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Inside Bahnhofstrasse

Aschenputtel mit saftiger Rendite

SGS bietet hohe Rendite plus Kurspotenzial; ­Aluflexpack wurde zu ­heftig in den Keller ­geprügelt; ­Ypsomed bleibt Börsendarling.

Frank Goldfinger

Frank Goldfinger

Präsident Calvin Grieder und CEO Frankie Ng (im Bild) ­steuern mit SGS besseren Zeiten entgegen.

Präsident Calvin Grieder und CEO Frankie Ng (im Bild) steuern mit SGS besseren Zeiten entgegen.

Keystone

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Eines der attraktivsten Geschäftsmodelle pflegt SGS. Im Jahr 1878 kam Henri Goldstuck im französischen Rouen auf die Idee, im Auftrag von Exporteuren Menge und Qualität von Getreidelieferungen auf Handelsschiffen zu kontrollieren. Heute ist der in Genf ansässige Konzern, gelenkt von Präsident Calvin Grieder (68) und CEO Frankie Ng (58), die weltweite Nummer eins in der Inspektion und Zertifizierung von Rohstoffen, Konsumgütern, Nahrungsmitteln, Fabriken oder Materialien.

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Zwar sind die Wachstumsraten nicht exorbitant, dafür stetig. Dennoch gehören die Aktien zu den Börsen-Mauerblümchen. Innert zwei Jahren haben sie 40 Prozent an Wert eingebüsst. Der starke Franken drückt auf die Resultate. So stieg der Umsatz im ersten Halbjahr 2023 um 8,5 Prozent, in heimischer Währung blieben magere 0,9 Prozent. Gegen die Frankenstärke kann SGS nichts ins Feld führen. Dafür wird auf der Kostenseite mit einem Restrukturierungsprogramm angesetzt. Zudem erfährt das Beteiligungsportfolio mit Blick auf eine Konzentration der Aktivitäten eine laufende Bereinigung.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.

Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

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Das Management will den Umsatz über die nächsten Jahre im hohen einstelligen Prozentbereich steigern. Die Erfolgschancen stehen gut: Der globale Trend zu mehr Regulierung, Outsourcing und Privatisierung ist Wachstumstreiber. Für die Aktien spricht auch ein fürs kommende Jahr geschätztes attraktives Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 19 und von 18 für 2025. Zwar ist nicht so schnell mit anziehenden Kursen zu rechnen. Doch das Warten versüsst eine hohe Dividendenrendite von 4,5 Prozent.

Kurspotenzial

Noch Ende Mai empfahl ich die Aktien von Aluflexpack zum Kauf. Doch seither rauschte der Kurs um 48 Prozent in die Tiefe. Denn kurz nach meinem Tipp zogen Franken wie auch Kosten überraschend stark an. Dazu gesellten sich fallende Aluminiumpreise, die der Verpackungshersteller an die Kunden weitergab. Das zerzaust die Ertragslage.

Dagegen liefert der Branchenprimus immer noch ein anständiges Wachstum: In den ersten neun Monaten stieg der Umsatz um 10,8 Prozent. Im Oktober schnitt das Management die Prognosen für das letzte Jahr zurück, mittelfristig jedoch hält es an den Zielen fest. So wird in absehbarer Zeit mit einer Erholung der Nachfrage gerechnet. Dafür sprechen auch die wieder steigenden Aluminiumpreise.

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Vor diesem Hintergrund gerieten die Valoren zu stark unter die Räder, sie sind klar unterbewertet: Obwohl Aluflexpack stärker wächst als die Konkurrenz, weisen die Aktien einen Abschlag von einem Drittel zur Peergroup auf. Das lässt sich auch an einem für 2024 und 2025 geschätzten KGV von 9,6 respektive 7,4 ablesen. Zwar erfordern die dividendenlosen Aktien Risikobereitschaft, doch bieten sie mittelfristig viel Kurspotenzial. Dieser Meinung sind auch die meisten Banken, die Aluflexpack abdecken. Das von ihnen gesetzte Zwölf-Monats-Kursziel liegt im Durchschnitt um gut 100 Prozent über dem aktuellen Preis.

Börsendarling

Bei meinen Ratschlägen braucht es manchmal etwas Glück. So empfahl ich Ende März Ypsomed. Just zu dieser Zeit setzten die Aktien des führenden Herstellers von Injektions- und Infusionssystemen für die Selbstmedikation zu einem unglaublichen Höhenflug an; bislang resultierte ein Plus von 67 Prozent. Solche Gewinne schreien danach, ins Trockene gebracht zu werden, sprich, die Medtech-Titel zu verkaufen. Zumal sie inzwischen mit einem geschätzten KGV von 52 happig bewertet sind.

Allerdings boomt das Geschäft mit Injektionssystemen – nicht zuletzt wegen des Hypes um die Abnehmspritzen –, die Gewinne sprudeln. Über die nächsten drei Jahre prognostiziert Vontobel annähernd eine Vervierfachung des Gewinns. Bereits 2024/25 sinkt das KGV auf 33, ein Jahr später sind es noch 21. Dank der fantastischen Wachstumsstory bleiben die Papiere Börsendarlings. Die starke Expansion fordert die Führungskräfte. Doch Konzernchef Simon Michel (46) ist für den Freisinn in den Nationalrat eingezogen. Ob er die Doppelaufgabe stemmt, wird sich weisen.

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Bittersüss

«Die Aktien sind höchst risikoreich: Bei Markterfolgen schiessen sie durch die Decke, bei Flops droht Totalverlust.» So schrieb ich im Sommer 2021 über Evolva. Sie wissen es wohl, das Zweite ist eingetreten. Niemand wollte mehr Cash in die Basler Biotech-Firma pumpen, nun wird sie für 20 Millionen Franken nach Kanada verscherbelt. Die Aktionäre werden mit einem Trinkgeld abgespeist.

Dabei hat der Hersteller biotechnologischer Zusatzstoffe für Nahrungsmittel und Kosmetika mehrere marktfähige Produkte im Angebot. Doch deren Umsätze blieben klein, ein Gewinn war nicht in Sicht. Dessen ungeachtet liebten die Anleger Evolva als heisse Spekulation. Das Zauberwort hiess Eversweet, ein kalorienfreier pflanzlicher Süssstoff. Der amerikanische Agroriese Cargill übernahm die industrielle Produktion; doch diese erwies sich als komplexer und kostspieliger als erwartet. Das erhoffte Milliardengeschäft floppte.

Ob Evolva mit frischem Geld je einmal zum Fliegen gebracht worden wäre, weiss ich nicht. Doch das unrühmliche Ende wird das Misstrauen der Investoren in andere Biotech-Aktien noch verstärken. Darunter leiden auch Unternehmen, deren Zukunft vielversprechend erscheint.

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