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Die Branche boomt wie nie. Doch welche Consultants sind ihr Geld wirklich wert?
Marc Kowalsky
Platz 1 und 2 im Berater-Ranking: Joachim Stephan (Boston Consulting Group) und Michael Steinmann (McKinsey).
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Manchmal verrät schon die Adresse, in welcher Branche man sein Geld verdient: Wer etwa die Sand Hill Road im kalifornischen Menlo Park auf seiner Visitenkarte stehen hat, arbeitet ziemlich sicher bei einer Venture-Capital-Firma, etwa Kleiner Perkins, Andreessen Horowitz oder Sequoia Capital. Wer in die Rue du Faubourg Saint-Honoré in Paris pendelt, dürfte sein Salär von einer Mode-Edelmarke beziehen, Hermès etwa, Yves Saint Laurent oder Louboutin.
Wer den Zürcher Bleicherweg als Arbeitsstätte angibt, bei dem besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, Unternehmensberater zu sein: AlixPartners hat sich dort niedergelassen, McKinsey und die Boston Consulting Group (BCG) residieren gar nur 150 Meter voneinander entfernt.
Noch geringer ist der Abstand zwischen den beiden, wenn es um die Frage geht, wer die beste Consulting-Firma im Land ist. Die Antwort kennen Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, und Bianka Knoblach, Direktorin der WGMB in Bonn: Es ist BCG, hauchdünn vor McKinsey. Fink und Knoblach haben das Schweizer Consulting-Ranking zum fünften Mal exklusiv für BILANZ erstellt. Beim letzten Durchgang, 2019, lag noch knapp McKinsey vorne.
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«Wir wären selbstverständlich am liebsten weiterhin zuoberst, aber wir sehen das sportlich», sagt Michael Steinmann, Managing Partner für die Schweiz, der sich im wichtigsten Kriterium «Kundenzufriedenheit» nur um vier Punkte geschlagen geben musste. Auch in den anderen 20 Kategorien ist der Ausgang knapp: Sechs entscheidet McKinsey für sich, bei acht liegt BCG vorne, beim «Allgemeinen Ansehen» teilen sich die beiden Erzkontrahenten den Spitzenplatz.
1. Boston Consulting Group (BCG)
Schweiz-Chef: Joachim Stephan
Punkte: 405
Berater: knapp 300
Geschätzter Umsatz: ca. 210 Mio. Fr.
Lea Meienberg2. McKinsey & Company
Schweiz-Chef: Michael Steinmann
Punkte: 401
Berater: ca. 400
Geschätzter Umsatz: ca. 280 Mio. Fr.
3. Bain & Company
Schweiz-Chef: Massimo Lusardi
Punkte: 390
Berater: 250
Geschätzter Umsatz: ca. 150 Mio. Fr.
4. Oliver Wyman
Schweiz-Chef: Joris d’Incà
Punkte: 385
Berater: knapp 80
Geschätzter Umsatz: ca. 60 Mio. Fr.
5. AlixPartners
Schweiz-Chefin: Beatrix Morath
Punkte: 382
Berater: 26
Geschätzter Umsatz: ca. 20 Mio. Fr.
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Für Fink ist die Wachablösung nicht erstaunlich: «McKinsey sucht mit allen Mitteln nach dem Besten für ihre Kunden und geht dabei mit aller Konsequenz vor. Bei BCG schaut man auch schon mal auf den Folgeauftrag und ist nachgiebiger, um den Klienten nicht zu verschrecken», so seine Erkenntnis: «Das haben wir in den Kundenfeedbacks immer wieder gehört.»
Auch würden manche BCG-Berater unter dem erhöhten Verkaufsdruck leiden und frühere Freiheiten vermissen, sagt er: «Betriebswirtschaftlich freilich macht das Sinn.» Joachim Stephan, Schweizer BCG-Chef, will das nicht bestätigen. «Die Nachfrage hat sich von selbst erhöht», sagt er.
Keine Veränderung gab es auf den beiden folgenden Rängen: Bain & Company verteidigt Platz drei, Oliver Wyman etabliert sich auf Position vier. Die ursprünglich auf die Finanzbranche spezialisierte Beratung hat zuletzt drei neue Practices aufgebaut: Prozessindustrien (Chemie, Stahl), Life Sciences und Private Capital. Als Nächstes rücken Konsumgüter in den Fokus.
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Erstmals in den Top 5 platzieren konnte sich AlixPartners. Eine Überraschung, denn während Bain und BCG auf mehr als ein halbes, McKinsey sogar fast auf ein ganzes Jahrhundert Erfahrung zurückgreifen können, ist Alix, geführt von der ehemaligen Roland-Berger-Chefin Beatrix Morath, erst seit Oktober 2014 auf dem Markt. «Als neuer Stern am Schweizer Markt leuchtet AlixPartners aussergewöhnlich hell», nennt es Fink. Entsprechend stolz ist Morath auf ihr nur 26 Berater grosses Team: «Anders als die Alteingesessenen haben wir nicht so viele Alumni, die den Namen in den Markt tragen.» Alix lebt zu einem guten Teil von Weiterempfehlungen, etwa von Anwälten oder Private-Equity-Firmen für deren Portfoliofirmen.
In den letzten Jahren hat Alix ihre ureigene Positionierung als Restrukturierer erweitert, etwa in Richtung Risikomanagement, Post Merger Integration oder Carve-out: «Wir kommen immer dann, wenn es wirklich ernst ist», sagt Morath. Und anders als die anderen setzt Alix nicht auf das klassische Pyramidenmodell (wenige Partner, einige Projektleiter, viele junge Consultants), sondern auf eine Raute: Statt Uniabgängern werden primär gestandene Manager aus der Industrie eingestellt.
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«Unsere Leute haben im Schnitt 13 bis 16 Jahre Branchenerfahrung», sagt Morath – und oft eine grundverschiedene Perspektive. «Mit Alix können wir ganz anders reden als mit anderen Beratern», das hört Fink oft in den Kundengesprächen. Kein Wunder, haben inzwischen auch andere Consultants den Trend zu erfahrenen Managern aufgegriffen.
Zum ausführlichen Ranking geht es hier.
Auffallend: Strategy&, der Beratungsarm von PwC, ist in der Gesamtwertung aus den Top 5 herausgefallen und statt in sechs Einzeldisziplinen nur noch in deren vier platziert. Der Abgang von Länderchef Daniel Diemers und der Wechsel von Beratern etwa zu Oliver Wyman oder nach Berlin haben ihre Spuren hinterlassen.
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Zudem gilt Strategy& als jene Firma, die ihren Auftraggebern am wenigsten wehtun will. EY ist in der Kategorie «Allgemeines Ansehen» abgestürzt: Hierzulande kam die Firma nach einer Schlammschlacht in die Schlagzeilen, als Partner mit mutmasslich kriminellen Methoden gegen den CEO putschten.
Die Verwicklung in den Wirecard-Skandal (EY war der Buchprüfer des wegen Bilanzfälschung untergegangenen DAX-Konzerns) hat der Reputation ebenfalls schwer geschadet. Nun plant EY eine Abspaltung des Beratungs- vom Buchprüfungsgeschäft, um Interessenkonflikten zu entgehen, wenn der gleiche Kunde sowohl revidiert wie beraten werden soll – ein branchenimmanentes Problem bei den Wirtschaftsprüfern, zu denen neben EY und PwC auch KPMG und Deloitte gehören. «Da stehen sie sich selbst häufig im Wege», so Fink.
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Wohl auch deswegen ist es ihnen trotz aller Anstrengungen bisher kaum gelungen, in der traditionellen Strategieberatung Fuss zu fassen. «Der Markt ist sogar noch klarer abgegrenzt als früher», sagt Bain-Chef Massimo Lusardi: «Wir machen völlig verschiedene Dinge.»
Allen gemein ist: Sie machen derzeit so viel wie nie zuvor. Denn der Markt boomt (siehe «Steiles Wachstum» unten). «Den Consultants geht es momentan so gut wie nie», nennt es Fink: Zwar hat Corona den Markt um vier Prozent zurückgeworfen, das hat aber vor allem kleine Berater betroffen.
«Für viele Kunden hingegen wirkte die Pandemie als Katalysator für gewisse Themen, die vorher nur schrittweise abgearbeitet wurden», sagt McKinsey-Chef Steinmann. Auf einmal wurden Strategien grundlegend hinterfragt. «Die CEOs mussten mit einer viel grösseren Anzahl Veränderungen auf einmal fertig werden als die Jahre zuvor», nennt es Lusardi. Und brauchten dafür Hilfe.
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Die Schweizer Beraterumsätze sind in den letzten zehn Jahren deutlich schneller gestiegen als das BIP.
Die Folge: Letztes Jahr wuchs der Schweizer Markt wieder um zehn Prozent. Die grossen Berater profitierten davon sogar deutlich stärker: Sie melden unisono zweistellige Wachstumszahlen, bei Bain sind es gar 30 Prozent. «Bei der momentanen Nachfrage könnten wir doppelt so gross sein», drückt es Lusardi aus. Den Schweizer Gesamtmarkt schätzt Fink auf knapp 2,4 Milliarden Franken. «90 Prozent davon machen die Fortune-500-Companies aus», sagt Joris d’Incà, Chef von Oliver Wyman Schweiz.
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Die Erschütterungen der globalen Lieferketten und Nachhaltigkeit sind derzeit die grössten Themen – «ein Eldorado für Berater», nennt es Fink. Ausserdem wird die Digitalisierung weiter vorangetrieben, der Ukraine-Krieg lässt die Angst wachsen vor einer Deglobalisierung mit vermutlich immensen Folgen. Und dann sind da noch die Modethemen wie Dekarbonisierung und Purpose.
Also bauen die Berater neue Kompetenzen auf – oder kaufen sie ein: Bain akquirierte etwa Forward (Digitales Marketing), ausserdem Spike (Datenanalyse) oder Proxima (Procurement). McKinsey lachte sich etwa Vivid Economics, Planetrics und Material Economics an, alle drei im Bereich Nachhaltigkeit.
AlixPartners hat Zolfo Cooper (Restrukturierungen), Galt & Company (Strategie) und die Freeh Group des ehemaligen FBI-Direktors Louis Freeh (Compliance) an Bord geholt. «Wir sind sehr selektiv mit Akquisitionen, weil Beratung ein People-Geschäft ist und wir auf einen breiten kulturellen Fit sehr viel Wert legen», sagt BCG-Chef Stephan.
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Trotzdem hat seine Firma Inverto gekauft (Lieferketten) und Bright House (Purpose). «Vordenkertum ist extrem wichtig», sagt er, «aber nur wenige Berater können genug Geld investieren, um die ganze Breite an Expertisen abzudecken.»
Die kritische Grösse, um als Vollsortimenter dauerhaft bestehen zu können, sieht Fink bei zwei Milliarden Dollar Umsatz – das schaffen derzeit nur neun Beratungsfirmen (siehe «Mandate für Milliarden» auf Seite 46). Wer darunter liegt, muss wachsen um jeden Preis – oder sich spezialisieren (siehe Interview auf Seite 46).
Daneben machen auch immer wieder Gerüchte die Runde, dass einige der «Stuck in the middle»-Firmen einen Ausweg suchen, indem sie sich aufkaufen lassen. «Momentan halte ich das aber für nicht sehr wahrscheinlich», sagt Fink. Zumal die Erfahrungen mit Deals dieser Grössenordnung häufig nicht gut sind: Die Übernahme von Booz durch PwC oder von Monitor durch Deloitte etwa gelten als Flops.
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Mit der Nachfrage gestiegen sind die Preise, um 10 bis 15 Prozent über die letzten drei Jahre: Bei einer mittleren Consultancy starten die Tagessätze bei rund 3200 Franken für einen Junior frisch ab Uni, ein Projektleiter kostet etwa 5400, ein Senior Partner rund 12'000 Franken am Tag. Kleinere Beratungsfirmen liegen teils deutlich darunter, die Big Three darüber.
Wobei resultatsabhängige Bezahlung, das sogenannte Value Based Pricing, immer wichtiger wird: 30 Prozent der Berater bieten dies schon an, hat Eva Manger-Wiemann von der Metaconsulting-Firma Cardea herausgefunden, das Unternehmen berät bei der Wahl des richtigen Beraters.
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Immer häufiger werden die Honorare kundenindividuell angepasst: «Es gibt unendlich viele Preismodelle», sagt BCG-Chef Stephan. Allen gemeinsam ist: Sie lohnen sich – für die Berater. Denn die Margen bei den grossen Consultants bewegen sich um die 40 Prozent, manche schaffen gar 60 Prozent.
Also wollen sie alle wachsen: BCG plant, hierzulande rund 120 Mitarbeiter einzustellen, McKinsey und Bain jeweils über 100 – pro Jahr! Doch das erweist sich als zunehmend schwierig. «Für junge Menschen ist eine Karriere in der Beratung nicht mehr so attraktiv, sie legen mehr Wert auf die Work-Life-Balance», sagt Manger-Wiemann.
Die Firmen reagieren: Bei Oliver Wyman können die Berater zwei Monate am Stück freinehmen, bei McKinsey das Pensum auf 80 oder 90 Prozent reduzieren, wobei die zusätzlichen Ferientage in bestimmten Zeiträumen (etwa über die Festtage) bezogen werden müssen.
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«Es gibt auch Partner und Senior Partner, die Teilzeit arbeiten», sagt Steinmann. Zudem wird vermehrt im Homeoffice gearbeitet statt im Büro oder beim Kunden, was den Pendel- und Reisestress etwas mildert. «Aber Consulting wird nie vollständig remote sein», sagt Lusardi. Auch die Saläre haben angezogen: Sechsstellige Eintrittsgehälter für Hochschulabsolventen sind inzwischen keine Seltenheit mehr.
Das Ranking wurde von Februar bis Juni 2022 erhoben. Hauptkriterium war die Zufriedenheit mit der Beratungsleistung von 18 Schweizer Consulting-Firmen. Zudem wurden die wahrgenommenen Fähigkeiten der Berater in Fachbereichen und im Hinblick auf die wichtigsten Erfolgsfaktoren evaluiert.
Abgefragt wurden die Leistungen von Accenture, AlixPartners, Bain & Company, BearingPoint, Boston Consulting Group (BCG), Capgemini, Deloitte, Ernst & Young (EY), Helbling, Horváth, Kearney, KPMG, McKinsey, Oliver Wyman, PricewaterhouseCoopers (PwC), Roland Berger, Simon-Kucher & Partners und Strategy&. Bei den Revisoren wurde nur der Bereich Management Consulting einbezogen.
Das Ranking basiert auf den Antworten von 367 Kadern von Schweizer Firmen, die in den letzten drei Jahren Beratungsprojekte mit den Consultants durchgeführt haben. 222 Teilnehmer füllten den Fragebogen über die BILANZ-Website aus, 145 wurden direkt befragt.
Zwischen diesen Teilstichproben bestehen keine systematischen Abweichungen. Gestaltet und ausgewertet wurde die Umfrage von Dietmar Fink, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, und Bianka Knoblach, Direktorin der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung.
Nähere Infos: www.wgmb.org
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Berater war immer schon ein High-Performance-Job. So fordernd wie jetzt aber war er noch nie. Die Auslastung liegt fast überall zwischen 85 und 100 Prozent. «Das ist ungesund, zudem fehlt Zeit für die Weiterbildung», so Fink. «Dass die Leute nicht ausbrennen, ist für mich derzeit eine der grössten Herausforderungen», sagt Joris d’Incà von Oliver Wyman.
Kein Wunder, springen viele ab, wechseln in die Industrie oder gründen ein eigenes Start-up: «Dass Projektleiter gehen oder Leute auf dem Sprung zum Partner, das hatten wir früher so nicht», sagt d’Inca. «Das schmerzt enorm, denn die sind die Pfeiler.»
Die Personalknappheit ist denn auch das Einzige, was die Berater-Bonanza bremst. Denn eine Abschwächung der Nachfrage ist nicht in Sicht, im Gegenteil: «Wir müssen uns darauf einstellen, dass die gegenwärtigen Krisen keine einmalige Welle darstellen, sondern einen neuen Dauerzustand», sagt BCG-Chef Stephan. Weshalb auch die Implementation immer lukrativer wird: «Wenn die Frequenz der Krisen zunimmt, kann man mit der Umsetzung nicht drei bis fünf Jahre warten, sondern braucht sofort Ergebnisse», so Alix-Chefin Morath.
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Bei einem Wirtschaftsabschwung sieht Manger-Wiemann weitere Wachstumsfelder: «Dann werden Restrukturierungen und Sanierungen noch stärker gefragt sein.» Gerade in konsumnahen Branchen, die als erste darunter leiden, wenn wegen Jobverlust und Inflation die Haushaltseinkommen sinken.
Also werden die Berater ihre Büros weiter verdichten wie McKinsey, zusätzliche Stockwerke mieten wie Bain, das Prinzip des eigenen Schreibtisches aufgeben wie BCG. Bei Oliver Wyman reicht das alles nicht mehr. Das Zürcher Office, ein verwinkelter Bau aus den 1970er Jahren, platzt aus allen Nähten, Reserven gibt es keine mehr. Deshalb sucht Joris d'Incà jetzt einen neuen Standort. Zurzeit ist er in Verhandlungen für drei konkrete Objekte. Eines davon befindet sich – wie könnte es anders sein? – am Bleicherweg.
Studienautoren Bianka Knoblach (WGMB) und Dietmar Fink (Hochschule Bonn-Rhein-Sieg).
ZVGStudienautoren Bianka Knoblach (WGMB) und Dietmar Fink (Hochschule Bonn-Rhein-Sieg).
ZVGDie Studienautoren Dietmar Fink und Bianka Knoblach über die Ergebnisse des Berater-Rankings.
Frau Knoblach, die Kunden sind insgesamt weniger zufrieden als in der letzten Umfrage, in 19 der 20 Einzeldisziplinen schneiden die Consultants schlechter ab als 2019. Sind die Berater schlechter geworden oder die Kunden anspruchsvoller?
Bianka Knoblach: Weder noch. Die grossen Berater kümmern sich seit einigen Jahren immer mehr um operative Themen, mit denen man beim Kunden nicht die gleiche Begeisterung auslösen kann wie mit visionären, strategischen Projekten. Da ruft der Kunde nicht gleich Hurra, wenn es funktioniert.
Herr Fink, in den meisten Kategorien erreicht der Bestplatzierte weniger als 80 Prozent der möglichen Punkte. Sind die Berater gar nicht so gut, wie sie selber meinen?
Dietmar Fink: Werte um 80 Prozent kann man als sehr gut beurteilen. Über diese Schwelle schaffen es nur sehr wenige Berater. Nicht, weil sie zu schlecht wären, sondern einfach deshalb, weil die Kunden bei der Evaluation nicht zum Überschwang neigen. Viele verfahren da nach dem Motto: Nicht gemeckert ist genug gelobt.
Die drei grossen Beratungen dominieren den Markt und das Ranking seit Jahren. Haben die kleinen Consultants langfristig überhaupt noch eine Chance?
Knoblach: Es gibt eine Handvoll Boutiquen, die mit einem sehr spitzen Leistungsangebot in ihrem Spezialgebiet auf Augenhöhe mit den grossen Beratern konkurrieren. In solchen Nischen konnte man in den letzten Jahren sehr gut leben – und wohl auch auf Dauer.
Erleben wir also eine Zweiteilung des Marktes?
Fink: Wir laufen wohl langfristig in eine solche Zweiteilung hinein. Fakt ist: McKinsey macht global etwa 12 Milliarden Dollar Umsatz und Kearney rund 1,5 Milliarden. Wenn beide um zehn Prozent wachsen, dann ist der Abstand zwischen ihnen in absoluten Zahlen am Ende des Jahres um über eine Milliarde Dollar grösser geworden.
Was müssen die mittelgrossen Player tun, um zu überleben?
Fink: Im Grunde gibt es zwei Optionen: ein Wachstumskurs um jeden Preis oder eine Fokussierung auf bestimmte Kernthemen und -branchen.
Wie sieht der Schweizer Beratermarkt in drei Jahren aus?
Knoblach: Ob es weiter so steil bergauf geht wie in den vergangenen Jahren, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der Weltwirtschaft ab. Von den Akteuren her rechne ich damit, dass wir auch weiterhin McKinsey, BCG und Bain als Dreigestirn an der Spitze des Marktes sehen werden. Oliver Wyman hat nicht nur aufgrund der Stärke im Finanzsektor gute Chancen, sich als Nummer vier zu etablieren. Ich rechne zudem mit einem Comeback von Roland Berger, die nach einer längeren Schwächephase wieder deutlich Boden gutmachen.
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