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Das Risiko der Kleinen

Für Banken, Versicherungen und viele andere Grossunternehmen ist es selbstverständlich, dass sie über ein Risikomanagement-System verfügen. Die Mehrzahl der Klein- und Mittelunternehmen kann jedoch nichts Vergleichbares aufweisen. Ein schweres Versäumnis.

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Die KMUs mit ihrer traditionell tiefen Eigenkapitalbasis sind Unabwägbarkeiten in hohem Mass ausgesetzt. Bekannte Beispiele aus jüngster Zeit sind KMUs wie Miracle oder Heberlein Textil. Waren die Risiken nicht vorhersehbar, wurden sie falsch interpretiert und die falschen Schlüsse gezogen? Ein auf das jeweilige KMU zugeschnittenes Risikomanagement-System könnte mithelfen, sich anbahnende Krisen und Fehlschläge früh genug zu erkennen und entsprechende Gegenmassnahmen einzuleiten. Gerade die restriktivere Kreditsprechung der Banken hat den Druck zur Einführung eines adäquaten Risikomanagement-Systems merklich erhöht.

Risikomanagement soll als permanente, prospektive Querschnittsfunktion über alle Unternehmenstätigkeiten wahrgenommen und verstanden werden. Schliesslich sind es vor allem die Menschen, die Risiken verursachen und begrenzen können. Wird Risikomanagement als Prozess verstanden, kann nach den Hauptphasen Risikoanalyse und -bewältigung unterschieden werden.

Schritt 1: Früherkennung
Krisen kündigen sich an und sind lediglich eine Frage der Zeit. Die Risikophasen Frühwarnung und Identifikation werden dadurch zu (vor-)entscheidenden Grössen in der Unternehmensführung. Wenn sie Krisensymptome rechtzeitig wahrnimmt, bleibt der Unternehmung ein relativ grosser Handlungsspielraum offen.

Schritt 2: Risikoidentifikation
Mit Hilfe der Risikoidentifikation werden die aus der Früherkennung gewonnenen Daten nach ihrer Relevanz für die Unternehmung nach Prioritäten geordnet. Eine erfolgreiche Risikoidentifikation bedingt eine stringente, gut dokumentierte Strategie.

Schritt 3: Risikobewertung
Mit der Risikoquantifizierung lassen sich heterogene Risikotypen auf eine vergleichbare (monetäre) Basis stellen. Risikobewertungsmodelle ersetzen den Zufall durch Irrtum. Aus Irrtümern kann gelernt werden, aus Zufällen nicht.

Schritt 4: Risikobeurteilung
Die Risikobeurteilung erklärt Soll-Ist-Abweichungen und zeigt Interdependenzen auf – sie gehört in jedem Fall ins Pflichtenheft des Topmanagements.

Schritt 5: Risikobewältigung
In der Phase der Risikobewältigung werden Gegenmassnahmen ausgearbeitet und ergriffen. Risiken lassen sich vermeiden, reduzieren, überwälzen oder selber tragen. Es gilt zu beachten, dass sich gewisse Risiken überlagern und sich dadurch gegenseitig aufheben oder aber verstärken können (Interdependenzen), sodass bei der Beeinflussung eines einzelnen Risikos ein anderes bestehen bleibt oder neu entstehen kann.

Schritt 6: Risikodokumentation
Ziel der Risikodokumentation ist es, Risiken einfach und verständlich darzustellen. Dazu zählen Trendmeldungen, Risikolandkarten, das Risikomanual, der Risikomassnahmenkatalog und das (periodische) Risikoreporting.

Schritt 7: Risikokommunikation
Es lässt sich zwischen externer und interner Risikokommunikation unterscheiden. Die externe Kommunikation stellt den Stakeholdern Informationen zur Verfügung, die interne Kommunikation richtet sich an die Shareholder oder an die Unternehmung selbst (Management, Mitarbeiter).

KMU-Befragung
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden KMUs in den Regionen Basel, Zürich und Bern befragt. Das Ziel der Umfrage bestand darin, charakteristische Branchen-Risikoprofile zu identifizieren. Die KMUs wurden zudem nach dem Verständnis und Vorhandensein eines Risikomanagement-Systems befragt. Die Umfrage befasste sich vor allem mit KMU-relevanten gegenwärtigen und zukünftigen Risiken vor dem Hintergrund der jeweiligen Branchenzugehörigkeit. Über 50 Risikoarten konnten so unterschieden und nach strategischen und operativen Risiken klassifiziert werden.

In der Gesamtbetrachtung, das heisst unabhängig von der Branchenzugehörigkeit der befragten KMUs, spielen gegenwärtig das Wettbewerbs-, Margen- und Liquiditätsrisiko sowie die Verhandlungsmacht der Abnehmer die bedeutendsten Rollen. Gemäss den Umfrageergebnissen wird das Liquiditätsrisiko in Zukunft an Wichtigkeit einbüssen und durch das Personalgewinnungs- oder Personalentwicklungs-Risiko verdrängt.

Im Rahmen der branchenspezifischen Analyse wurden die fünf meistgenannten, von den KMUs als sehr bedeutend eingeschätzten gegenwärtigen und zukünftigen Einzelrisiken herauskristallisiert. Die Tabelle auf dieser Seite illustriert zukünftige Einzelrisiken aus Sicht der befragten KMUs.

Zudem deklarierten die KMUs zu Beginn des Fragebogens die jeweils zuständige Institution in der Hauptphase Risikoanalyse (Früherkennung, Identifikation, Bewertung und Beurteilung). Dabei wurde zwischen bereits aktiven und geplanten Institutionen unterschieden.
  • Von den aktiven Institutionen befasst sich gemäss Umfrageergebnissen die Geschäftsleitung in allen Phasen am meisten mit Risiken. Verwaltungsrat und CEO widmen sich sämtlichen Etappen der Risikoanalyse in demselben Umfang. Die Umfrage hat jedoch ergeben, dass sich der Verwaltungsrat für die Frühwarnung hauptverantwortlich fühlt. Dies ergibt auch Sinn, da es vor allem dem Verwaltungsrat obliegt, eine langfristige Strategieplanung zu betreiben.
  • Die Umfrage hat ferner gezeigt, dass rund ein Drittel der befragten Unternehmungen plant, ihre Institutionen zu ergänzen, zu ändern oder gar neue einzuführen.
Entwicklungstendenzen
  • Die Banken werden vermehrt jenen KMU-Kunden ein besseres Kreditrating zugestehen, die in der Lage sind, ihre Risiken transparent darzulegen.
  • Risikomanagement wird zu einem Wettbewerbsvorsprung. Viele Unternehmenskrisen wären erst gar nicht entstanden, wenn freiwillig ein einfaches, aber effizientes Risikomanagement-System eingesetzt worden wäre.
  • Die KMUs werden ihre Risiken vermehrt nach dem Muster der Grossunternehmen handhaben. Sich weiter öffnende Märkte und globale Vernetzung fordern jedoch fundiertere Kenntnisse, insbesondere im Bereich der lokalen Rechtssprechung und Kultur.


Zu den Personen

Andres Kropf
ist Betriebsökonom FH (Fachrichtung Banking & Finance) und Inhaber der Kropf Consulting, Postfach 398, 3053 Münchenbuchsee.

Dominic Rossel ist Betriebsökonom FH und freier Mitarbeiter bei der Kropf Consulting

Die Studie
Die 144-seitige Studie über Risikomanagement in KMUs kann unter Kropf Consulting, Postfach 398, 3053 Münchenbuchsee, beziehungsweise unter ww.firmaX.ch bestellt werden. Der Preis für die elektronische Form (PDF-Datei) beträgt Fr. 80.– (Vorauszahlung auf PC-Konto 30-98483-7).

Partner-Inhalte

Die Risiken der KMUs
BrancheEinzelrisikoAnteil der Nennungen
(in %)
Verarbeitendes Gewerbe
und Industrie
Wettbewerb4,88
Marktpreis4,57
Preisgestaltung4,57
Margen4,57
Abnehmer3,66
Handel und Reparatur von
Automaten/Gebrauchsgütern
Margen5,43
Abnehmer4,35
Potenzielle neue Konkurrenten4,35
Marktpreis4,35
Währung4,35
Baugewerbe
Margen6,98
Marktpreis6,40
Wettbewerb5,81
Preisgestaltung5,81
Liquidität5,81
Erbringung von sonstigen
öffentlichen und privaten
Dienstleistungen
Wettbewerb4,92
Personalgewinnung und -entwicklung4,92
Marktpreis3,69
Abnehmer3,69
Personal3,20

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