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Kurt W. Zimmermann: Frohnaturen im Clubhaus

Die Golfsaison beginnt, und viele regen sich wieder über die Golfer auf. Der Grund dafür liegt 2320 Jahre zurück.

Kurt. W. Zimmermann

Kurt W. Zimmermann

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Epikur zog 307 v. Chr. von Samos nach Athen. Dort kaufte er sich einen üppigen Garten, den Kepos, in dem er fortan einen ­grossen Teil seiner Zeit verbrachte. Im Kepos traf man sich zum Zechen und zum Palavern. Es war eine Art hellenistische Spassgesellschaft.

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Damit wären wir bei der Frage, warum Golfer oft derart unbeliebt sind.

In der letzten Ausgabe publizierte die BILANZ die Golf-Handicaps der Schweizer Manager. Ich kann die übliche Erfahrung der Manager schnell ­zusammenfassen: Wenn sie ihren Bonus holen, dann ­werden sie sehr scheel angeschaut; wenn sie ihre Golftasche holen, dann werden sie noch viel scheeler angeschaut.

Warum sind Golfer oft so unbeliebt? Zur Erklärung kommen wir zurück auf Epikur. Wir können davon ausgehen, dass er seinen Lebensmittelpunkt heute nicht im Kepos, sondern im Clubhaus ein­richten würde. Der Golfplatz ist in unserer Gesellschaft so etwas wie der letzte Garten des beken­nenden Hedonismus. Nirgendwo sonst wird so freimütig gelacht, gebechert, geblödelt, geraucht und geschwatzt.

Ich kenne mich bei etlichen Subgruppen dieser Gesellschaft einiger­massen aus. Ich kenne die Subgruppe der Unternehmer, der Politiker, der Banker und der Beamten. Aber ich habe noch nie so viele fröhliche Gesellen getroffen wie in der Subgruppe der Golfer – und auch noch nie so viele Zigarrenraucher, Cognactrinker, Sportwagenfahrer und Gänseleberesser. Die Golferinnen sind leider keinen Deut seriöser, auch wenn sie Aperol Spritz statt Cognac trinken.

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Und damit wären wir beim Problem. Epikur von Samos gehört zu den meistgehassten Philosophen der Geistesgeschichte. Sittenstrenge ­Welt­verbesserer versuchten immer wieder, seine fröhliche Lehre zu ­verbieten. Vor allem den christlichen Kirchenfürsten ging Epikurs ­Philosophie ­gewaltig auf die Nerven. Luther und Calvin hassten ihn wie die Pest. Und auch Hegel fand Epikurs lustbetonte Lebensfreude eine Zumutung.

Ich bin Golfer. Ich weiss deshalb um unsere allgemeine Wahrnehmung. Wir sind lustbetont und lebensfroh, und vielen gehen wir dadurch gewaltig auf die Nerven, obschon sie noch nie einen Golfplatz betreten haben.

Die Ablehnung bis hin zum Hass wird jeweils bei Golfprojekten ­sichtbar. Die Golfer werden nicht bis aufs Blut bekämpft, weil die Plätze eine öko­logische Bedrohung wären, denn Umweltauflagen sind heut­zutage lösbar. Die Golfer werden bekämpft, weil man in ihnen ­Epikureer vermutet.

Unsere Gegner glauben, dass wir Golfer die Optimierung des indivi­duellen Lebensglücks an die oberste Stelle der Werteskala rücken und das Lustprinzip unsere Leitlinie ist. Vermutlich haben sie sogar recht. Doch damit gehen wir den Sauertöpfen natürlich gewaltig auf den Keks.

Epikur hat, wie jeder grosse Philosoph, eine Menge an anschaulichen Aphorismen hinterlassen. Die besten davon finden sich im Buch «Wege zum Glück». Mein liebster Satz von Epikur ist der: «Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.»

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Das gilt für den Bonus und für das sonstige Leben.

Kurt W. Zimmermann ist Verlagsunternehmer. Er ist Kolumnist und Buchautor zu den Themen Medien, Gesellschaft und Outdoor-Sport. Soeben erschien sein neustes Buch: «Echte Golfer bleiben treu» (Copress Verlag, München).

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