vor allem jene Leute lockt, die Geld haben und es auch ausgeben wollen, strahlt es jene Gelassenheit aus, die man mit Geld allein nicht kaufen kann. Ein süditalienisches Paradies auf Erden – und wenn es mal Probleme gibt (ja, die gibt es auch im Himmel), dann versucht man sofort eine Lösung zu finden.
Platz 9: Grand Hôtel du Cap-Ferrat, Saint-Jean-Cap-Ferrat/ Côte d’Azur
Das formidabel an der Südspitze der Halbinsel Cap Ferrat gelegene, Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Grand Hôtel hat wesentlich zum Mythos der Côte d’Azur beigetragen – zunächst als winterlicher Unterschlupf, denn bis in die späten 1930er-Jahre war die Sommersonne bei der distinguierten Clientèle aus dem Norden verpönt. Seit 2015 wird das Hotel, das dem gewöhnlichen Tourist verschlossen bleibt, von der Four Seasons Gruppe betrieben. Nun hat es seine einstige Strahlkraft wiedergefunden. Dies nicht zuletzt dank dem liebenswürdig distanzierten Team und den optimal umgesetzten Covid-19-Schutzmassnahmen, die weiter reichen als bei konkurrierenden Häusern an der französischen Riviera, aber dennoch nie aufdringlich sind. Von berauschender Schönheit ist die üppige, die Hotelanlage umgebende Mittelmeervegetation, die bis zum eigenen Beach-Club in den Klippen reicht. In gänzlich neuem Look präsentieren sich die privaten Cabanas, die sich lose um den 33 Meter langen Salzwasserpool verteilen und maximale Privatsphäre bieten. Schade ist lediglich, dass hier nur wirklich geübten Schwimmern angeraten ist, im Meer zu schwimmen – die Strömungen sind einfach zu stark.
Platz 8: Belmond Hotel Splendido, Portofino/ Ligurien
Es gibt Hotels, durch die weht der Geist ihrer Region wie Atmosphäre durch einen guten Roman. Das «Splendido» ist so ein Haus: Hier umfängt einen das Gefühl, sich in das Dolce Vita der 1930er- und 1950er-Jahre zurückträumen zu können. Zeit und Raum verschwimmen zwischen der üppig bepflanzten Gartenanlage mit grandiosem Meerwasserpool und den wohnlichen Zimmern in alten Klostermauern. Schon Minuten nach der Anreise sinkt man endgültig ein in diese Welt. Wie in einen guten Roman. Der langjährige Direktor Ermes De Megni pflegt den Wandel in der Kontinuität und sorgt für einen Service, den man nicht so schnell vergisst: Mit Augenzwinkern vermerken die Kellner persönliche Marotten wie den frischen Ingwertee mit viel Honig zum Frühstück, berücksichtigen die Allergie gegen Eiprodukte, rücken die Sonnenliege auf den bevorzugten Platz, verzichten von vornherein auf Eiswürfel im Drink, sobald sie die Eigenheiten der Gäste erkannt haben.
Platz 7: Domaine des Etangs, Massignac/ Charente
Die verwunschene mittelalterliche Schlossanlage mit ihren riesigen Ländereien war bis vor wenigen Jahren der private Rückzugsort des französischen Milliardärs Didier Primat. Nach dessen Tod hat hier seine Tochter Garance einen «lieu de vie» erschaffen, der die Gäste mit dem Gefühl umfängt, an einem geheimen Ort zu sein, an dem man alles hinter sich lassen kann. Die junge Hausherrin liess sich bei der Umwandlung der einstigen Privatdomäne in das heutige Hotel nicht von Marketingstrategien und Gästeumfragen leiten, sondern zog einfach das durch, was ihr richtig erschien – und zwar so eigenständig und begeisternd, dass anspruchsvolle Bonvivants, die selbstbewusstes Understatement schätzen, das ebenfalls gut finden. Selbst urbane Hektiker beugen sich spätestens am zweiten Tag dem trägen Rhythmus der Charente und werden hier zu besseren Versionen ihrer selbst – beispielsweise indem sie ihre Smartphones beim Abendessen im Zimmer ruhen lassen oder ihre an anderen Orten spürbare Arroganz gegenüber Hotelmitarbeitern zum Teufel jagen.
Platz 6: Deplar Farm, Tröllaskagi/ Island
«Nachhaltig» ist so etwas wie das neue «cool», und insbesondere jüngere Reisende favorisieren Hotels mit dem Versprechen auf ethisch korrektes Handeln und eine mustergültige Ökobilanz. Das Bewusstsein für die Endlichkeit der Ressourcen ist geschärft, gleichzeitig wird plattes, von kreativem Marketing hochgehyptes «greenwashing» rasch durchschaut. Es muss die Haltung und das wirkliche Engagement dahinter erkennbar werden, so wie es der «Deplar Farm» beispielhaft gelingt. Allerdings muss man zu diesem isländischen Hideaway wollen. Es ist eines der abgelegensten Luxushotels in Europa, ganz im Norden der Tröllaskagi-Halbinsel. Das Ziel lohnt sich unbedingt, zumindest für jene, die dem Overtourism kompromisslos entfliehen wollen und ein «once-in-a-lifetime experience» in archaischer Natur suchen.
Platz 5: Villa La Coste, Le Puy Ste Réparde/ Luberon
Inmitten des 200 Hektar grossen Bio-Weinguts hat der kunstsinnige irische Immobilienunternehmer Patrick McKillen seine ganz eigene Vision eines «luxuriösen Landhauses» verwirklicht. Weltberühmte Architekten von Jean Nouvel über Tadao Ando bis Frank Gehry hinterliessen hier ihre Spuren, und der Skulpturenpark würde jedem Museum of Modern Art gut anstehen. Im Hotel, das die ganzen Ländereien überblickt, verbinden sich grosse Glasflächen, klare Linien und viel Weiss mit lokalen Naturmaterialien und weiteren Exponaten zeitgenössischer Kunst. Dass die Gäste im Gesamtkunstwerk La Coste ein Gefühl von Gemütlichkeit überkommt, ist dem Feingefühl des Hoteldirektors Nicolas Socquet und seinem hochgradig gastbewussten Team zu verdanken. Rasch hat sich die Villa La Coste zu einem Lieblingsziel von gut betuchten Bonvivants entwickelt, welche die gewöhnlichen Reichen meiden wollen.
Platz 4: Hôtel du Cap-Eden-Roc, Cap d’Antibes/ Côte d’Azur
Eine bestimmte Vision vom idealen Lebensstil der französischen Riviera während 150 Jahren stets aufs Neue aufrecht zu erhalten, ist keine geringe Last. Doch dem «Hôtel du Cap» gelingt es auch in diesem aussergewöhnlichen, von der Pandemie überschatteten Jubiläumsjahr, ein Gefühl von erhabener Ewigkeit heraufzubeschwören und den mediterranen Zauber des mythischen Anwesens wachzurufen. Nur drei Besitzerfamilien gab es in der langen Zeit seines Bestehens, und dieselbe Kontinuität zeigt sich bei den Mitarbeitern, von denen sich viele schon ein, zwei Jahrzehnte um die teilweise weltberühmten Gäste kümmern – so auch Hoteldirektor Philippe Perd, der mit Traditionsbewusstsein und Zukunftsgewandtheit die Weichen dafür stellt, dass die Hotelikone auch in den kommenden 150 Jahren relevant bleibt. Seit dem Restart im Juli 2020 präsentieren sich die beiden Restaurants «Grill» und «Louroc» sowohl in innenarchitektonischer als auch in kulinarischer Hinsicht aufregend neu und zeitlos zugleich.
Platz 3: Heckfield Place, Hook/ Hampshire
So also sieht das aus, wenn exzellenter Geschmack, der kompromisslose Wille zur Perfektion und praktisch unbegrenzte Mittel zusammenkommen. Gerald Chan, der das parkumgebene Anwesen in den Nullerjahren kaufte, wollte es der Öffentlichkeit zugänglich machen – als ländliches Refugium für eine Kundschaft mit höchsten Ansprüchen. Und entsprechender Reisekasse. Der amerikanisch-chinesische Immobilien-Tycoon legte einfach seine eigenen Standards an, liess sich zehn Jahre Zeit für die Entwicklungsphase und verpflichtete schliesslich den jungen englischen Innenarchitekten Ben Thompson. Letzterem gelang es, dem von aussen eher streng wirkenden georgianischen Gebäude etwas zauberhaft Behagliches und Natürliches einzuhauchen und ein Gefühl elitärer Intimität entstehen zu lassen. Jedenfalls traf das 2018 eröffnete Hotel auf Anhieb ins Herz kultivierter Londoner, die nicht zuletzt über die erlesen unkonventionelle Kunstsammlung schwärmen: Das ganze Haus ist sowohl mit Werken grosser zeitgenössischer Meister als auch von persönlichen Kunstentdeckungen des Hausherrn auf eBay beseelt. Der Hotelgast weiss nie, welches Gemälde nun eine Million und welches lediglich ein paar hundert Pfund wert ist.
Platz 2: Villa Feltrinelli, Gargnano/ Gardasee
Passiert man das unauffällige Eingangstor, an dem nur ein kleines Namensschild auf das Hotel hinweist, und kurvt durch den weitläufigen Park ans Seeufer hinunter, hebt man wie auf einem fliegenden Teppich ab. In schönster Landschaftskulisse steht da ein Luftschloss wie aus Tausendundeiner Nacht. Seit 1997 ist es ein Hotel mit zwanzig detailverliebten Zimmern, wohnlichen Salons und feiner italienischer Marktküche. Der einstige Sommersitz der Papier-Magnatenfamilie Feltrinelli ist exzentrisch und zugleich wahnsinnig romantisch, ein Zufluchtsort, an dem man in die Nacht hineindiskutieren und sich auf wundersame Weise wie in seinem ganz privaten Anwesen fühlen kann. Zu den Besonderheiten zählt die Möglichkeit, zu jeder gewünschten Zeit an jedem beliebigen Ort im Park oder in den Salons frühstücken oder dinieren zu können. Auch in diesem schwierigen Jahr leistet sich die Villa Feltrinelli den Luxus, doppelt so viele Mitarbeiter wie Gäste zu haben. «Unsere Gäste sollen bei uns Ruhe, Fürsorge und Aufrichtigkeit finden», sagt der Schweizer Hausherr Markus Odermatt.
Platz 1: Schloss Elmau, Elmau/ Bayern
Das sublime Naturresort, zuletzt 2016 und 2015 Spitzenreiter in den BILANZ-Charts, steht für eine grosse Familiengeschichte und für eine unvergleichliche Kombination von körperlichen, seelischen, landschaftlichen, kulinarischen und kulturellen Genüssen, die nirgends sonst zu finden ist. Manche dieser Genüsse – wie zum Beispiel die acht Restaurants oder die unterschiedlichen Spas mit getrennten Bereichen für Erwachsene und Familien mit Kindern – gibt es natürlich auch anderswo, aber kein Hotel auf der Welt hat darüber hinaus ein solch hochkarätiges, für Hotelgäste kostenloses Konzert- und Kulturprogramm. Hier treten einige der besten Musiker und Autoren unserer Zeit ohne Gage auf, nur um ein paar Tage auf Elmau zu sein. Die Alleinlage im ursprünglich gebliebenen Hochtal am Fuss des Wetterstein-Gebirges und die besonders grosszügig dimensionierten Räume entfalten gerade jetzt ihre besondere Wirkung, ebenso der exklusiv den Übernachtungsgästen vorbehaltene Zutritt der Hotelanlage. Das wissen auch andere, weshalb es zumindest in diesem Sommer gar nicht so einfach ist, zum gewünschten Zeitfenster ein Zimmer zu ergattern.
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Für andere Erholungssuchende besteht der neue Luxus darin, die Kontrolle über seine Gesundheit zu übernehmen und den inneren Kompass neu auszurichten. Die letzten Monate haben die Notwendigkeit für ein gestärktes Immunsystem aufgezeigt, und am besten gelingt der Kick-off zu einem gesünderen Lebensstil in einem Health-Retreat unter der Anleitung eines interdisziplinär tätigen Ärzte- und Therapeutenteams.
Beste Voraussetzungen bieten das Waldhotel im Bürgenstock Resort und das soeben eröffnete (noch nicht bewertete) Chenot Palace Weggis auf der gegenüberliegenden Seeseite. Kraft zu schöpfen und das eigene Ich wieder zu spüren, gelingt auch bei einem Aufenthalt im Grand Resort Bad Ragaz oder im Hof Weissbad im Appenzellerland – im benachbarten Ausland im Palace Merano und im Vivamayr Altaussee sowie in den beiden Schwesterbetrieben Lanserhof Tegernsee in Oberbayern und Lanserhof Lans in Tirol.
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Da man unterschiedlichen Weisheiten folgen kann, wie mit seiner körperlichen, psychischen und spirituellen Gesundheit umzugehen ist, ist das Spektrum von Wellbeing-Konzepten enorm. Gemeinsam ist ihnen das Versprechen auf transformierende Erlebnisse.
Eine einzigartige Mischung aus Gesundheit und Genuss gelingt der Post Bezau by Susanne Kaufmann im Bregenzerwald mit drei- bis achttägigen Retreats zu spezifischen Themen wie Detox, Holistic Beauty oder Yoga. Unkonventionelle kleinere Anbieter ganzheitlicher Wellness wie das Lily of the Valley bei Saint-Tropez oder das Lime Wood in Hampshire bieten auch abenteuerliche Selbsterfahrungsprogramme an, bei denen es mentale und physische Grenzen in wilder Natur zu überwinden gilt.
Grosse Beachtung bei Spa-Junkies und Selbstoptimierern findet gegenwärtig das Borgo Egnazia in Apulien. Die fünftägigen «Blue Zones Retreats» basieren auf den Erkenntnissen über die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten der weltweit ältesten Menschen, welche in den sogenannten «blauen Zonen» zwischen Sardinien, Costa Rica und Japan leben. Das Retreat strukturiert sich um die «Power 9»: neun Gemeinsamkeiten von besonders langlebigen Menschen. Dazu gehören eine gute Verbindung zu sich selbst, zur Natur und zu einem (nicht-digitalen) sozialen Netzwerk. «Es ist eigentlich alles sehr analog», sagt Hotelier Aldo Melpignano.
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Ob Gast oder Gastgeber: Die Pandemie hat uns allen klar gemacht, dass viele unserer Privilegien keinesfalls selbstverständlich sind. Und die heutige Situation lässt uns alle weiterhin zwischen Zuversicht und Zweifel schweben. Das hat etwas Verbindendes. Die Gastgeber sind dankbar über jeden Gast. Und die womöglich wirtschaftlich gebeutelten Gäste betrachten ihren unbeschwerten Hotelaufenthalt nicht mehr unbedingt als selbstverständliches Goodie ihres Lebensstils, sondern als ein sehr bewusst gewähltes Highlight ihres Reisejahrs. Selbst «Herr und Frau Nörgeli», die bisher immer ein Haar unter dem Hotelbett fanden und stets mit einem schlecht argumentierten «Ja, aber…» auffielen, jagen heute ihre Mäkelei zum Teufel und verhalten sich wieder wie normale Menschen.
Zwanglos fürsorgliche Gastgeber, denen ihr Hotel genauso eine Herzensangelegenheit ist wie das Wohlergehen jedes einzelnen Gastes und Mitarbeiters, erfahren momentan viel Zuspruch. Mit verstärktem Blick aufs Individuelle und Persönliche entwickeln insbesondere inhabergeführte Häuser wie das Gstaad Palace, das Waldhaus Sils oder das Bellevue des Alpes auf der Kleinen Scheidegg hohe Bindungskraft. Dasselbe respektvolle Miteinander ist im Il San Pietro di Positano an der Amalfiküste, im Bleiche Resort & Spa im Spreewald oder im Hotel Singer im tirolischen Berwang zu spüren.
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Diese Chemie aufzubauen, braucht jedoch Jahre und pure Leidenschaft, und zwar von der Empfangsdame bis zum Küchenchef. «All you need is love», sagt Urs Langenegger. Der Gastgeber im Park Hotel Vitznau und «Hotelier des Jahres 2020» ergänzt: «Wichtig ist vor allem, dass das ganze Team an einem Strang zieht und jeder einzelne Mitarbeitende involviert ist.»
Hotellerie geht nur mit Menschen. BILANZ befragte 195 Experten, welche guten Geister in Schweizer Hotels zu den Besten ihres Fachs gehören. Mehr dazu lesen Sie hier.
Durchschnittliche Bettenvermieter, die mit dem «Gastnehmertum» unbekümmert weitermachen, Corona zur Dauerausrede für jedes Versäumnis nutzen und abwartend darauf hoffen, dass sich schon alles wieder von selbst einrenkt, werden mittelfristig von der Bildfläche verschwinden. Auch Hotelgruppen, in denen die Herrschaft der Controller ausbricht statt auf die heute erforderliche Grosszügigkeit und Flexibilität gegenüber dem Gast zu setzen (der in diesem speziellen Jahr vielleicht auch ganz kurzfristig etwas an seinem geplanten Aufenthalt ändern will oder muss) haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Und wer Vorleistungsnetzwerken und -partnerschaften erneut aus dem Weg geht, wird diesmal erst recht abgehängt.
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«Mit Kooperation, Kreativität und Empathie dürfte der Tourismus punkten» sagt Monika Bani Tanner, die Co-Leiterin der Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern. «Dann hätte uns das Virus sogar weitergebracht.»
Schon vor Corona dämmerte es uns, dass auch eine intakte Umwelt ein hohes Gut ist. Mehr denn je fühlt es sich nun aber definitiv falsch an, für ein Wochenende zum Shoppen nach Barcelona zu fliegen. Die zukunftsgerichtete Option ist, weniger rastlos durch die Welt zu jetten, länger an bewusst ausgewählten Orten zu bleiben und dabei nicht nur das Klima, sondern gleich auch seinen Seelenfrieden zu schonen, was überaus entschleunigend wirken kann.
Noch mehr als das Preis-Leistungs-Verhältnis zählen für anspruchsvolle Reisende heute vor allem die Werte fürs Geld – weshalb sanfter Tourismus und das damit verbundene Bedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit beim Reisen zu einer wichtigen Währung werden.
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Die Entwicklung zeigt in die richtige Richtung: Die Gäste sind wählerischer geworden, wem sie ihr Geld geben, in der Hoffnung, dass ihre Reise zum massvollen Rückbau der Globalisierung und der Förderung regionaler Wertschöpfungsprozesse beiträgt. Mit einer gezielten Wahl minimieren sie ihren ökologischen Fussabdruck und unterstützen jene Hotels, die mehr als reine Gewinnmaximierung anstreben und mit gutem Beispiel vorangehen. Es geht um ehrliche, sinnhafte Angebote und nicht mehr um überstrapaziertes Luxusgetue.
Das Romantik Hotel Hornberg im Saanenland ist eines dieser Häuser, die auf nachhaltigen Genuss setzen und allem Lokalen von ganzem Herzen verpflichtet sind. Auch The Alpina Gstaad und das Valsana in Arosa zeigen echte Verantwortung. Und auf ihre jeweils ganz eigene Art sind der Stanglwirt in Tirol, die Adler Lodge Alpe in den Dolomiten, das Lefay Lago di Garda in der Lombardei und die Deplar Farm in Island Glanznummern der umweltverträglichen Ferienhotellerie.
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Platz 10 (Vorjahr: 15): Palafitte, Neuchâtel
Am Neuenburgersee kann man durchaus günstiger übernachten. Aber nirgends stilvoller absteigen: Wer sich’s leisten kann oder mag, bucht eines der 38 Gäste-Pavillons, die auf Pfählen im See oder am Ufer stehen sowie mit lichtdurchfluteten Interieurs und fabelhaften Badezimmern überraschen. Von den Seepavillons kann man direkt ins Wasser springen – so dass man sich ein bisschen wie auf den Malediven fühlt, mit dem Unterschied, dass man keinen Jetlag in Kauf nehmen muss. Die Anlage, die als temporäre Luxusabsteige der Landesausstellung Expo.02 errichtet wurde, bleibt glücklicherweise auch weiterhin als Stadthotel für ruhesuchende Individualisten bestehen. Übrigens: Die Pfahlbauweise des Palafitte hängt mit der Geschichte des Standorts zusammen – in der Region wurden Überreste erster Schweizer Siedlungen gefunden, die auf Pfählen errichtet waren.
PD
Platz 9 (neu): La Réserve Eden au Lac, Zürich
Ja!!! Dem frisch erblühten La Réserve Eden au Lac hinter der Oper ist nach dem zweijährigen Umbau ein veritabler Coup in der oftmals deprimierend gleichförmigen Hotelwelt und der direkte Einstieg in die Top Ten gelungen. Die Mauern aus dem Jahr 1909 kontrastieren aufs Vortrefflichste mit dem wertigen, maritim geprägten Design von Philippe Starck. Zwar hat der moderne Jachtclub-Stil wenig mit Zürich zu tun, doch immerhin liegt das Hotel ja (am viel befahrenen Utoquai) am See. «Ein Platz, an dem man seine Alltagssorgen vergessen kann», sollte es laut Starck werden, und das ist vollauf gelungen, sei es in den 40 Zimmern, dem Hauptrestaurant mit Bar im Erdgeschoss und im Besonderen im japanisch-peruanischen Restaurant La Muña, das sich im Dachgeschoss unter offener Balkenkonstruktion befindet und über zwei Dachterrassen verfügt. Die Formkurve des jungen Teams zeigt steil nach oben, die Küche in den beiden Restaurants ist vollkommen unkompliziert, wunderbar leicht zugänglich und maximal genussvoll, so dass einfach jeder Gast etwas damit anfangen kann. Fazit: Der interessanteste Neuzugang im Land.
Platz 8 (Vorjahr: 2): Four Seasons Hotel des Bergues, Genf
Die älteste Genfer Luxusherberge (1834) verbindet den Prickeleffekt eines Grandhotels mit der Herzlichkeit und Individualität eines Boutiquehotels. Die Faszination einer grossen Tradition geht hier mit einem modernen Verständnis von Service einher: Kein anderes Hotel der Stadt versammelt eine so grosse Anzahl von engagierten Mitarbeitern quer durch sämtliche Abteilungen. Gleichermassen beliebt bei Übernachtungsgästen und Einheimischen ist das japanische Rooftop-Restaurant Izumi, und das Spa mit kleinem Hallenbad in der Dachetage sorgt für entspannende Momente. Allerdings wirken die öffentlichen Räume etwas beengt und das Interior Design könnte – einschliesslich den Blumenarrangements in der Lobby – von fast jeder anderen städtischen Niederlassung der kanadischen Hotelgruppe geklont sein. Im selben Besitz wie das «Des Bergues» befindet sich das 150 Meter entfernte, wegen den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ab Ende August für unbestimmte Zeit schliessende Le Richemond.
Platz 7 (Vorjahr: 9): Baur au Lac, Zürich
Im Hotelgarten mit Blick auf See und Alpen kann man sich stilvoll vom Trubel der Stadt zurückziehen und trotzdem mittendrin sein. Seit 1844 werden hier Gäste empfangen, und das Baur au Lac blieb – als eines der wenigen Luxushotels in Europa – auch während dem Shutdown im Frühjahr 2020 durchgehend geöffnet, allerdings mit Belegungsraten im tiefen einstelligen Bereich. Kurz zuvor wurde die hinreissend gestaltete Brasserie «Baur’s» anstelle des früheren Restaurants „Rive Gauche“ eröffnet und vom einheimischen Publikum sehr gut angenommen. Ein echter Paukenschlag für das ansonsten überkonservative, doch über die Jahre stets erfolgreich wirtschaftende Haus, das nun zwei Ränge gutmachen kann.
Platz 6 (Vorjahr: 8): Victoria-Jungfrau, Interlaken
Das 164-jährige Grandhotel mit Blick auf das Jungfraumassiv bietet verschiedene Stimmungswelten unter einem Dach: Wer gerne grosses Kino mit Sehen und Gesehenwerden in weitläufigen Belle-Epoque-Hallen mag, ist im Victoria-Jungfrau ebenso gut aufgehoben wie jene Gäste, die einfach mal ein paar Tage genüsslich abtauchen oder im Spa Nescens zu neuer Gesundheit und Lebensenergie finden wollen. Die klare Haltung des Hoteldirektors Peter Kämpfer ist an allen Ecken und Enden spürbar – und das bestens motivierte Team heute so «wach» und aufmerksam wie schon seit Jahren nicht mehr. Soeben wurden vierzig Zimmer im ersten und zweiten Stock des «Jungfrau»-Trakts komplett erneuert, darunter die Suite 250: eine gelungen extravagante Reminiszenz an die Goldenen Zwanziger des letzten Jahrhunderts. Im Restaurant La Terrasse begeistert Küchenchef Stefan Beer mit dem drei- bis sechsgängigen «Menu Vo Hie» mit Zutaten aus einem Radius von vierzig Kilometern, wahlweise auch in veganer Variante.
Platz 5 (Vorjahr: 5): La Réserve Genève, Genf
Hatten in der Vor-Corona-Zeit oftmals die innerstädtischen Luxushotels die besseren Belegungszahlen (vom Hochsommer mal ausgenommen), hat sich der Wind zugunsten der City-Resorts gedreht. Städtereisende schotten sich heute lieber in urbanen Refugien fern den Menschenmassen ab. Die Genfer «Réserve» liegt in einem grossen Garten fünf Kilometer ausserhalb des Zentrums. Der Privatstrand ist durch eine Unterführung unter der Seestrasse erreichbar. Das Interieur wurde in cooler Opulenz im Stil einer urbanen Lodge mit vielen exzentrischen Accessoires durchgestaltet und strahlt eine heitere Atmosphäre aus. Auch die drei Restaurants überzeugen, doch kommen manche Zimmer und Korridore in die Jahre: zu viele Schrammen an den Wänden, zu viel Kalk in den Bädern. Das Spa Nescens zählt zu den schönsten im Land und setzt verstärkt auf vier- bis siebentägige Better-Aging-Kuren: Erholungssuchende, die für einige Tage den grossen Offline-Modus suchen und sich dabei Klarheit über ihren Gesundheitszustand verschaffen möchten, können hier in sinnlicher Ambiance ihre Reserven aufladen. Ein Boots-Shuttle verbindet das Hotel mit dem Stadtzentrum.
PD
Platz 4 (Vorjahr: 4): Fairmont Le Montreux Palace, Montreux
Ein Klima zu schaffen, das Mitarbeiter dazu veranlasst, die berühmte Extra-Meile zu gehen, und das nicht nur einmalig, sondern dauerhaft, ist die Herausforderung jedes Hoteliers, und Michael Smithuis gelingt dieses Kunststück im Montreux Palace seit nunmehr siebzehn Jahren. Der stets wohlgemute Holländer ist persönlich sehr mit dem Hotel und der Waadtländer Riviera involviert, und seine Begeisterung versteht er auf die Menschen in seinem Umfeld zu übertragen. Als Sinnbild für das entspannte Lebensgefühl im Belle-Epoque-Palast steht der legendäre Konzertflügel in der Hotelhalle im ersten Stock. Dieser wird fast täglich und zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten spontan von Hotelgästen bespielt – von der zehnjährigen Diplomatentochter ebenso wie vom prominenten amerikanischen Jazzmusiker, der sich mal für eine Woche am Genfersee erholt. Nur eines würde man dem Montreux Palace, das in den letzten Jahren fünfmal den Besitzer gewechselt hat, wünschen: Dass der heutige, deutsche Eigentümer Bernard Broermann etwas weniger auf die Rendite und etwas mehr auf qualitative Erneuerungen achten würde. Sonst riskiert das schöne Haus, bald an Relevanz und Ansehen zu verlieren.
Platz 3 (Vorjahr: 7): Les Trois Rois, Basel
Im «Drei Könige» am Rheinufer gehen seit mehr als 300 Jahren Gäste ein und aus, länger als in allen anderen Grandhotels dieses Rankings. Es ist zeitlos und elegant, leicht exzentrisch und voller Antiquitäten, Raritäten und Kuriositäten. Hier kommt nostalgischer Luxus ohne Aufheben, dafür mit dem beherzten gewissen Etwas daher. Direktorin Tanja Wegmann führt das Haus, als wäre es ihr eigenes und ist stets nah am Geschehen dran – vor und hinter den Kulissen. «Die Mitarbeiter müssen wie vom Hotelvirus angesteckt werden», sagt die agile Baslerin. Den anderen, hoffentlich nur temporären Virus hat das «Trois Rois» gut im Griff und setzt die derzeit erforderlichen Schutzmassnahmen ebenso diskret wie akribisch um. Im Gourmetrestaurant Cheval Blanc (drei Michelin-Sterne, frühzeitig reservieren) beeindruckt Spitzenkoch Peter Knogl unverändert mit seiner Geradlinigkeit und Produktverliebtheit – ganz ohne Gebrüll, auch nicht medial –, während in der Brasserie seit dem letzten Herbst Urs Gschwend kulinarischen Anspruch mit viel Lockerheit verbindet.
PD
Platz 2 (Vorjahr: 3): The Dolder Grand, Zürich
Für ein City-Resort mag das Dolder Grand wenig freie Aussenflächen oder stille Plätzchen unter freiem Himmel bieten, doch ist die Atmosphäre entspannter und heiterer als in früheren Jahren. Hat man einmal in der Zürcher Designikone eingecheckt, fühlt man sich weit weg von allem und ist doch nur wenige Minuten von der City entfernt. Unverändert sind die öffentlichen Räume von feinster Kunst durchwirkt, darunter Andy Warhols riesiger Eyecatcher «Big Retrospective Painting» in der Lobby, wo neuerdings auch die Bar untergebracht ist (die Rezeption wurde zum Concierge in die Eingangshalle transferiert). Die Gastronomie, sei es im «The Restaurant» beim Herdvirtuosen Heiko Nieder oder im einfacheren «Saltz» mit grandioser Panoramaterrasse, hat hier einen hohen Stellenwert. Auch im Spa und in den Zimmern ist alles mit Liebe gemacht, natürlich auch mit grossen Investitionen, doch nirgends wurde Geld lieblos eingesetzt und nichts ist überkandidelt. Die Corona-Ära wird mit viel Abstand und wenig Masken gemeistert. Das Team ist mit Herzblut bei der Sache, alles geschieht in maximaler Achtsamkeit, und das gut eingespielte Direktorengespann Mark Jacob und Markus Granelli definiert Gastfreundschaft zunehmend mit persönlichen Momenten, die in Erinnerung bleiben. Speziell: Noch bis zum 22. August hat das libanesische Pop-up-Restaurant von Firas El-Borji auf der Bar-Terrasse geöffnet.
PD
Platz 1 (Vorjahr: 1): Beau-Rivage Palace, Lausanne
Etwas Magisches geschieht, wenn man durch die Drehtür ins Beau-Rivage Palace tritt. Ein Cinderella-Moment, in dem die Welt, für eine kurze Weile, wunderbarer wird als sie wirklich ist: vergnügter, aufgeweckter, weicher, so als würde Gershwin’s «Rhapsody in Blue» durch die Hallen und Parkanlagen schweben. In einer Region, die mit gloriosen Hotels gesegnet ist, überstrahlt diese «grande dame» alle anderen Nobelabsteigen. Und in dieser Zeit, die keine rosigen Aussichten für die Stadthotellerie bereithält, stillt das Traditionshaus die Sehnsucht nach einer schwerelosen Ambiance besser als jedes andere Stadthotel im Land. Gleichzeitig sorgt Direktorin Nathalie Seiler-Hayez für gehaltvolle Substanz in allen Bereichen. Das Wellbeing-Konzept im frisch erneuerten Cinq Mondes Spa überzeugt ebenso wie die moderne französische Cuisine im Restaurant Anne-Sophie Pic oder die japanischen Spezialitäten im kleinen Sushi- und Teppanyaki-Lokal Miyako. Und zum wiederholten Sieg des Beau-Rivage Palace trägt die entspannte Effizienz des Hotelteams bei. Von der Rezeptionistin über die Zimmermädchen bis zum Barmann denken alle mit und geben ihr Bestes, die Gäste zu umsorgen. Nathalie Seiler-Hayez weiss: «Ein unmotivierter Mitarbeiter, und sei es nur ein einziger, kann das ganze Erlebnis, das wir vermitteln wollen, zunichte machen.» In den kommenden zehn Monaten wird der «Beau-Rivage»-Flügel komplett renoviert, dafür haben die Gäste im bereits erneuerten «Palace»-Flügel derzeit doppelt so viel Platz in den öffentlichen Bereichen.
Das Mantra erfolgreicher Stadthotels in den letzten zwei Jahrzehnten war, sich ihrer Stadt zu öffnen und zur Drehscheibe des lokalen Lebens zu werden. Das hat sich nun gewendet: Eine gewisse Abschottung vom urbanen Trubel ist für Städtereisende heute attraktiver als mittendrin zu sein.
Entsprechend hat sich das Blatt zugunsten der City-Resorts gewendet, die sich nun als sichere Häfen des Rückzugs und der Begegnung positionieren können – und zudem mit einem gewissen Ferienfeeling in der Stadt aufwarten. So ist man im Beau-Rivage Palace in Lausanne und im Dolder Grand in Zürich gefühlt weit weg vom Alltag und doch nur einen Katzensprung von der Innenstadt entfernt. Dasselbe gilt für das Palafitte in Neuchâtel oder die La Réserve Genève. In den Nachbarländern bieten das Belmond Hotel Cipriani in Venedig, das Hotel de Russie in Rom, das Four Seasons Hotel Firenze oder das Brenners Park-Hotel in Baden-Baden dieses Privileg – und erfahren nach der Stunde null ein halbwegs passables Comeback.
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Auf der anderen Seite des städtischen Spektrums gelingt es kleinen, ortsgebundenen Individualhotels, ein Flair der Behaglichkeit und des persönlichen Vertrauens zu schaffen und damit vermehrt Freizeitreisende anzuziehen. Hat man sich einmal im J.K. Place Paris, im Ett Hem in Stockholm oder in der Münchner Stadtresidenz Beyond by Geisel eingerichtet, ist es ein bisschen wie bei Freunden zu Besuch, aber mit besserem Service.
Platz 10: Hotel de Russie, Rom
Ein gutes Hotel erkennt man daran, dass sich die Gäste ganz selbstverständlich darin bewegen – weil sie so entspannt sind und sich wohlfühlen. Das Hotel de Russie ist so Hotel. Alles ist wohnlich eingerichtet und fühlt sich ein bisschen wie zu Hause an – nur besser. Die Zimmer bieten dem Gast alles, was er braucht, aber nichts Unsinniges darüber hinaus. Eingerichtet wurden sie von Olga Polizzi, der Schwester von Sir Rocco. Die Lage bei der Piazza del Popolo und zu Füssen des Stadtparks Villa Borghese ist super. Wer einigermassen fit ist, kann sämtliche Sehenswürdigkeiten Roms zu Fuss erreichen. Das Problem ist nur: Wer einmal im Hotel de Russie angekommen ist, will eigentlich gar nicht mehr raus. Der «Giardino segreto» im Innenhof ist zu schön. Man sitzt unter Palmen und Eiben und es duftet nach Rosen, Jasmin, Zitrusfrüchten, Rosmarin und Lavendel. Die Terrassen der beiden Restaurants und der Hotelbar sind Teil des berauschenden Grüns.
Platz 9: Brown’s Hotel, London
Das älteste Londoner Fünfsternehaus – seit 1837 – ist ein Reservat britischer Lebensart («I don’t stay in a hotel, I always go to Brown’s») und strahlt eine Gelassenheit aus, die auch das beste Architekturbüro nicht planen und sich ein Hotel nur über viele Jahrzehnte erarbeiten kann. Es wurde von der Rocco-Forte-Gruppe so dezent renoviert und wiederbelebt, dass man die Neuerungen kaum bemerkt. Nichts stört das Auge, nichts ist zu hell oder zu grell. Alles ist von distinguiertem Glanz – das Messing, das Parkett, der Afternoon Tea und das Lächeln der Mitarbeiter. Die Salons sind die stimmungsvollsten der Stadt und die öffentlichen Toiletten (vor allem diejenigen der Ladies) schöner als mancher Ballsaal. Auch die Lage an der hübschen Albemarle Street im Mayfair-Viertel ist privilegiert und bietet Ruhe trotz Grossstadt.
Platz 8: Four Seasons Hotel Firenze, Florenz
Mit seiner prunkvollen Architektur macht das Gebäude-Ensemble der Renaissancestadt alle Ehre. Und dank dem riesigen Innenhofgarten fühlt man sich ein bisschen wie auf einem toskanischen Landgut – mit dem Vorteil, dass man die Museen und Trattorien um die Ecke weiss. Für viele Reisende ist das 2008 eröffnete Four Seasons Hotel Firenze eine der schönsten Stadtoasen der Welt, zudem versteht es das Hotelteam unter Massimiliano Musto, sich flexibel und situationsabhängig auf jeden Gast einzustellen und herauszuspüren, was Menschen individuell glücklich macht. «Die Gäste kommen zu uns, weil sie wissen, dass wir ihnen Florenz auf eine Art zeigen, wie nur wir es können», sagt der Hausherr.
Platz 7: Belmond Cadogan Hotel, London
Das «Cadogan» beweist, dass sich ein Hotelklassiker trotz Totalrenovation treu bleiben und seinen kunstsinnigen, stark vom Chelsea-Viertel geprägten Bohème-Charakter behalten kann statt zu einem weiteren neutral glitzernden Luxustempel zu werden. Das von Belmond gemanagte Haus ist ortsgebunden und zeitlos, mischt Altes und Neues mit augenzwinkerndem Esprit und überrascht mit mehreren hundert interessanten Werken moderner Kunst. Die Zimmer sind wertig, chic, wohnlich, der Service ist aufmerksam und individuell, ausserdem gibt es nicht nur Räume zum Schlafen, sondern auch solche für den Morgen, den Nachmittag, für geplante oder ungeplante Begegnungen. Das hat schon Oscar Wilde geschätzt, der vor 125 Jahren in Zimmer 108 verhaftet und gleich darauf zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Die dorfähnlich pittoreske Pavilion Road liegt gleich um die Ecke, und Hotelgäste haben exklusiven Zugang zum privaten Stadtgarten mit Tennisplatz an der Sloane Street direkt gegenüber dem Hotel.
Platz 6: Ett Hem, Stockholm
Unter den weltbesten Stadthotels stechen zunehmend Häuser mit tiefgestapeltem Luxus und dem verschwiegenen Charme eines Privatclubs hervor. Im «Ett Hem» ist dieser Trend auf die Spitze getrieben. Gäste fühlen sich in der hundertjährigen, von der Innenarchitektin Ilse Crawford umgestalteten Stadtvilla im ruhigen Wohnquartier wie in einem zweiten Zuhause, aber mit besserem Service. Es gibt zwölf Gästezimmer, manche mit grosszügigen Bädern, eine Reihe von gemütlichen, ineinander übergehenden Salons mit Kaminen und bequemen Sitzgruppen, eine Bar, einen Garten, ein Auto zum Ausleihen und einen Haushund, den man – wenn man möchte – zum Spazieren ausführen darf.
PD
Platz 5: J.K. Place Roma, Rom
Rom, seit 2500 Jahren im Blickpunkt der Welt, hat Schätze angehäuft, die sich kaum bewältigen lassen. «Es kommt nicht darauf an, alles zu sehen», sagt der Schriftsteller Reinhard Raffalt, «es kommt nicht einmal darauf an, das Wichtigste zu sehen, sondern sich Zeit zu nehmen und in den Rhythmus dieses aus Faulheit und Bedeutung so perfekt gemischten Stadtlebens einzutauchen.» Wer im «J.K. Place» zwischen Piazza di Spagna und Piazza Navona absteigt, fühlt sich nicht wie ein gewöhnlicher Tourist im Luxushotel, sondern wie ein Reisender zu Gast bei einem exzentrischen Freund, der für alles gesorgt hat, sich aber gerade entschuldigen lässt. Vor der Haustür landet man mitten im Leben, und dank den Insidertipps der bestens informierten «J.K.»-Crew empfindet man sich rasch als Teil der Ewigen Stadt.
Platz 4: Corinthia London
In kaum einem anderen europäischen Stadthotel hat man so ausgeprägt das Gefühl, dass das ganze Team an einem Strang zieht. Thomas Kochs verleiht dem «Corinthia» ein schlagendes Herz und hat genau die richtige Energie für das brummende, urbane 300-Zimmer-Haus. Das Gebäude zwischen Trafalgar Square und Themse wurde 1885 als Hotel unter Queen Victoria erbaut, dann aber jahrzehntelang zweckentfremdet und erst 2011 als das heutige «Corinthia» eröffnet. «Während die alteingesessenen Londoner Hotels stark auf ihre Geschichte und die entsprechenden Erwartungen der Stammgäste Rücksicht nehmen müssen, können wir leichtfüssig mit der Zukunft arbeiten», sagt Kochs, der zuvor das ehrwürdige «Claridge’s» leitete. So ist er eine Partnerschaft mit dem Trendforschungsinstitut The Future Laboratory eingegangen und führt nun bereits im dritten Jahr Symposien und Vorträge über sich abzeichnende Tendenzen in verschiedenen Wirtschaftszweigen durch. «Viele Traditionshäuser setzen zu stark auf ihre Vergangenheit und auf längst verstorbene Persönlichkeiten, die einmal dort abstiegen», meint Kochs. «Die Gründe für die Wahl eines Hotels müssen aber ganz von heute sein.»
Platz 3: La Réserve Paris, Paris
Als kleine, feine Hotelgruppe in drei Kategorien des BILANZ-Hotel-Rankings mit insgesamt vier Häusern vertreten zu sein – und dies durchwegs in vorderen Rängen –, ist einzigartig und verdient Respekt. La Réserve Paris, auf dem dritten Platz der europäischen Stadthotels, überstrahlt alle grossen Namen und Global Player an der Seine. Es spricht verwöhnte Reisende an, die das Sehen und Gesehenwerden in palastartigen Lobbys nicht ertragen, sondern raffiniertes Understatement schätzen und sich eher wie in einem exklusiven zweiten Zuhause fühlen wollen. Hier checkt man nicht ein, hier kommt man an. Und der Luxus ist nicht zu Schau gestellt, sondern dem Gast selbstverständlich als Bühne seines Auftritts, als Kulisse seiner Inszenierung überlassen. Die verschwenderische Liebe zum Detail betört und begeistert – und verdirbt die «Réserve»-Gäste nachhaltig für «normale» Hotels.
Platz 2: Belmond Hotel Cipriani, Venedig
Ein Hotel muss heute vor allem eine Seele haben und eine emotionale Bindung zum Gast herstellen. Unabhängig von der Grösse eines Hauses, geht es um dessen Charakter in einer immer gleicher werdenden Welt und um die Fähigkeit des Hotelteams, Stimmungen zu lesen, flexibel auf individuelle Wünsche zu reagieren und das Leistungsversprechen des Hotels charmant zu erfüllen. Das alles gelingt dem zweitplatzierten «Cipriani» grossartig. Es ist ein lebendiger und gleichzeitig eben auch gelebter Ort – mit Ecken, Kanten und Gebrauchsspuren. Einige der Korridore und Zimmer bedürfen einer Auffrischung, und nicht jedes Unkraut im Garten wird sofort gezupft. Dafür stimmt der Flow, und die Serenissima wird hier und von hier aus zum Erlebnis. Das hauseigene Mahagoniboot führt innert fünf Minuten zum Markusplatz und jederzeit wieder zurück auf die Giudecca-Insel. Nach einem Stadtbummel lockt der Aussenpool, der nicht nur der einzige in Venedig ist, sondern auch noch olympische Ausmasse und einen einmaligen Ausblick auf die Lagune hat.
Platz 1: Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten, Hamburg
Den Fixsternen am Hotelhimmel kommt zugute, dass sie nicht irgendeine Geschichte erzählen, sondern die Geschichte ihrer Stadt. Sie sind zum Synonym ihrer Destination geworden und machen das dortige Lebensgefühl in verdichteter Form erfahrbar, ohne dass man das Hotel je verlassen müsste. Das «Vier Jahreszeiten» an der Binnenalster verkörpert die Quintessenz von Hamburg besser als jedes andere Hotel der Hansestadt und hat seine Rolle im 21. Jahrhundert mustergültig neu definiert, indem es die Atmosphäre behaglicher Grandhotellerie mit zeitgemässen Akzenten kontrastiert, etwa dem japanisch-südamerikanischen Restaurant «Nikkei Nine» oder der geradezu genialen Gestaltung des gesamten Küchenbereichs hinter den Kulissen. Schon beim Betreten dieser lebenden Hotellegende von 1897 spürt man sofort: Das ist ein Ort von Menschen für Menschen. Im Mittelpunkt allen Handelns von Hotelier Ingo C. Peters und seinem liebenswert anpackenden Team steht der Leitsatz, die grundlegenden Dinge verlässlich gut zu machen, die Werte durchdachter Gastlichkeit hochzuhalten und wo immer sinnvoll für eine persönliche Note zu sorgen. Anders als die meisten Mitbewerber setzte das «Vier Jahreszeiten» auch beim postpandemischen Neuanfang auf ein konstant hohes Qualitäts- und Servicebewusstsein, und im Wissen, dass kaum ein Mitarbeiter mit 60 Prozent seines Nettoeinkommens in Kurzarbeit durchkommt, stockte die Besitzerfamilie Dohle sämtliche Löhne auf 100 Prozent auf. Ein Musterbeispiel, wie Loyalität nach oben entstehen kann.
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Von Normalität kann jedoch keine Rede sein. Fast alle Stadthoteliers rechnen mit einem jahrelangen Taucher. Die besten Chancen haben jene Häuser, die eine rasche Verlagerung in den Leisure-Bereich hinbekommen und den Anteil an Übernachtungen aus dem Inland und den Nachbarländern steigern können, um die fehlenden internationalen Gäste zu kompensieren.
Ein Vorzeigebeispiel ist das Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg. Beim erstmaligen Sieger unter den europäischen Stadthotels sind nicht nur die Restaurants gut von Einheimischen frequentiert, sondern bereits wieder ein gutes Drittel der Zimmer belegt, vorwiegend mit inländischen Individualgästen, die Hamburg als Kulturmetropole lieben oder als Zwischenstation auf der Fahrt an die Nord- oder Ostsee ansteuern. Der relative Erfolg des Hotelklassikers ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der klaren Ausrichtung auf wohldosiertes Lokalkolorit und ein konstant hohes Qualitäts- und Servicebewusstsein besonders auch in Krisenzeiten. Die meisten Mitbewerber schlagen den umgekehrten Weg ein, sparen alles Mögliche runter, bis es auch keine Blumen und keinen passionierten Mitarbeiter mehr gibt, und setzen voll auf Preiskampf. Solche Massnahmen kommentiert Ingo C. Peters, der langjährige Direktor des «Vier Jahreszeiten» lakonisch: «Wenn die Sparwelle in ein Hotel schwappt, merkt es der Gast immer, hingegen glauben die Manager und Besitzer stets, dass es keiner merken würde.»
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Es ist etwas überaus Beruhigendes an einem Hotel, das schon ein Jahrhundert oder noch länger mit unumgänglichen Höhen und Tiefen erlebt hat. Sitzt man in der Wohnhalle des Grand Hotel Kronenhof in Pontresina, in der Bar des Les Trois Rois in Basel oder auf der Veranda des Belmond Hotel Splendido im ligurischen Portofino, schwingt stets der trostreiche Gedanke mit, dass Covid-19 dereinst Geschichte sein wird – wie eines Tages auch die Plagen des 22. Jahrhundert (worin immer diese bestehen mögen) an den zeitlos zauberhaften Traditionshäusern vorüberziehen werden. Und so, am Ende, auch die Gäste.
Das Hotel-Ranking der BILANZ basiert auf 450 Expertentests in den letzten 18 Monaten, auf einer schriftlichen Umfrage bei 87 Schweizer Top-Hoteliers, auf den aktuellen Wertungen relevanter Reisepublikationen und Testportale sowie auf den Erfahrungen von 108 befragten Hotelkennern und Reiseprofis. BILANZ rechnete die Einstufungen dieser vier Bewertungssäulen in ein einheitliches 100-Punkte-Schema um.
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