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New Generation: Jedem Präsidenten seine Affäre

Keineswegs überrascht, aber dennoch etwas verwundert über die Tragweite, mussten wir während der letzten Tage feststellen, dass nun auch westlich unseres Landes die politischen und gesellschaftlichen Sitten gänzlich verlottern.

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Zusätzlich zu unserem südlichen Nachbarstaat, von welchem wir es uns bereits gewohnt sind, dass ein überalterter und selbstverliebter Populist seine schwindende Männlichkeit mit verschiedensten zwischenmenschlichen Affären krampfhaft unter Beweis zu stellen versucht, manifestiert sich der Sittenzerfall neueren Datums nicht irgendwo entlang der einschlägigen Etablissements Montmartres, sondern im machtpolitischen Zentrum der Grande Nation, deren Vertreter in den Tagen vor der Affäre moralische Weisheiten und Integrität geradezu exzessiv predigten.

Der sich von Tag zu Tag ausweitende Skandal um den französischen Präsidenten, seine Minister und eine alternde Industrielle, welche den Wahlkampf von Erstgenanntem mit Spenden finanziert und gleichsam die Vorzüge des Schweizer Finanzplatzes für sich entdeckt hat, ist nicht mehr zu verschweigen und blockiert mittlerweile nicht nur das politische Tagesgeschäft in Frankreich, sondern gefährdet zusätzlich immer mehr das bereits arg bröckelnde Image, welches Europa und die Regierungen der einzelnen Mitgliedsländer sowohl nach innen als auch nach aussen vermitteln.
Infolge der sich verdichtenden Anschuldigungen gegen die politische Elite Frankreichs und aufgrund des Umfangs der Staatsaffäre sinkt nicht nur die Beliebtheit des französischen Staatschefs im Inland auf dramatische 32 Prozent, sondern eine Grosszahl der europäischen Bürger beginnt auch an den Kompetenzen und der Tragfähigkeit ihrer über alle Parteien hinweg verfilzten und volksfremden Regierungen zu zweifeln.

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Uns Schweizer erstaunen die immer wiederkehrenden Affären, der damit einhergehende Vertrauensschwund und die politische Paralyse wohl eher weniger, vermuten wir doch schon seit geraumer Zeit, dass die gewählten Machthaber einiger unserer europäischen Nachbarstaaten eher korrupt als ehrenhaft sind. Tragisch bleibt der Umstand, dass fast alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eigentlich unzählige landeseigene Problemen zu bewältigen hätten – seien diese nun wirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuerlicher Natur –, dass ihnen jedoch sowohl die geeigneten Mittel als auch integre und fähige Politiker fehlen, besagte Missstände konsequent anzugehen.

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