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Überbetriebliche Lernallianzen

Lernallianzen werden bisher nur von wenigen Unternehmen realisiert. Dabei können durch diese Form der Weiterbildung neue Wettbewerbsvorteile realisiert werden.

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Die Vorteile von firmeninterner Weiterbildung und Entwicklung, ohne auf die Vorteile von externen Veranstaltungen zu verzichten? Welches Unternehmen will das nicht. Um so erstaunlicher ist es, dass überbetriebliche Kooperationen für Lernen und Entwicklung im Vergleich zu der rapide wachsenden Zahl gesamtunternehmerischer Allianzen so gut wie nicht genutzt werden. Kooperationen zur Unternehmensentwicklung und Mitarbeiterförderung beschränken sich bislang weitgehend auf die Zusammenarbeit mit externen Trainern, Beratern und Trainingsinstituten. Zwischenbetriebliche Kooperation mit anderen Unternehmen in puncto Organisations- und Personalentwicklung erschöpft sich in Treffen zum Erfahrungsaustausch von wenigen Personalverantwortlichen. Dabei eröffnen sich bei dieser Form der Weiterbildung für die Unternehmen Lernerfolge in Bereichen, von denen selbst führende Unternehmensentwickler nur reden, sie aber selten realisieren können.

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In der Deutschen Lufthansa werden diese neuen Formen der interbetrieblichen Zusammenarbeit seit einigen Jahren erfolgreich und umfassend genutzt. Human Resources sind integrativer Bestandteil, ja Erfolgsfaktor bei der strategischen Unternehmensausrichtung der Lufthansa. Diese branchen übergreifende Erkenntnis ist innerhalb der Luftfahrt- beziehungsweise Servicebranche ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Diese Tatsache wollte man bei Lufthansa nicht nur reaktiv im Auge behalten, sondern man suchte nach innovativen Konzepten, die auch Mut erfordern, unbekanntes Terrain zu begehen. Ausschlaggebend für die Einführung der neuen Kooperationsform waren die Überlegungen der zukünftigen Unternehmensentwicklung in Richtung «grenzenloser» Unternehmung (boundaryless organization). Das Denken in Wertschöpfungs- und Prozessketten in Verbindung mit einem starken Kostensenkungsdruck fordern ständig neue Beziehungen zu Kunden- und Lieferantenunternehmen. Erfahrungen und Vorbilder, an die man sich halten konnte, gab es nur wenige. Ausschlaggebend schliesslich war der seit Anfang der neunziger Jahre durchgeführte Benchmarking-Prozess und die damit verbundene Überlegung, wie das Lernen von den Besten im Markt auch in der Lufthansa-Führungskräfteentwicklung genutzt werden könnte. Vom Gedanken zur Realisierung ging man bei Lufthansa Schritt für Schritt vor. Das Ergebnis sind zum heutigen Zeitpunkt vier Konsortialprogramme (ein fünftes ist im Aufbau begriffen) mit unterschiedlichen Partnern, Programmzielen und -inhalten sowie unterschiedlichen Teilnehmergruppen, die aber insgesamt einen Querschnitt über alle Mitarbeiterhierarchien und -funktionen darstellen.

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Allen Lernpartnerschaften gemeinsam ist die Zielsetzung des «Lernens von draussen». Dafür muss die Bereitschaft vorhanden sein, Informationen über das eigene Unternehmen transparent zu machen - denn es wird nur so viel gelernt, wie auch mit anderen geteilt wird. Deshalb obliegt die Entscheidung über Partner und die jeweils beteiligte Mitarbeitergruppe bei der Unternehmensspitze. Für die methodische und inhaltliche Ausgestaltung sowie für die Fragen über Art und Weise der Unternehmensanbindung sind jeweils Steuerkreise mit Unternehmensrepräsentanten verantwortlich. Ängste und Befürchtungen, dass Mitarbeiter durch Lernpartnerschaften leichter kündigen oder abgeworben werden könnten, gibt es nicht. Wichtiger dagegen ist die rückmeldung der Teilnehmer, ob die jeweilige Zusammensetzung von Unternehmen auch wirklich von Nutzen ist. Für die Lufthansa ergeben sich die Vorteile einer Lernpartnerschaft aus der Verbindung der Vorteile firmeninterner Programme mit den Vorteilen der externen Entsendung:

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Im Vergleich zu externen Programmen können die Unternehmenspartner gezielt ausgesucht werden: Bei der Lernpartnerschaft mit der Deutschen Bank und Merck für das European Partnership MBA Programm stand bei der Auswahl der Partnerunternehmen das Lernen im Dienstleistungverband im Vordergrund. Für die Partner im Lufthansa-Service Leadership Programm behält sich die Lufthansa dagegen vor, nur Partnerunternehmen in ihrer Wertschöpfungskette zu berücksichtigen. Dazu gehören dann nicht nur Kooperationsunternehmen wie die SAS, sondern auch die DHL oder die FMG.

Die grundsätzliche Ausrichtung von Programmen mit externen Trainingsinstituten oder akademischen Partnern lässt sich stärker beeinflussen. Das International Masters Program in Practicing Management fördert vor allem die individuelle Entwicklung zusammen mit kognitiven und sozialen Kompetenzen. Im Vordergrund steht die Entwicklung und Förderung exzellenter, junger Lufthansa-Führungskräfte im Hinblick auf globale Management Expertise, internationaler Leadership Fähigkeiten und interkulturellen Kompetenzen im Verbund mit Kollegen vom Red Cross International, der Royal Bank of Canada, Matsushita, Fujitsu, BT und Bombardier. Als akademische Partner agieren gleich fünf Management Schulen aus allen Kontinenten. Dagegen nimmt das Steuerungskommitee des Global Business Consortiums (bestehend neben Lufthansa aus ABB, BT, SKF, Lucky Goldstar und Standard Chartered Bank) starken Einfluss auf die Auswahl und inhaltlichen Vorschläge für die Teilnehmer der obersten Leitungsebene. Denn hier gilt das Programmziel Unternehmensentwicklung für die kleine, aber auserwählte Führungscrew aller Partnerunternehmen dem Erfahrungs- und Wissensaustausch mit exzellenten Partnerunternehmen.

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Das Lernen von anderen Führungskulturen erleichtert angestrebte Mentalitätsveränderungen : Der intensive Erfahrungsaustausch bezieht alle Mitarbeiterhierarchien und Funktionen bei Lufthansa ein. Die individuelle Entwicklung der Teilnehmer findet unabhängig davon statt, doch gerade die «kritische Masse» von Teilnehmern, die kontinuierlich andere führungskulturelle Erfahrungen sammeln können, sieht Lufthansa als wichtiges Potential für anschliessende Veränderungen der Führungs- und Leitungskultur im eigenen Unternehmen. Um die neuen Netzwerke des Lernens nicht nach den Programmen, die insgesamt über ein bis zwei Jahre laufen, abbrechen zu lassen, wird gerade gezielt am Aufbau von Alumniprojekten gearbeitet.

Lernpartnerschaften bieten grössere Möglichkeiten des Lerntransfers: Betriebsrelevante Projekte werden, je nach Programm, entweder in betriebshomogenen Gruppen mit ausschliesslich Lufthansa-Teilnehmern durchgeführt, oder in sogenannten unternehmensgemischten Gruppen, wo auch Teilnehmer einer anderen Unternehmung an der Umsetzung des Projektes innerhalb der Lufthansa arbeiten. Im International Masters Programm durchlaufen die Teilnehmer gar ein einwöchiges «shadowing», das heisst: Sie begleiten einen Kollegen aus einem Partnerunternehmen an seinem Arbeitsplatz. Durch die Betonung auf die Gruppenprojekte soll die «Einsamkeit des Lerntransfers», die ein bekanntes Phänomen bei zurückkehrenden Seminarteilnehmern ist, stark eingeschränkt, wenn auch nicht gänzlich aufgehoben werden.

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