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Partners-Group-Co-Gründer Fredy Gantner ist die schillerndste Figur der Schweizer Wirtschaft. Was treibt ihn an?
Kraftpaket: Der EU-Kritiker in der Firmenzentrale der Partners Group in Baar.
Joseph Khakshouri für BILANZWerbung
Schon als Student hatte Fredy Gantner ein spezielles Hobby. Zusammen mit seiner Frau Cornelia und den ersten Kindern – bei der Familiengründung war er früh – lieh er sich ein Wohnmobil und fuhr damit durch England. Das Ziel der Jungfamilie: Die schönsten Parks des Landes, das sich als Gartennation der Welt preist.
Es dauert nicht mehr lange, bis die Gantners ihren eigenen Park beziehen. Ein Grundstück von 35'000 Quadratmetern haben sie vor einigen Jahren im edlen Meggen am Vierwaldstättersee erworben. Für die Planung engagierten sie einen der bekannten Landschaftsarchitekten der Welt: Den Niederländer Piet Oudolf, der in New York die «High Line» entwickelt hat, einen Stadtgarten auf einer Hochbahntrasse, der es vor Corona zur meistbesuchten Tourismusattraktion der Metropole gebracht hat.
Allein das Grundstück in Meggen soll mehr als 70 Millionen Franken gekostet haben, das ganze Projekt dürfte in die 100 Millionen gehen. Verkraftbar bei einem Vermögen von mehr als 2 Milliarden Franken – und üppigen jährlichen Dividendenströmen: Selbst im schwierigen Corona-Jahr fliessen aus Gantners Fünf-Prozent-Beteiligung an der Finanzfirma Partners Group 37 Millionen Franken, dazu kommen üppige Erträge aus anderen Beteiligungen.
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Und so einer ist für Steuererhöhungen und Mindestlohn? Geisselt die FDP als neoliberal? Unterrichtet Bibelstunde für junge Erwachsene?
Ein Modell des Wohntraums steht in seinem Büro. Krawatte trägt er schon lange nicht mehr. Als er unlängst mit hellgrünem Janker und bunt gemusterten Socken im «Club» des Schweizer Fernsehens antrat, bekam er einige Rückmeldungen, dass er es da doch etwas zu weit getrieben habe mit der Lockerheit. Für den Fototermin mit BILANZ einige Tage später kommt der Anzug zum Einsatz. Doch heute: Rote Chino und blaues Freizeithemd über dem Gürtel – sein Standard-Bürolook. «Ich hätte mir nie erträumt, dass wir unsere Leidenschaft in dieser Form verwirklichen können», sagt er zu dem Park-Anwesen, das nächstes Jahr fertig werden soll.
Die Stimme erstaunlich sanft, die Klangfarbe seiner Aargauer Heimat unverkennbar. Dass er auch richtig laut werden kann, hat schon so mancher Mitarbeiter und Gegenspieler erlebt – im Attacke-Modus reicht seine Skala von mild-ruppig bis heftig-brutal. Doch er entschuldigt sich auch, wenn er zu weit gegangen ist. Manchmal steht er auch zu seinen Tränen. Und wie alle wirklich erfolgreichen Geschäftsleute kann er bei Bedarf eben auch eines: Hochcharmant sein. Und er kann sogar noch zuhören.
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In Schablonen lässt er sich nicht pressen. Man kann wohl sagen: Fredy Gantner ist der erfolgreichste Schweizer Wirtschaftsführer, der seinen Nonkonformismus als imaginären Orden trägt. Schon sein Glaube unterscheidet ihn: Mit 21 Jahren trat er der «Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage» bei, landläufig als Mormonen bekannt, und predigte bis vor Kurzem jeden Sonntag als Bischof. Und mit dem gleichen Elan, mit dem er vor 25 Jahren zusammen mit seinen Mitstreitern Urs Wietlisbach und Marcel Erni die Partners Group lanciert hat, geht er jetzt mit seinen Partnern auf den Entwurf des Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU los.
Zwar gibt es inhaltlich bei seiner «Allianz Kompass Europa» nichts wirklich Neues – zu lange wird das Abkommen schon in der Politik zerredet, als dass hier irgendwo frische Aspekte zum Vorschein kommen könnten. Doch Gantner hat eines erreicht: Er hat die Ablehnung aus dem SVP-Ghetto geholt. Wenn selbst die so erfolgreichen Partners-Group-Granden, bislang jedes Abschottungreflexes unverdächtig und erklärte SVP-Gegner, plötzlich so massiv gegen das Abkommen schiessen: Dann wird ein Nein plötzlich in breiten Teilen der Wirtschaft salonfähig.
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Damit wird er gleichzeitig zum Spaltpilz im engmaschigen Netz der heimischen Wirtschaftsgranden, in dem jeder irgendwie jeden kennt. Die einen bemühen die grossen Mythen der Souveränität, von Rütlischwur bis Marignano, und sehen in dem Vertragswerk eine Unterwerfung unter die bösen fremden Richter eines aggressiven Bürokratiemonsters. Die anderen orten vor allem eine pragmatische Weiterentwicklung, die dringend benötigte Rechtssicherheit mit einem grösseren Partner schaffe, wenn auch auf Kosten stärkerer rechtlicher Einbindung.
Die Spaltung geht durch alle Lager: Erfahrene Industriekapitäne wie Heinrich Fischer (Hilti, Sensirion), Giorgio Behr (BBC Group) oder Jörg Wolle (Kühne & Nagel, Olam) scharen sich hinter Gantner. Das Gegenlager tritt unter dem Namen «Progresuisse» an und zählt so gewichtige Namen wie Walter Kielholz (Swiss Re), Yves Mirabaud (Präsident Privatbanken) oder Philipp Mosimann (Bucher Industries). Bei der Bank Bär tritt CEO Philipp Rickenbacher für das Rahmenabkommen ein, Ehrenpräsident Raymond Bär dagegen.
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Ex-UBS-Chef Peter Wuffli, lange Jahre VR-Präsident der Partners Group, kämpft für den Vertrag wie fast alle «Freunde der FDP». Einzige gewichtige Ausnahme dort ist Flughafen-Langzeit-Präsident Andreas Schmid: Er hat sich auf Gantners Seite geschlagen, ganz wie der schon lange offene SVP-Anhänger Rolf Dörig von der Swiss Life. Family Affairs der besonderen Art: Eine Tochter Schmids ist mit einem Sohn Dörigs verheiratet.
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Hinter den Kulissen hat Gantner einen Kampf entfacht, wie ihn die Schweizer Wirtschaft selten gesehen hat. Praktisch alle bedeutenden Wirtschaftsführer werden angegangen. Für Progresuisse weibeln vor allem der Berner Kommunikationsprofi Lorenz Furrer, tatkräftig unterstützt von Ex-Novartis-Chefjurist Felix Ehrat und Ypsomed-Chef Simon Michel.
Allianz Kompass Europa setzt auf das Kommunikationsbüro Farner und hat mit Philip Erzinger sogar einen eigenen Geschäftsführer. Als Organisator des St. Galler Symposiums kämpfte der zwar viele Jahre für die Internationalisierung, und HSG-Rektor Bernhard Ehrenzeller ist dann auch auf der anderen Seite dabei. Doch jetzt ist er zu einem Cheerleader für seinen neuen Chef mutiert. Jeder Auftritt Gantners wird in bester Polit-Campaigning-Manier bejubelt, manchmal allerdings etwas handgestrickt – da wird in den Medienmitteilungen aus Gantner schon mal Ganter.
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Dass der 52-Jährige die Aufmerksamkeit durchaus geniesst, wird er kaum bestreiten. Die Hälfte seiner Zeit verbringt er derzeit mit dem neuen Mandat. Die Parteigranden sprechen für eine Audienz vor, selbst Aussenminister Ignazio Cassis gewährte ihm ein Treffen. Gleichzeitig kokettiert er aber auch mit seiner Unabhängigkeit. «Mein Problem ist: Ich kann mich politisch nicht genau einordnen» bekennt er freimütig. Am ehesten neigt er zur CVP, die sich neuerdings «Mitte» nennt – Präsident Gerhard Pfister, wie er in Oberägeri ZG daheim, ist politisch sein engster Sparringspartner, wenn auch weiter rechts stehend. Der FDP, bei der er mal Mitglied war, hat er abgeschworen, weil er sie für zu unsozial hält. Und die SVP? Bloss nicht. Es wirkt fast, als wolle er die Schweiz an seinem politischen Häutungsprozess teilhaben lassen.
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Bleibt die Frage: Was treibt ihn an? «Die drei sind sehr früh sehr reich geworden», sagt ein langjähriger Partners-Group-Verwaltungsrat. «Jetzt suchen sie nach neuen Zielen.» Von einer «Selbstfindungsphase» spricht ein anderer Weggefährte. Tatsache ist: Die Phase des Vermögensaufbaus ist abgeschlossen. Heute fragen sich die drei Gründer vor allem, alle mehr als zwei Milliarden schwer, wie sie ihr Geld wieder loswerden wollen. 90 Prozent seines Vermögens wolle er an die Gesellschaft zurückgeben, hat Urs Wietlisbach, der keine eigenen Kinder hat, im Sommer in BILANZ verkündet. Bei Gantner – er hat fünf Kinder – sollen es mindestens 50 Prozent sein. Zusammen betreiben die Gründer ihr eigenes Family Office PG3 in Steinhausen, und das investiert mit seinen 25 Mitarbeitern so erfolgreich, dass das Vermögen unweigerlich weiterwächst. Auch Allianz Kompass Europa ist hier angehängt – als eine Privatveranstaltung der Gründer.
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20 Stützpunkte: Er geschäftet global, doch mischt sich jetzt gross in die heimische Politik ein: Fredy Gantner am Hauptsitz.
Joseph Khakshouri für BILANZNeuer Campus: In Baar baut die Partners Group gerade ihren neuen Hauptsitz für 800 Mitarbeitende (hier ein Modell). Geplanter Einzug: 2024.
ZVGGründer: Urs Wietlisbach, Fredy Gantner, Marcel Erni (von links) bauten die erfolgreichste Finanzfirma der jüngeren Schweizer Wirtschaftsgeschichte. Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 – heute sind Krawatten out.
Gerry Nitsch/Gian Marco CastelbergDas letzte Kind geht im Herbst aus dem Haus, sein ältester Sohn macht ihn bald zum Grossvater. Das Bischofsamt in der Kirche – hier investierte er jede Woche 15 Stunden – ist im vorletzten Jahr ausgelaufen, jetzt unterrichtet er nur noch alle drei Wochen Bibelstunde in Zürich. Und nicht zu unterschätzen: Die Aufnahme im SMI war ein Ritterschlag. Lange hatten die Gründer das Ziel im Visier, letzten September war es endlich so weit. Heute ist die Partners Group an der Börse mehr als doppelt so viel wert wie Julius Bär und liegt mit 30 Milliarden Franken auf Höhe der CS.
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Und dann noch die Corona-Auferstehung: Vor einem Jahr rechneten die Gründer selbst mit einem Meltdown, die Aktie rutschte dramatisch ab. Doch die Erholung war rasant. Fühlt er sich unbesiegbar? Fredy, in Drachenblut gebadet? Motto: Ich kann alles – auch mal schnell das Rahmenabkommen bodigen? Oder hat er einfach nach abgeschlossener Vermögensbildung eine alte Leidenschaft neu entdeckt – die Politik, und das in der patriotischen Variante? Als «Sorge um sein Enkelkind», wie er behauptet?
Wohl eine Mischung aus allem. Er war schon immer der Risktaker – das liegt in der Familie. Sein Vater, der seinen Sohn mit dem gleichen Vornamen bedachte, lebte ein filmreifes Leben und war für die Politisierung des Sohnes von entscheidender Bedeutung. Mit 17 war er von zu Hause abgehauen und in die Fremdenlegion eingetreten. Er kämpfte im Indochina-Krieg, wurde verwundet und desertierte. Doch in der Schweiz hatte er sich damit strafbar gemacht, denn Dienst unter fremden Fahnen ist verboten. Er musste sogar einige Wochen in Haft. Gantner senior flüchtete nach Berlin, erlebte dort den Mauerbau und agierte sogar als Sprecher der Kommunisten, bevor er in die Schweiz zurückkehrte und eine Familie gründete.
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Er fand eine Stelle beim Bankverein und baute dort das Kreditkartengeschäft auf. Doch als die Bank von seiner Fremdenlegion-Vergangenheit hörte, kündigte sie ihm. Er meldete sich auf ein Inserat beim Gastrounternehmer Bindella und etablierte sich als Finanzchef und rechte Hand der Familie. Sehr loyal, sehr kompetent sei er gewesen, erinnert sich ein Kadermitglied. Zusammen gingen die Familien Tennis spielen. Später brachte Alfred Gantner seine Gastrokenntnisse noch im Hotel Guardaval in Lenzerheide ein, das das Ehepaar Gantner 2007 gekauft und mit viel Hingabe restauriert hat. Er starb vor vier Jahren.
Seit er Nachrichten schauen konnte, waren die grossen Weltthemen ein Thema zwischen Fredy junior und seinem Vater – die drei Jahre ältere Schwester war da weniger involviert. Der Sohn war zunächst links-romantisch unterwegs, das Privileg der Jugend, bis das Buch «Die rote Utopie» des liberalen Wirtschaftsprofessors Walter Wittmann ihn ernüchterte. Der Vater übernahm dann gern linke Positionen, um den Sohn herauszufordern, obwohl er eigentlich ein klassischer FDP-Wähler war. Fredy zeichnete sich aber vor allem schon früh durch soziales Engagement aus: Ein starker Schüler war er nicht, besonders Französisch setzte ihm zu, und so machte er nach einer Lehre bei der UBS-Tochter Cantrade nebenbei die Berufsmatura.
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Rarer Auftritt: Cornelia und Fredy Gantner am Opernball 2018 (oben).
Hervé le CunffFilmreifes Leben: Alfred Gantner senior ging zur Fremdenlegion – und wurde später Finanzchef bei Bindella.
ZVGWohntraum: 35'000 Quadratmeter Land bebauen die Gantners in Meggen LU – Bezug ist nächstes Jahr.
Niklaus WaechterFilmemacherin: Cornelia Gantner drehte in Sambia den Dokumentarfilm «That Girl».
ZVGSchon von seinem ersten Lohn legte er zehn Prozent zur Seite, und seine erste grosse Reise ging nach Jamaica, wo er als 20-Jähriger 8000 Franken seines Ersparten für kaputte Dächer eines Kinderdorfs spendete. Dieses soziale Engagement behielt er all die Jahre bei. Mit seiner Stifung «The Second Mile» unterstützt er seit mehr als 20 Jahren die Bevölkerung in Sambia, mehr als 60 Mitarbeitende zählt seine eigene NGO dort. Ja, er hat einen ansehnlichen Fuhrpark mit schönen Porsches und einigen Oldtimern, eine Wohnung in New York, ein eigenes Luxushotel und bald eine Parkvilla. Aber alle Kinder waren eben auch an der öffentlichen Schule, er geht jeden Sonntag in die Kirche und ist einer der grössten Spender des Landes. Larger than life – aber deshalb auch schwer zu fassen.
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Zusätzlich zu Steuern und Spenden zahlt er jedes Jahr den Zehnten an seine Kirche, was ihn nicht nur zum grössten Beitragszahler der Schweiz, sondern wohl auch in Europa macht. Es war sein Schwager, der Mitglied der Mormonen war und auch seine Schwester bekehrt hatte, der ihm eine Summer School an der Bingham University im Mormonenstaat Utah vermittelt hatte. Der 21-Jährige war so begeistert, dass er der Kirche beitrat. Seine Eltern, reformiert, aber keine Kirchgänger, waren überrascht. Er wurde in der Kirche in Wettingen AG aktiv und traf dort Cornelia Bose, die von Kindesbeinen dabei war und heute noch in der Regionenleitung eine herausgehobene Stellung hat. Glaube und Liebe verschmolzen. Gemeinsam ging es zum Studium zurück nach Utah, und nach dem Abschluss liebäugelte er mit einem Master an der Kennedy School in Harvard, auch das zeigte sein Politik-Interesse. Doch dann ging er zu Goldman Sachs nach New York, seine Frau begann als Journalistin bei NBC – eine Leidenschaft, die bleibt: Im letzten Jahr stellte sie den Dokumentarfilm «That Girl» über eine Frau im gemeinsamen Herzensland Sambia fertig.
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Auch bei der Gründung der Partners Group war er der Draufgänger. Der Zürcher Urs Wietlisbach baute für Goldman Sachs den Verkaufsbereich in der Schweiz auf, als Gantner nach seinen US-Jahren zu ihm stiess. Schnell heckten die beiden einen Plan aus: Arbeiten auf Kommission, damit bei jedem Deal ein satter Prozentsatz bei dem Team hängenblieb. Wietlisbach, schon immer der bessere Verkäufer, flog zu dem einflussreichen Goldman-Sachs-Partner Roy Zuckerberg nach New York und bekam die Zusage. Euphorisch kam er zurück: Endlich waren sie fast freie Unternehmer im grossen Goldman-Reich, es lockten satte Millionenboni. Doch Gantner, so will es die Firmenfama, reagierte kühl. «Super, dass du das geschafft hast. Aber ich mache mich selbstständig.»
Sein Partner war ein gewisser Marcel Erni, er betreute bei Goldman Sachs Privatkunden. Wietlisbach kannte ihn bis dato nicht. Während Gantner und Erni mit der neuen Firma schon loslegten, blieb Wietlisbach zunächst bei Goldman Sachs und stiess dann ein Jahr später dazu. Als Standort wählten sie Zug, weil Erni dort aufgewachsen war. Ein Umzug nach Zürich kommt auch heute nicht in Frage: Der neue Campus in Baar für 800 Mitarbeiter wird in drei Jahren fertig.
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Gantner, drei Jahre jünger als Erni und sieben als Wietlisbach, war immer die Zugmaschine: Er hielt das Trio zusammen. Der Verkäufer Wietlisbach, der Macher Gantner und der Analytiker Erni – das Gespann stieg zur erfolgreichsten Finanzgemeinschaft der Schweiz auf. «Sie lassen sich nicht auseinanderdividieren, das ist ihre grosse Stärke», sagt ein langjähriger Vertrauter. Die formalen Leitungsfunktionen haben sie längst abgegeben, doch der stete Wechsel von CEO und Präsidenten belegt nur eines: Das Machtzentrum bleiben die drei Gründer. Und Bestwerte wollen sie nicht in Corporate-Governance-Rankings, sondern bei der Performance erzielen. Das Geld der Investoren – mehr als 100 Milliarden Franken vor allem von Staatsfonds und Pensionskassen aus aller Welt – in hoch rentierende private Anlagen zu investieren, ist laut Gantner der «Holy Grail» der Firma, und da ist er als Chef des «Investment Oversight Committee» weiterhin die Schlüsselperson. Gegen 1000 Seiten Investmentanträge warten jede Woche zwischen Freitagmorgen und Dienstagnachmittg zur Prüfung. Wer da in seinem Polit-Engagement Langeweile vermutet, erhält schon mal ein Foto des Papierstapels mit dem Zusatz: «So sieht Langeweile bei Gantner aus.»
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Fredy Gantner in der Steuerzentrale der Partners Group. Die zentralen Investment-Entscheide laufen noch immer über ihn.
Joseph Khakshouri für BILANZGrüner Janker: Im «Club» des Schweizer Fernsehens trat Gantner eher leger auf.
Screenshot SRFNobelhotel: Das «Guardaval» in Lenzerheide haben die Gantners 2007 erworben und vollständig renoviert.
ZVGDoch dass die Gründer auch Glück hatten bei der märchenhaften Vermögensbildung, würden sie selbst nie bestreiten. 22 Prozent hielt jeder von ihnen beim Börsengang 2006, heute sind es noch 5 Prozent – doch der Aktienkurs verzwanzigfachte sich. Den gigantischen Aufschwung aller Vermögenswerte nach der Finanzkrise haben sie perfekt erwischt. Und sie hielten zusammen – wie jetzt beim Sturm auf die Politik.
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Der Anstoss kam nach einen Artikel Gantners zur Begrenzungsinititave in den CH-Media-Zeitungen im September. Er zeigte eine gewisse Sympathie für das Anliegen, verwarf das SVP-Begehren aber als zu radikal – schliesslich sind die bilateralen Verträge auch für die Partners Group elementar. Doch auch Marcel Erni, der unpolitischste der drei Gründer, las plötzlich den Vertragsentwurf zum Rahmenabkommen genau und lief Sturm. Und Wietlisbach, bislang eher pragmatisch unterwegs, liess sich ebenfalls bekehren. Seine neue Lebensgefährtin, die er im Januar heiratete, stammt aus einer überzeugten SVP-Familie. Es war fast wieder wie in den Gründerjahren: Drei gegen den Rest der Welt. Sie gingen ihre zahlreichen Kontakte an: 800 Personen wurden angefragt, mehr als 250 sagten spontan zu. Jeder der drei Gründer schoss zunächst eine halbe Million ein, zusätzlich sind bereits 300'000 Franken ungefragt an Spenden aufgelaufen. Progresuisse dagegen kommt erst auf 5000 Franken Spendengelder und steigt erst in die Geldbeschaffung ein.
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Auffallend jedoch: Die Schwergewichte in den SMI-Konzernen halten sich zurück, trotz heftigen Buhlens von beiden Seiten. «Wir sollten nicht so viel Lärm machen, bevor die Verhandlungen abgeschlossen sind», sagt ein langjähriger SMI-Chef. «Torpedieren wir doch jetzt nicht den Bundesrat», sagt ein anderer. Manche sprechen auch von einem Egotrip Gantners, der die Zersplitterung der Wirtschaft befeure. Die grossen Dachverbände wie Economiesuisse oder Swissmem distanzieren sich dann auch scharf von Gantner. Sicher ist: Die Kakofonie im Europa-Dossier ist mit seiner Kampagne heftig angeschwollen.
Vor allem gilt aber in fast allen grossen Firmen: Politische Positionierung ist schlecht fürs Geschäft – es gibt immer Kunden oder Investoren, die eine andere Meinung haben. Auffallend ist, dass Heinrich Fischer oder Jörg Wolle auf der Webseite nicht als Firmenvertreter, sondern als Privatmänner antreten. Dieses Risiko müsste auch für das SMI-Mitglied Partners Group gelten. «Das ist der Vorteil der zweieinhalb Milliarden: Do I care?», erwidert Gantner da nur mit einem Lachen. Und er hat ja auch staatliche Stellen im EU-Raum als Kunden. «Ich kann nicht ausschliessen, dass es zu Gegenreaktionen kommt», räumt er ein.
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Allerdings: So richtig in die Politik einsteigen will er dann doch nicht. «Das ist für mich eine Riesenernüchterung: 80 Prozent meiner Gespräche mit Politikern gehen nicht mehr über den Rahmenvertrag, sondern über Parteitaktik», klagt er. Doch er weiss wohl auch selbst, dass er als Finanzmilliardär zu viel Angriffsfläche bieten würde. Schon brandmarken ihn SP-Vertreter als «Casino-Kapitalisten», da nützen auch Treffen mit Gewerkschafts-Chef Pierre-Yves Maillard nichts. Und mehrstündige Parteiversammlungen in fensterlosen Situngszimmern sind nicht das Habitat, in dem sich ein schnell getakteter Firmenlenker wohlfühlt. Doch gerade diese Ablehnung macht ihn eben auch zum Polit-Dilettanten. Das ist der Unterschied zu Christoph Blocher, mit dem er mancherorts schon verglichen wird: Das SVP-Urgestein hatte auch Lust auf die zähe Parteiarbeit an der Basis. Er nicht.
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Doch eine Parallele bleibt. Irgendwann wird der Stimmbürger wieder zum Europa-Dossier abstimmen, und wie wichtig die Geldtöpfe bei jeder Kampagne sind, hat der Milliardär Blocher eindrucksvoll bewiesen. «Wir wissen noch nicht genau, was wir sein wollen, wenn wir erwachsen sind», sagt Gantner vage. Doch er will bleiben, und er hat viel Geld. Das macht ihn zu einem Player, mit dem man rechnen muss.
105 Milliarden Franken verwaltete die Partners Group Ende 2020. Die Kunden sind Staatsfonds, Pensionskassen oder Family Offices.
1500 Mitarbeiter zählt die Partners Group – beim Börsengang 2006 waren es 140.
2000 Prozent stieg der Kurs seit dem Börsengang.
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